Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.355/2007
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2C_355/2007

Urteil vom 19. November 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Eidgenössische Oberzolldirektion, 3003 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________ AG, Waldeckstrasse 100, 4127 Birsfelden,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokat
Bruno Muggli, Hauptstrasse 53, 4127 Birsfelden,

Zoll; Zollpräferenzbehandlung, Ursprungsnachweis, rechtliches Gehör,
Vertrauensschutz, Rechtssicherheit,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom
30. Mai 2007.
Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG mit Sitz in Muttenz/BL bezweckt vorwiegend den Import,
Export und Verkauf von Textilien sowie den Handel mit Waren aller Art.

B.
Am 11. August 1999 beantragte die Speditionsfirma Y.________ AG als
Spediteurin für die X.________ AG beim Zollamt Gunzgen eine zollfreie
Präferenzabfertigung unter Vorlage der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 D
1340922 vom 4. August 1999, ausgestellt durch den rumänischen Exporteur
Z.________ SRL. Das Gesuch bezog sich auf die Einfuhr von 2'556 Damenmänteln
(Zollgewicht 4'256 kg, Wert DEM 87'966.--), die mit Rohmaterialien aus
Italien in Rumänien hergestellt worden waren. In der Folge wurde die Sendung
zollfrei abgefertigt.

C.
Am 14. September 1999 beantragte die Speditionsfirma Y.________ AG als
Spediteurin für die X.________ AG beim Zollamt Gunzgen eine weitere zollfreie
Präferenzabfertigung unter Vorlage der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 D
1340933 vom 6. September 1999, ausgestellt durch den rumänischen Exporteur
Z.________ SRL. Dieses Gesuch bezog sich auf die Einfuhr von weiteren 1'820
in Rumänien mit italienischen Rohmaterialien produzierten Damenmänteln
(Zollgewicht 3'333 kg, Wert DEM 61'734.80). Am 27. September 1999 wurde auch
diese Sendung zollfrei abgefertigt.
Am 18. November 1999 ersuchte die Oberzolldirektion die Kontrollbehörde in
Rumänien um Nachprüfung der Echtheit und Richtigkeit der
Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 D 1340933. Mit Schreiben vom 31. Januar 2000
bestätigte das rumänische Finanzministerium (Generaldirektion Zölle), dass
die betreffenden Waren als solche mit rumänischem Ursprung zu betrachten
seien; weiter teilte sie mit, dass die verwendeten Rohmaterialien mit
Ursprungszeugnissen aus Italien importiert worden seien. Am 8. März 2000 bat
die Oberzolldirektion die rumänische Kontrollbehörde, den Ursprung des
Rohmaterials bei den italienischen Behörden nachprüfen zu lassen. Am 24. Juli
2001 teilte das rumänische Finanzministerium der Oberzolldirektion die
Resultate der Abklärungen der italienischen Zollbehörden mit. Danach wurden
einige der EUR.1-Formulare mit korrektem italienischem Ursprung bezeichnet,
während für andere die Untersuchungen noch liefen. Die Oberzolldirektion
vermerkte daraufhin am 13. August 2001 intern, dass die Zollbefreiung zu
Recht erfolgt sei und schloss das entsprechende Dossier.

D.
Am 15. Juli 2003 teilte das rumänische Finanzministerium der
Oberzolldirektion in einem als "contrôle a posteriori" bezeichneten Schreiben
mit, dass die mit den Dokumenten EUR.1 D 1340922 und EUR.1 D 1340933
eingeführten Waren nach den Abklärungen der italienischen Zollbehörden keine
Ursprungsqualität aufwiesen, weshalb deren Einfuhr nicht die Zollpräferenz
gewährt werden könne. Die Oberzolldirektion bedankte sich am 10. Oktober 2003
für diese "spontane" Mitteilung, eröffnete ein neues Dossier und leitete die
Sache an die Zollkreisdirektion Basel weiter. Mit Schreiben vom 17. Oktober
2003 orientierte die Oberzolldirektion die X.________ AG darüber, sie
beabsichtige, die Einfuhrsendungen vom August und September 1999 zu
überprüfen; im November 2003 stellte sie in Aussicht, die fraglichen
Einfuhren zum Normaltarif zu verzollen, was zu einem Zollnachbezug von Fr.
70'364.30 führe. In der Folge entwickelte sich ein umfangreicher
Schriftenwechsel zwischen der Zollkreisdirektion Basel und der X.________ AG.
Am 14. Juli 2004 traf die Zollkreisdirektion Basel die angekündigte
Nachbezugsverfügung.

E.
Mit Entscheid vom 22. März 2006 wies die Oberzolldirektion eine dagegen
erhobene Beschwerde der X.________ AG ab. Am 30. Mai 2007 hiess das
Bundesverwaltungsgericht eine dagegen gerichtete Beschwerde gut und hob den
Entscheid der Oberzolldirektion vom 22. März 2006 auf. Zur Begründung wurde
im Wesentlichen ausgeführt, die Zollbehörden hätten ihr Recht verwirkt, im
Jahr 2004 einen Nachbezug für Einfuhren aus dem Jahr 1999 zu erheben.

F.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 12. Juli 2007 an
das Bundesgericht beantragt die Oberzolldirektion, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2007 aufzuheben und die X.________ AG
für den Betrag von Fr. 70'364.30 leistungspflichtig zu erklären.
Die X.________ AG schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid erging nach dem 31. Dezember 2006. Das
Verfahren untersteht daher dem Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG) und
nicht dem altrechtlichen Bundesrechtspflegegesetz (OG; vgl. Art. 132 Abs. 1
BGG).

1.2 Am 1. Mai 2007 ist das Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG; SR 631.0) in
Kraft getreten. Der zu beurteilende Sachverhalt betrifft Einfuhren aus dem
Jahre 1999, so dass vorliegend in der Sache noch das alte Zollgesetz vom 1.
Oktober 1925 (aZG; AS 42 287 und BS 6 465) Anwendung findet (vgl. Art. 132
Abs. 1 ZG). Unabhängig davon ist aber organisations- und verfahrensrechtlich
auf das neue Recht abzustellen.

1.3 Der angefochtene Entscheid stützt sich auf öffentliches Recht des Bundes
und unterliegt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gemäss Art. 82 ff. BGG. Dabei ist insbesondere der Ausschlussgrund von Art.
83 lit. l BGG nicht erfüllt, wonach die Beschwerde gegen Entscheide über die
Zollveranlagung unzulässig ist, wenn diese auf Grund der Tarifierung oder des
Gewichts der Ware erfolgt. Das Bundesgericht ist schon unter der Geltung des
altrechtlichen Art. 100 Abs. 1 lit. h OG in einer langjährigen Rechtsprechung
davon ausgegangen, dass Streitigkeiten über Zollpräferenzen bzw. den
Nachbezug von Zöllen wegen Verweigerung einer solchen Präferenz aufgrund
einer nachträglichen Prüfung des Ursprungsnachweises nicht unter die
fragliche Ausnahmebestimmung fallen (vgl. insbes. BGE 106 Ib 218 E. 1 S. 219
f.; Urteil 2A.461/2003 vom 20. Januar 2004, E. 1.1). Diese Rechtsprechung ist
unter dem inhaltlich gleichen neuen Verfahrensrecht weiterzuführen.

1.4 Nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG sind unter anderem zur Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt die Bundeskanzlei, die
Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen
unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung
in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann. Die Zollverwaltung ist dem
Eidgenössischen Finanzdepartement unterstellt. Nach Art. 5 in Verbindung mit
Art. 19 der Organisationsverordnung vom 11. Dezember 2000 für das
Eidgenössische Finanzdepartement (OV-EFD; SR 172.215.1) in der der neuen
Bundesrechtspflege angepassten Fassung vom 8. November 2006 ist die
Zollverwaltung in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Beschwerde an das
Bundesgericht berechtigt. Gemäss Art. 116 Abs. 2 ZG wird die Zollverwaltung
im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesgericht durch die
Oberzolldirektion vertreten. Diese verfügt damit im Sinne von Art. 89 Abs. 2
lit. a BGG über die Befugnis, im Namen der Zollverwaltung Beschwerde an das
Bundesgericht zu führen. Das galt im Übrigen bereits altrechtlich gemäss der
früheren Rechtslage (dazu das Urteil des Bundesgerichts 2A.428/2001 vom
7. Januar 2002, E. 1b).

1.5 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung
der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie
eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (vgl.
BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254, mit Hinweisen).

2.
2.1 Alle Waren, die in die Schweiz eingeführt werden, müssen der zuständigen
Zollstelle zugeführt, unter Zollkontrolle gestellt und zur Abfertigung
angemeldet werden (Art. 6 aZG; heute Art. 7 ZG). Der Einfuhrzoll wird gemäss
dem Anhang zum Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG; SR 632.10)
festgesetzt (Art. 21 aZG; heute Art. 7 ZG). Zollfrei können unter anderem die
in Staatsverträgen als solche bezeichneten Waren und Warenmengen eingeführt
werden (Art. 14 Ziff. 1 aZG; heute Art. 8 Abs. 1 lit. a ZG).

2.2 Gemäss Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401)
wird für bestimmte Waren, die Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft im Sinne
von Art. 1 des Protokolls Nr. 3 zum Abkommen (SR 0.632.401.3) sind, gegen
entsprechenden Nachweis die Zoll-Präferenzbehandlung bzw. Zollfreiheit
gewährt. Der Nachweis erfolgt in Form einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1.
Diese wird auf schriftlichen Antrag des Warenführers oder seines Vertreters
von der zuständigen Zollbehörde des Ausfuhrstaates ausgestellt (BGE 112 IV 53
E. 2). In der Bescheinigung erklärt der Ausführer, dass die Waren
Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft sind (Art. 16 Abs. 1 lit. a des
Protokolls Nr. 3). Bei Vorlage des Nachweises haben die Zollbehörden des
Einfuhrstaates die eingeführten Waren als Ursprungserzeugnisse anzuerkennen
(BGE 114 Ib 168 E. 1c). Bei der Ausfuhr begnügen sich die Zollbehörden des
Ausfuhrstaates praxisgemäss mit einer bloss formellen Prüfung der Unterlagen,
ohne materielle Kontrolle der Waren (BGE 112 IV 53 E. 2; 111 Ib 323 E. 3a).
Haben die Zollbehörden des Einfuhrstaates begründete Zweifel an der Echtheit
des Dokumentes oder an der Richtigkeit der Angaben über den tatsächlichen
Ursprung der Waren, können sie von den Zollbehörden des Ausfuhrstaates eine
nachträgliche Prüfung verlangen. Das Verfahren dieser Nachprüfung richtet
sich ausschliesslich nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates.
An dessen Ergebnis sind die Behörden des Einfuhrstaates gebunden (BGE 114 Ib
168 E. 1c). Der Beweis für die Richtigkeit des Ursprungsnachweises, welcher
grundsätzlich erst im Nachprüfungsverfahren zu erbringen ist (BGE 111 Ib 323
E. 3a), obliegt dabei dem Exporteur (BGE 114 Ib 168 E. 2b). Kann der Beweis
nicht erbracht werden, etwa weil sich die Richtigkeit der
Warenverkehrsbescheinigung nicht (mehr) überprüfen lässt, ist die
entsprechende Mitteilung der zuständigen Behörde des Ausfuhrstaates ohne
weiteres dem förmlichen Widerruf der Warenverkehrsbescheinigung
gleichzustellen, an welchen die Behörde des Einfuhrstaates ebenfalls gebunden
ist (BGE 110 Ib 306 E. 1).

2.3 Eine analoge Rechtslage galt vor dem Beitritt von Rumänien zur
Europäischen Union bzw. Gemeinschaft für Ein- und Ausfuhren aus bzw. nach
Rumänien aufgrund des Abkommens vom 10. Dezember 1992 zwischen den
EFTA-Staaten und Rumänien. Dieses inzwischen (für die Schweiz) aufgehobene
bzw. durch die Regelung zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und
der Schweiz abgelöste Abkommen findet im vorliegenden Fall in der Fassung vom
6. Mai 1997 gemäss dem Beschluss Nr. 1/97 des Gemischten Ausschusses zur
Änderung des Protokolls B (AS 2000 1693) noch Anwendung. Nach Art. 32 Ziff. 1
des Abkommens erfolgt eine nachträgliche Prüfung der Ursprungsnachweise
stichprobenweise oder immer dann, wenn die Zollbehörden des Einfuhrlandes
begründete Zweifel an der Echtheit des Papiers, der Ursprungseigenschaft der
betreffenden Erzeugnisse oder der Erfüllung der übrigen
Einfuhrvoraussetzungen haben. Nach Art. 32 Ziff. 6 des Abkommens lehnen die
Zollbehörden die Gewährung der Präferenzbehandlung ab, wenn bei begründeten
Zweifeln nach Ablauf von zehn Monaten nach dem Zeitpunkt des Ersuchens noch
keine Antwort erfolgt oder die Antwort keine ausreichenden Angaben enthält,
um über die Echtheit des fraglichen Papiers oder den tatsächlichen Ursprung
der Erzeugnisse entscheiden zu können. Vorbehalten bleiben aussergewöhnliche
Umstände.

2.4 Gemäss Art. 126 aZG ist ein Zoll, der irrtümlich nicht erhoben worden
ist, innerhalb eines Jahres nachzufordern. Nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung gilt diese Frist jedoch nur für eigentliche Irrtümer bei der
Zollabfertigung, nicht aber für das Nachbezugsverfahren bei nachträglicher
Prüfung des Ursprungsnachweises (BGE 106 Ib 218 E. 2b). Massgeblich ist
hingegen Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das
Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0). Danach sind unter anderem Abgaben
ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person nachzuentrichten,
wenn sie infolge einer Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des
Bundes zu Unrecht nicht erhoben worden sind. Leistungspflichtig ist, wer in
den Genuss des unrechtmässigen Vorteils gelangt ist, insbesondere der zur
Zahlung der Abgabe Verpflichtete (Art. 12 Abs. 2 VStrR; dazu BGE 110 Ib 306
E. 1). Für solche Nachforderungen gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren,
die durch Unterbrechung nicht um mehr als die Hälfte hinausgeschoben werden
kann (Art. 11 Abs. 2 VStrR; dazu BGE 110 Ib 306 E. 3).

3.
3.1 Im vorliegenden Fall bestand materiellrechtlich kein Anspruch auf Einfuhr
zum Präferenzzolltarif, nachdem das rumänische Ursprungszeugnis widerrufen
worden war. Auch das Bundesverwaltungsgericht zieht dies nicht in Zweifel.
Die Forderung um Nachbezug des Zolles ist auch nicht verjährt, was die
Vorinstanz ebenfalls nicht verkennt. Zwischen dem erstmaligen Antrag der
Beschwerdegegnerin um Zollpräferenz vom 11. August 1999 und der
Nachbezugsverfügung der Zollkreisdirektion Basel vom 14. Juli 2004 liegen
keine fünf Jahre. Das Bundesverwaltungsgericht ist jedoch der Auffassung, das
Recht auf Nachbezug der Zollforderung sei verwirkt, weil die Zollbehörden der
Beschwerdegegnerin das rechtliche Gehör verweigert und sie zu spät über das
Verfahren orientiert hätten und weil der späte Nachbezug dem Grundsatz der
Rechtssicherheit widerspreche.

3.2 Die Vorinstanz nennt keine konkreten innerstaatlichen
Verfahrensvorschriften, welche die Zollbehörden durch ihr Vorgehen verletzt
haben könnten. Das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das
Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) ist gemäss seines Art. 3 lit. e auf
das Verfahren der Zollabfertigung sowie nach Art. 3 lit. c auf das
erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren nicht anwendbar. Auch die Regeln
des Verwaltungsstrafverfahrens passen nicht auf den reinen Zollnachbezug, der
wie hier nicht mit einer Busse verbunden ist. Das im vorliegenden Fall noch
massgebliche alte Zollgesetz enthielt ebenfalls keine einschlägigen
Verfahrensbestimmungen, die hier unmittelbar anwendbar gewesen wären. Das
Bundesverwaltungsgericht stützt sein Urteil denn auch im Wesentlichen auf
allgemeine Rechtsgrundsätze.

3.3 Unabhängig von fehlenden konkreten Verfahrensvorschriften fragt es sich,
in welcher Weise der Importeur dazu angehört werden muss, wenn die
Zollbehörden eine Nachprüfung einleiten. Zweifellos gilt der
verfassungsrechtliche minimale Gehörsanspruch nach Art. 29 BV auch im
Zollverfahren. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdegegnerin jedoch weder
darüber informiert, dass erstmals am 18. November 1999 (und später wiederholt
ergänzend) ein entsprechendes Ersuchen an die rumänischen Behörden gerichtet
wurde noch dass die entsprechenden Untersuchungshandlungen am 13. August 2001
nach einem positiven Bericht der rumänischen Behörden intern wieder
eingestellt wurden. Bei der Zollabfertigung handelt es sich indessen um
Massenverwaltung. Hat die Zollbehörde Zweifel an der Richtigkeit eines
Ursprungsnachweises, kann sie entsprechende Voruntersuchungen vornehmen, ohne
zwingend den Importeur informieren zu müssen, solange sich kein für diesen
nachteiliges Ergebnis oder der drohende Verlust von rechtlichen oder
faktischen Möglichkeiten abzeichnet, sich gegen allfällige Vorhalte zu
wehren. Sobald aber konkrete Hinweise bestehen, die zu nachteiligen Folgen
führen könnten, ist der Importeur über das Verfahren in Kenntnis zu setzen
und unter Gewährung der verfassungsrechtlichen Parteirechte miteinzubeziehen.
Dies ist im vorliegenden Fall jedoch so geschehen. Über die erste im August
2001 abgeschlossene Vorabklärung brauchte die Beschwerdegegnerin nicht
zwingend informiert zu werden, da sich für sie daraus kein Nachteil ergab.
Entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin handelte es sich beim
entsprechenden Stempelvermerk nicht um eine eigentliche Verfügung, die ihr
nicht korrekt eröffnet worden wäre und nur nach den Regeln des Widerrufs
abgeändert werden könnte, sondern um einen verwaltungsinternen Vorgang ohne
(nachteilige) rechtliche Aussenwirkung. Nachdem die rumänischen Behörden die
Oberzolldirektion am 15. Juli 2003 über den Widerruf des Ursprungszeugnisses
informiert hatten, eröffnete die Oberzolldirektion am 10. Oktober 2003 ein
neues Dossier. Dabei kann offen bleiben, ob es sich um die Wiederaufnahme
eines nur vorläufig eingestellten oder um die Einleitung eines gänzlich neuen
Verfahrens handelte. Jedenfalls informierte die Oberzolldirektion die
Beschwerdegegnerin bereits kurz danach am 17. Oktober 2003. In der Folge
konnte sich diese wiederholt und umfassend zur Sache äussern. Sie konnte
dabei insbesondere zu den eingegangenen Auskünften Stellung nehmen, und sie
hatte die Möglichkeit, über ihre Lieferanten von den ausländischen
Zollbehörden den Widerruf oder die Berichtigung dieser Auskünfte zu erwirken.
Die Beschwerdegegnerin behauptet zwar, in ihren Parteirechten verkürzt worden
zu sein, macht aber nicht konkret geltend und vermag keine Hinweise dafür zu
liefern, welche anderen oder zusätzlichen Möglichkeiten zur Belegung ihres
Standpunktes ihr offen gestanden hätten, wäre sie bereits früher informiert
oder in die Voruntersuchung einbezogen worden. Unter diesen Umständen wurde
der Beschwerdegegnerin das rechtliche Gehör nicht verweigert.

3.4 Sodann verbietet es die Frist von zehn Monaten gemäss Art. 32 Ziff. 6 des
erwähnten Protokolls B dem Einfuhrstaat nicht, auch noch nach deren Ablauf
weitere Abklärungen zu verlangen oder nachträglich eingegangene Auskünfte des
Ursprungslandes zu berücksichtigen. Das Zollrecht kennt keine ausdrückliche
Frist für die Einleitung des Nachbezugsverfahrens, nachdem Art. 126 aZG, wie
dargelegt (vgl. E. 2.4), im vorliegenden Zusammenhang nicht anwendbar ist. Im
Übrigen beginnt die Frist von Art. 32 Ziff. 6 des Protokolls B mit der
Gesuchstellung und nicht mit der Einfuhr zu laufen, was belegt, dass sie in
erster Linie zwischen den Behörden der beteiligten Staaten gilt. Sie zeitigt
allerdings auch Auswirkungen auf den Importeur, weil bei erfolglosem
Fristablauf die Präferenzbehandlung abgelehnt werden darf. Der Importeur darf
daher grundsätzlich in guten Treuen von der Rechtmässigkeit der Zollbefreiung
ausgehen, wenn nach zehn Monaten seit Gesuchstellung, so er davon Kenntnis
hat, bzw. andernfalls nach Ablauf einer vernünftigen zusätzlichen Frist, die
sich nach Treu und Glauben bemisst, die Gewährung der Präferenzbehandlung
nicht verweigert wird. Diesfalls darf ihm erneut kein Nachteil daraus
erwachsen, dass er sich darauf verlassen hat und gutgläubig darauf verlassen
durfte, die Präferenzbehandlung sei rechtmässig erfolgt. Das könnte etwa im
Zusammenhang mit gesetzlichen Aufbewahrungspflichten wesentlich werden, wenn
der Importeur rechtmässig, d.h. in Beachtung entsprechender gesetzlicher
Vorschriften, und in gutem Glauben Unterlagen vernichtet hat, die
beweismässig von Bedeutung gewesen wären. In diesem Zusammenhang ist etwa auf
Art. 28 des Protokolls B zu verweisen, wonach die Beteiligten
Ursprungsnachweise und Belege mindestens drei Jahre lang aufzubewahren haben
(vgl. nunmehr aber auch die entsprechende, hier noch nicht anwendbare
Fünfjahresfrist gemäss Art. 96 lit. c der Zollverordnung vom 1. November 2006
[ZV; SR 631.01]).
Im vorliegenden Fall stellte die Zollverwaltung ihr Abklärungsgesuch rund
zwei Monate nach der Einfuhr. Die Voruntersuchung wurde etwa anderthalb Jahre
später eingestellt. Bis zur Wiederaufnahme vergingen rund vier Jahre seit der
Einfuhr. Die Beschwerdegegnerin durfte daher in guten Treuen davon ausgehen,
die Präferenzbehandlung sei rechtmässig erfolgt. Es gibt keine Anhaltspunkte
dafür, dass sie nicht gutgläubig gewesen wäre. Sie macht aber nicht konkret
geltend und vermag nicht zu belegen, dass sie gestützt auf ihren guten
Glauben bzw. wegen der eingetretenen Verzögerung einen Nachteil erlitten
hätte. Insbesondere ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdegegnerin
auch nicht konkret behauptet, dass sie sich beweismässig in einer
schlechteren Stellung befindet als dies nach zehn Monaten der Fall gewesen
wäre, etwa weil sie nach Ablauf von drei Jahren für sie vorteilhafte
Unterlagen vernichtet hätte. Die Zehnmonatsfrist von Art. 32 Ziff. 6 des
Protokolls B vermag daher den strittigen Nachbezug nicht zu hindern.

3.5 Entgegen der Auffassung der Vorinstanz lässt sich die Verwirkung des hier
fraglichen Zollnachbezugs schliesslich nicht aus dem allgemeinen Grundsatz
der Rechtssicherheit ableiten. Es besteht kein Anlass, dafür korrigierend ins
Zollrecht einzugreifen. Vielmehr müsste sich die Verwirkung aus den
spezifischen Vorschriften des Zollrechts selbst ergeben. Das Zollrecht kennt
aber keine Frist für die Einleitung des Nachbezugsverfahrens, wohl aber eine
Verjährungsfrist, die hier eingehalten wurde. Darüber kann nicht ohne
triftigen Grund unter Rückgriff auf die Rechtssicherheit hinweggegangen
werden. Eine Verwirkung könnte in diesem Sinne höchstens dann in Frage
kommen, wenn sich die Zollbehörden widersprüchlich oder treuwidrig verhalten
hätten. Dafür bestehen vorliegend indessen keine Hinweise.
Im Übrigen gehen die eingetretenen Verzögerungen wohl zu einem nicht
unwesentlichen Teil auf die Arbeitsweise der involvierten ausländischen
(rumänischen und italienischen) Verwaltungen zurück. Was die schweizerischen
Zollbehörden dagegen erfolgreich hätten unternehmen können, ist nicht
ersichtlich.

4.
4.1 Der angefochtene Entscheid verletzt somit Bundesrecht. Die Beschwerde ist
daher gutzuheissen, und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts muss
aufgehoben werden. Da der von der Beschwerdegegnerin von der Zollverwaltung
erhobene Zoll betragsmässig nicht strittig ist, ist der Entscheid der
Oberzolldirektion vom 22. März 2006, mit dem der verfügte Nachzoll im Betrag
von Fr. 70'364.30 zu Lasten der Beschwerdegegnerin geschützt wurde, zu
bestätigen. Unabhängig davon wird das Bundesverwaltungsgericht über die
Kosten- und Entschädigungsfolgen für das Verfahren vor der Vorinstanz neu zu
entscheiden haben.

4.2 Gemäss dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 30. Mai 2007 wird aufgehoben und der Entscheid der Oberzolldirektion vom
22. März 2006 wird bestätigt.

2.
Die Kosten und Entschädigungen für das verwaltungsgerichtliche Verfahren sind
durch das Bundesverwaltungsgericht neu zu verlegen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung
I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. November 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Uebersax