Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.353/2007
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2C_353/2007 /leb

Urteil vom 21. September 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Karlen,
Gerichtsschreiber Schaub.

A. ________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit, Hofgraben 5, 7001 Chur,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden,
3. Kammer, Obere Plessurstrasse 1, 7001 Chur.

Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 3. Kammer, vom 19. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
A. ________, geboren 1960, Bürgerin von Serbien und Montenegro, heiratete am
9. August 2002 im Kosovo den Schweizer B.________. Am 11. September 2002
stellte sie ein Einreisegesuch in die Schweiz. Wegen verschiedener
Unstimmigkeiten befragte die Fremdenpolizei den Ehemann am 14. November 2002.
A.________ reiste am 2. Februar 2003 in die Schweiz ein und erhielt eine
Jahresaufenthaltsbewilligung.

B.
Am 9. August 2006 verweigerte die Fremdenpolizei A.________ die Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung. Sie lebe seit September 2004 von ihrem Ehemann
getrennt und berufe sich rechtsmissbräuchlich auf eine nur noch formell
bestehende Ehe. Dieser Entscheid wurde am 19. März 2007 vom Departement für
Justiz, Sicherheit und Gesundheit des Kantons Graubünden und am 19. Juni 2007
vom Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden geschützt.

C.
Mit in französischer Sprache abgefasster Eingabe vom 11. Juli 2007 beantragt
A.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22.
(recte: 19.) Juni 2007 und den Entscheid der Fremdenpolizei vom 9. August
2006 aufzuheben. Sie lebe zwar seit einiger Zeit von ihrem Ehemann getrennt,
es handle sich dabei aber um eine Denkpause und sei kein Zeichen für eine
Scheidungsabsicht.
Auf das Einholen von Vernehmlassungen wurde verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft
getreten (AS 2006 1205 ff., S. 1242). Der angefochtene Entscheid ist nach
diesem Zeitpunkt ergangen. Damit richtet sich das vorliegende Verfahren
gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG nach diesem Gesetz.

1.2 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit der bei
ihm erhobenen Rechtsmittel von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29
Abs. 1 BGG; BGE 133 I 185 E. 2 Ingress S. 188 mit Hinweisen). Es legt seinem
Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105
Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97
Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. Es prüft
die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht
nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 BGG).

1.3 Angefochten ist vorliegend der Entscheid über eine ausländerrechtliche
Bewilligung, also eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Derartige
Entscheide können im Grundsatz mit dem ordentlichen Rechtsmittel der
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82-89 BGG
beim Bundesgericht angefochten werden. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist
die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des
Ausländerrechts jedoch unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen,
auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen.

1.4 Die Beschwerdeführerin ist mit einem Schweizer Bürger verheiratet. Nach
Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers
grundsätzlich Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Kein Anspruch besteht unter anderem bei
rechtsmissbräuchlicher Berufung auf eine definitiv gescheiterte Ehe (vgl. BGE
128 II 145 E. 2 S. 151 f.). Für die Eintretensfrage ist im Zusammenhang mit
Art. 7 ANAG einzig darauf abzustellen, ob formell eine Ehe besteht; es ist
nicht erforderlich, dass die Ehe intakt ist und tatsächlich gelebt wird (BGE
128 II 145 E. 1.1.2 S. 148 f. mit Hinweisen). Die Frage, ob die Bewilligung
zu verweigern ist, weil einer der in Art. 7 ANAG vorgesehenen
Ausnahmetatbestände oder ein Verstoss gegen das Rechtsmissbrauchsverbot
vorliegt, betrifft nicht das Eintreten, sondern bildet Gegenstand der
materiellen Beurteilung (BGE 128 II 145 E. 1.1.5 S. 150 mit Hinweisen).

1.5 Die von der Beschwerdeführerin als "recours" bzw.
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und subsidiär als staatsrechtliche Beschwerde
bezeichnete Eingabe ist grundsätzlich als Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen.

1.6 Als unzulässig erweist sich der Antrag, auch die Verfügung der
Fremdenpolizei vom 9. August 2006 aufzuheben. Diese ist durch den Entscheid
des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gilt als
inhaltlich mitangefochten (BGE 129 II 438 E. 1 S. 441 mit Hinweisen).

1.7 Der angefochtene Entscheid wurde in deutscher Sprache ausgefertigt. Die
Beschwerdeführerin verfasste ihre Eingabe in französischer Sprache.
Regelgemäss ergeht das Urteil in der Sprache des angefochtenen Entscheids
(vgl. Art. 54 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Rechtsmissbrauch im Zusammenhang mit Art. 7 ANAG liegt vor, wenn der
Ausländer sich im Verfahren um Erteilung einer fremdenpolizeilichen
Anwesenheitsbewilligung auf eine Ehe beruft, welche nur (noch) formell und
ohne Aussicht auf Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft
besteht. Ein Rechtsmissbrauch darf aber nicht leichthin angenommen werden.
Erforderlich sind klare Hinweise darauf, dass die Führung einer
Lebensgemeinschaft nicht mehr beabsichtigt und nicht mehr zu erwarten ist
(vgl. BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 mit Hinweisen).

2.2 Im angefochtenen Entscheid wird - für das Bundesgericht verbindlich (vgl.
Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG) - festgehalten, dass die Ehe der
Beschwerdeführerin bereits nach kurzer Zeit "nicht mehr funktioniert" habe.
Das Ehepaar habe sich schon nach einem Jahr getrennt und seither keinen
ernsthaften Versuch mehr unternommen, sich wieder zu vereinen. Die Ehe sei
objektiv als gescheitert zu beurteilen.

2.3 Was die Beschwerdeführerin gegen die Annahme der Vorinstanz, wonach im
heutigen Zeitpunkt die Berufung auf die Ehe rechtsmissbräuchlich sei und
daher kein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung mehr bestehe,
vorbringt, überzeugt nicht. Wenn die Beschwerdeführerin behauptet, ihre Ehe
sei noch intakt und bei der Trennung von ihrem Ehemann handle es sich nur um
eine Denkpause ("simplement une période de réflexion"), steht das nicht nur
im Widerspruch zu den vorinstanzlichen Feststellungen. In ihrer Beschwerde
führt sie selber aus, dass ihre Ehe gescheitert ist ("J'ai eu beaucoup de
difficultés à accepter l'échec de mon mariage"). Insofern ist die angeblich
fehlende (formelle) Scheidungsabsicht nicht relevant. Das Verwaltungsgericht
hat deshalb zu Recht angenommen, dass der auf die Ehe gestützte Anspruch
erloschen ist. Da es an einer tatsächlich gelebten, intakten ehelichen
Beziehung fehlt, kann die Beschwerdeführerin aus dieser Ehe auch keinen
Anspruch aus Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Familienlebens) ableiten
(vgl. BGE 129 II 215 E. 4 S. 218;126 II 425 E. 2a S. 427).

2.4 Die Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der
Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21) und die diesbezüglichen
Weisungen des Bundesamts begründen keine Bewilligungsansprüche; die
kantonalen Behörden bleiben bei ihrem Entscheid über die
Bewilligungserteilung frei, selbst wenn die entsprechenden Voraussetzungen
gegeben sind. Insofern kann auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nicht eingetreten werden (vgl. BGE 130 II 281 E. 2.2 S. 284
mit Hinweisen; Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG).

2.5 Dasselbe gilt für das behauptete Vorliegen eines schwerwiegenden
persönlichen Härtefalls im Sinn von Art. 13 lit. f BVO. Da die
Begrenzungsverordnung keine Rechtsansprüche verschafft, kann auch die Frage
der Anerkennung eines Härtefalles im Sinne von Art. 13 lit. f BVO nicht
Gegenstand einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bilden
(Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG).

2.6 In Betracht fällt einzig das Rechsmittel der subsidiären
Verfassungsbeschwerde, wofür der Beschwerdeführerin aber mangels Anspruchs
auf die beantragte Bewilligung in der Sache das rechtlich geschützte
Interesse im Sinn von Art. 115 lit. b BGG und damit die Legitimation fehlt
(vgl. BGE 133 I 185). Eine Verletzung von Verfahrensgarantien, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellen würde, macht sie
nicht geltend (vgl. BGE 133 I 185 E. 6.2).

3.
3.1 Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.

3.2 Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement für Justiz,
Sicherheit und Gesundheit und dem Verwaltungsgericht, 3. Kammer, des Kantons
Graubünden sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. September 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: