Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.330/2007
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2C_330/2007 /ble

Urteil vom 27. Juli 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Wurzburger, Karlen,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

1.Kreis Oberengadin,
Chesa Ruppaner, 7503 Samedan,
2.Gemeinde Bever, vertr. durch den Gemeindevorstand, 7502 Bever,
3.Gemeinde Celerina/Schlarigna, vertr. durch den Gemeindevorstand, 7505
Celerina/Schlarigna,
4.Gemeinde Madulain, vertr. durch den Gemeindevorstand, 7523 Madulain,
5.Gemeinde La Punt Chamues-ch, vertr. durch den Gemeindevorstand, 7522 La
Punt-Chamues-ch,
6.Gemeinde Samedan, vertr. durch den Gemeindevorstand, 7503 Samedan,
7.Politische Gemeinde S-chanf, vertr. durch den Gemeinderat, 7525 S-chanf,
8.Gemeinde Zuoz, vertr. durch den Gemeindevorstand, 7524 Zuoz,
9.Gemeinde Pontresina, 7504 Pontresina,
10.Gemeinde St. Moritz, 7500 St. Moritz,

11.Gemeinde Sils i.E./Segl, 7514 Sils/Segl Maria,
12.Gemeinde Silvaplana, 7513 Silvaplana,
Beschwerdegegnerinnen 9-12 wiederum vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar
Bänziger,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, Obere Plessurstrasse 1,
7000 Chur.

Praxis zur Zweitwohnungsbewilligung/Hauptwohnung-Ersatzabgabe,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 25. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ ist Miteigentümer einer Zweitwohnung in der Gemeinde Samedan,
A.________.
Am 21. Januar 2007 reichte er beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
eine verwaltungsgerichtliche Beschwerde, eventuell Aufsichtsbeschwerde, gegen
den Kreis Oberengadin und die darin zusammengefassten Gemeinden ein. Er
stellte das Begehren, es sei dem Kreis Oberengadin und den Gemeinden die
Praxis, wonach die Pflicht zur Schaffung von Erstwohnungsanteilen durch eine
Ersatzabgabe abgegolten werden kann, zu verbieten in den Fällen, wo der
Käufer die Wohnung resp. das Haus als Hauptwohnung nutze und zu Eigentum
erwerbe und das Hauptwohnungs-Kontingent noch nicht erschöpft sei; dem Kreis
Oberengadin und den Grundbuchämtern seien die entsprechenden Anweisungen zu
erteilen. Dem Beschwerdeführer liegt daran, dass die in den kommunalen
Baugesetzen festgeschriebenen Mindestquoten von Hauptwohnungen ausgeschöpft
werden, bevor (weitere) Zweitwohnungen bewilligt werden, wie er geltend
macht.
Mit Urteil vom 25. Mai 2007 trat das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden auf die Beschwerden (verwaltungsgerichtliche Beschwerde, eventuell
Aufsichtsbeschwerde) nicht ein. Von der Überweisung der Aufsichtsbeschwerde
an den Regierungsrat von Amtes wegen sah das Verwaltungsgericht ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 5. Juli 2007
erneuert X.________ im Wesentlichen seine bisherigen Anträge und verlangt, es
sei auf seine Vorbringen materiell einzutreten.
Instruktionsmassnahmen wurden nicht angeordnet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, soweit darauf einzutreten ist,
und im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 des Bundesgesetzes über das
Bundesgericht (BGG; SR 173.110) mit summarischer Begründung des Entscheides
zu erledigen:
1.1 Das Bundesgericht beurteilt in Anwendung von Art. 82 lit. a BGG
Beschwerden in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Fragen des
Raumplanungs- und Baurechts sowie kantonaler Ersatzabgaben auf dem Gebiet des
Zweitwohnungsbaus beschlagen Angelegenheiten des öffentlichen Rechts im Sinne
von Art. 82 lit. a BGG. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen
Ausschlussgrund. Das Verwaltungsgericht trat im angefochtenen Entscheid auf
die Beschwerden (verwaltungsgerichtliche Beschwerde, eventuell
Aufsichtsbeschwerde) nicht ein. Der Beschwerdeführer ist daher durch den
angefochtenen Entscheid im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG
besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung
oder Änderung. Insofern ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zulässig. Zu prüfen ist indessen nur, ob das Nichteintreten
Bundesrecht, einschliesslich der verfassungsmässigen Rechte, im Sinne von
Art. 95 BGG, verletzt. Rügen, das kantonale (Verfahrens-)Recht sei
willkürlich ausgelegt bzw. angewendet worden, sind nach Art. 106 Abs. 2 BGG
ausdrücklich zu erheben und ausreichend zu begründen.

1.2 Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer mit der
verwaltungsgerichtlichen Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht
einzig die Praxis der elf Oberengadiner Gemeinden im Zusammenhang mit der
Erhebung der Hauptwohnung-Ersatzabgabe, und nicht etwa eine konkrete
Verfügung (Entscheid) anfocht. Insbesondere richtete sich die Beschwerde
nicht gegen die Ersatzabgabe-Verfügung betreffend die Eigentumswohnung
A.________, Samedan. Art. 49 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons
Graubünden (VRG/GR) enthält eine Enumeration der kantonalen Hoheitsakte, die
mit verwaltungsgerichtlicher Beschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten
werden können. Anfechtbar sind nach Absatz 1 dieser Vorschrift Entscheide von
Behörden, also individuell-konkrete Akte, nicht aber eine allgemeine
Verwaltungspraxis, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid
dargelegt hat.
Zudem fehlt dem Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse gemäss Art. 50
VRG/GR zur Anfechtung der Verwaltungspraxis der Oberengadiner Gemeinden. Er
macht zwar geltend, durch die ausufernde Bewilligungspraxis zu den
Zweitwohnungen werde einerseits das Ortsbild beeinträchtigt (leerstehende
Wohnungen) und andererseits seine eigene Zweitwohnung in ihrem Wert
gemindert. Damit ist der Beschwerdeführer indessen nicht mehr betroffen als
jedermann bzw. jeder andere Zweitwohnungsbesitzer in Samedan oder in einer
anderen Gemeinde des Oberengadins auch.
Wenn daher das Verwaltungsgericht im Hinblick auf Art. 49 Abs. 1 und Art. 50
VRG/GR erwogen hat, dass ein anfechtbarer Hoheitsakt (Entscheid) nicht
vorliege und der Beschwerdeführer zur Beschwerde nicht legitimiert sei, hat
es das kantonale Recht in haltbarer Weise angewendet. Jedenfalls geht aus der
vorliegenden Beschwerde nicht hervor, inwiefern diese Rechtsanwendung
willkürlich sein könnte.

1.3 Der Beschwerdeführer macht hauptsächlich geltend, bei der Praxis der
Oberengadiner Gemeinden handle es sich um einen anfechtbaren Realakt.
Ob die Rüge ausreichend begründet ist (Art. 106 Abs. 2 OG), kann offen
bleiben. Als anfechtbare Entscheide gelten nach Art. 28 Abs. 4 und 49 Abs. 3
VRG/GR Realakte, die "in Rechte und Pflichten von Personen eingreifen". Die
nach dieser Bestimmung anfechtbaren Realakte unterscheiden sich von formellen
Entscheiden (Verfügungen) darin, dass die Verfügung im betreffenden Realakt
bereits enthalten ist. Bei der Praxis der Oberengadiner Gemeinden, an welcher
der Beschwerdeführer Anstoss nimmt, handelt es sich indessen nicht um einen
anfechtbaren Realakt im Sinne von Art. 49 Abs. 3 VRG/GR. Sie greift
offenkundig nicht "in Rechte und Pflichten" des Beschwerdeführers ein. Auch
Art. 25a des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember
1968 (VwVG; SR 172.021), auf den sich der Beschwerdeführer zur Untermauerung
seiner Ansicht hilfsweise ("analog") beruft, verlangt für die Verfügung über
einen Realakt, dass ein schutzwürdiges Interesse an der Verfügung besteht und
der Realakt in die Rechte und Pflichten der Person eingreift. Der Entscheid
des Verwaltungsgerichts ist daher auch unter diesem Gesichtswinkel nicht zu
beanstanden.

1.4 Der Beschwerdeführer rügt, die Feststellung der Vorinstanz, er habe die
Hauptwohnungs-Ersatzabgabe bezüglich der Wohnung A.________ nicht angefochten
und längst bezahlt, bedürfe "im Sinne einer Rüge einer massiven Korrektur".
Unklar ist, was der Beschwerdeführer mit dieser Rüge erreichen will. Nachdem
sich die kantonale Beschwerde unbestrittenermassen gegen die Praxis der
Oberengadiner Gemeinden und nicht gegen diese konkrete Verfügung richtete
(vgl. vorstehende E. 1.2), handelt es sich nicht um eine sachbezogene Rüge
und ist darauf nicht einzutreten.

1.5 Die weiteren Vorbringen lassen die Beschwerde ebenfalls nicht als besser
begründet erscheinen. Namentlich steht auch die Rechtsweggarantie des Art.
29a BV hier nicht in Frage, nachdem ein Gericht über die Zulässigkeit der
Beschwerde nach dem massgebenden Gesetzesrecht befunden hat. Die Beschwerde
ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art.
65 f. BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kreis Oberengadin, der Gemeinde
Bever, der Gemeinde Celerina/Schlarigna, der Gemeinde Madulain, der Gemeinde
La Punt Chamues-ch, der Gemeinde Samedan, der Politischen Gemeinde S-chanf,
der Gemeinde Zuoz, der Gemeinde Pontresina, der Gemeinde St. Moritz, der
Gemeinde Sils i.E./Segl, der Gemeinde Silvaplana und dem Verwaltungsgericht
des Kantons Graubünden, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Juli 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: