Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.325/2007
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2C_325/2007

Urteil vom 13. Februar 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Matter.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Steuerberatungen AG Roland Mösch,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung,
Hauptabteilung Mehrwertsteuer,
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern.
.

Mehrwertsteuer (1. Quartal 1995 bis 3. Quartal 2000; Zeitpunkt der Leistung),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 22. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ war u.a. selbständig erwerbender Architekt und vom 1. Januar 1995
bis zum 30. September 2000 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen
eingetragen. In seiner Einzelunternehmung führte die Eidgenössische
Steuerverwaltung für die genannte Zeitspanne eine Kontrolle durch. Darauf
forderte sie von ihm mit Ergänzungsabrechnung vom 25. Oktober 2000 und
förmlichem Entscheid vom 21. Januar 2001 Fr. 17'048.-- Mehrwertsteuer (nebst
Verzugszins) nach, namentlich aufgrund nicht versteuerter Umsätze beim
Übergang von der Warenumsatz- zur Mehrwertsteuer. X.________ anerkannte die
Nachbelastung in der Höhe von Fr. 5'459.10. Für den Restbetrag erhob er
erfolglos Einsprache und sodann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

B.
Am 27. Juni 2007 hat X.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt, das
angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Mai 2007
aufzuheben. Die Nachbelastung sei auf den anerkannten Betrag von Fr. 5'459.10
zu beschränken. Eventualiter sei die Sache zu nochmaliger Durchführung des
Beschwerdeverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, gegen den
gemäss Art. 82 lit. a in Verbindung mit Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht
offen steht. Der Beschwerdeführer ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
legitimiert.

1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die
Verletzung von Bundesrecht im Sinn von Art. 95 BGG gerügt werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung gegenüber dem
Beschwerdeführer vorgenommene Nachbelastung bezieht sich im Wesentlichen auf
nicht deklarierte Umsätze, die in der Übergangsperiode von der Warenumsatz-
zur Mehrwertsteuer erzielt wurden.

2.1.1 Der massgebliche Sachverhalt ist an sich unbestritten: Im Jahr 1994
realisierte der Beschwerdeführer eine Überbauung mit vier Einfamilienhäusern
und einer Tiefgarage, vorerst auf eigene Kosten und Risiken, ohne selber
Eigentümer des Bodens zu sein. Bis Ende 1994 erarbeitete er die gesamte
Projektierung mit Baubewilligung und weiteren Vorleistungen (u.a.
Bauversicherungen), den grössten Teil der Unternehmerofferten und einen Teil
der Ausführungspläne. Am 15. November 1994, 28. Januar 1995, 28. März 1996
und 30. September/26. Oktober 1996 schloss er mit vier Erwerbern je einen
Architekturleistungsvertrag ab. Vertragsunterlage waren jeweils das auf der
Parzelle geplante Projekt, die Baubewilligung und ein Kostenvoranschlag. Der
Beschwerdeführer verpflichtete sich, gegen ein festgelegtes Entgelt die Baute
gemäss den bewilligten Projektplänen bis zu einem bestimmten Datum zu
erstellen.

2.1.2 Streitig ist, auf welchen Zeitpunkt für die Besteuerung (und somit die
Bestimmung des anwendbaren Rechts) abzustellen ist. Die Vorinstanzen haben
erwogen, die am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Mehrwertsteuerverordnung
vom 22. Juni 1994 (MWSTV; AS 1994 1464) erfasse auch Dienstleistungen wie die
hier zu beurteilenden Architekturarbeiten, soweit sie zeitlich unter das neue
Recht fallen. Das treffe hier für drei der vier Häuser zu, seien diese doch
erst 1995 oder noch später veräussert worden. Dagegen erachtet der
Beschwerdeführer den Zeitpunkt der effektiven Arbeitserbringung als
entscheidend, d.h. das Jahr 1994, und zwar für alle vier Häuser; damals sei
noch der Bundesratsbeschluss über die Warenumsatzsteuer vom 29. Juli 1941
(WUStB; SR 641.20) anwendbar gewesen, der Dienstleistungen unbesteuert
gelassen habe; somit sei die Nachbelastung für die erst nach dem 1. Januar
1995 veräusserten Häuser nicht gerechtfertigt.

2.1.3 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich auf Art. 84 Abs. 1 MWSTV
gestützt. Danach gilt das neue Recht für Umsätze, die ab dem 1. Januar 1995
getätigt wurden. Gemäss Art. 4 MWSTV unterliegen Lieferungen und
Dienstleistungen der Mehrwertsteuer nur, wenn sie "gegen Entgelt" erbracht
werden. Damit ein steuerbarer Umsatz vorliegt, ist ein Austausch von
Leistungen notwendig (vgl. BGE 126 II 249 E. 4a S. 252 f. u. 443 E. 6a S. 451
f.). Ein solcher bestand hier erst mit dem Abschluss der
Architekturleistungsverträge. Mit diesen verkaufte der Beschwerdeführer
seinen Vertragspartnern ein baureifes bzw. bewilligtes Projekt und
verpflichtete sich dazu, die Detailausführung einschliesslich Bauleitung zur
Vollendung des Projektes zu übernehmen. Wenn es dem Beschwerdeführer nicht
gelungen wäre, die erarbeiteten Bauprojekte zu verkaufen, hätte ein
Eigenverbrauch von Dienstleistungen vorgelegen, der steuerlich unbeachtlich
ist (vgl. dazu auch ASA 73 493 E. 2.1, 72 158 E. 2c/dd). Wenn aber - wie hier
- ein auf Zusehen hin entwickeltes Projekt später an Dritte verkauft werden
kann, bestimmt sich der Zeitpunkt der Leistung nach demjenigen des jeweiligen
Geschäftsabschlusses. Bei dieser Sach- und Rechtslage verstösst der
angefochtene Entscheid nicht gegen Bundesrecht.

2.1.4 Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, vermag nicht zu überzeugen:

Zu Unrecht beruft er sich auf Art. 84 Abs. 4 MWSTV. Danach sind Lieferungen
und Dienstleistungen, die teilweise vor Inkrafttreten der
Mehrsteuerverordnung erbracht wurden, nach altem Recht zu versteuern und
müssen auch per 31. Dezember 1994 verbucht werden. Diese Regelung setzt aber
voraus, dass bereits ein Verpflichtungsgeschäft besteht. Sie kann nur in
demjenigen (üblichen) Fall Anwendung finden, in dem Leistungserbringer und
-empfänger Ende 1994 bereits in einem Austauschverhältnis, namentlich
vertraglicher Art, zueinander standen, die Leistungen damals aber erst
teilweise erbracht waren. Vorliegend war die Abfolge von Arbeitserbringung
und Geschäftsabschluss umgekehrt, wie beim Fabrikanten, der "auf Lager"
arbeitet.

Weiter argumentiert der Beschwerdeführer mit der Branchenbroschüre für
Architekten, Ingenieure, Geologen, Geometer und Vermessungsbüros (Januar
1995, Ziff. 17.2), in welcher der Zeitpunkt der Erbringung der Dienstleistung
als massgeblich bezeichnet werde. Daraus kann er aber nichts für seinen
Standpunkt ableiten. Von einer Leistungserbringung kann nämlich erst dann
gesprochen werden, wenn auch eine Abrede betreffend die Gegenleistung
besteht, d.h. wenn es schon zu einem Geschäftsabschluss und somit einem
Leistungsaustausch gekommen ist.

Der angefochtene Entscheid verletzt genauso wenig das Gebot der
Rechtsgleichheit und -sicherheit oder den Grundsatz von Treu und Glauben. Es
ist weder dargetan noch ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer die falsche
Zusicherung gemacht worden wäre, die massgeblichen Dienstleistungen würden
steuerlich nicht erfasst. Er hat vielmehr bloss auf seine persönliche,
unzutreffende Rechtsauslegung vertraut. Wie er die Vorgänge intern verbucht
hat, kann nicht entscheidend sein.

2.2 Die Mehrwertsteuer wurde ebenfalls auf den im Preis eingeschlossenen
Gebühren erhoben. Das geschah zu Recht, denn zum Entgelt, von dem die Steuer
berechnet wird, gehören nach Art. 26 Abs. 2 MWSTV unter anderem alle Kosten,
selbst wenn sie separat in Rechnung gestellt werden (insbesondere die
öffentlich-rechtlichen Abgaben; vgl. Art. 26 Abs. 5 MWSTV). Angesichts der
geschilderten Sachlage (vgl. oben E. 2.1.1) fällt ausser Betracht, dass der
Beschwerdeführer die Abgaben im Namen und auf Rechnung seiner Vertragspartner
bezahlt hätte.

2.3 Der Beschwerdeführer bestreitet weiter die Eigenverbrauchsbesteuerung
wegen privater Nutzung des Geschäftsfahrzeugs (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. a
MWSTV). Er habe den Wagen nie zu anderen als Geschäftszwecken verwendet. Dem
haben die Vorinstanzen zu Recht entgegen gehalten, dass diese Behauptung der
allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht und zudem gänzlich unbelegt
geblieben ist.

2.4 Im Zusammenhang mit der Veräusserung einer anderen Liegenschaft hat die
Steuerverwaltung lediglich 20 % der Rechtskosten aus Streitigkeiten mit der
Bank zum Vorsteuerabzug zugelassen, da die Veräusserung von Liegenschaften
von der Mehrwertsteuer ausgenommen sei und somit den Abzug nicht ermögliche.
Mit dieser Argumentation setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander.
Seine Vorbringen werden den gesetzlichen Begründungsanforderungen (vgl. Art.
42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht gerecht. Der blosse
Verweis auf die im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Rechtsschrift
vermag nicht zu genügen (vgl. u.a. BGE 131 III 384 E. 2.3 S. 387 f.; 130 I
290 E. 4.10 S. 302). Auf die Beschwerde kann in diesem Punkt nicht
eingetreten werden.

3.
Eventualiter beantragt der Beschwerdeführer, die Sache zu nochmaliger
Durchführung des Beschwerdeverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Dieser Antrag erweist sich ebenfalls als unbegründet. Insbesondere nennt der
Beschwerdeführer keine konkrete Bestimmung des Mehrwertsteuerrechts, welche
die Steuerverwaltung dazu verpflichtet hätte, eine mündliche
Einspracheverhandlung durchzuführen. Unmittelbar aus dem in der Verfassung
gewährleisteten Gehörsanspruch (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV) lässt sich kein
Anspruch auf mündliche Anhörung ableiten. Das gilt insbesondere hier, wo die
Sachlage an sich unbestritten und dem Beschwerdeführer in jedem
Verfahrensstadium genügend Gelegenheit gegeben worden ist, seinen
Rechtsstandpunkt darzulegen. Eine Verletzung wesentlicher
Verfahrensvorschriften liegt auch nicht darin, dass die Vorinstanz gewisse
Teile der Begründung des Einspracheentscheids übernommen hat. Die
betreffenden Ausführungen halten der Überprüfung in jeder Hinsicht stand.

4.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG)

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung
I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Februar 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Matter