Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.255/2007
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2C_255/2007 /ble

Urteil vom 28. September 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Küng.

X. ________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Ubald Bisegger,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn, Abteilung Ausländerfragen,
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Postfach 157, 4502 Solothurn.

Familiennachzug,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 27. April 2007.

Sachverhalt:

A.
Die serbische Staatsangehörige X.________ (geb. 1972) reiste im April 1999
mit ihrem damaligen Ehemann Y.________ und den gemeinsamen Kindern Matillda
(geb. 1991) und Donat (geb. 1993) als Asylsuchende in die Schweiz ein, wo am
7. August 1999 ihr drittes Kind, Renat, geboren wurde. Nachdem sie ihr
Asylgesuch zurückgezogen hatte, reiste die Familie im Mai 2000 in die Heimat
zurück. Am 3. Mai 2003 wurde die Ehe geschieden; das Sorgerecht über Donat
wurde dem Vater, jenes über die beiden anderen Kinder der Mutter
zugesprochen. Am 28. Dezember 2004 wurde auch das Sorgerecht für Renat dem
Vater übertragen.
Im Oktober 2003 heiratete X.________ den Schweizer Bürger Z.________ (geb.
1953), worauf sie im Kanton St. Gallen eine Aufenthaltsbewilligung erhielt.
Ihre Tochter blieb bei den Grosseltern mütterlicherseits, die Söhne bei ihrem
Vater und dessen Eltern in Serbien. Das Ehepaar reiste im Mai 2004 nach
Albanien. Anfang August 2004 kehrte X.________ mit ihrem Ehemann in die
Schweiz zurück und gebar den Sohn Enrik. Im November 2004 erteilte ihr der
Kanton Solothurn eine Aufenthaltsbewilligung.
Am 16. Juni 2006 ersuchte X.________ beim Departement des Innern des Kantons
Solothurn um Familiennachzug für ihre Tochter Matillda, was dieses ablehnte.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn bestätigte diesen Entscheid.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________
dem Bundesgericht, den Entscheid des Departements des Innern "vom 9.2.2007"
und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 27. April
2007 aufzuheben und ihr den Familiennachzug für ihre Tochter zu bewilligen.
Das Departement des Innern des Kantons Solothurn beantragt, die Beschwerde
abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und das Bundesamt für Migration
schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem
Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das
Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Gemäss Art. 4 des
Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der
Ausländer (ANAG; SR 142.20) entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen der
gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem
Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung. Damit besteht
kein Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung, es sei denn, der Ausländer
oder seine in der Schweiz lebenden Angehörigen können sich hierfür auf eine
Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen (BGE 130 II 281
E. 2.1, mit Hinweisen).

1.2 Gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG haben ledige Kinder von Ausländern, die
in der Schweiz niedergelassen sind, Anspruch auf Einbezug in die
Niederlassungsbewilligung ihrer Eltern, wenn sie mit diesen zusammenwohnen
und noch nicht 18 Jahre alt sind.
Die Beschwerdeführerin als Mutter der nachzuziehenden Tochter ist nicht im
Besitz einer Niederlassungs-, sondern bloss einer Aufenthaltsbewilligung. Für
den Familiennachzug kann sie sich daher nicht auf Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG
berufen. Als Anspruchsgrundlage fallen einzig Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV in
Betracht, bei deren Anwendung ebenfalls die von der Rechtsprechung zu Art. 17
Abs. 2 ANAG entwickelten Regeln gelten (BGE 133 II 6 E. 3.1). Da die Tochter
heute erst 16 Jahre alt und damit noch nicht mündig ist, ist auf die
Beschwerde einzutreten.

1.3 Auf das Begehren um Aufhebung der "Verfügung vom 9.2.2007" - gemeint ist
wohl die (erstinstanzliche) Verfügung vom 31. Januar 2007 des kantonalen
Departements -, ist nicht einzutreten (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin kritisiert in grundsätzlicher Weise die Praxis des
Bundesgerichts, nach welcher beim Familiennachzug im Falle von Teilfamilien
strengere Kriterien gelten als bei vollständigen Familien (vgl. BGE 129 II 11
E. 3.1); sie erachtet diese als diskriminierend (Art. 8 Abs. 2 BV).

2.2 Die Beschwerdeführerin setzt sich indessen nicht näher mit der von ihr
beanstandeten bundesgerichtlichen Rechtsprechung auseinander. Was sie
vorbringt, erschöpft sich vielmehr in der blossen Behauptung einer
Ungleichbehandlung von Ein- und Zweielternfamilien. Soweit darin eine
genügende Begründung der gerügten Grundrechtsverletzung (Art. 106 BGG)
erblickt werden kann, ist ihr entgegenzuhalten, dass die bisherige Praxis
kürzlich in BGE 133 II 6 - unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK - bestätigt
wurde. Was die Beschwerdeführerin vorbringt, ist nicht geeignet, zu einer
abweichenden Beurteilung zu führen. Es kann auf die umfassende Begründung
dieses Entscheides, an der auch mit Blick auf Art. 10 der
UNO-Kinderrechtekonvention (SR 0.107) festzuhalten ist (vgl. Urteil
2A.357/1997 vom 6. März 1998 E. 1b), verwiesen werden. Die Rüge ist
unbegründet.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin kann den Nachzug ihrer Tochter aus der geschiedenen
früheren Ehe nur verlangen, wenn eine vorrangige Bindung zu dieser
nachgewiesen ist und besondere stichhaltige familiäre Gründe - die nicht
leichthin bejaht werden dürfen und an welche hohe Beweisanforderungen
gestellt werden - dieses Vorgehen rechtfertigen (BGE 129 II 11 E. 3.1.3 und
3.3.2). Diese Grundsätze gelten auch im Lichte der neueren Rechtsprechung des
Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften bzw. derjenigen des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (vgl. BGE 133 II 6 E. 3 und 5).

3.2 Die Vorinstanz hat unter Bezugnahme auf die einschlägige
bundesgerichtliche Rechtsprechung (insb. BGE 129 II 11, 126 II 329, 125 II
585 und 633, 124 II 361) überzeugend dargelegt, dass keine vorrangige
Beziehung des Kindes zur in der Schweiz lebenden Beschwerdeführerin vorliege
und dieses durch einen Nachzug in die Schweiz vielmehr entwurzelt würde. Sie
hat dabei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch das Wohl des
Kindes angemessen gewürdigt. Eine Verletzung von Bundesrecht ist nicht
ersichtlich. Es kann daher auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz
(angefochtenes Urteil E. II/1 und 2) verwiesen werden, denen nichts
beizufügen ist.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens
vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement des Innern und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. September 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: