Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.239/2007
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2C_239/2007 /leb

Urteil vom 5. Oktober 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Wurzburger,
Bundesrichter Karlen,
Gerichtsschreiber Merz.

A. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn, Abteilung Ausländerfragen,
Ambassadorenhof,
4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Postfach 157, 4502 Solothurn.

Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 24. April 2007.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die türkischen Staatsangehörigen A.________ (geb. 1977) und B.________
heirateten im April 2002 in ihrer Heimat. Im Februar 2003 wurde der
gemeinsame Sohn C.________ geboren. Nachdem das im März 2004 gestellte Gesuch
um Nachzug von A.________ zu seiner in der Schweiz niedergelassenen Ehefrau
bewilligt worden war, reiste dieser im Juli 2004 in die Schweiz ein. In der
Folge erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung, welche zuletzt bis zum 31.
Dezember 2007 verlängert wurde. Mit Verfügung vom 12. Januar 2007 widerrief
das Departement des Innern des Kantons Solothurn, Abteilung Ausländerfragen,
die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und forderte ihn auf, das
Kantonsgebiet bis zum 31. März 2007 zu verlassen. Die hiergegen erhobene
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom
24. April 2007 ab.

A. ________ beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 24. Mai 2007, das Urteil des
Verwaltungsgerichts sowie die vorangehende Verfügung des Departements
aufzuheben. Das kantonale Departement sowie das Verwaltungsgericht ersuchen
um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das
Bundesamt für Migration stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde mit
Verfügung vom 30. Mai 2007 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

2.
Auf die fristgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
Ihr steht kein Ausschlussgrund (insbesondere nicht Art. 83 lit. c Ziff. 2
BGG) entgegen, zumal die Bewilligung - wäre sie nicht widerrufen worden -
noch Rechtswirkungen bis zum Ende dieses Jahres entfaltete (vgl. Urteil
2C_21/2007 vom 16. April 2007, E. 1). Zudem könnte sich der Beschwerdeführer
mit Blick auf das gefestigte Anwesenheitsrecht seines Sohnes zusätzlich auf
den Schutz des Familienlebens (Art. 8 EMRK, Art. 13 BV) berufen (vgl. BGE 127
II 60 E. 1d S. 64 ff.). Nicht einzutreten ist allerdings auf den Antrag, auch
die Verfügung des Departements aufzuheben, da diese durch das Urteil des
Verwaltungsgerichts ersetzt wurde (sog. Devolutiveffekt; BGE 129 II 438 E. 1
S. 441 mit Hinweisen).

3.
Die Fremdenpolizeibehörde hat die Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 9
Abs. 2 lit. b ANAG (SR 142.20) mit der Begründung widerrufen, die Ehe bestehe
nur noch formell, der Aufenthaltszweck des Verbleibs bei der Ehefrau sei
entfallen.

3.1 Ein Widerruf ist nach der erwähnten Bestimmung möglich, wenn eine mit der
Aufenthaltsbewilligung verbundene Bedingung nicht erfüllt wird oder wenn das
Verhalten des Ausländers Anlass zu schweren Klagen gibt. Gemäss Art. 17 Abs.
2 Satz 1 ANAG hat der Ehepartner eines Ausländers, der über eine
Niederlassungsbewilligung verfügt, Anspruch auf Erteilung und Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung, solange die Ehegatten zusammen wohnen.
Dementsprechend wurde in den jeweiligen Bewilligungen als Zweck des
Aufenthaltes des Beschwerdeführers der "Verbleib bei der Ehefrau" angegeben.
Das ist als eine Bedingung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG anzusehen
(vgl. zudem Art. 10 Abs. 3 ANAV [SR 142.201]). Ein vom Zusammenleben
unabhängiges Aufenthaltsrecht entsprechend Art. 17 Abs. 2 Satz 2 ANAG hat der
Beschwerdeführer nicht erlangt.

3.2 Nach den Ausführungen des Beschwerdeführers lebt er seit Anfang dieses
Jahres nicht mehr mit seiner Ehefrau zusammen. Dem Umstand, dass er sich der
von seiner Ehefrau erhobenen Scheidungsklage widersetzt, ist mit Blick auf
den genannten Aufenthaltszweck nicht ausschlaggebend. Es kommt nicht auf den
formellen Bestand der Ehe an, sondern auf das Zusammenleben der Ehegatten.
Den Aussagen der Ehefrau zufolge, auf welche die Vorinstanzen abstellen
durften, ist mit einer Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht zu
rechnen. Der Beschwerdeführer bestreitet zwar, dass er seine Ehefrau und
seinen Sohn geschlagen habe; er verweist darauf, dass das gegen ihn
eingeleitete Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Insoweit verkennt
er aber, dass es keine Rolle spielt, ob das Zusammenleben infolge eines
Verschuldens aufgegeben wurde (Andreas Zünd, Beendigung der Anwesenheit,
Entfernung und Fernhaltung, in Uebersax/Münch/Geiser/Arnold [Hrsg.],
Ausländerrecht, 2002, S. 217 Rz. 6.18). Demnach ist der Widerrufsgrund nach
Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG hier erfüllt.

Dem Widerruf der Aufenthaltsbewilligung stehen weder Art. 8 EMRK noch Art. 13
BV entgegen. Der Beschwerdeführer verweist wohl auf seine Beziehung zum Sohn.
Die soeben erwähnten Bestimmungen räumen jedoch kein absolutes
Anwesenheitsrecht ein (vgl. BGE 120 Ib 22 E. 4 S. 24 ff.; 124 II 361 E. 3a S.
366). Der Scheidungsrichter verfügte am 9. Januar 2007, dass dem
Beschwerdeführer vorerst kein Besuchsrecht bezüglich seines Sohnes zusteht
und die Mutter allein obhutsberechtigt ist. Der Beschwerdeführer hatte zudem
selber noch beabsichtigt, seinen Sohn in die Türkei zu den Grosseltern
väterlicherseits zu schicken und dort aufwachsen zu lassen, wobei er und die
Mutter in der Schweiz geblieben wären (vgl. polizeiliche Einvernahme des
Beschwerdeführers vom 3. Januar 2007). Er hätte damit freiwillig eine
Trennung vom Kind in Kauf genommen. Somit durften die Vorinstanzen davon
ausgehen, dass der Beschwerdeführer nicht auf die Anwesenheit in der Schweiz
angewiesen ist, um etwaige - künftig bewilligte - Besuchskontakte zum Sohn
aufrechtzuerhalten.

Der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung erweist sich auch sonst als
verhältnismässig. Das eheliche Zusammenleben in der Schweiz hat knapp 2 1/2
Jahre gedauert, wobei ernsthafte Beziehungsprobleme kaum ein Jahr nach der
Einreise des Beschwerdeführers aufgetreten sind. Der Beschwerdeführer hat den
überwiegenden Teil seines Lebens in der Heimat verbracht, deren Sprache er
weit besser als Deutsch beherrscht; dort leben auch seine Eltern. Die
vergangenen Monate vor dem Widerruf der Bewilligung war er arbeitslos, so
dass er auch beruflich nicht als gut integriert gelten kann. Ungeachtet
dessen, ob die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Gewaltanwendung gegen Frau
und Kind zutreffen, hat der Beschwerdeführer offensichtlich Mühe, sich in die
hier geltende Ordnung einzufügen. So reagierte er - auch seinen eigenen
Bekundungen zufolge - auf persönliche Differenzen zwischen ihm und seinem
Schwiegervater durch den illegalen Kauf einer Pistole, die er stets
einsatzbereit hielt.

4.
Die Beschwerde erweist sich somit als offensichtlich unbegründet, soweit
darauf einzutreten ist, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109
BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf das angefochtene Urteil
erledigt werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer
die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu übernehmen (Art. 65 und 66
Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Prozessführung ist nicht zu
entsprechen, da sein Rechtsbegehren aussichtslos erscheint (vgl. Art. 64
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren gemäss Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement des Innern und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Oktober 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:   Der Gerichtsschreiber: