Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.22/2007
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{T 0/2}
2C_22/2007 /ble

Urteil vom 22. Februar 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Amt für Ausländerfragen Zug (KAFA), Postfach 857, 6301 Zug,
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Haftrichter, Postfach 760, 6301 Zug.

Verlängerung der Durchsetzungshaft
(Art. 13g Abs. 2 ANAG),

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Verfügung des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Haftrichter, vom 9. Februar 2007.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
X. ________ (geb. 1978) stammt aus Algerien. Er durchlief im Jahre 2004 in
der Schweiz erfolglos ein Asylverfahren. Vom 25. April bis zum 22. Juli 2005
sowie vom 24. April bis zum 18. Mai 2006 befand er sich in Ausschaffungshaft.
Am 17. Januar 2007 nahm ihn das Kantonale Amt für Ausländerfragen Zug in
Durchsetzungshaft, welche der Haftrichter am Verwaltungsgericht des Kantons
Zug am 19. Januar 2007 prüfte und bis zum 16. Februar 2007 bestätigte. Am
9. Februar 2007 verlängerte er die Durchsetzungshaft um zwei Monate bis zum
16. April 2007. Hiergegen ist X.________ am 19. Februar 2007 mit dem
sinngemässen Antrag an das Bundesgericht gelangt, er sei aus der
Durchsetzungshaft zu entlassen.

2.
2.1 Der haftrichterliche Entscheid erging am 9. Februar 2007 und damit nach
Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110, AS 2006 1205 ff.); die vorliegende
Eingabe ist somit als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
entgegenzunehmen und zu erledigen (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG; Mitteilungen des
Bundesgerichts zum Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes, Ziff. I, publ.
in: ZBl 108/2007 S. 56; BGE 2C_1/2007 vom 5. Februar 2007, E. 1). Da sie
sich, soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen genügt (vgl. Art. 42
Abs. 2 BGG), als offensichtlich unbegründet erweist, kann dies ohne
Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG
geschehen:
2.2
2.2.1 Hat ein Ausländer seine Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz innerhalb
der ihm angesetzten Frist nicht erfüllt und kann die rechtskräftige Weg- oder
Ausweisung auf Grund seines persönlichen Verhaltens nicht vollzogen werden,
so darf er, um der Ausreisepflicht Nachachtung zu verschaffen, in
Durchsetzungshaft genommen werden, sofern die Anordnung der Ausschaffungshaft
nicht zulässig ist oder keine andere mildere Massnahme zum Ziel führt (Art.
13g Abs. 1 ANAG in der seit dem 1. Januar 2007 gültigen Fassung gemäss der
Änderung des Asylgesetzes vom 16. Dezember 2005 [AS 2006 4745 ff., dort S.
4767 und S. 4771]). Die Haft ist erstmals für einen Monat zulässig und kann
hernach mit der Zustimmung der zuständigen kantonalen richterlichen Behörde
(vgl. Art. 13g Abs. 3 ANAG) jeweils um zwei Monate verlängert werden, sofern
der Ausländer weiterhin nicht bereit ist, sein Verhalten zu ändern und
auszureisen; die maximale Haftdauer beträgt grundsätzlich 18 Monate (Art. 13g
Abs. 2 ANAG). Die Haft wird beendet, falls eine selbständige pflichtgemässe
Ausreise nicht möglich ist, obwohl der Ausländer den behördlich vorgegebenen
Mitwirkungspflichten nachkommt (Art. 13g Abs. 6 lit. a ANAG), oder die
Schweiz weisungsgemäss verlassen (lit. b), die Ausschaffungshaft angeordnet
(lit. c) oder einem Haftentlassungsgesuch entsprochen wird (lit. d).

2.2.2 Die Durchsetzungshaft findet ihre konventionsrechtliche Rechtfertigung
in Art. 5 Ziff. 1 lit. b (Haft zur Erzwingung einer durch das Gesetz
vorgeschriebenen Verpflichtung) und nicht wie die Vorbereitungs- und
Ausschaffungshaft in Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK (Haft zur Sicherung eines
schwebenden Ausweisungsverfahrens). Sie bezweckt, die ausreisepflichtige
Person in jenen Fällen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, in denen nach
Ablauf der Ausreisefrist der Vollzug der rechtskräftig gegen sie angeordneten
Weg- oder Ausweisung - trotz der behördlichen Bemühungen - ohne ihre
Kooperation nicht möglich ist (vgl. BGE 130 II 56 E. 4.2.3 S. 62 f.; AB 2005
S 375 ff. [Voten von Kommissionssprecherin Heberlein und Bundesrat Blocher];
AB 2005 N 1208 [Votum von Kommissionssprecher Müller Philipp]). Die
Durchsetzungshaft ist das letzte Mittel, da und soweit keine andere
Zwangsmassnahme zum Ziel führt, den illegal anwesenden Ausländer - auch gegen
seinen Willen - in seine Heimat verbringen zu können. Wie alle staatlichen
Massnahmen hat die Durchsetzungshaft dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu
entsprechen; es ist jeweils im Einzelfall auf Grund der konkreten Umstände zu
prüfen, ob sie geeignet bzw. erforderlich ist und nicht gegen das
Übermassverbot, d.h. das sachgerechte und zumutbare Verhältnis von Mittel
(Haft) und Zweck (Verhaltensänderung, damit die Ausschaffung vollzogen werden
kann), verstösst (vgl. AB 2005 N 1208 [Votum von Kommissionssprecher Müller];
zur Ausschaffungshaft: 2C_1/2007 vom 5. Februar 2007, E. 7; BGE 126 II 439
ff.). Dabei ist den Prämissen des Gesetzgebers Rechnung zu tragen, dass die
Massnahme bis zu einer maximalen Haftdauer von 18 Monaten (bzw. bei
Minderjährigen zwischen 15 und 18 Jahren von neun Monaten) verhältnismässig
sein könne und der Betroffene es in der Hand habe, die Haft jederzeit zu
beenden, indem er seiner Ausreisepflicht nachkommt. Art. 13g ANAG ist in
diesem Rahmen verfassungs- und konventionskonform auszulegen (kritisch zur
Durchsetzungshaft: Jürg Schertenleib, Die Teilrevision des Asylgesetzes,
Kommentierte Übersicht, Bern 2006, S. 19).

2.3
Der Haftrichter hat dies im vorliegenden Fall umfassend und korrekt getan;
sein Entscheid verletzt kein Bundesrecht:
2.3.1 Der Beschwerdeführer, der nach wie vor behauptet, aus Marokko zu
stammen, ist im Asylverfahren rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen
worden (Verfügung des Bundesamts für Flüchtlinge vom 10. September 2004;
Entscheid der Schweizerischen Asylrekurskommission vom 17. November 2004),
ohne dass er das Land innerhalb der ihm auferlegten Ausreisefrist (14. Januar
2005) verlassen hätte. Die Behörden konnten trotz seines renitenten
Verhaltens seine Identität ermitteln und von den algerischen Behörden die
Ausstellung von Ersatzreisepapieren erwirken. Der Beschwerdeführer vereitelte
jedoch am 18. Mai bzw. am 28. September 2006 sowohl eine unbegleitete wie
eine begleitete Rückführung nach Algier, indem er beim Besteigen des
Flugzeugs bzw. bei der Verbringung an den Flughafen Widerstand leistete. Da
mit Algerien kein Abkommen über Sonderflüge für Personen besteht, die nur
zwangsweise ausgeschafft werden können, kann er bloss in seine Heimat
zurückgeführt werden, wenn er bereit ist, hierbei zu kooperieren. Eine
Ausschaffungshaft ist ihrerseits zurzeit nicht möglich, da diese voraussetzen
würde, dass sich der zwangsweise Vollzug der Wegweisung auch gegen den Willen
des Beschwerdeführers in absehbarer Zeit realisieren liesse (vgl. BGE 130
II 56 E. 4.2.3 mit Hinweisen).

2.3.2 Zwar macht der Beschwerdeführer nach wie vor geltend, in Algerien bzw.
Marokko verfolgt zu werden; er übersieht indessen, dass diese Frage
rechtskräftig beurteilt worden ist; es bestehen keine Anhaltspunkte dafür,
dass seine Wegweisung offensichtlich unzulässig wäre und deshalb nicht mit
einer Zwangsmassnahme sichergestellt werden könnte (vgl. BGE 130 II 56 E. 2;
128 II 193 E. 2.2; 125 II 217 E. 2 S. 220). Soweit er einwendet, er habe sich
nichts zuschulden kommen lassen, weshalb er seine Inhaftierung nicht
verstehe, verkennt er, dass die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht keine
strafrechtlichen Sanktionen bilden, sondern als Administrativmassnahmen den
Vollzug der Wegweisung sicherstellen und den Betroffenen dazu verhalten
sollen, mit den Behörden zu kooperieren bzw. das Land zu verlassen (immerhin
ist es offenbar zu rund zwanzig polizeilichen Verzeigungen gegen den
Beschwerdeführer gekommen [Sachbeschädigung, Brandstiftung, Körperverletzung
usw.]). Nachdem er seit dem negativen Asylentscheid hinreichend Gelegenheit
zur Ausreise gehabt hat, ist nicht ersichtlich, mit welchem anderen, milderen
Mittel als der Durchsetzungshaft er hierzu bewegt werden könnte. Sein
Einwand, er werde die Schweiz nunmehr sofort in Richtung eines Drittstaats
verlassen, falls er aus der Haft entlassen werde, überzeugt unter diesen
Umständen nicht; im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie er dies ohne Papiere
und Visum rechtmässig tun könnte. Für alles Weitere wird auf die zutreffenden
Ausführungen im angefochtenen Entscheid und der Haftgenehmigung vom 19.
Januar 2007 verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).

3.
3.1 Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es rechtfertigt sich indessen,
von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

3.2 Das Kantonale Amt für Ausländerfragen Zug wird ersucht, dafür besorgt zu
sein, dass der vorliegende Entscheid dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet
und nötigenfalls verständlich gemacht wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Amt für
Ausländerfragen Zug (KAFA) und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Haftrichter, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Februar 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident :  Der Gerichtsschreiber: