Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.224/2007
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2C_224/2007 /ble

Urteil vom 10. September 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Müller,
Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Advokat Peter Volken,

gegen

Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Advokat Anton Arnold,
Staatsrat des Kantons Wallis, Regierungsgebäude, Postfach 478, 1951 Sitten,
Gemeinde Fiesch, 3984 Fiesch,
Gemeinde Bellwald, 3997 Bellwald,
Gemeinde Betten, 3991 Betten,
Kantonsgericht Wallis, öffentlich-rechtliche Abteilung, Justizgebäude, 1950
Sitten.

Submission,
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Wallis vom 4. April 2007.

Sachverhalt:

A.
Im Amtsblatt Nr. 33 vom 18. August 2006 schrieb der Vorsteher des
Departements für Volkswirtschaft und Raumentwicklung des Kantons Wallis für
jede Gemeinde der Bezirke Goms sowie Östlich-Raron den Unterhalt und die
Nachführung der amtlichen Vermessung für die Dauer von fünf Jahren (1. Januar
2007 - 31. Dezember 2011) im offenen Verfahren zur Bewerbung aus. Die
Ausschreibungsunterlagen, welche bei der Vergabebehörde bezogen werden
konnten, enthielten u.a. einen Leistungsbeschrieb, das Pflichtenheft sowie
die Zuschlagskriterien.

B.
An seiner Sitzung vom 15. November vergab der Staatsrat des Kantons Wallis
die ausgeschriebenen Arbeiten in den Gemeinden Fiesch, Bellwald und Betten an
die Y.________ AG. Diesen Entscheid gab er am 22. November 2006 der
übergangenen Bewerberin X.________ AG bekannt. Auf deren Nachfrage hin
begründete der Kantonsgeometer den staatsrätlichen Entscheid mit Schreiben
vom 27. November 2006 im Einzelnen.
Hiegegen erhob die X.________ AG drei Beschwerden (je eine betreffend jede
Gemeinde) beim Kantonsgericht des Kantons Wallis. Dessen
öffentlich-rechtliche Abteilung vereinigte die entsprechenden Verfahren und
wies die Beschwerden mit Urteil vom 4. April 2007 ab.

C.
Mit Eingabe vom 16. Mai 2007 führt die X.________ AG Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit den Anträgen,
das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis vom 4. April 2007
aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Gleichzeitig wird um Gewährung der aufschiebenden
Wirkung ersucht.
Die Y.________ AG beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten bzw. sie
abzuweisen. Das für den Staatsrat handelnde Departement für Volkswirtschaft
und Raumentwicklung hat sich nur zum Gesuch um aufschiebende Wirkung
vernehmen lassen. Das Kantonsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde. Die
Gemeinden Fiesch und Betten haben auf Vernehmlassung verzichtet. Die Gemeinde
Bellwald hat zur Beschwerde Stellung genommen, ohne einen ausdrücklichen
Antrag zu stellen.

D.
Mit Verfügung vom 19. Juni 2007 wies der Abteilungspräsident das Gesuch um
aufschiebende Wirkung ab.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil ist am 4. April 2007, d.h. nach Inkrafttreten des
Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb für das vorliegende
Verfahren die Vorschriften des neuen Gesetzes massgebend sind (vgl. Art. 132
Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Art. 83 lit. f BGG schliesst die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen
Beschaffungen aus, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrages den
massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das
öffentliche Beschaffungswesen (BoeB, SR 172.056.1) oder des Abkommens vom 21.
Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen
Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR
0.172.052.68) nicht erreicht (Ziff. 1) sowie wenn sich keine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt (Ziff. 2). Nach grammatikalischer und
systematischer Auslegung von Art. 83 lit. f BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten damit bereits dann ausgeschlossen,
wenn einer der beiden Ausschlussgründe gegeben ist: Die Zulässigkeit des
Rechtsmittels setzt voraus, dass die erwähnten Schwellenwerte erreicht sind
und sich zugleich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
Diese Auslegung entspricht, wie in der Lehre heute (nahezu) einhellig
angenommen wird, auch dem Sinn der Gesetzesbestimmung (Heinz Aemisegger, Der
Beschwerdegang in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, in: Bernhard
Ehrenzeller/Rainer J. Schweizer (Hrsg.), Die Reorganisation der
Bundesrechtspflege - Neuerungen und Auswirkungen auf die Praxis, St. Gallen
2006, S. 138; Peter Karlen, Das neue Bundesgerichtsgesetz, 2006, S. 50;
Robert Wolf, Die neue Rechtsmittelordnung im Bund, in: Baurecht, Sonderheft
06 "Vergaberecht Droit des Marchés publics", S. 13; Jean-Baptiste Zufferey,
Les nouvelles voies de recours au niveau fédéral en matière de marchés
publics, a.a.O., S. 17; Matthias Suter, Der neue Rechtsschutz in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht, Diss.
St. Gallen 2007, S. 177; Hansjörg Seiler, in Seiler/von Werdt/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 50 zu Art. 83 BGG, mit Hinweis auf das
Protokoll der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 1./2. Juli
2004, S. 47; contra: François Bellanger, Le recours en matière de droit
public, in: François Bellanger et Thierry Tanquerel (Hrsg.), Les nouveaux
recours fédéraux en droit public, 2006, S. 54).

2.2 Ob im vorliegenden Fall die erforderliche Auftragssumme bei
Dienstleistungen (gegenwärtig Fr. 248'950.--, vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. b BoeB
in Verbindung mit Art. 1 lit. b der Verordnung des EVD vom 30. November 2006
über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für
das Jahr 2007) erreicht ist, bedarf keiner weiteren Prüfung. Es fehlt
jedenfalls am Erfordernis, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung (dazu Andreas Güngerich, in Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N.
8 f zu Art. 74 BGG) streitig sein muss. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG obliegt es
dem Beschwerdeführer, die Erfüllung dieser Voraussetzung darzutun. Die
vorliegende Beschwerde enthält keine Ausführungen hiezu. Das Rechtsmittel der
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich daher
gemäss Art. 83 lit. f BGG als unzulässig.

3.
3.1 Da es sich um den Submissionsentscheid einer kantonalen Behörde bzw. einen
diesbezüglichen letztinstanzlichen kantonalen Rechtsmittelentscheid handelt,
ist indes zu prüfen, ob die vorliegende Eingabe als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG entgegenzunehmen ist. Gemäss Art.
119 BGG kann dieses Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift eingereicht
werden wie die ordentlichen Rechtsmittel, und es ist vom Bundesgericht im
gleichen Verfahren zu behandeln. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels
schadet dem Beschwerdeführer nicht, sofern bezüglich des jeweils statthaften
Rechtsmittels sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BGE 131
I 291 E. 1.3 S. 296).

3.2 Mit der Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Dies wirkt sich auf
die Anforderungen aus, denen die Beschwerdeschrift genügen muss. Es gilt das
so genannte Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG, vgl. BBl 2001 4344). Dieses
verlangt, dass der Beschwerdeführer in seiner Eingabe dartut, welche
verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den angefochtenen Entscheid
verletzt worden sind. Eine Überprüfung von Amtes wegen, wie sie dem
Bundesgericht hinsichtlich des Gesetzes- und Verordnungsrechts des Bundes
zusteht (vgl. Art. 106 Abs. 1 BGG), findet nicht statt. Das Bundesgericht
untersucht deshalb nicht von sich aus, ob der angefochtene kantonale
Entscheid verfassungsmässig ist, sondern prüft nur rechtsgenügend
vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (vgl.
die Rechtsprechung zur staatsrechtlichen Beschwerde, statt vieler BGE 110 Ia
1 E. 2 S. 3 f.; 119 Ia 197 E. 1d S. 201). Wie unter der Herrschaft des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG) müssen die erhobenen Rügen zudem in der
Beschwerdeschrift selber enthalten sein; der blosse Verweis auf Ausführungen
in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (vgl. BGE 129
I 113 E. 2.1 S. 120; 115 Ia 27 E. 4a S. 30, je mit Hinweisen).

3.3 Mit der vorliegenden Eingabe wird zwar eine Verletzung von Art. 9 BV
(Verstösse gegen das Willkürverbot und gegen den Grundsatz von Treu und
Glauben) gerügt; ihre Begründung vermag aber nicht den qualifizierten
Anforderungen zu genügen, welche Art. 106 BGG (in Verbindung mit Art. 119
BGG) für die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen stellt. Dies gilt
insbesondere für die Anrufung des Willkürverbots. Der Beschwerdeführer muss,
wie schon im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, dartun, dass und
inwiefern der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397).
Die vorliegende Beschwerdeschrift erschöpft sich, zum Teil unter
unzulässigen Verweisen auf Rechtsschriften des kantonalen Verfahrens, in
appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid und am Vorgehen der
Submissionsbehörde, ohne dass in klarer Weise dargelegt wird, worin die
offensichtliche, in die Augen springende Unhaltbarkeit der angefochtenen
Entscheidung bestehen soll. Die Eingabe erfüllt damit auch nicht die
Formvorschriften für eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde, weshalb sie nicht
als solche entgegengenommen werden kann.

4.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat die anwaltlich vertretene
Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) für das bundesgerichtliche Verfahren
ausserdem angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Weitere
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Y.________ AG für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Staatsrat des Kantons Wallis, den
Gemeinden Fiesch, Bellwald und Betten sowie dem Kantonsgericht Wallis
(öffentlich-rechtliche Abteilung) schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. September 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: