Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.222/2007
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2C_222/2007 /zga

Urteil vom 15. Oktober 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Ersatzrichter Locher,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

X. ________ Immobilien AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher

K. Urs Grütter,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Luzern,
Buobenmatt 1, 6002 Luzern,
Steuerverwaltung des Kantons Bern,
Postfach 8334, 3001 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung,
Obergrundstrasse 46, 6002 Luzern.

Doppelbesteuerung (Staats- und Gemeindesteuern 2001),

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 11. April 2007.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ Immobilien AG, welche damals ihren Sitz in der Stadt Luzern
hatte, übernahm rückwirkend per 1. Januar 2001 die im Kanton Bern
domizilierte Y.________ AG. Die X.________ Immobilien AG ist in der
Liegenschaftsverwaltung und im Liegenschaftshandel tätig. Sie beschäftigt
offenbar kein Personal. Ihre Geschäfte in Luzern werden von
Verwaltungsratspräsident A.________ wahrgenommen, der die luzernische
Liegenschaft und die sie betreffenden Geschäfte betreut. In der
O.________strasse 4 in Bern stehen der Gesellschaft die für die laufende
Geschäftsbesorgung nötigen Räume durch das Verwaltungsratsmitglied
B.________, der ein Treuhandbüro betreibt, zur Verfügung.

Im Jahre 2001 veräusserte die Gesellschaft die im Jahre 1999 erworbene und
einer Sanierung unterworfene Liegenschaft an der P.________strasse in Luzern
mit einem Rohgewinn von rund Fr. 2,9 Mio. Zudem sanierte sie die von der
Y.________ AG eingebrachte Liegenschaft in I.________, Kanton Bern, für rund
Fr. 2,3 Mio. und holte eine Abschreibung von knapp Fr. 300'000.-- nach.
Schliesslich erwarb sie zwei ausschliesslich mit Fremdkapital finanzierte
Liegenschaften in Biel und Brügg, beide Kanton Bern.

Für die Steuerperiode 2001 behandelte die Steuerverwaltung des Kantons Luzern
die X.________ Immobilien AG als interkantonale Liegenschaftenhändlerin,
verlegte die Erträge objektmässig, die Schuldzinsen proportional nach Lage
der Aktiven und verweigerte eine Verrechnung des im Kanton Bern entstandenen
Aufwandüberschusses mit dem Grundstückgewinn im Kanton Luzern. Eine
Einsprache wies die Steuerkommission juristische Personen am 4. September
2006 ab.

Die Steuerverwaltung des Kantons Bern schätzte die Gesellschaft demgegenüber
als interkantonale Unternehmung ein und schied den Reingewinn quotenmässig
nach Umsatz aus (Veranlagung vom 17. Mai 2006).

B.
Die X.________ Immobilien AG führte gegen den Einspracheentscheid Beschwerde
beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, mit der sie eine der bernischen
Einschätzung entsprechende Veranlagung als interkantonale Unternehmung
beantragte. Mit Entscheid vom 11. April 2007 hiess das Verwaltungsgericht die
Beschwerde teilweise gut, hob den Einspracheentscheid auf und wies die Sache
zur Neuveranlagung an die Vorinstanz zurück.

C.
Hiergegen führte die X.________ Immobilien AG Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt die Aufhebung des
Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 11. April 2007,
soweit ihre Beschwerde nur teilweise gutgeheissen worden ist, und stellt
Anträge, wie die Steuerausscheidung vorzunehmen sei. Die Beschwerdeführerin
verlangt auch die Aufhebung des angefochtenen Entscheids im Kostenpunkt und
beantragt überdies die Zusprechung einer Parteientschädigung für das
vorinstanzliche Verfahren.

Steuerverwaltung und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern beantragen
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die ebenfalls zur
Vernehmlassung eingeladene Steuerverwaltung des Kantons Bern schliesst auf
Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und frei, ob auf die Beschwerde
einzutreten ist (BGE 132 III 291 E. 1).

1.1 Da der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
nach dem 1. Januar 2007 erging, findet auf das vorliegende Verfahren das
Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110)
Anwendung (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG). Es geht um die Anwendung von
(kantonalem) öffentlichem Recht. In Frage steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG). Bei Beschwerden
wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte beginnt die Beschwerdefrist
spätestens dann zu laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen
worden sind, gegen welche beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden kann
(Art. 100 Abs. 5 BGG). Ein Entscheid des Kantons Bern ist vorliegend freilich
nicht angefochten worden. Die Beschwerde wurde fristgerecht gegenüber dem
Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern eingereicht. Zu prüfen ist,
ob in Bezug auf dieses Urteil die Beschwerde zulässig ist.

1.2 Nach dem Bundesgerichtsgesetz ist die Beschwerde zulässig gegen
Endentscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), oder gegen
Teilentscheide im Sinne von Art. 91 BGG. Das hier angefochtene Urteil des
kantonalen Verwaltungsgerichts schliesst das Verfahren nicht ab, sondern
lautet auf Rückweisung, und ist daher nicht als Endentscheid im Sinne von
Art. 90 BGG zu qualifizieren. Der Entscheid behandelt auch nicht einzelne
Begehren abschliessend, so dass kein Teilentscheid gemäss Art. 91 BGG
vorliegt. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, gegen den gemäss Art.
92 Abs. 1 und 93 Abs. 1 BGG die Beschwerde nur zulässig ist:
a) wenn er die Zuständigkeit oder Ausstandsfragen betrifft; solche Entscheide
können später nicht mehr angefochten werden (Art. 92 Abs. 1 und 2 BGG);
b) wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG) oder
c) wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen
und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).

1.3 Um eine Frage der Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 Abs. 1 BGG geht es
vorliegend nicht. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin in der
hier fraglichen Steuerperiode 2001 ihr Hauptsteuerdomizil im Kanton Luzern
hatte und dieser Kanton zur Besteuerung zuständig ist. In Frage steht nur, ob
und gegebenenfalls wie die interkantonale Doppelbesteuerung, die sich daraus
ergibt, dass die Beschwerdeführerin auch im Kanton Bern steuerpflichtig ist
(Ausscheidungsverlust), im Kanton Luzern beseitigt werden kann.

1.4 Zu prüfen ist, ob die Beschwerde zulässig ist, weil der Entscheid einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
bewirken könnte. Die Vorschrift entspricht wörtlich Art. 87 des
Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) und Art. 45
des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021). Nach der
Rechtsprechung zur Anfechtung von Zwischenentscheiden mit staatsrechtlicher
Beschwerde (Art. 87 OG) bedurfte es eines nicht wieder gutzumachenden
Nachteils rechtlicher Natur, der auch durch einen für den Beschwerdeführer
günstigen Entscheid nicht mehr behoben werden konnte (BGE 131 I 57 E. 1 S.
59; 127 I 92 E. 1c S. 94 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung zur
Anfechtung von Zwischenentscheiden mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde genügte
bereits ein nicht wieder gutzumachender Nachteil faktischer Art (Art. 45 VwVG
in Verbindung mit Art. 97 OG und Art. 5 VwVG; vgl. BGE 130 II 149 E. 1.1 S.
153, 120 Ib 97 E. 1c S. 100 je mit Hinweisen). Auch bei der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde reichte es jedoch nicht aus, wenn es dem
Beschwerdeführer bloss darum ging, eine Verlängerung oder Verteuerung des
Verfahrens zu verhindern (BGE 120 Ib 97 E. 1c S. 100; 116 Ib 344 E. 1c S. 347
f.). Diese Praxis rechtfertigte sich einerseits dadurch, dass ein
Rückweisungsentscheid zur neuen Abklärung und Entscheidung an die Vorinstanz
in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt, und
andererseits damit, dass die Anfechtung eines Zwischenentscheides ihrerseits
regelmässig eine Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens bewirkt (zur
amtlichen Publikation bestimmtes Urteil 9C_15/2007 vom 25. Juli 2007, E.
5.2.1 und 5.2.2).
Im angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz in der Sache nicht selbst
entschieden, sondern den Einspracheentscheid aufgehoben und die Angelegenheit
"zum weiteren Vorgehen und zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen" an die
Vorinstanz zurückgewiesen. Dieser Entscheid kann wiederum mit den
ordentlichen Rechtsmitteln, letztinstanzlich beim Bundesgericht mit
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, angefochten werden. Da
mit der Beschwerde gegen den Endentscheid nach Art. 93 Abs. 3 BGG auch alle
Vor- und Zwischenentscheide mitangefochten werden können, gegen welche die
Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 und 2 BGG ausgeschlossen war oder die nach
diesen Bestimmungen nicht angefochten worden sind, kann die
Beschwerdeführerin sämtliche Rügen, die sich gegen den Entscheid des
Verwaltungsgerichts richten, auch noch im Anschluss an den kantonalen
Endentscheid vorbringen. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil, welcher
dem Beschwerdeführer durch die Nichtanfechtung des Rückweisungsentscheides
entstehen könnte, ist daher nicht dargetan.

1.5 In Frage steht, ob die vorliegende Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG zulässig ist. Diese Bestimmung
ist prozessökonomisch motiviert und dem Art. 50 OG nachgebildet, wonach die
Berufung gegen Vor- und Zwischenentscheide ausnahmsweise zulässig ist, wenn
dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand
an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann,
dass die gesonderte Anrufung des Bundesgericht gerechtfertigt erscheint. Das
Bundesgericht entscheidet über diese Voraussetzung nach freiem Ermessen unter
Berücksichtigung der Umstände (Art. 50 Abs. 1 und 2 OG, vgl. BGE 118 II 91 E.
1a S. 92).

Im angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz nicht in der Sache selbst
entschieden, sondern den Einspracheentscheid nur aufgehoben und die
Angelegenheit "zum weiteren Vorgehen und zur Neuveranlagung im Sinn der
Erwägungen" an die Vorinstanz zurückgewiesen. In diesen Erwägungen fasst die
Vorinstanz zunächst die neueste bundesgerichtliche Rechtsprechung betreffend
die Vermeidung von Ausscheidungsverlusten und die Schuldzinsenverlegung bei
Liegenschaftshändlern im interkantonalen Verhältnis zusammen (BGE 131 I 249
ff., 285 ff., 132 I 220 ff., 133 I 19 ff.). Sie stellt fest, die Behandlung
der Beschwerdeführerin als Liegenschaftshändlerin sei - nach damaligem
Aktenstand - nicht zu beanstanden; hingegen entspreche es nicht mehr der
neuesten bundesgerichtlichen Praxis, Aufwandüberschüsse (namentlich
Abschreibungen und Liegenschaftsunterhalt) nicht mit luzernischen Erträgen
verrechnen zu lassen. Weil diese Aufwendungen von der Steuerverwaltung des
Kantons Luzern bislang nicht überprüft worden seien, sei die Sache zum
Neuentscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dabei sei es dieser
unbenommen, auch bezüglich der Frage, ob die Beschwerdeführerin als
interkantonales Unternehmen oder als Liegenschaftshändlerin zu qualifizieren
sei, "auf ihre bisherige Würdigung der Aktenlage zurück zu kommen und eine
andere Beurteilung zu treffen" (angefochtenes Urteil E. 2b/cc in fine).

Damit hat die Vorinstanz zur hier einzig noch umstrittenen Frage der
anwendbaren Ausscheidungsmethode nicht definitiv Stellung bezogen. Wohl
bestimmte sie, dass der Aufwandüberschuss berücksichtigt werden muss, aber ob
dies im Rahmen einer quotenmässigen Ausscheidung (Vorgehen des Kantons Bern)
oder einer objektmässigen Ausscheidung (bisheriges Vorgehen des Kantons
Luzern) zu erfolgen habe, liess sie offen. Selbst wenn mit der
Beschwerdeführerin davon ausgegangen würde, dass im Kanton Bern eine
Betriebsstätte bestünde, bliebe zudem die Frage der geltend gemachten
Aufwendungen zu prüfen. Weder kann sofort ein Endentscheid gefällt werden,
noch können weitere Abklärungen unterbleiben. Es fehlt somit auch am
Erfordernis, dass sofort ein Endentscheid herbeigeführt werden kann.

2.
Die Beschwerdeführerin beanstandet auch die Kosten- und
Entschädigungsregelung im angefochtenen Urteil. Unter dem bisherigen Recht
stellte die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen in einem Entscheid,
mit dem die Sache zu neuer Entscheidung an eine untere Instanz zurückgewiesen
wurde, ihrerseits einen Zwischenentscheid dar, der keinen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil zur Folge hat. Das galt gemäss ausdrücklicher
Vorschrift für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Art. 101 lit. b OG) und
entsprach auch der Praxis zu Art. 87 Abs. 2 OG für die staatsrechtliche
Beschwerde (BGE 131 III 404 E. 3.3 S. 407; 122 I 39 E. 1a/aa und bb S. 41
f.). Es rechtfertigt sich, diese Praxis auch für die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten anzuwenden. Das Bundesgericht soll
sich wenn möglich nur einmal mit einem Prozess befassen müssen. Da die Kosten
und die Parteientschädigung vorab nach Massgabe des Obsiegens und
Unterliegens verlegt werden, müsste sich das Bundesgericht, falls der
Entscheid über die Kosten und die Entschädigung gesondert direkt angefochten
werden könnte, unter Umständen zwei Mal mit der Sache befassen. Unter dem
Gesichtswinkel der Prozessökonomie lässt sich das nicht rechtfertigen. Es
entsteht der Beschwerdeführerin auch kein nicht wieder gutzumachender
Nachteil, da auch die Rügen hinsichtlich der Kosten- und
Entschädigungsregelung mit Beschwerde gegen den Endentscheid vorgebracht
werden können (Art. 93 Abs. 3 BGG).

3.
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nicht
einzutreten. Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65
f. BGG). Ein Anspruch auf Parteientschädigung besteht nicht (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht
eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Steuerverwaltung des Kantons
Luzern, der Steuerverwaltung des Kantons Bern und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Oktober 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: