Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.168/2007
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2C_168/2007 /leb

Urteil vom 30. Mai 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Karlen,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Y.________,

gegen

Amt für Migration Basel-Landschaft,
Postfach 251, 4402 Frenkendorf,
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Einzelrichter
für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht,
Postfach, 4410 Liestal.

Verlängerung der Ausschaffungshaft
(Art. 13b Abs. 2 ANAG),

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht, vom 30. März 2007.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
1.1 X.________ (geb. 1980) stammt nach eigenen Angaben aus Algerien. Er
durchlief in der Schweiz im Jahre 2003 erfolglos ein Asylverfahren. Vom 22.
Juni bis 21. September 2005 befand er sich in Ausschaffungshaft. Am 3. Januar
2007 inhaftierte das Amt für Migration Basel-Landschaft ihn erneut; am 30.
März 2007 genehmigte der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
am Kantonsgericht Basel-Landschaft die Verlängerung seiner Ausschaffungshaft
bis zum 2. Juli 2007.

1.2 X.________ ist hiergegen am 28. April 2007 mit dem Antrag an das
Bundesgericht gelangt, er sei aus der Haft zu entlassen. Der Einzelrichter
für Zwangsmassnahmen, das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft und
das Bundesamt für Migration beantragen, die Beschwerde abzuweisen bzw.
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. X.________ hat am 23. Mai 2007 an
seinen Anträgen und Ausführungen festgehalten.

2.
Die Eingabe, die als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu
behandeln ist (vgl. Art. 132 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über
das Bundesgericht, BGG; SR 173.110, AS 2006 1205 ff.), erweist sich als
offensichtlich unbegründet bzw. unzulässig und kann im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:
2.1 Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens bildet ausschliesslich die
Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Ausschaffungshaft (vgl. Art. 13c Abs.
3 ANAG; BGE 130 II 56 E. 2; 128 II 193 E. 2.2.1; 125 II 217 E. 2 S. 220). Auf
die vorliegende Beschwerde ist somit nicht einzutreten, soweit der
Beschwerdeführer beantragt, es sei zu prüfen, wie er im polizeilichen
Fahndungssystem RIPOL ausgeschrieben und ob er zu Recht wegen illegaler
Anwesenheit verurteilt worden sei. Das entsprechende Strafurteil ist
unangefochten in Rechtskraft erwachsen; es kann im vorliegenden Zusammenhang
nicht mehr in Frage gestellt werden.

2.2
2.2.1 Der Beschwerdeführer ist vom Bundesamt für Flüchtlinge am 5. August 2003
rechtskräftig (Nichteintretensentscheid der Schweizerischen
Asylrekurskommission vom 1. Oktober 2003) aus der Schweiz weggewiesen und in
der Folge wiederholt angehalten worden, sich Papiere zu beschaffen und das
Land zu verlassen. Diesen Aufforderungen kam er über Jahre hinweg nicht nach;
zudem erklärte er mehrmals - letztmals an der Haftverhandlung vom 30. März
2007 -, sich lieber illegal in einen Drittstaat absetzen als nach Algerien
zurückkehren zu wollen. Gestützt auf dieses Verhalten besteht bei ihm
Untertauchensgefahr im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 13b Abs. 1 lit. c in
Verbindung mit Art. 13f ANAG (BGE 130 II 377 E. 3.2.2 und E. 3.3.3; 56 E. 3.1
S. 58 f; 125 II 369 E. 3b/aa S. 375). Entgegen seinen Vorbringen ist dieser
Haftgrund nicht dahingefallen: Zwar hat der Beschwerdeführer sich inzwischen
an die algerische Botschaft gewandt und an seinen Onkel geschrieben, seine
Identität ist jedoch nach wie vor nicht erstellt. Die Bereitschaft des
Beschwerdeführers, bei der Papierbeschaffung mitzuwirken, kann - solange
seine Personalien nicht bestätigt sind - auch nur dazu dienen, den Vollzug
seiner Wegweisung ein weiteres Mal zu vereiteln. Sollten seine Bemühungen
ernst gemeint sein, kann er in absehbarer Zeit in seine Heimat verbracht
werden. Nachdem er in Algerien noch eine Schwester und einen Onkel hat und
dort in einer Garage gearbeitet haben will, an deren Adresse er sich -
abgesehen von der Hausnummer - noch erinnert, dürfte es möglich sein, seine
Identität zu erstellen, sollten seine Angaben der Wahrheit entsprechen.

2.2.2 Der Umstand allein, dass sich der Vollzug einer Wegweisung schwierig
gestaltet und im Rahmen der entsprechenden Bemühungen mit den ausländischen
Behörden noch verhandelt werden muss, was erfahrungsgemäss eine gewisse Zeit
dauert, lässt die Ausschaffung nicht bereits als undurchführbar erscheinen
(Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130 II 56 E. 4.1.2 und 4.1.3 mit
Hinweisen). Gerade wegen solcher Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber die
Haftdauer erhöht und die Möglichkeit der Haftverlängerung - inzwischen bis zu
maximal achtzehn Monaten - geschaffen (vgl. Art. 13b Abs. 2 in der seit dem
1. Januar 2007 gültigen Fassung vom 16. Dezember 2005 [AS 2006 4745 ff., dort
S. 4770]; BGE 133 II 1 E. 4.3.1 mit Hinweisen). Die Behörden sind gestützt
auf das Beschleunigungsgebot (Art. 13b Abs. 3 ANAG; BGE 130 II 488 E. 4)
jedoch gehalten, alles Mögliche und ihnen Zumutbare vorzukehren, um den
Betroffenen bei seinen Bemühungen zu unterstützen bzw. sich um die
Papierbeschaffung auch ohne seine Mitwirkung zu bemühen. Der Beschwerdeführer
hat sich am 24. Februar 2007 bei der algerischen Botschaft gemeldet; diese
hat ihn am 1. März 2007 an das Konsulat in Genf verwiesen, wo ihm gestützt
auf ein Identitätspapier ein Laissez-passer ausgestellt werde. Der
Beschwerdeführer hat sich hierauf an seinen Onkel gewandt, damit ihm dieser
bei der Papierbeschaffung helfe; die schweizerischen Behörden sind
verpflichtet, solange er sich in Ausschaffungshaft befindet, ihn hierbei
ebenfalls zu unterstützen. Sie haben sich deshalb - allenfalls über die
schweizerische Botschaft - an die algerischen Behörden zu wenden und zu
versuchen, mit diesen bzw. mit der schweizerischen Vertretung in Algier die
Identität des Beschwerdeführers zu erstellen, falls ein solches Vorgehen
weiter helfen könnte. Da nichts darauf hindeutet, dass sie die erforderlichen
Abklärungen nicht sofort in die Wege leiten werden, sollten die Schreiben des
Beschwerdführers an seinen Onkel und wenn nötig an weitere Verwandte und
Bekannte verwertbare Anhaltspunkte liefern, verletzt die Verlängerung seiner
Ausschaffungshaft kein Bundesrecht und hält diese auch vor Art. 5 Ziff. 1
lit. f EMRK stand.

2.2.3 Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, seine Haft sei nicht
durch ein korrekt besetztes Gericht beurteilt worden, da der Einzelrichter
ohne Beizug eines Gerichtsschreibers verhandelt und entschieden habe. Obwohl
der Beschwerdeführer bereits im haftrichterlichen Verfahren vertreten war,
erhebt er diesen Einwand erstmals vor Bundesgericht; seine Rüge ist damit
verspätet (vgl. BGE 124 I 121 E. 2 S. 123) und im vorliegenden Verfahren an
sich deshalb nicht weiter zu prüfen. Es rechtfertigen sich aber dennoch
folgende Hinweise: Nach § 3 des Gesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom
20. Mai 1996 über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht ist das Präsidium
der Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Kantonsgerichts die
zuständige kantonale richterliche Behörde im Sinne der Bundesgesetzgebung
(Abs. 1); das Präsidium kann diese Funktion auf andere Abteilungsmitglieder
sowie auf jene Gerichtsschreiber des Kantonsgerichts übertragen, die vom
Landrat als Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht gewählt
wurden (Abs. 2; in der Fassung vom 3. November 2005, in Kraft seit 1. Juli
2006). Gemäss § 6 des basellandschaftlichen Gesetzes vom 22. Februar 2001
über die Organisation der Gerichte und der Strafverfolgungsbehörden ist jedem
Gericht die erforderliche Zahl Gerichtsschreiber beizugeben (Abs. 1); diese
haben beratende Stimme und können Anträge stellen (Abs. 2; vgl. den Beschluss
2A.638/2006 vom 30. November 2006, E. 3.3.2). Die Auslegung dieser
Verfahrensbestimmungen kann das Bundesgericht nur auf Willkür hin prüfen
(vgl. BGE 133 I 49 E. 2.4 S. 54 f.; 132 I 68 E. 1.1; 113 Ia 12 E. 2; zum
Willkürbegriff: BGE 132 I 13 E. 5.1 mit Hinweisen). Wenn die kantonalen
Behörden davon ausgehen, die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht könnten
gestützt auf § 3 des entsprechenden kantonalen Gesetzes ohne den Beizug eines
Gerichtsschreibers geprüft werden (lex specialis), ist dies jedenfalls nicht
offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich.

3.
3.1 Somit ist seine Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Mit
dem Entscheid in der Hauptsache wird der Antrag um sofortige Haftentlassung
für die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens gegenstandslos.

3.2 Der Beschwerdeführer ersucht für diesen Fall um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung. Da seine Eingabe zum Vornherein ohne
ernsthafte Aussichten auf Erfolg war, kann seinem Gesuch nicht entsprochen
werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Seine Vertreterin könnte, da sie nicht
Anwältin ist, zudem nicht zur unentgeltlichen Rechtsvertreterin bestellt
werden (Art. 64 Abs. 2 BGG). Es rechtfertigt sich aufgrund der Umstände
indessen, dennoch keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration
Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Einzelrichter für
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Mai 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: