Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.144/2007
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2C_144/2007 /zga

Urteil vom 29. August 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
Gerichtsschreiber Moser.

A. Y. und B.Y.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat
Stephan Bläsi,

gegen

Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, Bereich Recht,
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht.

Standplatzzuteilung für die Herbstmesse 2006 (Riesenrad),

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom
10. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
A. Y. und B.Y.________, welche ein rund 60 m grosses Riesenrad betreiben,
erhielten in den vergangenen Jahren hierfür wiederholt einen Standplatz an
der Basler Herbstmesse auf dem Münsterplatz. Ihr am 30. November 2005
gestelltes Gesuch für einen Standplatz an der Basler Herbstmesse 2006 wurde
vom Sicherheitsdepartement, Bereich Dienste, am 30. Mai 2006 abgewiesen. Auf
Rekurs hin bestätigte der Vorsteher des Sicherheitsdepartementes am 7. Juli
2006 diesen Entscheid. Der dagegen beim Regierungsrat erhobene Rekurs wurde
vom Justizdepartement an das Verwaltungsgericht weitergeleitet und von diesem
mit Urteil vom 10. Januar 2007 ebenfalls abgewiesen.

B.
A.Y. und B.Y.________ erheben mit Eingabe vom 20. April 2007 beim
Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass
ihrem Gesuch um eine Standplatzzuteilung für die Herbstmesse 2006 hätte
entsprochen werden müssen.

C.
Das Appellationsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde, das
Sicherheitsdepartement Abweisung des "Rekurses", soweit darauf einzutreten
sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts erging am 10. Januar
2007 und damit nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über
das Bundesgericht am 1. Januar 2007 (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110,
AS 2006 1205 ff.). Das Verfahren richtet sich somit nach diesem Gesetz (Art.
132 Abs. 1 BGG).

1.2 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid über eine
Angelegenheit des öffentlichen Rechts, welche unter keinen der in Art. 83 BGG
genannten Ausschlussgründe fällt, weshalb das Rechtsmittel der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist.

1.3 Die Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren als Partei
(Rechtsmittelkläger) teilgenommen und sind als abgewiesene Gesuchsteller
durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 lit. a
und b BGG). Zusätzlich setzt das Recht zur Beschwerdeführung voraus, dass an
der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides ein schutzwürdiges
Interesse besteht (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG). Dieses muss grundsätzlich im
Zeitpunkt der Urteilsfällung noch aktuell sein. Auf dieses Erfordernis wird,
wie schon unter der Herrschaft des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über
die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; BGE 131 II 670 E. 1.2 S. 674,
mit Hinweisen), dann verzichtet, wenn sich die aufgeworfenen grundsätzlichen
Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen
könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine höchstrichterliche Prüfung
stattfinden könnte (Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 33 zu Art. 89).

Die Herbstmesse 2006, auf welche sich das streitige Gesuch bezieht, hat
inzwischen stattgefunden. An der Überprüfung des abschlägigen Entscheides
besteht insoweit kein aktuelles Interesse mehr. Die Beschwerdeführer erachten
die diesem Entscheid zugrunde liegende Handhabung der Verordnung vom 28. März
2000 über die Zuteilung von Standplätzen im Bereich Messen und Märkte (im
Folgenden: VO) als verfassungswidrig und befürchten, dass ihnen auch in
Zukunft die Standplatzbewilligung erneut zu Unrecht verweigert werden könnte,
ohne dass sich rechtzeitig ein höchstrichterlicher Entscheid erwirken liesse.
Diese letztere Annahme trifft, wenn auf den bisherigen Verfahrensablauf
abgestellt wird, zu. Die Rechtslage hat sich inzwischen allerdings insoweit
geändert, als das Sicherheitsdepartement am 17. April 2007 gestützt auf § 4
Abs. 3 der genannten Verordnung ein - auf drei Jahre befristetes - "Reglement
über die Stammbeschickung an der Basler Herbstmesse und am Weihnachtsmarkt"
erlassen hat. Danach besteht nunmehr die Möglichkeit, einem bestimmten
Geschäft - gegen eine um 20 % erhöhte Standplatzgebühr (§ 5) - während drei
aufeinanderfolgenden Jahren die Teilnahme an der Herbstmesse oder am
Weihnachtsmarkt zu gestatten (§ 1 Abs. 1). Die Zulassung als
"Stammbeschicker" setzt eine seitens des Gesuchstellers geplante oder bereits
realisierte Investition voraus, die betriebswirtschaftlich relevant ist und
darüber hinaus zur Attraktivitätssteigerung des vorgesehenen Standortes
beitragen muss (§ 2). Die Beschwerdeführer, welche ihren Anspruch auf
Zuteilung eines Standplatzes vorab aus der besonderen Attraktivität ihres "in
ganz Europa einzigartigen, transportfähigen 60 m hohen Riesenrades" sowie aus
der Höhe der von ihnen hiefür getätigten Investition von 11 Mio. Franken
herleiten, hätten damit nunmehr die Möglichkeit, eine derartige befristete
Dauerbewilligung zu beantragen, wobei die allfällige höchstrichterliche
Überprüfung eines abschlägigen Bescheides noch vor Ablauf der möglichen
Gültigkeitsdauer desselben stattfinden könnte. Ob es angeht, die
Beschwerdeführer auf diesen Weg zu verweisen, ist jedoch zweifelhaft. Aus
einer nachträglichen Eingabe vom 22. Juni 2007 der Beschwerdeführer geht
hervor, dass ihr Standplatzgesuch für die Herbstmesse 2007 inzwischen
(erstinstanzlich) wiederum abgewiesen worden ist. Es erscheint bei dieser
Sach- und Verfahrenslage gerechtfertigt, in Bezug auf den angefochtenen
Entscheid betreffend die Herbstmesse 2006 auf das Erfordernis eines aktuellen
Interesses zu verzichten und auf die vorliegende Beschwerde einzutreten.

2.
2.1 Der Kanton Basel-Stadt hat die Zuteilung von Standplätzen für Messen und
Märkte in der obenerwähnten Verordnung vom 28. März 2000 wie folgt geregelt:
"§ 4 Zuteilung der Standplätze

1 Die Anzahl der möglichen Bewilligungen richtet sich nach der jeweiligen
Anzahl der zur Verfügung stehenden Standplätze.

2 Es besteht kein Anspruch auf Zuteilung eines Standplatzes oder eines
bestimmten Standplatzes; auch nicht für Personen, denen früher eine
Standplatzbewilligung erteilt worden ist.

3 [Neue Fassung vom 17. April 2007] Das Departement kann eine befristete
Dauerbewilligung einführen (Stammbeschickung), für die ein Gebührenzuschlag
von 20% erhoben wird. Das Nähere regelt ein Reglement.

4 Bei jedem Bewilligungsverfahren sind die Bedeutung der Veranstaltung für
den Kanton Basel-Stadt, das Publikumsbedürfnis sowie das öffentliche
Interesse an Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu berücksichtigen.
§ 5 [...]
§ 6 Auswahlverfahren

1 Liegen mehr Gesuche vor, als Standplätze zur Verfügung stehen, so findet
ein Auswahlverfahren statt.

2 Als massgebliche Kriterien sind dabei in erster Linie zu beachten:
a)das Rotationsprinzip (es darf nicht immer den gleichen Gesuchstellerinnen
oder Gesuchstellern eine Bewilligung erteilt werden, sondern es muss von Zeit
zu Zeit ein Wechsel stattfinden),
b)die Attraktivität des Standes (Angebot, Präsentation) unter
Berücksichtigung des Charakters der Messe und des Marktes,
c)das Gegenrecht im kommunalen, interkantonalen und internationalen
Verhältnis; die Bewilligungsbehörde behält sich Erkundigungen hinsichtlich
der Gewährung des Gegenrechts vor."
2.2 Das Bundesgericht hat sich mit der Frage, nach welchen Kriterien das
Gemeinwesen die Bewerber für die Nutzung des öffentlichen Grundes an Märkten
und ähnlichen Veranstaltungen bei kollidierenden Begehren auszuwählen hat,
schon verschiedentlich befasst (betreffend Standplätze für Zirkusunternehmen:
BGE 119 Ia 445 [Circus Gasser Olympia AG ca. SH], 121 I 279 [Circus Gasser
Olympia AG ca. BS]; betreffend Marktstände: BGE 132 I 97 [Commune de
Fleurier]; betreffend Riesenrad: 128 I 136 [Politische Gemeinde St. Gallen]).
Im letztgenannten Urteil wurde als verfassungsrechtlich zulässig erachtet,
dass die Stadt St. Gallen für den Herbstjahrmarkt als der wichtigsten
jährlichen Marktveranstaltung regelmässig dem gleichen Betreiber des grössten
bzw. attraktivsten Riesenrades den Vorzug gibt und die Konkurrenten mit
kleineren Riesenrädern auf andere Veranstaltungen verweist (BGE 128 I 136 E.
4.2 S. 148). Damit war aber lediglich gesagt, dass sich die für die
Standplatzvergabe zuständige Gemeindebehörde mit dieser Praxis noch im Rahmen
des ihr zustehenden Spielraumes hält. Dass auch andere Lösungen, d.h.
insbesondere die Befolgung eines Rotationsprinzips, verfassungsrechtlich
zulässig sind, kommt im genannten Entscheid (a.a.O.) zum Ausdruck. Die
obenerwähnte Regelung des Kantons Basel-Stadt hält sich klarerweise noch
innerhalb der verfassungsrechtlichen Schranken, welche das Gemeinwesen nach
der Rechtsprechung bei der Zuteilung von Standplätzen auf öffentlichem Grund
zu beachten hat. Keines der vorgesehenen Kriterien erscheint als sachfremd
und mit dem Gebot eines fairen Wettbewerbes unvereinbar. Dass die "in erster
Linie" massgebenden drei Kriterien (Rotationsprinzip, Attraktivität,
Gegenrecht) der Behörde einen relativ weiten Spielraum belassen, ist durch
die Natur der Sache bedingt und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2.3 Der angefochtene abschlägige Zuteilungsentscheid für die Herbstmesse 2006
beruht sodann, entgegen den weitschweifigen Vorbringen in der
Beschwerdeschrift, auf einer vertretbaren, nicht willkürlichen Anwendung der
festgelegten Kriterien, indem nach wiederholter Berücksichtigung der
Beschwerdeführer nunmehr gestützt auf das in § 6 Abs. 2 lit. a VO an erster
Stelle genannte Rotationsprinzip ein anderer Bewerber zum Zuge kam. Das in
§ 6 Abs. 2 lit. b VO erwähnte Kriterium der Attraktivität fand insoweit
Berücksichtigung, als das zugelassene Riesenrad der Konkurrenzunternehmung
zwar etwas weniger hoch war, aber durch sein Erscheinungsbild dem
deklarierten Konzept einer nostalgischen Gestaltung des Herbstmarktes 2006
auf dem Münsterplatz besser entsprach, was sich mit Wortlaut und Sinn der
Verordnung ("Berücksichtigung des Charakters der Messe und des Marktes")
vereinbaren lässt. Wieweit dieses Nostalgiekonzept konsequent auch für die
Zulassung anderer Anlagen auf dem Münsterplatz gehandhabt wurde, ist
streitig, kann hier aber dahingestellt bleiben. Jedenfalls besteht zwischen
den beiden in Frage stehenden Riesenrädern, wie die in den Akten liegenden
Zeitungsbilder zeigen, ein in dieser Hinsicht plausibler Unterschied.

Das drittgenannte Kriterium des Gegenrechts (§ 6 Abs. 2 lit. c VO) hätte als
Argument gegen die erfolgte Bevorzugung eines deutschen Unternehmens dann
besonderes Gewicht, wenn den Beschwerdeführern die Zuteilung von Standplätzen
für ihr Riesenrad an Marktveranstaltungen in Deutschland aufgrund ihrer
schweizerischen Nationalität oder des schweizerischen Sitzes ihrer
Unternehmung verweigert worden wäre; solches wird indessen weder behauptet
noch belegt. Von einer willkürlichen Verletzung der geltenden
Zuteilungskriterien kann daher nicht gesprochen werden, und es ist auch nicht
ersichtlich, inwiefern aus dem für 2006 ergangenen Zuteilungsentscheid auf
eine verfassungswidrige künftige Praxis geschlossen werden könnte.

Ob für die Beurteilung der "Attraktivität" eines Riesenrades ausser der - als
Bewertungselement naturgemäss im Vordergrund stehenden - Höhe der Anlage auch
künftig regelmässig noch ästhetische, allenfalls von Jahr zu Jahr variable
behördliche Anforderungen an das Erscheinungsbild eine ausschlaggebende Rolle
spielen dürfen, wovon der neue abschlägige (erstinstanzliche)
Zuteilungsentscheid für die Herbstmesse 2007 auszugehen scheint, braucht hier
nicht geprüft zu werden. Bei der betreffenden, von den Beschwerdeführern nach
Ablauf des Schriftenwechsels eingereichten Verfügung des
Sicherheitsdepartementes vom 6. Juni 2007, mit der ihr für die Herbstmesse
2007 gestelltes Standplatzgesuch wiederum unter Geltendmachung ästhetischer
Aspekte zugunsten einer kleineren Anlage abgewiesen wird, handelt es sich um
eine nach dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichtes eingetretene
Tatsache, die als solche im vorliegenden Verfahren unberücksichtigt bleiben
muss (Art. 99 BGG).

2.4 Dass die Beschwerdeführer angesichts der von ihnen getätigten hohen
Investitionen an einem möglichst regelmässigen Einsatz ihres Riesenrades an
wichtigen Marktveranstaltungen interessiert sind, ist verständlich. Sie haben
aufgrund der besonderen Attraktivität ihrer Anlage im Allgemeinen auch gute
Aussichten, entsprechend häufig zum Zuge zu kommen. Einen
verfassungsrechtlichen Anspruch auf regelmässige Zulassung zu einer
bestimmten Veranstaltung können sie jedoch nicht geltend machen. Es gehört zu
ihrem Unternehmerrisiko, wie die jeweils zuständigen Behörden von dem ihnen
bei der Vergabe von Standplätzen zulässigerweise zustehenden Spielraum
Gebrauch machen. Sie dürfen allenfalls erwarten, dass über von ihnen
gestellte Standplatzgesuche möglichst rasch entschieden und eine allfällige
Änderung der Zuteilungsregeln oder der Zuteilungspraxis möglichst frühzeitig
bekannt gegeben wird, um die gebotenen Dispositionen treffen zu können. Eine
Verletzung von Treu und Glauben durch Missachtung dieses Anliegens ist
vorliegend aber nicht erkennbar. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.

3.
Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den
Beschwerdeführern aufzuerlegen, unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1
und Abs. 5 in Verbindung mit Art. 65 BGG). Auf die Zusprechung einer
Parteientschädigung besteht kein Anspruch (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt,
unter solidarischer Haftung.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Sicherheitsdepartement des
Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als
Verwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. August 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: