Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.128/2007
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2C_128/2007 /leb
2C_230/2007

Urteil vom 17. Oktober 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Merz.

1. A.________,
2.B.________,
3.C.________,
Beschwerdeführer,
alle drei vertreten durch Advokatin Verena Gessler,

gegen

Bundesamt für Migration, Quellenweg 6, 3003 Bern,
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
Postfach, 3000 Bern 14.

Aufenthaltsbewilligung, unentgeltliche Rechtspflege und
Nichteintretensentscheid,

Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Verfügung vom
28. Februar 2007 und das Urteil vom 17. April 2007 des
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III.

Sachverhalt:

A.
Im Februar 2003 heiratete die ukrainische Staatsangehörige A.________ (geb.
1966) den Schweizer Bürger D.________. Darauf wurde ihr gestützt auf Art. 7
Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung
der Ausländer (ANAG; SR 142.20) eine Aufenthaltsbewilligung für den Kanton
Basel-Landschaft erteilt. Im Rahmen des Familiennachzugs holte A.________ im
Februar 2004 ihre Söhne B.________ (geb. 1993) und C.________ (geb. 1986) aus
der Ukraine zu sich, welche ebenfalls eine Aufenthaltsbewilligung erhielten.

B.
Seit August 2006 leben die Eheleute getrennt. Am 20. September 2006 hat die
Fremdenpolizeibehörde des Kantons Basel-Landschaft die Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligungen für A.________ und ihre Söhne dem Bundesamt für
Migration zur Zustimmung nach Art. 18 Abs. 3 und 4 ANAG unterbreitet. Mit
Verfügungen vom 6. November 2006 verweigerte dieses die beantragte
Zustimmung; es ordnete gleichzeitig die Wegweisung der Betroffenen an unter
Ansetzung einer Ausreisefrist bis zum 8. Februar 2007. Dagegen gelangten
A.________ und ihre Söhne am 7. Dezember 2006 an den Beschwerdedienst des
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartments, wobei sie um unentgeltliche
Prozessführung und Verbeiständung ersuchten.

C.
C.aDer Instruktionsrichter des ab dem 1. Januar 2007 an Stelle des
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements zuständigen
Bundesverwaltungsgerichts wies das erwähnte Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege am 28. Februar 2007 ab mit der Begründung, die Beschwerde vom 7.
Dezember 2006 erscheine aussichtslos. Im gleichen Entscheid setzte er
A.________ und ihren Söhnen eine Frist bis zum 30. März 2007 an, um einen
Gerichtskostenvorschuss von Fr. 700.-- einzuzahlen.

C.b Hierauf haben A.________ und ihre Söhne mit Rechtsschrift vom 15. April
(Postaufgabe 16. April) 2007 beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht mit
dem Antrag, den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2007
aufzuheben und ihnen unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor diesem
Gericht zu gewähren (bundesgerichtliches Verfahren 2C_128/2007).

D.
D.aDas Bundesverwaltungsgericht trat mit Urteil vom 17. April 2007 auf die
bei ihm hängige Beschwerde vom 7. Dezember 2006 nicht ein, da der mit
Zwischenverfügung vom 28. Februar 2007 verlangte Kostenvorschuss nicht
geleistet worden war. Es auferlegte A.________ und ihren Söhnen
Verfahrenskosten von Fr. 300.--.
D.b Mit Beschwerde vom 18. Mai 2007 ersuchen A.________ und ihre Söhne das
Bundesgericht um Aufhebung des Urteils vom 17. April 2007; das
Bundesverwaltungsgericht solle angewiesen werden, die Beschwerde vom 7.
Dezember 2006 materiell zu behandeln (bundesgerichtliches Verfahren
2C_230/2007).

E.
Das Bundesamt für Migration und das Bundesverwaltungsgericht verzichten in
beiden Verfahren auf eine Vernehmlassung. Letzteres weist nur darauf hin,
dass es das Urteil vom 17. April 2007 in Unkenntnis des bundesgerichtlichen
Verfahrens 2C_128/2007 getroffen habe.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Verfahren 2C_128/2007 und 2C_230/2007 betreffen dieselben Parteien. Sie
stehen in einem derart engen prozessualen und sachlichen Zusammenhang, dass
sie vereinigt werden können (vgl. Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG).

2.
2.1 Gegen einen Zwischenentscheid über die Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege oder die Pflicht zur Bezahlung eines Kostenvorschusses ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn auch
ein Entscheid in der Sache selber (hier betreffend die Zustimmung des
Bundesamts nach Art. 18 Abs. 3 und 4 ANAG) mit diesem Rechtsmittel anfechtbar
wäre, d.h. wenn kein Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG zum Zuge kommt
(Urteil 2D_1/2007 vom 2. April 2007, E. 2.2). Das Gleiche gilt für eine
Beschwerde gegen einen Nichteintretensentscheid (Urteil 2C_64/2007 vom 29.
März 2007, E. 2.1).

Da es sich bei den angefochtenen Entscheiden nicht um solche einer kantonalen
Instanz handelt, könnten die Beschwerdeführer für den Fall, dass ein
Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG gegeben ist, auch keine subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 BGG erheben.

2.2 Gemäss Art. 83 lit. c BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des
Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch
das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Ziff. 2) und betreffend Ausnahmen
von den Höchstzahlen (Ziff. 5). Diese Bestimmungen umfassen auch das
diesbezügliche Zustimmungsverfahren nach Art. 18 Abs. 3 und 4 ANAG (vgl. BGE
120 Ib 6 E. 1 S. 8; nicht publizierte E. 1c von BGE 127 II 49 [2A.255/2000]).

2.3 Im vorliegenden Fall lebt die Beschwerdeführerin zwar faktisch von ihrem
Ehemann getrennt, die Ehe besteht aber formell weiterhin. Somit hat sie
grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung
nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 ANAG (BGE 128 II 145 E. 1.1.2 S. 148 f. mit
Hinweisen). Gestützt darauf besteht auch für ihren jüngsten, minderjährigen
Sohn (Beschwerdeführer 2), der mit ihr zusammenlebt, ein entsprechender
potentieller Rechtsanspruch gemäss Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV (BGE 130
II 281 E. 3.1 S. 285 f.). Ob im konkreten Fall die Aufenthaltsbewilligung
bzw. die Zustimmung hierzu nach Art. 18 Abs. 3 und 4 ANAG verweigert werden
durfte, betrifft nicht das Eintreten (BGE 128 II 145 E. 1.1.5 S. 150; 120 Ib
6 E. 1 S. 8).

Demnach sind die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in
Bezug auf die Beschwerdeführer 1 und 2 zulässig, soweit sie sich auf einen
Bewilligungsanspruch nach den erwähnten Bestimmungen berufen können. Soweit
sie ihre Anwesenheit auf die Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die
Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO; SR 823.21) - insbes. auf Art. 13 lit.
f BVO - stützen wollen, besteht indes kein Rechtsanspruch im Sinne von Art.
83 lit. c Ziff. 2 BGG, so dass das Bundesgericht diesbezüglich nicht auf ihre
Begehren eintreten kann (vgl. auch den erwähnten Ausschlussgrund des Art. 83
lit. c Ziff. 5 BGG)

2.4 Der Beschwerdeführer 3 wurde im Spätsommer 2004 volljährig, so dass er
seither keinen Rechtsanspruch mehr auf eine Aufenthaltsbewilligung nach Art.
8 EMRK oder Art. 13 Abs. 1 BV hat. Besondere Umstände, die ihm als
Erwachsenen eine Berufung auf diese Bestimmungen zwecks Begründung eines
Anwesenheitsrechts ermöglichen würden (vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1d/e S. 260 f.;
129 II 11 E. 2 S. 13 f.; 130 II 281 E. 3 S. 285 ff.), sind weder geltend
gemacht worden noch ersichtlich. Er kann sich auch nicht auf Art. 17 Abs. 2
Satz 3 ANAG berufen. Mangels Bewilligungsanspruchs steht seinen
Rechtsbegehren ans Bundesgericht somit Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG entgegen.
Bezüglich des Beschwerdeführers 3 ist auf die Beschwerden demnach nicht
einzutreten; wie erwähnt (E. 2.1 in fine), steht hier auch die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nicht zur Verfügung.

3.
Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, das Bundesverwaltungsgericht hätte den
Nichteintretensentscheid (Verfahren 2C_230/2007) nicht fällen dürfen. Es
hätte bis zum Entscheid des Bundesgerichts über die Beschwerde gegen die
Zwischenverfügung im Verfahren 2C_128/2007 zuwarten müssen. Vorher hätten die
Beschwerdeführer den verlangten Kostenvorschuss auch nicht bezahlen müssen.

Die Beschwerdeführer verkennen, dass ihrer Beschwerde gegen den
Zwischenentscheid von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zukam (vgl.
Art. 103 Abs. 1 und 2 BGG). Sie hatten beim Bundesgericht indessen auch kein
Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gestellt (Art. 103 Abs. 3 BGG)
oder bei der Vorinstanz unter Hinweis auf die bereits eingelegte oder noch
einzulegende Beschwerde rechtzeitig um Erstreckung der Zahlungsfrist ersucht.
Somit blieb die Aufforderung zur Leistung des Kostenvorschusses weiterhin
rechtsverbindlich. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, wenn die
Vorinstanz wegen Nichtleistung des Kostenvorschusses auf das bei ihr
eingereichte Rechtsmittel der Beschwerdeführer nicht eintrat (vgl. Art. 37
VGG [SR 173.32] in Verbindung mit Art. 63 Abs. 4 VwVG [SR 172.021]). Daher
ist die Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid unbegründet und
abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.

4.
Mit Ergehen des Nichteintretensentscheids vom 17. April 2007 und der
Abweisung der hiergegen erhobenen Beschwerde (Verfahren 2C_230/ 2007) ist die
vorab gegen die Zwischenverfügung eingereichte Beschwerde (Verfahren
2C_128/2007) gegenstandlos geworden (vgl. auch Botschaft zur Totalrevision
der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4334 zu Art. 88).

Ob die Beschwerdeführer 1 und 2 die Zwischenverfügung vom 28. Februar 2007
noch zusammen mit dem Nichteintretensentscheid im Verfahren 2C_230/2007
hätten anfechten können (vgl. dazu Art. 93 Abs. 3 BGG) und wie sich dies
allenfalls ausgewirkt hätte, bedarf hier aus folgenden Gründen keiner
weiteren Prüfung: Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben Rechtsschriften die
Begehren zu enthalten sowie deren Begründung, in welcher in gedrängter Form
darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die
Beschwerdeführer stellen in ihrer Eingabe vom 18. Mai 2007 nicht den Antrag,
dass die betreffende Zwischenverfügung aufzuheben und dass ihnen die
unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor dem
Bundesverwaltungsgericht zu bewilligen sei. Die erwähnte Rechtsschrift
enthält zudem keine Begründung, warum der vorangegangene Zwischenentscheid
unzutreffend sein soll. Auch soweit die Beschwerdeführer geltend machen, sie
hätten Anspruch auf ein "Sachurteil" der Vorinstanz, und dabei pauschal auf
die Ausführungen im Verfahren 2C_128/2007 verweisen, genügt ihre Eingabe den
Anforderungen des Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG nicht, um die Zwischenverfügung im
Rahmen der Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid mitanzufechten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der schlichten Bemerkung der
Beschwerdeführer, die Zwischenverfügung sei durch die Beschwerde vom 15.
April 2007 angefochten worden und daher bisher nicht in Rechtskraft
erwachsen.

Demzufolge ist hier nicht darauf einzugehen, ob der Zwischenentscheid
rechtmässig ergangen ist.

5.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde gegen den
Nichteintretensentscheid als unbegründet, soweit auf sie einzutreten ist
(Verfahren 2C_230/2007), während die Beschwerde im Verfahren 2C_128/2007 als
gegenstandslos geworden vom Geschäftsverzeichnis abzuschreiben ist.

Bei diesem Ausgang werden die unterliegenden Beschwerdeführer unter
solidarischer Haftung kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).  Ihren
Gesuchen um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung in den
bundesgerichtlichen Verfahren ist nicht zu entsprechen, da ihre
Rechtsbegehren aussichtslos erscheinen (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 2C_128/2007 und 2C_230/2007 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April
2007 wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist (Verfahren 2C_230/2007).

3.
Die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.
Februar 2007 (Verfahren 2C_128/2007) wird als gegenstandslos geworden vom
Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.

4.
Die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für die
bundesgerichtlichen Verfahren werden abgewiesen.

5.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern zu gleichen
Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

6.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Bundesamt für Migration und dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Oktober 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: