Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.68/2007
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1C_68/2007 /zga

Urteil vom 14. September 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Thönen.

X. ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Diana
Honegger Droll,

gegen

Schulgemeindeverband Ilanz und Umgebung, Paradiesgärtli 9, 7130 Ilanz,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Josef Brunner,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, Obere Plessurstrasse 1,
7000 Chur.

Auflösung des Dienstverhältnisses,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1. Kammer, vom 6. März 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ wurde am 16. April 2004 vom Schulrat des Schulgemeindeverbandes
Ilanz und Umgebung (im Folgenden: SGV) als neue Schulleiterin gewählt.

Arbeitsantritt war gemäss undatiertem Arbeitsvertrag der 1. August 2004. Aus
gesundheitlichen Gründen blieb X.________ ab dem 24. Januar 2005 der Arbeit
fern. Sie wurde vom Arzt ab diesem Zeitpunkt krankgeschrieben.

Am 24. Februar 2005 teilte der Schulrat X.________ erstmals mit, dass er sich
gezwungen sehe, die Anstellung als Lehrperson aus formalen Gründen
aufzuheben.

Nach einem Schriftenwechsel mit der anwaltlich vertretenen X.________
kündigte ihr der Schulrat mit Schreiben vom 17. Mai 2005 das
Arbeitsverhältnis als Schulleiterin aus wichtigen Gründen per 31. Mai 2005
(fristlose Kündigung).

Auf Ersuchen von X.________ reichte der Schulrat die verlangte Begründung der
Kündigung nach.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2005 teilte X.________ dem Schulrat mit, dass sie
die Kündigung nicht akzeptiere. Die Kündigung sei missbräuchlich. Sie behalte
sich die Geltendmachung von Ansprüchen aus Art. 337c OR vor. Von einer
Anfechtung der verfügten Kündigung sah X.________ jedoch ab.

B.
Am 10. August 2006 erhob X.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden Klage mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass die fristlose
Kündigung vom 17. Mai 2005 ungerechtfertigt, persönlichkeitsverletzend und
missbräuchlich erfolgt sei, und der SGV sei zu einer Entschädigungszahlung
von vier Monatslöhnen im Betrag von Fr. 20'838.-- zuzüglich Zins zu
verpflichten.

Nachdem das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt hatte,
wies es die Klage mit Urteil vom 6. März 2007 ab. Es hielt dafür, die
Kündigung vom 17. Mai 2005 sei mit Rekurs anfechtbar gewesen. Zufolge
Nichtanfechtung sei die Kündigung rechtskräftig geworden. Daher könne im
späteren Klageverfahren nicht mehr überprüft werden, ob sie begründet gewesen
sei.

C.
X.________ führt Beschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur Beurteilung der
Widerrechtlichkeit der fristlosen Kündigung vom 17. Mai 2005 und des geltend
gemachten Entschädigungsanspruchs gemäss Art. 337c Abs. 3 OR zurückzuweisen.
Entgegen der bisherigen Praxis habe das Verwaltungsgericht die Prüfung
unterlassen, ob eine ungerechtfertigte fristlose Entlassung oder eine
missbräuchliche Kündigung vorliege. Überdies sei eine Zweiteilung des
Verfahrens (zuerst Rekurs, dann möglicherweise Klage) unsinnig und nicht
prozessökonomisch.

D.
In der Vernehmlassung schliessen das Verwaltungsgericht und der SGV je auf
Abweisung der Beschwerde.

X. ________ hat mit Eingabe vom 31. August 2007 repliziert.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das angefochtene Urteil vom 6. März 2007 ist nach dem Inkrafttreten des
Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) am 1. Januar 2007 ergangen. Auf das
vorliegende Verfahren ist das BGG anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts, einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), betrifft ein öffentlich-rechtliches
Arbeitsverhältnis, d.h. eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von
Art. 82 lit. a BGG. Die Beschwerdeführerin macht Forderungen im Betrag von
Fr. 20'838.-- geltend. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche
Angelegenheit (Art. 83 lit. g BGG) und die Streitwertgrenze von Fr. 15'000.--
ist überschritten (Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG).

1.3 Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts ist zur
Behandlung der Beschwerde zuständig (Art. 29 Abs. 1 lit. g Reglement für das
Bundesgericht vom 20. November 2006, SR 173.110.131).

2.
Die Beschwerdeführerin rügt, das Verwaltungsgericht habe die Prüfung
unterlassen, ob eine ungerechtfertigte fristlose Entlassung oder eine
missbräuchliche Kündigung vorliege. Sie rügt eine Verletzung von Art. 337c
und 336 OR.

2.1 Das Verwaltungsgericht hat aus verfahrensrechtlichen Gründen auf diese
Prüfung verzichtet. Seiner Ansicht nach hätte die Beschwerdeführerin gegen
die Kündigung innert Frist mit Rekurs vorgehen müssen. Da die Begründetheit
der Kündigung bereits mit Rekurs anfechtbar gewesen wäre, aber ein Rekurs
nicht erhoben wurde, stehe die Kündigung rechtskräftig fest.

2.2 Die Beschwerde an das Bundesgericht beschränkt sich auf die in Art. 95-98
BGG genannten Beschwerdegründe. Eine uneingeschränkte Überprüfung der
angefochtenen Entscheide ist im Gesetz nicht vorgesehen. Das Bundesgericht
kann die Anwendung kantonalen Rechts - unter Vorbehalt der hier nicht
einschlägigen Art. 95 lit. c und d BGG - grundsätzlich nicht überprüfen.

2.3 Das zu beurteilende Rechtsverhältnis untersteht kantonalem öffentlichem
Recht. Nach Darlegung in der Beschwerde gelten durch Verweis in der
kantonalen Personalverordnung ergänzend die Bestimmungen des
Obligationenrechts. Durch die im öffentlichen Recht vorgenommene Verweisung
auf das Privatrecht wird dieses zum öffentlichen Recht des betreffenden
Gemeinwesens und ist nach dessen Regeln anzuwenden und auszulegen. Die
übernommenen Normen des Obligationenrechts gelten nicht als Privatrecht,
sondern als subsidiäres öffentliches Recht des Kantons (vgl. BGE 126 III 370
E. 5 S. 372; 108 II 490 E. 7 S. 495; Tomas Poledna, Annäherungen ans
Obligationenrecht, in Peter Helbling/Tomas Poledna [Hrsg.], Personalrecht des
öffentlichen Dienstes, Bern 1999, S. 213/214; Ulrich Häfelin/Georg
Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, Zürich 2006,
Rz. 304).

2.4 Die Einwände der Beschwerdeführerin betreffen somit das kantonale Recht.
Da die unrichtige Anwendung kantonalen Rechts kein Beschwerdegrund ist, ist
auf die Rüge der Verletzung des Obligationenrechts - hier angewandt als
kantonales öffentliches Recht - nicht einzutreten.

3.
Als Beschwerdegrund im Sinne von Art. 95 BGG könnte vorgebracht werden, die
(unterbliebene) Anwendung von kantonalem Recht verletze verfassungsmässige
Rechte.

Gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG (in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 BGG) prüft das
Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde
vorgebracht und begründet worden ist. Die Beschwerdeführerin macht jedoch
nicht geltend, dass verfassungsmässige Rechte verletzt worden seien. Daher
kann das Vorbringen nicht als Verfassungsrüge entgegengenommen werden.

4.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe in einem
früheren Urteil vom 19. August 2003 die Widerrechtlichkeit einer Kündigung im
Klageverfahren geprüft und müsse dies auch im vorliegenden Fall tun. Sie rügt
auch diesbezüglich nur eine Verletzung des Obligationenrechts. Da dieses aber
bloss subsidiär als kantonales Recht anwendbar ist und eine Verfassungsrüge
fehlt, ist auf das Vorbringen nicht einzutreten.

5.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.

Die Beschwerdeführerin macht mit Hinweis auf Art. 343 Abs. 3 OR geltend, für
das vorliegende Verfahren seien keine Kosten zu erheben. Nach der
Rechtsprechung gilt indessen Art. 343 OR bei öffentlich-rechtlichen
Arbeitsverhältnissen nicht, und es besteht bei Beschwerden gegen Entscheide
in kantonalen Beamtensachen kein Anspruch auf Kostenbefreiung (nicht
publiziertes Urteil 2P.153/1997 vom 22. Dezember 1997, E. 7). Demnach trägt
die unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 und
Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG).

Gemäss Art. 68 Abs. 3 BGG ist Organisationen, die mit öffentlich-rechtlichen
Aufgaben betraut sind, in der Regel keine Parteientschädigung zuzusprechen,
wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. Entsprechend dieser Regel
ist dem anwaltlich vertretenen SGV keine Parteientschädigung auszurichten
(vgl. nicht publiziertes Urteil 1C_122/2007 vom 24. Juli 2007 E. 6).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 500.-- werden
der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. September 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: