Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.53/2007
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{T 0/2}
1C_53/2007 /ggs

Urteil vom 29. März 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Härri.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt
Blickenstorfer,

gegen

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Zweierstrasse 25, Postfach 9780,
8036 Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Hirschengraben 13,
Postfach, 8023 Zürich.

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Polen,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Beschluss des
Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 8. März 2007.
Sachverhalt:

A.
Die Berufungsstaatsanwaltschaften in Katowice und Lodz führen eine
Strafuntersuchung gegen Y.________ und weitere Personen wegen Bestechung und
Geldwäscherei. Im Zusammenhang damit ersuchte die Berufungsstaatsanwaltschaft
in Lodz unter anderem am 18. Februar und 11. Juli 2005 um Rechtshilfe.

Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich erliess unter anderem am 21. Juni
sowie am 22. August 2005 Eintretensentscheide und ordnete die notwendigen
Vollzugshandlungen an, insbesondere Akteneditionen bei der Bank Z.________ in
Zürich.

Mit Schlussverfügung vom 27. September 2006 ordnete die Staatsanwaltschaft I
des Kantons Zürich die Herausgabe verschiedener Unterlagen betreffend zwei
Konten von X.________ bei der Bank Z.________ an die ersuchende Behörde an.

Den von X.________ dagegen erhobenen Rekurs wies das Obergericht des Kantons
Zürich mit Beschluss vom 8. März 2007 ab. Es erwog, gegen seinen Entscheid
könne nach seiner Auffassung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden. Im
Falle der Ergreifung eines Rechtsmittels werde die Frage, ob die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde oder die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten gegeben sei, vom Bundesgericht zu entscheiden sein (E. V). In
Ziffer 5 des Dispositivs nennt das Obergericht als zur Verfügung stehendes
Rechtsmittel die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. OG.

B.
X.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er
stellt folgenden Verfahrensantrag:
"Das Verfahren sei bis zum Ablauf der Frist für eine
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 106 OG zuzüglich der Dauer der
postalischen Übermittlung ans Bundesgericht zu sistieren und es sei zunächst
über das Eintreten auf die dann allenfalls erhobene (vom Beschwerdeführer
beabsichtigte) Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. OG zu
entscheiden.
Im Falle eines Eintretens auf die allenfalls bis zum Ablauf der Frist nach
Art. 106 OG erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. OG sei
die vorliegende Beschwerde als gegenstandslos abzuschreiben (eventualiter auf
die vorliegende Beschwerde nicht einzutreten), ohne Kostenfolgen zu Lasten
des Beschwerdeführers.

Eventualiter, d.h. für den Fall, dass weder die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zulässig noch das Bundesgericht zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde
gemäss Art. 82 BGG zuständig ist, sei die vorliegende Beschwerde an das
Bundesstrafgericht als Beschwerde gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. e SGG zu
überweisen."
Im Weiteren stellt X.________ verschiedene Anträge in der Sache.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer legt dar, die Rechtslage in Bezug auf die Frage,
welches Rechtsmittel gegen den angefochtenen Entscheid gegeben sei, sei
unklar. Er kommt nach Analyse der einschlägigen Bestimmungen zum Schluss, die
Übergangsbestimmung des IRSG (Art. 110b) gehe jener des BGG (Art. 132 Abs. 1)
als "lex specialis" vor. Er geht deshalb - wie das Obergericht - davon aus,
dass gegen den angefochtenen Beschluss nicht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG, sondern die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 97 ff. OG zulässig ist.
Vorsichtshalber, damit er in keinem Fall einen Nachteil erleidet, erhebt er
gleichwohl innerhalb der dafür nach Art. 100 Abs. 2 lit. b BGG vorgesehenen
Frist von 10 Tagen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.

1.2 Die Auffassung des Beschwerdeführers und des Obergerichts über das hier
zulässige Rechtsmittel trifft zu.

Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist dieses Gesetz auf die nach seinem
Inkrafttreten - am 1. Januar 2007 - eingeleiteten Verfahren des
Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn
auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
ergangen ist. Gestützt auf diese Bestimmung wäre hier die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben, da der Beschwerdeführer das
bundesgerichtliche Verfahren nach dem 1. Januar 2007 eingeleitet und das
Obergericht den angefochtenen Beschluss nach diesem Datum gefällt hat.

Art. 110b nIRSG enthält für den Bereich der Rechtshilfe jedoch eine besondere
Übergangsbestimmung. Danach richten sich Beschwerdeverfahren gegen
Verfügungen, die in erster Instanz vor dem Inkrafttreten dieser Änderung - am
1. Januar 2007 - getroffen worden sind, nach dem bisherigen Recht. Diese
Bestimmung geht nach der zutreffenden Ansicht des Beschwerdeführers dem Art.
132 Abs. 1 BGG als "lex specialis" vor. Unter "bisherigem Recht" im Sinne von
Art. 110b nIRSG ist jenes zu verstehen, das vor dem Inkrafttreten der
Änderung des Rechtshilfegesetzes am 1. Januar 2007 galt. Gemäss Art. 80f Abs.
1 aIRSG unterliegt die Verfügung der letztinstanzlichen kantonalen Behörde,
mit der das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird, zusammen mit den
vorangehenden Zwischenverfügungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht.

In erster Instanz hat hier die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich mit
Schlussverfügung vom 27. September 2006 entschieden. Da diese Verfügung vor
dem 1. Januar 2007 erging, ist hier nach dem Gesagten die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig.

Dass Art. 110b nIRSG dem Art. 132 Abs. 1 BGG vorgeht, hat das Bundesgericht
in der Sache bereits im Urteil 1C_1/2007 vom 22. Januar 2007 entschieden.
Dort hatte eine sich in Auslieferungshaft befindliche Frau die Haftentlassung
beantragt, was das Bundesamt für Justiz am 19. Dezember 2006 ablehnte. Die
von der Verhafteten dagegen erhobene Beschwerde hiess die Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts am 11. Januar 2007 gut und ordnete ihre Freilassung
an. Das Bundesamt erhob dagegen am 18. Januar 2007 Beschwerde beim
Bundesgericht. Dieses erwog, das Bundesamt habe die Freilassung am 19.
Dezember 2006 abgelehnt, also vor dem Inkrafttreten des
Bundesgerichtsgesetzes und der Änderung des Rechtshilfegesetzes. Gemäss Art.
110b nIRSG sei deshalb auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden (E.
1). Der Entscheid der Beschwerdekammer sei mit Beschwerde nach Art. 33 Abs. 3
lit. a SGG anfechtbar (E. 1.1).

Ist hier nach Art. 110b nIRSG das Rechtshilfegesetz in seiner bisherigen, vor
dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung anwendbar, fällt gegen den angefochtenen
Entscheid die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts von
vornherein ausser Betracht, da diese Beschwerde in der ab dem 1. Januar 2007
geltenden neuen Fassung (Art. 80e nIRSG) vorgesehen ist.

1.3 Wie der Beschwerdeführer darlegt, beabsichtigt er zusätzlich die Erhebung
einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Frist dafür beträgt gemäss Art. 106
Abs. 1 OG 30 Tage. Nach den Angaben des Beschwerdeführers ist der
angefochtene Entscheid am 14. März 2007 bei ihm eingegangen. Die Frist für
die Einreichung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde läuft damit - da gemäss
Art. 12 Abs. 2 IRSG die Bestimmungen über den Fristenstillstand nicht gelten
- bis zum 13. April 2007.
Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt sich die Sistierung des
bundesgerichtlichen Verfahrens nicht. Auf die vorliegende Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. Dem
Beschwerdeführer entsteht dadurch kein Nachteil, da er ohnehin
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben wird, die sich im Übrigen mit dem
Inhalt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im
Wesentlichen decken dürfte.

Es ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass die Wahl des zutreffenden
Rechtsmittels hier nicht von vornherein klar war. Dies kommt auch in den
angeführten Erwägungen dazu im angefochtenen Entscheid zum Ausdruck. Der
Beschwerdeführer konnte sich daher zur vorliegenden Beschwerde veranlasst
sehen. Deshalb werden ihm keine Kosten auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Sistierungsgesuch wird abgewiesen.

2.
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht
eingetreten.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft I und dem
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, sowie dem Bundesamt für
Justiz, Abteilung internationale Rechtshilfe, Sektion Rechtshilfe,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. März 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: