Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.47/2007
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1C_47/2007 /ggs

Urteil vom 2. Mai 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
Gerichtsschreiberin Gerber.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn, Administrativmassnahmen,
Gurzelenstrasse 3,
4512 Bellach,
Departement des Innern des Kantons Solothurn, vertreten durch das Amt für
öffentliche Sicherheit, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Amthaus I, Postfach 157, 4502 Solothurn.

Zuweisung zu einer Kontrollfahrt,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 13. Februar 2007.
Sachverhalt:

A.
Am 1. Juli 2006 wurde X.________ (geb. 16. Januar 1922) in Grenchen in einen
Verkehrsunfall verwickelt. Mit Strafverfügung vom 25. September 2006 wurde er
wegen Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 1 SVG) durch Missachten
des Rechtsvortritts sowie Mangel an Aufmerksamkeit zu einer Busse von Fr.
250.-- verurteilt. Diese Strafverfügung ist in Rechtskraft erwachsen.

B.
Am 1. September 2006 eröffnete die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons
Solothurn, Abteilung Administrativmassnahmen im Strassenverkehr, ein
Administrativverfahren gegen X.________ zur Abklärung seiner Fahreignung. Am
13. September 2006 verfügte es die Zuweisung zu einer Kontrollfahrt.

C.
Gegen diese Verfügung erhob X.________ Beschwerde an das Departement des
Innern des Kantons Solothurn. Dieses wies die Beschwerde am 11. Dezember 2006
ab.

D.
Gegen die Departementalverfügung gelangte X.________ am 23. Dezember 2006 ans
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Dieses wies die Beschwerde am 13.
Februar 2007 ab.

E.
Dagegen hat X.________ am 18. März 2007 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene
Entscheid und die Verfügung der Motorfahrzeugkontrolle vom 13. September 2006
seien aufzuheben. Zudem ersucht er um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.

F.
Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
eingetreten werden könne. Die Motorfahrzeugkontrolle und das Departement des
Innern haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des
Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG, SR 173.110), dem 1. Januar 2007
(AS 2006, 1242), ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht
(Art. 132 Abs. 1 BGG).

Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts, einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), betrifft die Anordnung einer
Kontrollfahrt im Rahmen eines strassenverkehrsrechtlichen
Administrativverfahrens, d.h. eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit. Der
Beschwerdeführer ist als zur Kontrollfahrt Verpflichteter zur Beschwerde
legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde
(Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher einzutreten.

2.
Gemäss Art. 29 Abs. 1 der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung
von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr
(Verkehrszulassungsverordnung; VZV; SR 741.51) kann zur Abklärung der
notwendigen Massnahmen eine Kontrollfahrt angeordnet werden, wenn Bedenken
über die Eignung eines Fahrzeugführers bestehen. Wie das Bundesgericht
bereits entschieden hat, kann eine Kontrollfahrt insbesondere auch angeordnet
werden um abzuklären, ob ein älterer, verkehrsauffällig gewordener
Fahrzeuglenker noch als geeignet erscheint (BGE 127 II 129 E. 3a S. 130 f.
und E. 3d S. 132).

Im vorliegenden Fall wurde der (damals 84-jährige) Beschwerdeführer in einen
Unfall verwickelt, den er durch Missachten des Rechtsvortritts sowie Mangel
an Aufmerksamkeit zumindest mitverschuldet hat. Dies wurde mit Strafverfügung
rechtskräftig festgestellt und wird auch vom Beschwerdeführer nicht
bestritten. Das Verwaltungsgericht hat festgehalten, dass diese
Verkehrsregelverletzungen möglicherweise auf einen altersbedingten
Leistungsabfall des Beschwerdeführers hinweisen und deshalb geeignet sind,
gewisse Zweifel an der Fahrfähigkeit des Beschwerdeführers aufkommen zu
lassen, welche die Anordnung einer Kontrollfahrt rechtfertigen.

3.
Die dagegen erhobenen Rügen des Beschwerdeführers sind offensichtlich
unbegründet:

3.1 Zwar besteht keine grundsätzliche Vermutung, wonach sich ältere Personen
nicht mehr als Fahrzeugführer eignen; aus diesem Grund kann eine
Kontrollfahrt nicht ausschliesslich aufgrund des Alters angeordnet werden
(BGE 127 II 129 E. 3d S. 132). Andererseits dürfen aber die Anforderungen an
die Anordnung einer Kontrollfahrt nicht überspannt werden, handelt es sich
doch um eine den Betroffenen nicht übermässig belastende Massnahme, die dem
Schutz wichtiger Rechtsgüter (Leib und Leben der anderen Verkehrsteilnehmer)
dient und auch im Interesse des Fahrzeugführers selbst liegt (BGE 127 II 129
E. 3c S. 132). Insofern genügt es, wenn ein älterer Fahrzeuglenker durch
Fahrfehler auffällig geworden ist, die auf einem altersbedingten
Leistungsabfall beruhen können. Dies ist bei mangelnder Aufmerksamkeit und
dem Missachten der Rechtsvorfahrt zu bejahen (vgl. Rolf Seeger, Fahren im
Alter - Hauptprobleme und sinnvolle Konzepte zur Überprüfung der Fahreignung
aus verkehrsmedizinischer Sicht, in: René Schaffhauser (Hrsg.), Jahrbuch zum
Strassenverkehrsrecht 2005, S. 12 ff., insbes. S. 17; Lutz Jäncke, Fahren im
Alter aus neuropsychologischer Sicht, a.a.O., S. 23 ff., insbes. S. 39). Ob
tatsächlich ein altersbedingter Leistungsabfall vorliegt, der das sichere
Führen eines Motorfahrzeugs beeinträchtigt, soll mittels der Kontrollfahrt
gerade abgeklärt werden.

3.2 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Verwaltungsbehörde
grundsätzlich das Vorliegen eines rechtskräftigen Strafurteils abwarten müsse
(BGE 119 Ib 158 ff.), gilt nur, soweit der Sachverhalt oder die rechtliche
Qualifikation des in Frage stehenden Verhaltens für das Verwaltungsverfahren
von Bedeutung ist. Dies gilt nicht für Massnahmen, die allein aus Gründen der
Verkehrssicherheit, ohne Rücksicht auf ein Verschulden, erfolgen (BGE 122 II
359 E. 2b S. 363), wie namentlich die Anordnung einer Kontrollfahrt. Im
Übrigen ist das Strafverfahren inzwischen rechtskräftig abgeschlossen worden.

3.3 Die vom Verwaltungsgericht erwähnte Strafanzeige der Kantonspolizei an
die Staatsanwaltschaft vom 21. August 2006 liegt in den Akten der
Motorfahrzeugkontrolle, die dem Verwaltungsgericht überwiesen worden sind,
und hätte vom Beschwerdeführer dort eingesehen werden können. Auf die in der
Beschwerdeschrift beantragte nachträgliche Zustellung dieses Dokuments kann
verzichtet werden, nachdem bereits eine gleichlautende Strafverfügung
vorliegt.

Auch im Übrigen sind keine Verletzungen des rechtlichen Gehörs und der
Begründungspflicht ersichtlich.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Verfahren gemäss Art. 109 Abs. 2 lit.
a BGG abzuweisen. Damit wird der Antrag auf Gewährung der aufschiebenden
Wirkung gegenstandslos. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Motorfahrzeugkontrolle,
Administrativmassnahmen, dem Departement des Innern und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Mai 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: