Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.408/2007
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1C_408/2007

Urteil vom 21. Dezember 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
Gerichtsschreiber Härri.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Stefan
Wehrenberg,

gegen

Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion
Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.

Auslieferung an die USA,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 5. November 2007 des Bundesstrafgerichts,
II. Beschwerdekammer.
Sachverhalt:

A.
Das Justizdepartement der Vereinigten Staaten von Amerika ersuchte das
Bundesamt für Justiz am 22. Dezember 2005 um Verhaftung des kanadischen
Staatsangehörigen X.________ im Hinblick auf seine Auslieferung an die USA;
dies gestützt auf einen Haftbefehl des District Court for the District of
Utah vom 3. Juni 2002 und einen Haftbefehl des District Court for the Central
District of California vom 13. Juni 2001. X.________ soll als Mitglied einer
im Drogenhandel tätigen Organisation in den Monaten Mai und Juni 2000
Ecstasy-Pulver im Wert von 40'000 USD erworben haben. Ausserdem wird ihm
vorgeworfen, nach Verbüssung einer im Jahre 1991 wegen
Betäubungsmitteldelikten ausgesprochenen Freiheitsstrafe und anschliessender
Ausweisung aus den USA im November 1997 rechtswidrig wieder in die USA
eingereist zu sein.

X. ________ befindet sich seit Mai 2005 im Rahmen eines schweizerischen
Strafverfahrens im Kanton Aargau in Untersuchungshaft.

Nachdem er sich anlässlich seiner Einvernahme vom 16. Januar 2006 mit der
vereinfachten Auslieferung an die USA nicht einverstanden erklärt hatte,
erliess das Bundesamt am 24. Januar 2006 einen Auslieferungshaftbefehl.

Am 27. März 2006 ersuchte das Justizdepartement der USA die Schweiz formell
um die Auslieferung von X.________.

B.
Mit Verfügung vom 12. Juli 2007 bewilligte das Bundesamt für Justiz die
Auslieferung von X.________ an die USA für die dem Auslieferungsersuchen vom
27. März 2006 zugrunde liegenden Straftaten.

C.
Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht
(II. Beschwerdekammer) am 5. November 2007 ab, soweit es darauf eintrat.

D.
X.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, der vorliegende Fall sei als besonders bedeutend im Sinne von Art. 84
BGG einzustufen; dem Beschwerdeführer sei eine angemessene Frist zur
Ergänzung der Beschwerdeschrift gemäss Art. 43 BGG einzuräumen; der Entscheid
des Bundesstrafgerichts vom 5. November 2007 in Bezug auf die Zulässigkeit
der Auslieferung sowie der Auslieferungsentscheid des Bundesamtes für Justiz
vom 12. Juli 2007 seien aufzuheben; die Auslieferung sei abzulehnen und der
Beschwerdeführer nach Verbüssung seiner Freiheitsstrafe in der Schweiz
freizulassen; eventualiter seien die Vereinigten Staaten von Amerika dazu
anzuhalten, Zusicherungen abzugeben, dass der Einhaltung der Menschenrechte
des Beschwerdeführers besondere Beachtung geschenkt und seine Sicherheit im
Gefängnis jederzeit gewährleistet sein werde.

E.
Das Bundesstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

Das Bundesamt hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, auf die Beschwerde
sei nicht einzutreten. Es hält dafür, es liege kein besonders bedeutender
Fall im Sinne von Art. 84 BGG vor.

F.
X.________ hat eine Replik eingereicht. Er hält an seinen Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn
er unter anderem eine Auslieferung betrifft und es sich um einen besonders
bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt
insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare
Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland
schwere Mängel aufweist (Abs. 2).

Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 133 IV 131 E. 3
S. 132; 133 IV 132 E. 1.3 S. 134; 133 IV 271 E. 2.2.2 S. 274). Bei der
Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht
dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (Urteil 1C_138/2007 vom
17. Juli 2007 E. 2.1, mit Hinweis).

Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt.
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders
bedeutender Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese
Voraussetzung erfüllt ist.

Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines
allfälligen Schriftenwechsels.

Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

2.
2.1 Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein
Sachgebiet, bei dem die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit zulässig ist. Es stellt sich die Frage, ob
ein besonders bedeutender Fall gegeben sei.

Ein derartiger Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise
angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die
der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst
wie keine besondere Tragweite zu.

2.2 Der Beschwerdeführer bringt (S. 7 ff.) vor, bei einer Auslieferung wären
seine Menschenrechte in Gefahr. Er sei als Informant für die
US-amerikanischen Behörden tätig gewesen. Dies müsste in der Haft in den USA
unweigerlich bekannt werden. Damit bestünde für ihn Todesgefahr, da sich die
Verratenen an ihm rächen bzw. andere damit beauftragen könnten.

Damit hat sich bereits die Vorinstanz befasst. Sie erwägt insbesondere, die
USA hätten, wenn auch mit gewissen Vorbehalten und Erklärungen, den UNO-Pakt
II ratifiziert, welcher mit der EMRK vergleichbare Garantien enthalte. Nach
dem im internationalen Rechtshilfeverkehr geltenden Vertrauensprinzip werde
das völkerrechtskonforme Verhalten von Staaten, die wie die USA mit der
Schweiz durch einen Rechtshilfevertrag verbunden seien, vermutet, ohne dass
die Einholung ausdrücklicher Zusicherungen notwendig sei. Vorliegend
bestünden zudem keine Anhaltspunkt dafür, dass die USA für die Sicherheit des
Beschwerdeführers in den amerikanischen Gefängnissen nicht in ausreichendem
Masse besorgt sein werden, so dass dieser einer unmenschlichen und
erniedrigengen Behandlung durch seine Mitinsassen ausgesetzt wäre. Die
Tatsache, dass die rigorose Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch
die USA seit einiger Zeit Gegenstand internationaler Kritik bilde, stehe mit
der vorliegend zu beurteilenden Auslieferung in keinem Zusammenhang und
rechtfertige daher ebenfalls keine Abkehr vom völkerrechtlichen
Vertrauensprinzip (E. 4.3). Die Auslieferung sei danach zulässig, ohne dass
Zusicherungen erforderlich wären (E. 5).

Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Sie stützen sich auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung, auf die zurückzukommen kein Anlass
besteht. Der Beschwerdeführer weist im Übrigen selber darauf hin, dass in den
USA eine besondere Vollzugsform für gefährdete Gefangene besteht. Es ist
davon auszugehen, dass die zuständigen Behörden der USA die notwendigen
Vorkehren treffen werden, falls der Beschwerdeführer im US-amerikanischen
Untersuchungshaft- oder Strafvollzug tatsächlich einer besonderen Gefahr
ausgesetzt sein sollte.

Kann danach nicht angenommen werden, dass für den Beschwerdeführer in den USA
die ernstliche Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung besteht, ist
insoweit ein besonders bedeutender Fall zu verneinen.

2.3 Was der Beschwerdeführer (S. 21 ff.) weiter vorbringt, ist ebenfalls
nicht geeignet, die besondere Bedeutung des vorliegenden Falles im Sinne von
Art. 84 BGG darzutun.

Es bestehen keine konkreten Anzeichen dafür, dass der Prozess gegen den
Beschwerdeführer in den USA unfair sein wird. Was dieser insoweit vorbringt,
beschränkt sich - wie er (S. 21 Ziff. 72) selber einräumt - auf blosse
Spekulation.

Die Vorinstanz kommt (E. 3.6) zum Schluss, für die Behauptung des
Beschwerdeführers, die US-amerikanischen Haftbefehle und das
Auslieferungsersuchen seien politisch motiviert, bestehe kein Raum. Der
angefochtene Entscheid ist auch insoweit nicht zu beanstanden, weshalb erneut
kein Grund dafür besteht, den vorliegenden Fall als besonders bedeutend
einzustufen.

Der richterliche Rechtsschutz wurde dem Beschwerdeführer bereits durch die
Vorinstanz gewährt. Insoweit ist es nicht notwendig, dass auch noch das
Bundesgericht die Sache an die Hand nimmt. Der Beschwerdeführer geht im
Übrigen fehl, wenn er annimmt, bei einer Auslieferung stehe die Beschwerde an
das Bundesgericht stets offen. Diese Auffassung steht mit Art. 84 Abs. 1 BGG
in Widerspruch. Danach ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nur zulässig, wenn es unter anderem um eine Auslieferung geht
und ein besonders bedeutender Fall vorliegt.

An dieser letzteren Voraussetzung fehlt es hier nach dem Gesagten.

3.
Auf die Beschwerde wird deshalb nicht eingetreten.

Der Antrag auf Einräumung einer Nachfrist zur Ergänzung der
Beschwerdebegründung nach Art. 43 BGG ist damit hinfällig.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Abteilung
Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht,
II. Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Härri