Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.383/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_383/2007 /fun

Urteil vom 15. Juli 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Schoder.

Parteien
X._________, Beschwerdeführer,

gegen

Gerichtspräsidium Kulm, Zentrumsplatz 1,
5726 Unterkulm.

Gegenstand
Lohnfestsetzung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 25. September 2007 des Personalrekursgerichts
des Kantons Aargau.

Sachverhalt:

A.
X._________ ist seit dem 1. März 1997 als Gerichtsschreiber am Bezirksgericht
Kulm tätig.

Mit Lohnverfügung vom 15. Januar 2001 wurde X._________ gestützt auf das Gesetz
vom 16. Mai 2000 des Kantons Aargau über die Grundzüge des Personalrechts sowie
auf das Dekret vom 30. November 1999 über die Löhne des kantonalen Personals
der Lohnstufe 12 zugeteilt. Bei einem Arbeitspensum von 85 % betrug der
Jahreslohn brutto Fr. 79'200.65.

Per 1. Januar 2002 wurde X._________ eine generelle Lohnerhöhung von Fr. 723.20
und eine individuelle Lohnerhöhung von Fr. 4'590.-- gewährt. Auch in den
folgenden Jahren wurden Lohnerhöhungen innerhalb der Lohnstufe 12 gewährt
(Jahresbruttolohn 2002: Fr. 85'667.55; 2003: Fr. 87'566.15; 2004: Fr.
88'036.10; 2005: Fr. 89'286.15).

Mit Lohnverfügung vom 19./22. September 2005 wurde X._________ rückwirkend per
1. April 2001, d.h. auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Personalgesetzes,
in die Lohnstufe 14 eingeteilt. Der Jahresbruttolohn für das Jahr 2002 wurde
unverändert auf Fr. 85'667.55 festgesetzt, wobei er sich neu aus einem
Positionslohn von Fr. 84'531.70 und einem Leistungsanteil von Fr. 1'135.85
zusammensetzte. Auch für die Jahre 2003 bis 2005 wurden die ursprünglich
festgelegten Jahresbruttolöhne unverändert übernommen und in einen
Positionslohn sowie einen Leistungsanteil unterteilt.

Am 11. Oktober 2005 beantragte X._________ bei der Schlichtungskommission für
Personalfragen, es sei in der Lohnverfügung vom 19./22. September 2005 die per
1. Januar 2002 gewährte individuelle Lohnerhöhung von Fr. 4'590.--
vollumfänglich als Leistungsanteil zu berücksichtigen. Nachdem die
Schlichtungskommission empfahl, die Lohnverfügung vom 19./22. September 2005
unverändert zu belassen, erliess die Anstellungsbehörde am 14. November 2006
eine neue Lohnverfügung. Darin wurden sämtliche Jahresbruttolöhne der
vergangenen Jahre bestätigt.

X._________ gelangte daraufhin an das Personalrekursgericht des Kantons Aargau
und beantragte, es sei in der Lohnverfügung vom 14. November 2006 die per 1.
Januar 2002 gewährte individuelle Lohnerhöhung von Fr. 4'590.-- vollumfänglich
als Leistungsanteil für das Jahr 2002 und die Folgejahre zu berücksichtigen.
Weiter sei der Lohn für die Zeit seit dem 1. Januar 2002 unter Berücksichtigung
der individuellen Lohnerhöhung per 1. Januar 2002 neu zu berechnen, und es sei
dementsprechend die Differenz zum bereits ausbezahlten Lohn und zur bereits
ausbezahlten Lohnnachzahlung - verzinst zu 5 % seit dem jeweiligen
Fälligkeitsdatum bis zum Auszahlungszeitpunkt - nachzuzahlen. Mit Urteil vom
25. September 2007 wies das Personalrekursgericht die Beschwerde ab und
auferlegte dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde beantragte X._________ unter Aufrechterhaltung seiner
bereits im kantonalen Verfahren gestellten Anträge die Aufhebung des Urteils
der Personalrekurskommission. Als Eventualantrag ersucht er darum, den
angefochtenen Entscheid aufzuheben und das Personalrekursgericht anzuweisen, in
der Lohnverfügung vom 14. November 2006 die per 1. Januar 2002 gewährte
individuelle Lohnerhöhung von Fr. 4'590.-- vollumfänglich als Leistungsanteil
für das Jahr 2002 und die Folgejahre zu berücksichtigen sowie die entsprechende
Lohnnachzahlung samt Zins zu veranlassen. Subeventualiter sei der angefochtene
Entscheid aufzuheben und zur neuen Beurteilung an das Personalrekursgericht
zurückzuweisen. In jedem Fall sei der angefochtene Entscheid bezüglich der
Kostenauferlegung aufzuheben, und es sei das Personalrekursgericht anzuweisen,
§ 41 Satz 2 des Personalgesetzes des Kantons Aargau in Streitigkeiten mit einem
Streitwert bis Fr. 30'000.-- nicht mehr anzuwenden.

C.
Das Gerichtspräsidium Kulm beantragt Gutheissung der Beschwerde. Das
Personalrekursgericht ersucht um Beschwerdeabweisung. Der Beschwerdeführer hat
repliziert, worauf das Personalrekursgericht nochmals Stellung nahm.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid betrifft ein öffentlich-rechtliches
Arbeitsverhältnis, d.h. eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinn von
Art. 82 lit. a BGG. Das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers ist auf eine
Lohnnachzahlung von Fr. 17'270.75 brutto, zuzüglich Zins, gerichtet (vgl.
Beschwerde an das Personalrekursgericht, S. 7 f.). Das Streitwerterfordernis
ist damit erfüllt (Art. 51 Abs. 1 lit. a, Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG). Das
Rechtsmittel ist demzufolge als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zu behandeln. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist
nicht einzutreten (vgl. Art. 113 BGG).

2.
2.1 Als erstes rügt der Beschwerdeführer eine unrichtige Feststellung des
Sachverhalts. Er macht geltend, das Personalrekursgericht gehe
fälschlicherweise davon aus, er habe beantragt, bei der per 1. April 2001
rückwirkenden Umteilung von der Lohnklasse 12 in die Lohnklasse 14 sei der
ursprüngliche Leistungsanteil des Lohnes, d.h. der Leistungsanteil per 1. April
2001, beizubehalten. Das Personalrekursgericht habe verkannt, dass der
ursprüngliche Leistungsanteil nicht Streitgegenstand sei. Er habe beantragt,
dass die individuelle Lohnerhöhung per 1. Januar 2002 dem Leistungsanteil des
Lohnes zugeordnet werde. Sein Vorbringen sei entscheiderheblich, da damit ein
Anspruch auf Lohnnachzahlung verbunden sei.

2.2 Gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Verfahrensausgang entscheidend sein kann.

2.3 Gemäss dem angefochtenen Urteil (E. 1 S. 7) setzt sich der Lohn des
Beschwerdeführers aus einem Positionsanteil, einem Leistungsanteil und
allfälligen Lohnzulagen zusammen. Umstritten sei vorliegend die Höhe des
Leistungsanteils ab dem 1. Januar 2002. Weiter stellte das
Personalrekursgericht fest, bei der Einstufung in die Lohnklasse 14 habe sich
der Jahresbruttolohn, unter Beibehaltung der Höhe des bisherigen
Jahresbruttolohnes, neu aus einem höheren Positionslohn und einem
dementsprechend tieferen Leistungsanteil zusammengesetzt. Der Beschwerdeführer
habe beantragt, sein ursprünglicher Leistungsanteil sei nach der Einteilung in
die Lohnstufe 14 vollumfänglich beizubehalten (E. 4.1 S. 10).

Eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung ist diesen Ausführungen, zumindest
unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhangs, nicht zu entnehmen. Das
Rechtsbegehren des Beschwerdeführers (die Berücksichtigung der per 1. Januar
2002 gewährten individuellen Lohnerhöhung als Leistungsanteil für das Jahr 2002
und für die Folgejahre) ist im angefochtenen Urteil richtig wiedergegeben. Der
Streitgegenstand (die Höhe des Leistungsanteils des Lohnes per 1. Januar 2002)
wurde ebenfalls zutreffend umschrieben. Allein aus der Formulierung auf Seite
10 des angefochtenen Urteils, der Beschwerdeführer habe beantragt, "sein
ursprünglicher Leistungsanteil sei nach der Einteilung in die Lohnstufe 14
vollumfänglich beizubehalten", kann nicht geschlossen werden, das
Personalrekursgericht gehe vom Leistungsanteil per 1. April 2001 aus.

3.
3.1 Weiter rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Das Personalrekursgericht habe folgende
entscheidrelevante Vorbringen nicht geprüft und nicht in die Urteilsbegründung
einfliessen lassen: 1) Die individuelle Lohnerhöhung per 1. Januar 2002 sei
unter Geltung des neuen Lohnrechts gewährt worden. 2) Die individuelle
Lohnerhöhung per 1. Januar 2002 sei in Kenntnis des hängigen Verfahrens
betreffend Lohneinstufung gewährt worden. 3) Die individuelle Lohnerhöhung per
1. Januar 2002 sei vorbehaltlos gewährt worden. 4) Die individuelle
Lohnerhöhung per 1. Januar 2002 sei einzig wegen den sehr guten Leistungen
gewährt worden. 5) Die individuelle Lohnerhöhung per 1. Januar 2002 sei
unabhängig von der Einreihung in die Lohnstufe gewährt worden. Zudem seien die
im kantonalen Verfahren eingeholten Stellungnahmen unberücksichtigt geblieben.

3.2 Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die
Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch
tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus
folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es
nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite
des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die
höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die
Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und
auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88, mit Hinweisen).

3.3 Gemäss dem angefochtenen Urteil (E. 4.2 S. 10) sind die Arbeitsplätze,
welche der Lohnstufe 14 zugewiesen wurden, deutlich höher bewertet als
diejenigen, welche in der Lohnstufe 12 liegen. Der Beschwerdeführer erfülle die
Voraussetzungen zur Einreihung in die Lohnklasse 14. Indem er geltend mache,
sein ursprünglicher Leistungsanteil sei in identischer Höhe von der Lohnstufe
12 in die Lohnstufe 14 zu übernehmen, verkenne er jedoch, dass das
Anforderungsprofil an einen Gerichtsschreiber der Lohnstufe 14 höher sei und
daher zumindest einen Teil seiner bisher den Leistungsanteil ausmachenden
Erfahrungen und Fähigkeiten voraussetze und gewissermassen konsumiere. Die
Einreihung in die höhere Lohnklasse sei aufgrund von Kriterien erfolgt, die in
der Lohnstufe 12 zum Anstieg des Leistungsanteils geführt hätten. Die Senkung
des Leistungsanteils sei insofern eine logische Konsequenz der Einreihung in
die höhere Lohnklasse mit höherem Positionslohn.

Diesen Erwägungen ist klar zu entnehmen, aus welchen Gründen das
Personalrekursgericht die per 1. Januar 2002 gewährte individuelle Lohnerhöhung
nicht vollumfänglich dem Leistungsanteil des Lohnes zurechnete. Aus der Sicht
der Personalrekurskommission sind die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers
nicht relevant, weshalb es sich nach dem oben Gesagten damit nicht
auseinandersetzen musste. Dem Beschwerdeführer wäre es ohne weiteres möglich
gewesen, den Entscheid in materiellrechtlicher Hinsicht anzufechten. Eine
Verletzung des formellen Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nicht vor.

4.
4.1 Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer die Kostenauferlegung im
kantonalen Beschwerdeverfahren. Seiner Auffassung nach verstösst die
Kostenauferlegung gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV). Die
Staatsangestellten des Kantons Aargau würden im Vergleich zu den
privatrechtlich Angestellten benachteiligt, da in Verfahren bis zu einem
Streitwert von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 343 Abs. 3 OR Kostenfreiheit gelte.
Auch die Staatsangestellten anderer Kantone und des Bundes müssten in
Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis keine Kosten tragen.

4.2 Das in Art. 8 Abs. 1 BV verankerte Rechtsgleichheitsgebot ist verletzt,
wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches
nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Dem
Gesetzgeber bleibt dabei ein weiter Spielraum der Gestaltung, den das
Bundesgericht nicht durch eigene Gestaltungsvorstellungen schmälert (BGE 132 I
157 E. 4.1 S. 163).

4.3 Mit Abschaffung des Beamtenstatus hat sich das öffentlich-rechtliche
Arbeitsverhältnis in vielen Kantonen dem privatrechtlichen Arbeitsrecht
angenähert. Dennoch folgen das privatrechtliche und das öffentlich-rechtliche
Arbeitsverhältnis je eigenen Regeln. Besonders deutlich wird dies
beispielsweise beim besseren Kündigungsschutz im öffentlichen Personalrecht.
Unter dem Blickwinkel von Art. 8 Abs. 1 BV ist deshalb nicht zu beanstanden,
dass das Verfahrensrecht des Kantons Aargau in Streitigkeiten aus einem
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigenen Regeln folgt. Im Übrigen gilt
die Rechtslage im Kanton Aargau auch im Verfahren vor Bundesgericht. Gemäss
Art. 34 Abs. 2 des Bundespersonalgesetzes (BPG; SR 172.220.1) ist das
erstinstanzliche Verfahren sowie das interne Beschwerdeverfahren und das
Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich kostenlos;
dagegen gilt diese Kostenbefreiung nicht für das Beschwerdeverfahren vor
Bundesgericht nach Art. 82 ff. BGG, wenn auch bei Streitigkeiten aus einem
Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30'000 Franken bloss eine
reduzierte Gebühr erhoben wird (vgl. Ziff. 2 des Tarifs für die
Gerichtsgebühren im Verfahren vor dem Bundesgericht; SR 173.110.210.1). Ein
Verstoss gegen Art. 8 Abs. 1 BV ist vorliegend nicht auszumachen.

5.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten als unbegründet und ist dementsprechend abzuweisen. Auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten. Ausgangsgemäss hat der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Zusprechung einer Parteientschädigung fällt nicht in Betracht (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.

2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Gerichtspräsidium Kulm und dem
Personalrekursgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. Juli 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin:

Aemisegger Schoder