Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.317/2007
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1C_317/2007

Urteil vom 14. März 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Einwohnergemeinde Lengnau, handelnd durch den Gemeinderat, Zürichstrasse, 34,
Postfach 41,
5426 Lengnau, und dieser vertreten durch Fürsprecher Dr. Erich Stieger,
Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau, Laurenzenvorstadt 9,
5001 Aarau.

Materielle Enteignung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 16. August 2007 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 4. Kammer.
Sachverhalt:

A.
X. ________ ist Eigentümer der Parzelle Nr. 537 in Lengnau/AG ("Bleiwiese").
Diese wies ursprünglich eine Fläche von 16'625 m² auf, wobei 4'000 m² mit
einem Kaufrecht belegt waren. Gemäss der Bauordnung Lengnau mit Zonenplan vom
27. Juni 1980 (genehmigt am 20. Oktober 1981; im Folgenden: BO 1980/81) lag
die Parzelle in der Wohnzone 2 (W2), 2. Etappe. Ein ca. 10 m breiter Streifen
entlang der Surb lag im Nichtbaugebiet.

B.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 1989 ersuchte der Gemeinderat Lengnau
Y.________, den Vater von X.________ und damaligen Eigentümer der Parzelle
Nr. 537, nichts zu unternehmen, das die in Vorbereitung stehende
Baugebietsrevision der Gemeinde Lengnau erschweren könnte.

C.
Am 25. März 1994 beschloss die Gemeindeversammlung Lengnau den neuen
Bauzonenplan und die Bau- und Nutzungsordnung; diese wurden vom Grossen Rat
des Kantons Aargau am 5. März 1996 genehmigt (BNO 1994/96). Entlang der Surb
wurde eine 6 m breite Uferschutzzone ausgeschieden. Die Parzelle Nr. 537
wurde überwiegend der Wohnzone 3 (W3), 2. Erschliessungsetappe, mit
Gestaltungsplanpflicht zugewiesen (§ 21 BNO). Der südwestliche Teil der
Parzelle (3'000 m²) wurde der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen (OE)
zugeteilt.

D.
Im Jahr 2003 musste X.________ im Rahmen des Wasserbauprojekts "Surb -
Massnahmen zur Verbesserung der Abflusskapazität Teile 2 und 3" entlang der
Surb 870 m² der Parzelle Nr. 537 an den Kanton Aargau abtreten, wobei diese
Fläche als neue Parzelle Nr. 1951 abparzelliert wurde. Hierfür wurde er vom
Kanton entschädigt.

E.
Am 13. Januar 2005 wurde die mit dem Kaufrecht belastete Fläche als Parzelle
Nr. 1958 abparzelliert.

F.
Mit Eingabe vom 19. März 2004 verlangte X.________ bei der
Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau eine Entschädigung des
Minderwerts der Parzelle 537 infolge der Landabtretung sowie der BNO 1994/96.
Die Schätzungskommission führte einen Augenschein durch. Am 13. Juni 2006
trat sie auf das Begehren um Entschädigung für die Nutzungsbeschränkungen
infolge der Landabtretung entlang der Surb nicht ein und wies das Begehren um
Entschädigung für Nutzungsbeschränkungen infolge der Revision der BNO
1994/1996 ab. Das Begehren um Entschädigung wegen materieller Enteignung
infolge Zuweisung eines Teils der Parzelle 537 zur Zone OE wurde "zur Zeit"
abgewiesen, soweit darauf einzutreten sei.

G.
Dagegen erhob X.________ am 4. September 2006 Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit dem Antrag auf Aufhebung des
Entscheids der Schätzungskommission, soweit diese eine Entschädigung des
Minderwerts aufgrund § 21 Abs. 2 BNO sowie der Zuweisung von 3'000 m² in die
Zone OE verweigert hatte. Am 16. August 2007 wies das Verwaltungsgericht die
Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat, und gewährte X.________ die
unentgeltliche Rechtspflege.

H.
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat X.________ am 26. September
2007 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, die Entscheide
des Verwaltungsgerichts und der Schätzungskommission seien aufzuheben und es
sei ihm eine materielle Entschädigung zuzusprechen. Zudem sei ihm die
unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

I.
Die Einwohnergemeinde Lengnau beantragt, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten bzw. diese sei abzuweisen. Das Verwaltungsgericht und die
Schätzungskommission haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

J.
Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) äussert sich in seiner Vernehmlassung
zur Frage, ob die Zuweisung zur Zone OE 1994/96 eine materielle Enteignung
darstelle. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu
nehmen.

K.
Mit Replik vom 17. Dezember 2007 hielt der Beschwerdeführer an seinen
Anträgen fest. Am 22. Januar 2008 reichte er eine weitere Stellungnahme ein.

Erwägungen:

1.
Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Entscheid, mit dem das
Verwaltungsgericht eine Entschädigungspflicht der Gemeinde Lengnau wegen
materieller Enteignung verneinte, steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82
ff. BGG). Da alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die
Beschwerde grundsätzlich einzutreten.

Streitgegenstand vor Bundesgericht ist nur noch, ob der Beschwerdeführer eine
Entschädigung wegen materieller Enteignung für die mit der BNO 1994/96
auferlegten Nutzungsbeschränkungen beanspruchen kann. Nicht mehr zu
beurteilen ist dagegen die Entschädigung für den Minderwert der Parzelle Nr.
537 infolge der Landabtretung im Jahr 2003: Auf dieses Begehren ist die
Schätzungskommission nicht eingetreten; dieser Teil ihres Entscheides wurde
vom Beschwerdeführer vor Verwaltungsgericht nicht angefochten und kann
deshalb auch vom Bundesgericht nicht mehr überprüft werden.

2.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, bereits das Schreiben des
Gemeinderats Lengnau vom 4. Dezember 1989 an seinen Vater habe eine
materielle Enteignung bewirkt.
Das Verwaltungsgericht ging davon aus, im Jahr 1989 sei weder eine
Planungszone noch eine Bausperre erlassen worden. Das Schreiben vom 4.
Dezember 1989 sei weder als Verfügung bezeichnet worden, noch enthalte es
eine eigentumsrelevante Verfügung, d.h. eine verbindliche und erzwingbare
Anordnung im Sinne einer rechtsgestaltenden oder feststellenden Regelung der
eigentumsrechtlichen Rechtsbeziehung.

Diese Erwägungen lassen keine Willkür erkennen. Soweit der Beschwerdeführer
behauptet, sein Vater und er seien über die fehlende rechtliche Bedeutung des
Schreibens getäuscht worden, ist fraglich, ob diese neue Tatsache im
bundesgerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden darf (Art. 99 BGG). Die
Frage kann jedoch offenbleiben, weil eine materielle Enteignung selbst dann
zu verneinen wäre, wenn das Schreiben vom 4. Dezember 1989 eine Bausperre
enthalten hätte.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellen Bausperren und
Planungszonen sachlich und zeitlich beschränkte Eigentumsbeschränkungen dar,
die in der Regel keine Entschädigungspflicht nach sich ziehen (BGE 109 Ib 20
E. 4a S. 22 f. mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall sind keine besonderen
Umstände ersichtlich, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen
könnten. Der Beschwerdeführer macht insbesondere nicht geltend, dass er oder
sein Vater aufgrund des Schreibens der Gemeinde ein bewilligungsfähiges
Bauvorhaben zurückgestellt oder andere nachteilige Dispositionen getroffen
hätten.

3.
Zu prüfen ist daher, ob die Zonenplanrevision 1994/96 eine materielle
Enteignung bewirkte.

3.1 Die Schätzungskommission ging davon aus, die Parzelle Nr. 537 sei
erstmals durch die Nutzungsordnung 1994/96 einer RPG-konformen Bauzone
zugeteilt worden. Zwar liege die Parzelle im weitgehend überbauten Gebiet;
sie hätte jedoch nicht kurzfristig aus eigener Kraft erschlossen werden
können, weil sie weder verkehrsmässig erschlossen noch die Wasserversorgung
und Abwasserentsorgung gesichert gewesen sei; überdies sei die Parzelle
hochwassergefährdet. Bisher seien vom Beschwerdeführer und dessen
Rechtsvorgängern auch keine namhaften Beträge für die Erschliessung
aufgewendet worden. Aus diesem Grund hätte die Bleiwiese - so die
Schätzungskommission - 1994/96 entschädigungslos einer Nichtbauzone
zugewiesen werden können. Dann aber könne auch die Zuweisung des Landes in
eine Bauzone mit Gestaltungsplanpflicht keine materielle Enteignung
darstellen.

Hinsichtlich der Teilfläche von 3'000 m², die der Zone OE zugewiesen wurde,
müsse die Gemeinde spätestens 2011, bei der Erschliessung des Gebiets,
entscheiden, ob sie den Abschnitt in der Zone OE übernehmen wolle oder nicht.
Wenn ja, müsse sie ein formelles Enteignungsverfahren einleiten und den
Beschwerdeführer zum Verkehrswert für Bauland entschädigen. Anderenfalls
könne der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt eine Entschädigung wegen
materieller Enteignung beanspruchen. Die Schätzungskommission wies das
Entschädigungsgesuch deshalb als zur Zeit unbegründet ab.

In ihrer Stellungnahme zur Vernehmlassung des ARE führt die
Schätzungskommission aus, dass die Wertsteigerung (vom Verkehrswert für
Landwirtschaftsland zum Verkehrswert für Bauland) mangels einer gesetzlich
geregelten Mehrwertabschöpfung grundsätzlich dem Eigentümer zugute komme. Die
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zugrunde liegende Annahme, wonach der
Zone OE zugewiesenes Land nicht mehr an der Baupreisentwicklung teilnehme,
hält sie eigentumsrechtlich für fragwürdig, angesichts des unveränderten
Eigentums des Beschwerdeführers, der Erschliessungspflicht der Gemeinde sowie
der zentralen Lage der Streitfläche im Dorf. Im Übrigen bestehe die
Möglichkeit, dass die Gemeinde, mangels konkreter eigener Nutzungsabsichten,
den Abschnitt aus der Zone OE in eine privat nutzbare Bauzone umzone; in
diesem Fall würde sich die Entschädigungsfrage nicht mehr stellen. Es sei
daher sinnvoll, das Entschädigungsbegehren zur Zeit abzuweisen; dies belasse
den Parteien einen Verhandlungsspielraum für das weitere Vorgehen.

3.2 Das Verwaltungsgericht liess offen, ob das Grundstück des
Beschwerdeführers bereits nach der alten Zonenordnung in einer
bundesrechtskonformen Bauzone gelegen habe, da die Zuweisung in die W3
jedenfalls keine materielle Enteignung bewirkt habe. Auch die
Gestaltungsplanpflicht begründe keinen Anspruch auf Entschädigung, nachdem
die Parzelle am Stichtag des Inkrafttretens der Nutzungsplanung 1994/95
mangels genügender Erschliessung nicht hätte überbaut werden können.

Hinsichtlich der Zuweisung des südwestlichen Teils der Parzelle Nr. 537 zur
Zone OE ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer eine
Entschädigung zum Verkehrswert verlange. Diese falle nur im Falle einer
formellen Enteignung in Betracht. Die Entschädigung werde deshalb im
Verfahren betreffend formelle Enteignung festzulegen sein, falls die Gemeinde
das ihr zustehende Enteignungsrecht ausübe. Nachdem der Beschwerdeführer auch
keinen konkreten finanziellen Nachteil geltend mache, den er durch den
Planungsstand seit 1996 erleide, sei sein Entschädigungsbegehren zur Zeit
abzuweisen.

3.3 Das ARE macht dagegen geltend, mit der Zuweisung zur Zone OE sei der
entsprechende Teil des Grundstücks faktisch unüberbaubar geworden. Ob dies
einer Enteignung gleichkomme, könne schon heute beurteilt werden. Vieles
spreche dafür, dass diese Zuweisung nicht als materielle Enteignung anzusehen
sei: Die fehlende Erschliessung der Parzelle und die Berücksichtigung der auf
dem Rest der Parzelle nicht nur verbleibenden, sondern erheblich erhöhten
Bebaubarkeit wiesen in diese Richtung. Gehe man von einer ersten
bundesrechtskonformen Nutzungsplanung 1994/1996 aus, stelle die Zuweisung zur
Zone OE eine Nichteinzonung dar, was mit Blick auf die relativ grosse Fläche
von 16'000 m² und die Praxis des Bundesgerichts zur ausnahmsweisen
Entschädigungspflicht (Kriterium der Lage im weitgehend überbauten Gebiet)
ebenfalls eher gegen eine materielle Enteignung spreche.

3.4 Auch der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Frage der materiellen
Enteignung dürfe nicht bis zur Durchführung eines formellen
Enteignungsverfahrens aufgeschoben werden. Bereits mit der - zeitlich
unbefristeten - Zuweisung zur Zone OE sei ihm die Möglichkeit einer eigenen
Nutzung entzogen worden. Ob und wann die Gemeinde ihr Enteignungsrecht
ausüben werde, sei völlig ungewiss. Er macht geltend, die Parzelle Nr. 537
hätte nach dem alten Zonenplan 1980/1981 jederzeit, unter Leistung der
Erschliessungskosten, überbaut werden können.

4.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes findet beim Einbezug von
Bauland im enteignungsrechtlichen Sinn in eine Zone für öffentliche Bauten
und Anlagen in jenem Zeitpunkt, in dem die Eigentumsbeschränkung formell in
Rechtskraft erwächst, eine materielle Enteignung statt. In diesem Moment
verliert das derart belastete Land seinen vormaligen Wert als Bauland; es hat
nur noch einen Restwert, der bei nicht überbauten Grundstücken in der Regel
dem landwirtschaftlichen Wert entspricht. Da es seit Inkrafttreten der
Eigentumsbeschränkung kein Bauland mehr ist, macht das Grundstück keine
Baulandpreissteigerungen mehr mit. Für die Berechnung der Entschädigung aus
materieller Enteignung ist somit vom Landwert in jenem Zeitpunkt auszugehen,
in dem die Eigentumsbeschränkung in Kraft getreten ist. Der Restwert, der dem
Grundstück nach Inkrafttreten der Eigentumsbeschränkung verbleibt, macht die
Preisänderung mit, die sich von diesem Zeitpunkt an für landwirtschaftlichen
Boden ergibt. Wird das Enteignungsrecht erst Jahre nach der materiellen
Enteignung ausgeübt, so hat die Entschädigung für die formelle Enteignung dem
Wert im Zeitpunkt der formellen Enteignung zu entsprechen (sog.
Zweistufentheorie; vgl. BGE 112 Ib 485 E. 10b S. 494 f. mit Hinweisen).

4.1 Der Grundeigentümer hat danach grundsätzlich die Wahl, ob er sofort nach
Inkrafttreten der Zonenplanung eine Entschädigung aus materieller Enteignung
verlangt, oder ob er erst im Zeitpunkt der formellen Enteignung eine
Entschädigung nach den Grundsätzen der formellen und materiellen Enteignung
beansprucht (sofern letztere nicht verwirkt oder verjährt sind; vgl. dazu
Urteile 1A.127/1999 vom 22. Dezember 1999 E. 5 und 1A. 93/2001 vom 9.
November 2001 E. 2 und 3, beide betreffend Bottmingen).

Es ist auch keine Bestimmung des kantonalen Rechts ersichtlich, die dieses
Wahlrecht einschränken würde: Zwar kann der Träger des Rechts nach § 140 des
Aargauer Gesetzes über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen vom 19. Januar
1993 (BauG) die formelle Enteignung verlangen, wenn der Eingriff zu einer so
schweren Beschränkung führt, dass ihm nach den Umständen nicht zuzumuten ist,
Träger des Rechts zu bleiben. Er ist aber hierzu nicht verpflichtet, sondern
kann den Entschädigungsanspruch wegen materieller Enteignung auch selbständig
geltend machen (vgl. §§ 138 f. BauG). Etwas anderes wäre auch mit der
Eigentumsgarantie nicht vereinbar (vgl. BGE 102 Ia 243 E. 6 S. 250).

4.2 Im vorliegenden Fall machte der Beschwerdeführer von Anfang an eine
Entschädigung wegen materieller Enteignung aufgrund der Zuweisung von 3'000
m² seiner Parzelle in die Zone OE geltend. Über diesen Anspruch kann schon
heute entschieden werden, unabhängig davon, ob später noch eine formelle
Enteignung stattfindet oder nicht. Massgeblicher Stichtag ist der Zeitpunkt
des Inkrafttretens der Eigentumsbeschränkung, hier also die Genehmigung der
Zonenplanung durch den Grossen Rat am 5. März 1996 bzw. dessen Publikation.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer eine Entschädigung zum Verkehrswert
für Bauland verlangt, rechtfertigt keine andere Beurteilung: Beantragt der
Beschwerdeführer einen zu hohen Entschädigungsbetrag, so kann ihm ein
niedrigerer Betrag zugesprochen werden; dagegen ist es unverhältnismässig,
den Entschädigungsanspruch nur aus diesem Grund als zur Zeit unbegründet
abzuweisen.

4.3 Nach dem Gesagten ist zu prüfen, ob die Zuweisung zur Zone OE eine
materielle Enteignung darstellt. Dies wäre zu verneinen, wenn die gesamte
Parzelle 1994/96 entschädigungslos einer Nichtbauzone hätte zugeteilt werden
dürfen. Davon ging die Schätzungskommission in ihrem Entscheid aus; das
Verwaltungsgericht hat sich zu dieser Frage jedoch nicht geäussert. Es
rechtfertigt sich daher, die Sache insoweit an das Verwaltungsgericht
zurückzuweisen.

5.
Zu prüfen ist noch, ob das Verwaltungsgericht eine materielle Enteignung zu
Recht verneint hat, soweit die Parzelle Nr. 537 der Zone W3 mit
Gestaltungsplanpflicht zugewiesen worden ist.

5.1 Eine materielle Enteignung im Sinne von Art. 26 Abs. 2 BV und Art. 5 Abs.
2 RPG liegt vor, wenn dem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer
künftiger Gebrauch einer Sache untersagt oder in einer Weise eingeschränkt
wird, die besonders schwer wiegt, weil der betroffenen Person eine
wesentliche aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Geht der
Eingriff weniger weit, so wird gleichwohl eine materielle Enteignung
angenommen, falls einzelne Personen so betroffen werden, dass ihr Opfer
gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erscheint und es mit der
Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn hierfür keine Entschädigung
geleistet würde. In beiden Fällen ist die Möglichkeit einer künftigen
besseren Nutzung der Sache indessen nur zu berücksichtigen, wenn im
massgebenden Zeitpunkt anzunehmen war, sie lasse sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklichen. Unter besserer Nutzung
eines Grundstücks ist in der Regel die Möglichkeit seiner Überbauung zu
verstehen (BGE 123 II 481 E. 6a S. 487; 121 II 417 E. 4a S. 423).

Wird bei der erstmaligen Schaffung einer raumplanerischen Grundordnung,
welche den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Anforderungen entspricht,
eine Liegenschaft keiner Bauzone zugewiesen, so liegt gemäss der
Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Nichteinzonung vor, und zwar auch
dann, wenn die in Frage stehenden Flächen nach dem früheren, der Revision des
Bodenrechts nicht entsprechenden Recht überbaut werden konnten. Die
Nichteinzonung in eine Bauzone löst grundsätzlich keine Entschädigungspflicht
aus (BGE 123 II 481 E. 6b S. 487 f.; 122 II 326 E. 4a S. 328 f.; je mit
Hinweisen).

Sie treffen den Eigentümer nur ausnahmsweise enteignungsähnlich, etwa dann,
wenn er überbaubares oder grob erschlossenes Land besitzt, das von einem
gewässerschutzrechtlichen generellen Kanalisationsprojekt (GKP) erfasst wird,
und wenn er für die Erschliessung und Überbauung seines Landes schon
erhebliche Kosten aufgewendet hat, wobei diese Voraussetzungen in der Regel
kumulativ erfüllt sein müssen. Sodann können weitere besondere Gesichtspunkte
des Vertrauensschutzes so gewichtig sein, dass ein Grundstück unter Umständen
hätte eingezont werden müssen. Ein Einzonungsgebot kann ferner zu bejahen
sein, wenn sich das fragliche Grundstück im weitgehend überbauten Gebiet
befindet. Aufgrund solcher Umstände lässt sich annehmen, der Eigentümer habe
am massgebenden Stichtag mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer aus eigener
Kraft realisierbaren Überbauung seines Landes rechnen dürfen (BGE 132 II 218
E. 2.2. S. 221; 125 II 431 E. 4a S. 434; je mit Hinweisen).

5.2 Das Verwaltungsgericht liess offen, ob die Zuweisung der Parzelle zur W3
als Umzonung oder als Einzonung zu qualifizieren sei. Jedenfalls bleibe eine
wirtschaftlich sinnvolle und gute Nutzung der Liegenschaft möglich, weshalb
keine Enteignung vorliege.

Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Gestaltungsplanpflicht. Die
Bleiwiese sei am Stichtag nicht grob erschlossen gewesen. Die zwei
Stichstrassen, die vom Dorfzentrum her an das Grundstück heranführen,
entsprächen nicht den Vorgaben des VSS. Ein Anschluss an die bestehende
Wasserleitung in der Bodenstrasse setze ein Durchleitungsrecht über eines der
Nachbargrundstücke voraus. Auch für die abwassermässige Erschliessung müsse
privates Land in Anspruch genommen werden. Der Beschwerdeführer hätte daher
am Stichtag nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer aus eigener Kraft
realisierbaren Überbauung seines Grundstücks rechnen dürfen.

5.3 Diese Feststellungen werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Er
wirft der Gemeinde vielmehr vor, die strassen- und wassermässige
Erschliessung der Bleiwiese nicht rechtzeitig an die Hand genommen zu haben.
Er legt jedoch nicht dar, inwiefern die Gemeinde damals verpflichtet gewesen
sei, die Bleiwiese alsbald zu erschliessen. Dies ist auch nicht ersichtlich:
Gemäss BO 1980/82 lag das Gebiet in der Wohnzone 2. Etappe, d.h. im
zusätzlichen Baugebiet. Vor dessen Umwandlung in definitives Baugebiet war
die Gemeinde nach damaligem Recht zu keinerlei finanziellen und Leistungen an
die Erschliessung verpflichtet (vgl. § 36 Abs. 2 BO 1980/82). Ob die Gemeinde
nach der Zuweisung der Parzelle Nr. 537 zur Zone OE bzw. zur Zone W2 ihrer
Erschliessungspflicht rechtzeitig nachgekommen ist, ist nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens; dieses beschränkt sich auf Entschädigungen für
Nutzungsbeschränkungen infolge der Revision der BNO 1994/1996.

5.4 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wird die Überbaubarkeit der
Parzelle auch nicht auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben: Die Gemeinde ist
verpflichtet, das Gebiet innerhalb von 15 Jahren seit Inkrafttreten des
Nutzungsplans, d.h. bis ins Jahr 2011, zu erschliessen (Art. 15 und 19 RPG; §
33 BauG). In diesem Zeitpunkt ist auch mit der Erarbeitung eines
Gestaltungsplans zu rechnen. Im Übrigen steht es dem Beschwerdeführer frei,
sein Grundstück schon vorher auf eigene Kosten zu erschliessen (§ 37 BauG)
und selbst einen Gestaltungsplanentwurf auszuarbeiten (§ 21 Abs. 3 BauG). Von
beiden Möglichkeiten hat der Beschwerdeführer bisher keinen Gebrauch gemacht.

5.5 Das Verwaltungsgericht hat sodann dargelegt, dass die Baubeschränkungen
entlang der Surb (Gewässerabstand, naturnaher Grünstreifen gemäss § 21 Abs. 2
BNO) nicht weitergehen als diejenigen, die bereits in der BO 1980/82
vorgesehen waren (Nichtbaugebiet von 10 m entlang der Surb). Insoweit hat die
BNO 1994/96 keine zusätzliche Nutzungseinschränkung bewirkt.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, soweit das
Verwaltungsgericht die Frage der Entschädigungspflicht wegen materieller
Enteignung durch Zuweisung von 3'000 m² der Parzelle Nr. 537 zur Zone OE
1994/96 offengelassen hat. Insoweit ist der angefochtene Entscheid aufzuheben
und die Sache zu neuer Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.
Im Übrigen, soweit der Beschwerdeführer eine Entschädigung für das Schreiben
des Gemeinderats Lengnau vom 4. Dezember 1989 sowie für die Zuweisung seiner
Parzelle in die Zone W3 verlangt, ist die Beschwerde abzuweisen.

Nachdem das Verwaltungsgericht die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers
festgestellt hat und dessen Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war,
ist dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren (Art. 64
Abs. 1 BGG). Es sind demnach keine Gerichtskosten zu erheben. Die in ihrem
amtlichen Wirkungskreis teilweise obsiegende Gemeinde hat keinen Anspruch auf
eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 4. Kammer, vom 16. August 2007 wird
aufgehoben, soweit es die Beschwerde gegen Disp.-Ziff. 1.3 des Entscheids der
Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau vom 13. Juni 2006
abweist. Die Sache wird zu neuer Prüfung des Begehrens um Entschädigung wegen
materieller Enteignung infolge Zuweisung von 3'000 m2 der Parzelle Nr. 537
zur Zone OE an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Lengnau, der
Schätzungskommission nach Baugesetz, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 14. März 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Gerber