Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.302/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_302/2007

Urteil vom 2. April 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann, Reeb, Eusebio,
Gerichtsschreiber Forster.

Parteien
1. Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT,
2. Erwin Kessler,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld.

Gegenstand
Einsicht in strafprozessuale Entscheide,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 3. Juli 2007
der Anklagekammer des Kantons Thurgau.

Sachverhalt:

A.
Am 18. August 2006 ersuchten Erwin Kessler und der Verein gegen Tierfabriken
Schweiz bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau um Einsicht in die in
den letzten fünf Jahren vom Bezirksamt Arbon erlassenen Strafentscheide,
inklusive Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen, betreffend X.________
bzw. Y.________. Mit Verfügung vom 5. Februar 2007 wies die Staatsanwaltschaft
das Begehren ab.

B.
Gegen die Verfügung vom 5. Februar 2007 erhoben Erwin Kessler und der Verein
gegen Tierfabriken Schweiz Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Thurgau
hiess diese mit Beschluss vom 14. Mai 2007 teilweise gut. Das Begehren um
Einsicht in die materiellen Strafentscheide wurde zuständigkeitshalber an das
Bezirksamt Arbon überwiesen. Soweit Einsicht in Nichtanhandnahme- und
Einstellungsverfügungen beantragt worden war, überwies das Obergericht die
Beschwerde zuständigkeitshalber an die Anklagekammer des Kantons Thurgau.

C.
Mit Beschluss vom 3. Juli 2007 hob die Anklagekammer des Kantons Thurgau die
Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 5. Februar 2007 im Beschwerdeverfahren
auf. Gleichzeitig wies sie das Gesuch um Einsicht in die fraglichen
Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen des Bezirksamtes Arbon ab.

D.
Gegen den Beschluss der Anklagekammer vom 3. Juli 2007 gelangten Erwin Kessler
und der Verein gegen Tierfabriken mit Beschwerde vom 22. September 2007 an das
Bundesgericht. Sie beantragen zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen
Entscheides.

Die Beschwerde wurde am 16. Oktober 2007 ergänzt.

Die kantonale Anklagekammer beantragt die Abweisung der Beschwerde, während
sich die Staatsanwaltschaft innert angesetzter Frist nicht hat vernehmen
lassen. Die Beschwerdeführer replizierten am 15. November 2007.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonaler Justizverwaltungsakt, der sich auf öffentliches
Recht stützt (vgl. Art. 82 lit. a BGG). Darin wird ein selbstständiges Gesuch
der Beschwerdeführer um Einsicht in kantonale Strafakten (Einstellungs- und
Nichtanhandnahmeverfügungen) definitiv abgewiesen. Es handelt sich um einen
letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs.
2 i.V.m. Art. 90 BGG).

1.1 Gegenstand der Beschwerde bildet keine prozessleitende Zwischenverfügung
(betreffend Akteneinsicht) im Rahmen eines hängigen Strafverfahrens. Die
Beschwerdeführer verlangen vielmehr selbstständige Einsicht in rechtskräftig
abgeschlossene Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen, welche beanzeigte
Drittpersonen betrafen. Die Beschwerdeführer hatten im Rahmen jener
Strafverfahren unbestrittenermassen keine Parteistellung inne. Ebenso wenig
machen sie geltend, das Einsichtnahmegesuch erfolge zur Wahrnehmung von
Parteirechten in einem noch hängigen Strafverfahren.

1.2 Die vorliegende Eingabe ist nach dem Gesagten als Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen. Die
Eintretensvoraussetzungen von Art. 82 ff. BGG sind erfüllt.

2.
Im angefochtenen Entscheid wird erwogen, Art. 6 Ziff. 1 EMRK gebe den
Beschwerdeführern keinen Anspruch auf Einsicht in die fraglichen Verfügungen,
zumal gegen sie keine "strafrechtliche Anklage vor einem Gericht" erhoben
worden sei. Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen könnten auch nicht
den Strafurteilen oder Strafbescheiden gleichgestellt werden. Erstere hätten
nur beschränkte bzw. keine materielle Rechtskraft. Nicht an die Hand genommene
oder eingestellte Strafprozesse könnten ohne formelles Wiederaufnahme- bzw.
Revisionsverfahren wieder eröffnet werden, wenn neue erhebliche Tatsachen oder
Beweismittel vorliegen. Die fraglichen Verfügungen fielen daher weder unter den
Urteilsbegriff von Art. 6 Ziff. 1 EMRK, noch unter denjenigen von Art. 30 Abs.
3 BV.

3.
Die Beschwerdeführer machen geltend, X.________ und Y.________ betrieben im
Kanton Thurgau eine Pferdehandlung. Eine nach Ansicht der Beschwerdeführer
tierschutzgesetzwidrige Haltung von 80 Pferden durch die Genannten habe zu
verschiedenen Anzeigen aus Tierschutzkreisen sowie zu Verzeigungen seitens des
kantonalen Veterinäramtes geführt. Diese Anzeigen und Verfahren seien auf
dubiose Weise allesamt im Sand verlaufen bzw. vom Bezirksamt Arbon "sang- und
klanglos eingestellt" worden. Der Beschwerdeführer 1 setze sich als juristische
Person statutengemäss für die Durchsetzung der Tierschutzvorschriften zugunsten
von Nutztieren ein. Der Beschwerdeführer 2 nehme als Vereinspräsident die
Interessen des Beschwerdeführers 1 wahr. Die Frage, weshalb es trotz objektiver
Anzeichen von strafrechtlich relevantem Verhalten seit Jahren zu
Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen gegen die beiden Pferdehalter
komme, sei von öffentlichem Interesse. Dieses Interesse und das damit
verbundene schutzwürdige Interesse der Beschwerdeführer an Akteneinsicht werde
insbesondere durch Art. 6 Ziff. 1 EMRK geschützt. Die im angefochtenen
Entscheid getroffene formale Unterscheidung zwischen Strafentscheiden
(inklusive Strafbefehle und Strafbescheide) einerseits und Nichtanhandnahme-
und Einstellungsverfügungen anderseits sei im Hinblick auf das
Öffentlichkeitsgebot irrelevant. Es könne jedenfalls nicht angehen, dass das
Bezirksamt Arbon über Jahre hinweg Strafanzeigen und behördliche Verzeigungen
auf fragwürdige Weise mittels Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen
erledige, ohne dass der Öffentlichkeit bzw. interessierten
Tierschutzorganisationen die Möglichkeit eingeräumt würde, die Gründe dafür zu
prüfen. Anders zu entscheiden heisse, einen wichtigen Teil der
Strafjustiztätigkeit der öffentlichen Kontrolle zu entziehen.

4.
Nach dem in Art. 30 Abs. 3 BV gewährleisteten Öffentlichkeitsgrundsatz sind
Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung öffentlich. Art. 6 Ziff. 1 EMRK
schreibt vor, dass das Urteil über eine strafrechtliche Anklage öffentlich zu
verkünden ist. Die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung kann unter den in der
Konventionsbestimmung genannten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Art. 14
Abs. 1 UNO-Pakt II bestimmt, dass "jedes Urteil" in einer Straf- oder
Zivilsache öffentlich zu verkünden ist, sofern nicht die Interessen
Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die
Vormundschaft über Kinder betrifft.

5.
In BGE 124 IV 234 hatte das Bundesgericht den Fall eines Strafanzeigers zu
beurteilen, dem die Einsicht in einen rechtskräftigen Strafbescheid verweigert
worden war.

5.1 Die Strafverfügung war im abgekürzten Verfahren nach VStrR erlassen worden.
Das Bundesgericht erwog zunächst, dass der Anzeiger keine Parteirechte ausgeübt
habe, weshalb ihm die Strafverfügung nicht förmlich eröffnet werden musste (BGE
124 IV 234 E. 2a-c S. 237). Das Bundesgericht erwog weiter, dass unter dem
Gesichtspunkt des Öffentlichkeitsgrundsatzes (Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 14 Abs.
1 UNO-Pakt II, Art. 30 Abs. 3 BV) zwischen der förmlichen Eröffnung an die
Parteien und der öffentlichen Verkündung des Straferkenntnisses zu
unterscheiden ist: Der Anspruch auf öffentliche Urteilsverkündung bedeutet eine
Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Die Kontrolle durch die
Öffentlichkeit soll nicht nur eine korrekte und gesetzmässige Behandlung der
Verfahrensbeteiligten durch die Strafjustiz gewährleisten. Die allgemeine
Öffentlichkeit soll darüber hinaus Kenntnis erhalten können, wie das Recht
verwaltet und wie die Rechtspflege ausgeübt wird. Der Öffentlichkeitsgrundsatz
sorgt damit auch für Transparenz in der Rechtspflege, die eine demokratische
Kontrolle durch das Volk erst ermöglicht und als wesentliches Element des
Rechts auf ein faires Verfahren zu den Grundlagen eines demokratischen
Rechtsstaates gehört (BGE 124 IV 234 E. 3b S. 238; s. auch BGE 133 I 106 E.
8.1-8.2 S. 107 f.; 121 II 22 E. 4c S. 27 f.; 119 Ia 99 E. 4a S. 104, je mit
Hinweisen). Der entsprechende Informationsanspruch steht daher nicht nur den
Parteien des Strafverfahrens zu, sondern grundsätzlich auch der interessierten
Öffentlichkeit (BGE 124 IV 234 E. 3c S. 239 mit Hinweis). Zwar verlangt das
Bundesgericht, dass die Person, welche Einsicht in Strafverfügungen verlangt,
eine berechtigtes Interesse darlegt. Für behördliche Einschränkungen des
Einsichtsrechtes sind jedoch strenge Massstäbe anzulegen. Es genügt deshalb,
wenn der Gesuchsteller ein ernsthaftes Interesse an der Kenntnisnahme glaubhaft
macht. Ein solches Interesse ist insbesondere für den Anzeiger im
Verwaltungsstrafverfahren zu bejahen (BGE 124 IV 234 E. 3d S. 239 f. mit
Hinweisen).

5.2 Das Bundesgerichtsurteil 1P.298/2006 vom 1. September 2006 betraf den
heutigen Beschwerdeführer 1. Dieser hatte einen Aargauer Landwirt wegen
tierschutzgesetzwidriger Haltung von Schweinen und Kaninchen angezeigt. Der
Tierhalter wurde in der Folge vom Bezirksamt Baden mit Fr. 500.-- gebüsst. Der
Beschwerdeführer 1 verlangte eine Kopie des betreffenden Strafbefehls. Die
ablehnenden Entscheide der kantonalen Behörden zog er ans Bundesgericht weiter.
Dieses hiess die staatsrechtliche Beschwerde teilweise gut. Das Bundesgericht
erwog, es bestehe gestützt auf den Öffentlichkeitsgrundsatz zwar kein Anspruch
auf amtliche Zustellung von Entscheidkopien. Der Beschwerdeführer habe als
Anzeigeerstatter jedoch das Recht, auf der Kanzlei der Untersuchungsbehörde
Einsicht in den Strafbefehl zu nehmen und sich dabei (allenfalls gegen eine
Gebühr) eine Kopie der Verfügung erstellen zu lassen.

6.
Die Vorinstanz vertritt die Ansicht, bei Einstellungs- und
Nichtanhandnahmeverfügungen sei eine Einsichtnahme durch Dritte (auch durch
Anzeigeerstatter) zum Vornherein ausgeschlossen, da solche Verfügungen keine
oder nur eine beschränkte materielle Rechtskraft nach sich zögen. Diese
Auffassung erscheint im Lichte der dargelegten Rechtsprechung zu formalistisch.
Sie trägt weder dem rechtsstaatlichen Öffentlichkeitsgrundsatz ausreichend
Rechnung, noch den individuellen Grundrechten von Privaten mit schutzwürdigen
Informationsinteressen.

6.1 Zwar betraf BGE 124 IV 234 den Fall eines Strafbescheides (der im
abgekürzten Verfahren nach VStrR erlassen worden war). Das Bundesgericht hat
dort jedoch nicht entschieden, dass bei Verfahrensabschlüssen ohne Straffolgen
der Öffentlichkeitsgrundsatz schlechterdings unbeachtlich wäre. Diesem und den
daraus abgeleiteten Informationsrechten wird vielmehr eine allgemeine und
zentrale rechtsstaatliche Bedeutung zugeschrieben: Das Öffentlichkeitsprinzip
gehöre zu den elementaren Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates und
bedeute eine Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Die interessierte
Öffentlichkeit müsse erfahren können, wie das Recht verwaltet und wie die
Rechtspflege ausgeübt wird. Der Öffentlichkeitsgrundsatz sorge für Transparenz
in der Rechtspflege, die eine demokratische Kontrolle durch das Volk erst
ermögliche (BGE 124 IV 234 E. 3b S. 238; s. auch BGE 133 I 106 E. 8.1 S. 107
mit Hinweisen).

6.2 Eine Verfahrenserledigung durch Einstellungs- und
Nichtanhandnahmeverfügungen erfolgt grundsätzlich, wenn im Hinblick auf eine
gerichtliche Beurteilung des beanzeigten Falles mit grosser Wahrscheinlichkeit
ein Freispruch (mangels Beweisen oder mangels Strafbarkeit) erfolgen würde bzw.
eine Verfahrenseinstellung aufgrund eines Prozesshindernisses (§§ 20, 73 Abs. 4
und 137-141 StPO/TG; vgl. auch Robert Hauser/Erhard Schweri/Karl Hartmann,
Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, § 78 Rz. 2-17). Soweit
in Nichteintretens- und Einstellungsverfügungen die Tatverantwortung des
Beanzeigten verneint wird, sind auch diese zu den strafprozessualen
Sachentscheiden zu zählen (vgl. Niklaus Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl.,
Zürich 2004, § 37 Rz. 573 und Fn. 65). In den übrigen Fällen stellen sie
verfahrenserledigende Prozessentscheide dar (vgl. Schmid, a.a.O., Rz. 580).

6.3 In begründeten Fällen kann die Öffentlichkeit und können interessierte
Private durchaus ein legitimes Interesse an der Klärung der Frage haben,
weshalb es zu nichtgerichtlichen Verfahrenserledigungen ohne Straffolgen durch
Sach- und Prozessentscheide kommt. Ein solches Informationsbedürfnis kann sich
insbesondere bei systematischen bzw. auffällig häufigen Verfahrenserledigungen
dieser Art durch Ermittlungs- und Untersuchungsbehörden bzw.
Staatsanwaltschaften aufdrängen, gerade in Bereichen, die auf ein besonderes
Interesse der Öffentlichkeit stossen. Bei nicht verfahrensbeteiligten Dritten
erscheint es allerdings geboten, ein schutzwürdiges Informationsinteresse zu
verlangen (vgl. BGE 124 IV 234 E. 3d S. 239 f.). Ein solches Interesse ist
ausserdem (im Lichte des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes) gegen allfällige
besondere Geheimhaltungsinteressen der Justizbehörden oder von mitbetroffenen
Dritten abzuwägen (vgl. BGE 133 I 106 E. 8.1 S. 107 f.). Einsichtsgesuche
dürfen insbesondere das gute Funktionieren der Strafjustiz nicht gefährden und
finden eine Schranke auch am Rechtsmissbrauchsverbot. Bei entgegenstehenden
privaten oder öffentlichen Interessen ist allerdings zu prüfen, ob diesen durch
Kürzung oder Anonymisierung ausreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. BGE
124 IV 234 E. 3c S. 239). Jegliche Information aus diesem Bereich der
Justiztätigkeit zum Vornherein völlig auszuschliessen, hiesse demgegenüber,
rechtsstaatlich unzulässige Reservate möglicher behördlicher Willkür oder
intransparenter "Geheimjustiz" zu öffnen.

6.4 Zwar wird in der Lehre teilweise die Ansicht vertreten, der
Öffentlichkeitsgrundsatz beschränke sich in der Regel auf materielle
Straferkenntnisse bzw. Strafverfügungen (vgl. Hans Wiprächtiger, Kontrolle der
Strafjustiz durch Medien und Öffentlichkeit - eine Illusion? Medialex 2004 Nr.
1 S. 38 ff., 44). Eine allzu rigide formale Unterscheidung trüge jedoch der
dargelegten rechtsstaatlichen Funktion des Öffentlichkeitsprinzips nicht
ausreichend Rechnung. Ausserdem übersähe sie, dass in gewissen Fällen (nämlich
soweit darin die Tatverantwortung des Beanzeigten verneint wird) auch
Einstellungsverfügungen den strafprozessualen Sachentscheiden zuzurechnen sind.

6.5 Nach der dargelegten Praxis ergibt sich aus Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 6
Ziff. 1 EMRK kein pauschaler und unbeschränkter Anspruch von nicht
verfahrensbeteiligten Dritten, in Straferkenntnisse bzw. Einstellungs- und
Nichtanhandnahmeverfügungen Einsicht zu nehmen. Art. 30 BV bezeichnet als
Grundrechtsträger jene Personen, "deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren
beurteilt werden muss". Auch Art. 6 Ziff. 1 EMRK schützt primär den Angeklagten
und die übrigen Parteien des Strafverfahrens (insbesondere allfällige
Geschädigte mit Parteistellung). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes
ist der rechtsstaatlichen Funktion und dem Schutzbereich des
Öffentlichkeitsgrundsatzes jedoch ausreichend Rechnung zu tragen. Insbesondere
hat der demokratische Rechtsstaat sicherzustellen, dass sich Medien, aber auch
interessierte Institutionen und Private mit schutzwürdigen
Informationsinteressen, über wichtige Bereiche der Justiztätigkeit ausreichend
informieren können. Der betreffende Anspruch steht nicht nur den Parteien des
Strafverfahrens zu, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit (BGE 124 IV
234 E. 3c S. 239). Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang entschieden,
dass nicht nur Geschädigte bzw. Strafkläger mit Parteistellung grundsätzlich
das Recht haben, in sie tangierende verfahrensabschliessende Verfügungen
Einsicht zu erhalten, sondern auch blosse Strafanzeiger (BGE 124 IV 234 E. 3d
S. 240). Wie dargelegt, wäre angesichts der zentralen rechtsstaatlichen
Funktion des Öffentlichkeitsprinzips kein überzeugender Grund ersichtlich,
diese Praxis ausnahmslos auf materielle Straferkenntnisse zu beschränken.

6.6 Nach dem Gesagten kann aus dem grundrechtlich verankerten rechtsstaatlichen
Öffentlichkeitsprinzip (Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK) ein
Informationsanspruch und Einsichtsrecht fliessen, sofern der Gesuchsteller ein
schutzwürdiges Informationsinteresse nachweisen kann und keine überwiegenden
öffentlichen oder privaten Interessen der beantragten Einsichtnahme
entgegenstehen.

6.7 Unbestrittenermassen handelt es sich beim Beschwerdeführer 1 um einen
Verein, der sich gemäss seinen Statuten für die Durchsetzung der einschlägigen
Tierschutzvorschriften zugunsten von Nutztieren einsetzt. Der Beschwerdeführer
2 nimmt als Vereinspräsident die Interessen des Beschwerdeführers 1 wahr. Eine
nach Ansicht der Beschwerdeführer tierschutzgesetzwidrige Haltung von 80
Pferden durch zwei im Kanton Thurgau ansässige Pferdehändler habe in den
vergangenen 6-7 Jahren zu verschiedenen Anzeigen sowie zu Verzeigungen seitens
des kantonalen Veterinäramtes geführt. Diese Verfahren seien auf dubiose Weise
allesamt im Sand verlaufen bzw. vom zuständigen Untersuchungsrichter
systematisch eingestellt worden. Die kantonalen Behörden nehmen zu diesen
Darlegungen keine Stellung. Ebenso wenig machen sie überwiegende öffentliche
oder private Interessen geltend, die der beantragten Einsicht in die fraglichen
Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen entgegenstehen könnten.

6.8 Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschwerde als begründet. Der
angefochtene Entscheid ist zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die kantonalen Behörden haben eine Interessenabwägung im Sinne der obigen
Erwägungen zu treffen. Fällt diese zugunsten der Beschwerdeführer aus, ist ihr
Einsichtnahmegesuch zu bewilligen.

7.
Es ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen ist.

Gerichtskosten sind nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Beschwerdeführer
sind nicht anwaltlich vertreten und stellen auch kein begründetes Gesuch um
Parteientschädigung. Eine solche ist daher nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss der Anklagekammer des Kantons
Thurgau vom 3. Juli 2007 wird aufgehoben, und die Streitsache wird zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern sowie der Staatsanwaltschaft und der
Anklagekammer des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 2. April 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Forster