Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.279/2007
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_279/2007

Urteil vom 25. März 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Kessler Coendet.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Philipp Straub,

gegen

Einwohnergemeinde Y.________, handelnd durch
die Schulkommission, vertreten durch Fürsprecher Andreas Hubacher.

Gegenstand
Beendigung des Anstellungsverhältnisses,

Beschwerde gegen das Urteil vom 13. August 2007
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung.

Sachverhalt:

A.
X.________ arbeitete seit 1976 an den Schulen in der Gemeinde Y.________
(Unter- und Oberstufe) als Turnlehrer. Die für die Anstellung zuständige
kommunale Schulkommission eröffnete ihm am 27. April 2006, er werde ab dem 1.
August 2006 nicht mehr weiterbeschäftigt. Sie ging davon aus, sein
Anstellungsverhältnis sei bis anhin jeweils auf ein Jahr befristet gewesen und
werde per Ende Schuljahr 2005/06 nicht mehr erneuert; entsprechend lautete das
Dispositiv des Entscheids. Im Sinne einer Eventualargumentation setzte sich die
Behörde in den Erwägungen auch mit dem Fall auseinander, dass er am
Schuljahresende Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung haben sollte. Sie hielt
ihm Mängel in der Unterrichtsführung vor und äusserte, das Vertrauensverhältnis
sei nicht mehr gegeben.

B.
Die von X.________ erhobenen Beschwerden wurden vom Regierungsstatthalter von
Frutigen (Entscheid vom 27. Juli 2006) und vom Verwaltungsgericht des Kantons
Bern (Urteil vom 13. August 2007) abgewiesen.

C.
Gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil führt X.________ beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Ausserdem stellt er Lohnansprüche im
Umfang seines Pensums im Schuljahr 2004/05 sowohl für das abgelaufene Schuljahr
2006/07 wie auch für die Folgezeit, d.h. für das laufende Schuljahr 2007/08.

Die Schulkommission Y.________ und das Verwaltungsgericht ersuchen um Abweisung
der Beschwerde. Im zweiten Schriftenwechsel haben der Beschwerdeführer und die
kommunale Schulkommission an ihren Begehren festgehalten. Der Beschwerdeführer
erhielt Gelegenheit, sich zur Duplik der Schulkommission zu äussern.

Erwägungen:

1.
Auf das Beschwerdeverfahren ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (BGG; SR 173.110) anwendbar (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.1 Angefochten ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86
Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG). Dieser betrifft ein öffentlich-rechtliches
Arbeitsverhältnis, d.h. eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinn von
Art. 82 lit. a BGG. Bereits vor der Vorinstanz beantragte der Beschwerdeführer
die Verpflichtung der Gemeinde zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über
das Schuljahr 2005/06 hinaus. Er verlangte die Feststellung, dass sein
Anstellungsverhältnis unbefristet sei, und wollte eine Kündigung für unzulässig
erklären lassen. Die im bundesgerichtlichen Verfahren gestellten Rechtsbegehren
gehen nicht über diesen Rahmen hinaus. Es liegt eine vermögensrechtliche
Streitigkeit vor, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. g BGG nicht
gegeben ist. Die Streitwertgrenze von Fr. 15'000.-- (Art. 51 Abs. 1 lit. a,
Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG) ist erreicht. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht daher offen.

1.2 Das Bundesgericht kann angefochtene Urteile nicht uneingeschränkt, sondern
nur hinsichtlich der im Gesetz (Art. 95 ff. BGG) genannten Beschwerdegründe
überprüfen. Ist auf die zu beurteilenden Fragen, wie hier, ausschliesslich
kantonales Recht anwendbar, sind die Bundesrechtsrügen gemäss Art. 95 lit. a
BGG auf Verfassungsrügen beschränkt. Hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt der in Art. 106
Abs. 1 BGG verankerte Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht;
insofern besteht eine qualifizierte Rügepflicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG).
Dabei wird die Praxis zum Rügeprinzip gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b des früheren
Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG) weitergeführt (BGE 133 II
249 E. 1.4.2 S. 254). Es obliegt dem Beschwerdeführer namentlich darzulegen,
inwiefern der angefochtene Entscheid gegen die gerügten Grundrechte verstossen
soll. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit
möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein
gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein
(BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; 129 I 113 E. 2.1 S. 120, je mit Hinweisen).

1.3 Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz kann lediglich
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249
E. 1.2.2 S. 252). Wer Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will,
muss substanziiert darlegen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt offensichtlich unrichtig bzw.
willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen
Verfahrensregel ermittelt worden ist, gelten ebenso strenge Anforderungen an
die Begründungspflicht der Beschwerde wie bei Rügen im Sinne von Art. 106 Abs.
2 BGG (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).

1.4 Die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der einzelnen Rechts- und
Sachverhaltsrügen wird im entsprechenden Sachzusammenhang zu prüfen sein. Unter
diesem Vorbehalt ist auf das rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel einzutreten.

2.
2.1 Im angefochtenen Entscheid wird offengelassen, ob das fragliche
Anstellungsverhältnis als befristet oder unbefristet einzustufen ist. Nach dem
Verwaltungsgericht erfüllt die kommunale Verfügung vom 27. April 2006 die
formellen und materiellen Anforderungen des kantonalen Rechts an eine
ordentliche Kündigung. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei somit
rechtmässig erfolgt, selbst wenn dieses unbefristet abgeschlossen worden sei.
Das Verwaltungsgericht befasst sich im Rahmen dieser Erwägungen mit dem
Dispositiv des kommunalen Entscheids vom 27. April 2006; es lautete wie folgt:
"Es wird festgestellt, dass das befristete Anstellungsverhältnis mit Herrn
X.________ am 31. Juli 2006 ausläuft und nicht erneuert wird". Dieser Wortlaut
bezog sich nur auf ein befristetes Dienstverhältnis. Dennoch nimmt das
Verwaltungsgericht an, dass die Schulkommission einen Kündigungswillen besessen
und diesen - namentlich in den Erwägungen des fraglichen Beschlusses -
ausreichend zum Ausdruck gebracht habe. Unter diesen Umständen hat es, auch mit
Blick auf die Begrenzung seiner Zuständigkeit durch die Rechtsfigur des
Streitgegenstands, eine Umwandlung der Feststellungsverfügung in eine
Gestaltungs- bzw. Kündigungsverfügung für zulässig erachtet.

2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Schulkommission im fraglichen
Zeitpunkt einen Kündigungswillen gehabt habe. Er hält die Tatsachenfeststellung
des angefochtenen Entscheids insofern, unter Berufung auf Art. 97 Abs. 1 BGG,
für falsch. Dabei beschränkt sich der Beschwerdeführer allerdings weitgehend
darauf, seine eigene Sichtweise darzulegen; er geht nur am Rande auf die
Sachverhaltselemente ein, die im angefochtenen Entscheid als wesentlich
betrachtet worden sind. Inwiefern auf eine derartige Sachverhaltsrüge
einzutreten ist (vgl. E. 1.3 hiervor), kann dahingestellt bleiben, weil diese
im vorliegenden Fall ohnehin nicht durchzudringen vermag. Es ist alles andere
als willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht gestützt auf die Vorgeschichte und
die Eventualargumentation in den Erwägungen der Verfügung vom 27. April 2006
einen Kündigungswillen bejaht hat. Was der Beschwerdeführer hiergegen
vorbringt, ist nicht geeignet, die Haltbarkeit dieser Beurteilung ernsthaft zu
erschüttern.

2.3 Nach Meinung des Beschwerdeführers hat das Verwaltungsgericht den
Streitgegenstand in unzulässiger Weise erweitert, indem es die bei E. 2.1
dargelegte Umdeutung des kommunalen Entscheids in eine Kündigungsverfügung
vornahm. Der Beschwerdeführer erblickt in diesem Vorgehen des
Verwaltungsgerichts eine willkürliche Rechtsanwendung (vgl. zum Willkürbegriff
BGE 133 I 149 E. 3.1 S. 153; 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f.). Dabei behauptet er,
das kantonale Gericht dürfe ein Verfügungsdispositiv mithilfe der Erwägungen
nur dann ausdehnend auslegen, wenn das Dispositiv unklar sei; ein solcher Fall
liege aber hier nicht vor. Bei dieser Rechtsbehauptung beruft er sich im
Wesentlichen auf eine Stelle im Kommentar von Thomas Merkli/Arthur Aeschlimann/
Ruth Herzog zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege des
Kantons Bern (Rz. 12 zu Art. 52 VRPG/BE). Es trifft zu, dass dem Dispositiv der
Verfügung gemäss Art. 52 Abs. 1 VRPG/BE eine zentrale Bedeutung zukommt. Der
Beschwerdeführer blendet jedoch aus, dass die genannten Kommentatoren an
anderer Stelle ausführen, eine Auslegung des Dispositivs falle auch in weiteren
Fällen, wie bei dessen Unvollständigkeit in Betracht (Merkli/Aeschlimann/
Herzog, a.a.O., Rz. 14 zu Art. 52 VRPG/BE). Es hält vor dem Willkürverbot
stand, wenn das Verwaltungsgericht dem fraglichen Beschluss aufgrund der darin
enthaltenen Erwägungen eine weitergehende Tragweite zugemessen hat, als direkt
aus der Verfügungsformel aufscheint. Im Übrigen wurde bereits dargelegt, dass
die Interpretation des Verwaltungsgerichts, soweit sie die Annahme eines
Kündigungswillens betrifft, rechtmässig ist (vgl. E. 2.2 hiervor). Insgesamt
dringt die Beschwerde in diesem Punkt nicht durch.

2.4 Was die formellen und materiellen Anforderungen an die Rechtmässigkeit der
Kündigung angeht, trägt der Beschwerdeführer keine rechtsgenüglichen
Verfassungsrügen vor. Nicht anders verhält es sich mit seinen Ausführungen zur
Frage einer allfälligen Weiterbeschäftigung im Rahmen eines Teilpensums an der
Unterstufe. Insoweit ist dem Bundesgericht eine Überprüfung des angefochtenen
Entscheids verwehrt (vgl. E. 1.2 hiervor).

2.5 In einer weiteren Sachverhaltsrüge wehrt sich der Beschwerdeführer dagegen,
dass das Verwaltungsgericht die Frage der Befristung seiner Anstellung
offengelassen hat. Er erachtet es als zwingend, in seinem Fall eine
unbefristete Anstellung seit 1995 anzunehmen. Im vorliegenden Verfahren steht
die Verfassungsmässigkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur
Diskussion. Wie aus den vorstehenden Erwägungen folgt, kommt es für den Ausgang
des vorliegenden Verfahrens nicht darauf an, ob dieses befristet oder
unbefristet ausgestaltet war. Auf die fragliche Rüge ist folglich nicht
einzutreten (Art. 97 Abs. 1 BGG). Ein Rechtsschutzinteresse an der Abklärung
dieser Frage lässt sich auch nicht mit Blick auf die Abfassung des
Arbeitszeugnisses konstruieren. Letzteres bildet nicht Streitgegenstand des
vorliegenden Verfahrens. Vorbringen zu diesem Punkt sind in unzulässiger Weise
neu im Sinne von Art. 99 BGG.

3.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG findet keine Anwendung,
weil der Streitwert weit über Fr. 30'000.-- liegt. Die Zusprechung einer
Parteientschädigung an die Gemeinde fällt ausser Betracht (Art. 68 Abs. 3 BGG;
vgl. Urteile 1C_122/2007 vom 24. Juli 2007, E. 6, und 1C_176/2007 vom 24.
Januar 2008, E. 8).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Y.________ und
dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie
dem Regierungsstatthalteramt Frutigen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. März 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Kessler Coendet