Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.264/2007
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1C_264/2007 /fun

Urteil vom 9. Oktober 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, als Verfassungsgericht,
Bäumleingasse 1, 4051 Basel.

Kantonale Initiative "Schutz vor Passivrauchen"; Nichteintreten auf die
Verfassungsbeschwerde,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verfassungsgericht vom
25. April 2007.

Sachverhalt:

A.
Im Kantonsblatt Basel-Stadt vom 3. März 2007 wurde die Einreichung einer
kantonalen Initiative "Schutz vor Passivrauchen" publiziert, mit der das
kantonale Gewerbegesetz vom 15. September 2004 um folgende Bestimmung ergänzt
werden soll:
§ 34(neu) Rauchverbot in Innenräumen
In öffentlich zugänglichen Räumen ist das Rauchen verboten. Zum Zweck des
Rauchens eigens abgetrennte, unbediente und mit eigener Lüftung versehene
Räume (sog. Fumoirs) sind vom Rauchverbot ausgenommen. Auf Rauchverbote ist
deutlich hinzuweisen.

B.
Mit Schreiben vom 6. März 2007 an die Appellationsgerichtspräsidentin reichte
X.________ "Verfassungsklage bzw. Verfassungsbeschwerde" gegen diese
Initiative ein. Er rügte die Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit
(Art. 10 BV), des Rechts auf Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV) sowie der
Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV).

Am 12. März 2007 informierte die erste Gerichtsschreiberin des
Appellationsgerichts den Beschwerdeführer darüber, weshalb das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verfassungsgericht (im
Folgenden: Verfassungsgericht) mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht auf die
Beschwerde werde eintreten können; sollte er dennoch ein förmliches
Gerichtsurteil wünschen, habe er bis zum 28. März 2007 einen Kostenvorschuss
von Fr. 1'200.-- zu leisten.

Nachdem der Beschwerdeführer den Kostenvorschuss fristgerecht geleistet
hatte, trat das Verfassungsgericht am 25. April 2007 auf die
Verfassungsbeschwerde nicht ein. Es vertrat die Auffassung, eine Initiative
könne nicht unmittelbar nach ihrer Lancierung beim Verfassungsgericht
angefochten werden; anfechtbar sei erst der Entscheid des Grossen Rates über
die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer formell zustandegekommenen
Initiative (Art. 116 Abs. 1 lit. b der Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom
23. März 2005 [KV] i.V.m. § 16 des kantonalen Gesetzes betreffend Initiative
und Referendum vom 16. Januar 1991 [IRG]).

C.
Gegen den am 11. August 2007 zugestellten Entscheid erhob X.________ am 7.
September 2007 Beschwerde an das Bundesge-richt. Er beantragt, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Appellationsgericht sei
anzuweisen, ohne weiteren Verzug auf seine Verfassungsbeschwerde gegen die
kantonale Initiative "Schutz vor Passivrauchen" einzutreten, nachdem es in
verfassungsgemässer Weise gewählt worden sei. Das Beschwerdeverfahren sei
unentgeltlich durchzuführen.

D.
Mit Verfügung vom 19. September 2007 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert,
einen Kostenvorschuss von Fr. 1'000.-- einzuzahlen. Daraufhin beantragte der
Beschwerdeführer die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Mit
Rücksicht auf dieses Gesuch wurde von der Einforderung eines
Kostenvorschusses abgesehen.

E.
Das Appellationsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des
Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG, SR 173.110), dem 1. Januar 2007
(AS 2006, 1242), ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht
(Art. 132 Abs. 1 BGG).

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht gegen
Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG)
und betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen
sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen (Art. 82 lit. c BGG) offen.

Im vorliegenden Fall rügt der Beschwerdeführer zum einen, das
Verfassungsgericht sei auf seine Verfassungsbeschwerde zu Unrecht nicht
eingetreten; zum anderen macht er geltend, das Verfassungsgericht sei kein
unabhängiges und unparteiisches Gericht.

Gleichgültig, ob diese Rügen Art. 82 lit. a oder c BGG zugeordnet werden,
sind auf jeden Fall die Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG zu beachten.
Danach prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in
der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist. An die
Begründung sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie bisher an die
Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
(BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; zu den Anforderungen im Einzelnen vgl. BGE
130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer setzt sich mit den Erwägungen des Verfassungsgerichts
nicht auseinander und legt nicht dar, weshalb er schon jetzt, vor dem
formellen Zustandekommen der Initiative und vor dem Entscheid des Grossen
Rats über deren Zulässigkeit, Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz hat.

Den Vorwurf der fehlenden Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des
Verfassungsgerichts begründet er einzig damit, dass die Präsidenten und
Richter nicht vom Volk gewählt worden seien, sondern im Wege der stillen
Wahl. Er legt aber nicht dar, weshalb die stille Wahl dem kantonalen Recht
widerspricht oder politische Rechte der Stimmbürger verletze. Dies ergibt
sich - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch nicht aus
Beschwerdebeilage 3.

Kann schon mangels genügender Begründung auf die Beschwerde nicht eingetreten
werden, kann offen bleiben, ob Rügen betreffend die Richterwahl überhaupt
vorfrageweise, bei der Anfechtung eines Gerichtsentscheids, erhoben werden
können, und ob der Beschwerdeführer die fehlerhafte Zusammensetzung des
Gerichts nicht schon in seiner Verfassungsbeschwerde hätte rügen müssen.

3.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

Da diese von vornherein aussichtslos war, kann dem Beschwerdeführer die
unentgeltliche Rechtspflege nicht gewährt werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Er
trägt deshalb die Gerichtskosten (Art. 65 f. BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verfassungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Oktober 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: