Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.204/2007
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1C_204/2007

Urteil vom 24. Januar 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter
Sutter,

gegen

Volksschulgemeinde Bischofszell, Sandbänkli 5,
9220 Bischofszell, vertreten durch Rechtsanwalt
Frank Zellweger,
Personalrekurskommission des Kantons Thurgau, Hauptstrasse 5, Postfach 1028,
8280 Kreuzlingen.

Auflösung des Dienstverhältnisses,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 30. Mai 2007
des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau.
Sachverhalt:

A.
X. ________ wurde auf den 1. August 2001 durch die Primarschulgemeinde
Blidegg als Unterstufenlehrerin angestellt. In der Zusammenarbeit zwischen
ihr und der schulischen Heilpädagogin kam es zu Schwierigkeiten. Ein
Vertreter der Schulbehörde Blidegg lud X.________ und die betreffende
Heilpädagogin deshalb zu einer Aussprache ein, welche am 6. Juli 2005
stattfand. Dabei äusserte sich die Heilpädagogin enttäuscht über die nicht
weitreichende Zusammenarbeit. X.________ erklärte ihrerseits, sie könne sich
einen integrativen Schulunterricht mit der Heilpädagogin zur Zeit nicht
vorstellen. Gemäss Protokoll erging an beide Beteiligten der Appell, einen
Schlussstrich unter die persönlichen Schwierigkeiten zu ziehen. Die Behörde
werde in dieser Sache einen Entscheid fällen.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 teilte die Schulbehörde Blidegg X.________
mit, dass gemäss kantonaler Vorgabe die Arbeit der Schulischen Heilpädagogin
ab sofort auch integrativ in den Schulzimmern der Primarschule Blidegg
stattfinden müsse. X.________ erklärte sich damit nicht einverstanden.

Der Schulpräsident brachte X.________ mit Schreiben vom 21. Dezember 2005
sein Bedauern über die mangelnde Gesprächsbereitschaft zum Ausdruck und
teilte ihr gleichzeitig mit, dass er die Angelegenheit an das Präsidium der
Volksschule Bischofszell übergebe, da die Primarschulgemeinde Blidegg auf den
1. Januar 2006 an diese übergehe.

Nach zwei Gesprächen mit X.________ teilte ihr der Schulpräsident der
Volksschulgemeinde Bischofszell am 21. März 2006 mit, dass die Schulbehörde
als Arbeitgeberin an sämtlichen Schulstandorten eine integrative schulische
Heilpädagogik wünsche. Für den Fall, dass X.________ diese Anweisung der
Arbeitgeberin weiterhin nicht respektiere, drohte ihr der Schulpräsident mit
der Kündigung.

Am 31. März 2006 wies X.________ zusammen mit einem weiteren Lehrer die
Volksschulbehörde darauf hin, dass sie zu keinem Zeitpunkt über ein angeblich
bestehendes Konzept der schulischen Heilpädagogik in Kenntnis gesetzt worden
sei. Sie bat deshalb um Zustellung des besagten Konzepts und der gesetzlichen
Vorgaben.
Mit Schreiben vom 5. April 2006 erwiderte der Schulpräsident, die Behörde
verlange, dass die Schulzimmertüre für die schulische Heilpädagogin geöffnet
sei, und zwar für die ganze Klasse und beide Stufen.

Am 27. April 2006 fand eine weitere Aussprache zwischen Behördenvertretern,
X.________ sowie der Heilpädagogin statt.

Am 27./28. April 2006 kündigte die Volksschulgemeinde Bischofszell X.________
per 31. Juli 2006 wegen Nichterfüllung der Anordnung einer integrativen
Arbeit im Klassenzimmer.

X. ________ erhob gegen die Kündigung Rekurs, welchen die
Personalrekurskommission des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 30. August
2006 abwies. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die dagegen
erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 30. Mai 2007 ebenfalls ab.

B.
X.________ hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen Verletzung des
rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV)
beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die
Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Beurteilung, eventualiter
die Aufhebung des Urteils und die Rückweisung der Sache an die
Personalrekurskommission zur neuen Beurteilung.

C.
Das Verwaltungsgericht sowie die Volksschulgemeinde Bischofszell beantragen
Beschwerdeabweisung. Die Personalrekurskommission hat auf Vernehmlassung
verzichtet. Die Beschwerdeführerin hat unter Aufrechterhaltung ihrer Anträge
nochmals Stellung genommen.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid, ein Endentscheid einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG), betrifft ein
öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis, d.h. eine öffentlich-rechtliche
Angelegenheit im Sinn von Art. 82 lit. a BGG. Vor der Vorinstanz beantragte
die Beschwerdeführerin die Verpflichtung der Volksschulgemeinde Bischofszell
zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, eventuell zur Ausrichtung einer
Entschädigung von Fr. 30'000.--. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche
Streitigkeit, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. g BGG nicht
gegeben ist. Die Streitwertgrenze von Fr. 15'000.-- (Art. 51 Abs. 1 lit. a,
Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG) ist erreicht.

1.2
1.2.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können
Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 BGG gerügt werden. Rügen gegen die
Sachverhaltsfeststellung sind nur zulässig, wenn diese offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann. "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (vgl. die
Botschaft, BBl 2001 S. 4338; BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Die Rüge, im
Rahmen der Sachverhaltsfeststellung sei der grundrechtliche Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt worden, kann jedoch uneingeschränkt erhoben werden
(vgl. Regina Kiener, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten,
in: Neue Bundesrechtspflege, Berner Tage für die juristische Praxis, BTJP
2006, Bern 2007, S. 277).

1.2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, es würde ihr der im Anschluss an
die am 6. Juli 2005 erfolgte Aussprache mit der Heilpädagogin im Sommer 2005
gefasste Grundsatzentscheid betreffend Zusammenarbeit und Beibehaltung des
ursprünglichen Unterrichtskonzepts vorenthalten. Die Vorinstanz verfalle in
Willkür, indem sie die Behauptung der Volksschulgemeinde Bischofszell, ein
solcher Grundsatzentscheid existiere nicht, als glaubhaft erachte.

Im besagten Grundsatzentscheid vom Sommer 2005 soll die Schulbehörde Blidegg
die unveränderte Fortführung des Schulunterrichts bis Ende des Jahres 2005
beschlossen haben. Weder zeigt die Beschwerdeführerin auf noch ist
ersichtlich, dass der angebliche Entscheid die Frage der Rechtmässigkeit der
Kündigung wegen Nichtbefolgens der am 21. März 2006 durch den
Schulpräsidenten der Volksschulgemeinde Bischofszell erteilten Anweisung zur
Einführung des integrativen Schulunterrichts betreffen würde. Die Anweisung
erfolgte, nachdem zwei Gespräche zwischen Vertretern der Volksschulgemeinde
Bischofszell und der Beschwerdeführerin über die Integration der Schulischen
Heilpädagogik durchgeführt worden waren. Eine allfällige willkürliche
Würdigung des Aussageverhaltens der Volksschulgemeinde Bischofszell, welche
die Existenz des Grundsatzentscheids der Schulbehörde Blidegg in Abrede
stellt, hätte auf den angefochtenen Entscheid keine Auswirkung. Die
Beschwerde ist insoweit unzulässig.

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei ihr erst nach Abschluss des
Schriftenwechsels im Verwaltungsgerichtsverfahren ein entscheidrelevantes
Aktenstück zugespielt worden, das ihr die Volksschulgemeinde Bischofszell bis
dahin vorenthalten habe. Die Vorinstanz stelle sich unter Verletzung des
Gehörsanspruchs auf den Standpunkt, dass der Verfahrensfehler im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt worden sei.

2.2 Als Teilgehalt umfasst der durch Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistete
Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht, Einsicht in alle Akten zu nehmen,
die geeignet sind, Grundlage des späteren Entscheids zu bilden (BGE 119 Ib 12
E. 6b S. 20; Bundesgerichtsurteil 2A.651/2005 vom 21. November 2006 E. 2.1,
je mit Hinweisen).

2.3 Beim nachgereichten Dokument handelt es sich um das "Sitzungsprotokoll
der Behörde vom 29. August 2005". Daraus gehen die unterschiedlichen
Standpunkte der Parteien bezüglich des integrativen Schulunterrichts hervor
(vgl. die Stellungnahme des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 5.
April 2007). Die Beschwerdeführerin hat nicht dargetan, und es ist auch nicht
ersichtlich, inwiefern das erwähnte Sitzungsprotokoll für die Frage der
Rechtmässigkeit der Kündigung wegen Nichtbefolgens der vom Schulpräsidenten
der Volksschulgemeinde Bischofszell am 21. März 2006 erteilten Anweisung zur
Umsetzung des integrativen Schulunterrichts relevant sein soll. Das
Sitzungsprotokoll war nicht geeignet, Grundlage des späteren
Kündigungsentscheids zu sein. Deshalb bestand kein Anspruch auf Einsicht in
das besagte Dokument, und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs fällt ausser
Betracht.

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist dementsprechend
abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang hat
die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Zusprechung einer Parteientschädigung fällt ausser Betracht (Art. 68 Abs. 3
BGG; Urteil 1C_68/2007 vom 14. September 2007, E. 5).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Volksschulgemeinde
Bischofszell, der Personalrekurskommission und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Januar 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Schoder