Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.178/2007
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1C_178/2007

Urteil vom 31. Januar 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schmid,

gegen

Orange Communications SA, Beschwerdegegnerin,
Gemeinderat Freienbach, Unterdorfstrasse 9,
Postfach 140, 8808 Pfäffikon,
Regierungsrat des Kantons Schwyz,
Bahnhofstrasse 9, Postfach 1260, 6431 Schwyz.

Baubewilligungsverfahren, Beschwerdefrist,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 24. Mai 2007 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Schwyz, Kammer III.
Sachverhalt:

A.
Der Gemeinderat der Gemeinde Freienbach erteilte der Orange Communications SA
am 29. Juni 2006 die Bewilligung zur Errichtung einer Mobilfunkanlage.
Gleichzeitig wies er die dagegen erhobenen Einsprachen ab, soweit er darauf
eintrat. X.________ erhob gegen den Bewilligungsentscheid Beschwerde beim
Regierungsrat des Kantons Schwyz. Dieser wies die Beschwerde am 13. März 2007
ab.

X. ________ gelangte deshalb an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz.
Mit Entscheid vom 24. Mai 2007 trat das Verwaltungsgericht, Kammer III, auf
seine Beschwerde infolge verspäteter Beschwerdeeingabe nicht ein. Gemäss den
Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Entscheid habe die Beschwerdefrist
20 Tage betragen. Zwar stünden die gesetzlichen und richterlichen Fristen
während den Gerichtsferien an Ostern, welche vom 7. Tag vor Ostern bis und
mit dem 7. Tag nach Ostern dauern, in Anwendung von § 94 Abs. 1 und 2 der
Gerichtsordnung des Kantons Schwyz vom 10. Mai 1974 (GO/SZ) grundsätzlich
still. Vorbehalten seien nach § 94 Abs. 3 GO/SZ aber Einsprache- und
Rechtsmittelverfahren in Bausachen. Ein solches Rechtsmittelverfahren sei
hier gegeben. Der angefochtene Entscheid der Rekurskommission sei dem
Beschwerdeführer nach eigener Sachdarstellung am 21. März 2007 zugegangen.
Die Rechtsmittelfrist habe deshalb am 22. März 2007 zu laufen begonnen und
habe in Anwendung von § 94 Abs. 3 GO/SZ am 10. April 2007 (Dienstag nach
Ostern) geendet. Die Beschwerde an das Verwaltungsgericht sei indessen erst
am 24. April 2007, d.h. 14 Tage nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, bei der
Post aufgegeben worden.

B.
X.________ hat gegen den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts
beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie
Verfassungsbeschwerde erhoben. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen
Entscheids und die Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden.

C.
Das Verwaltungsgericht, der Regierungsrat sowie die Orange Communications SA
beantragen Beschwerdeabweisung, soweit darauf einzutreten sei. Der
Gemeinderat Freienbach hat auf Stellungnahme verzichtet.

D.
Mit Verfügung vom 23. Juli 2007 hat der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist dementsprechend nicht einzutreten (vgl.
Art. 113 BGG).

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots
(Art. 8 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV). Er ist der Auffassung,
Bauverfahren seien weder als dringlich zu betrachten noch könnten sie dadurch
effektiv beschleunigt werden, dass die Gerichtsferien auf diese Verfahren
nicht zur Anwendung gelangen. § 94 Abs. 3 GO/SZ treffe daher eine die
Rechtsgleichheit verletzende, willkürliche Unterscheidung zwischen Bau- und
anderen verwaltungsrechtlichen Verfahren, auf welche die Gerichtsferien
Anwendung fänden.

2.2 Das Gebot der Gleichbehandlung gemäss Art. 8 Abs. 1 BV verlangt, dass
Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nach Massgabe
seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Dieser Grundsatz ist verletzt,
wenn ein Erlass rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger
Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er
Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen.
Eine Regelung verstösst gegen das Willkürverbot gemäss Art. 9 BV, wenn sie
sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn- und
zwecklos ist (BGE 132 I 157 E. 4.1 S. 162 f.).
2.3 Nach § 94 GO/SZ finden während den gesetzlich festgelegten Zeiträumen der
Oster-, Sommer- und Weihnachtsferien keine Verhandlungen statt und stehen
gesetzliche und richterliche Fristen still (Abs. 1). Für das Verwaltungs- und
Verwaltungsgerichtsverfahren gelten lediglich die Gerichtsferien an Ostern
und Weihnachten (Abs. 2). Vorbehalten bleiben Verhandlungen in dringenden
Fällen und vorsorgliche Massnahmen, das summarische Verfahren, das
Einsprache- und Rechtsmittelverfahren in Bausachen sowie nach Steuergesetz,
das Submissionsverfahren, das Strafverfahren sowie Verhandlungen und
Fristansetzungen im Einvernehmen mit den Parteien (Abs. 3).

Der Grund dafür, dass Einsprache- und Rechtsmittelverfahren in Bausachen
gemäss § 94 Abs. 3 GO/SZ von den Gerichtsferien ausgenommen sind, liegt im
Bestreben, übermässige resp. zusätzliche Verfahrensverzögerungen zu
vermeiden. Der kantonale Gesetzgeber berücksichtigte dabei die Tatsache, dass
es sich bei Bausachen häufig um ein Zweiparteienverfahren handelt, was im
Unterschied zu anderen Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren
naturgemäss zu zusätzlichen Verzögerungen führen kann (vgl. den Auszug aus
dem Protokoll des Regierungsrats des Kantons Schwyz vom 4. Juli 1995, S. 26,
sowie das Protokoll der Sitzung der kantonsrätlichen Kommission zur
Vorberatung von Revisionen von Rechtspflegeerlassen und des
Einführungsgesetzes zum schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 28. September
1995, S. 12; vgl. dazu ferner den Entscheid 1036/00 des Verwaltungsgerichts
des Kantons Schwyz vom 27. September 2000, EGV-SZ 2000 Nr. 1 S. 5 ff.).

Der mit § 94 Abs. 3 GO/SZ verfolgte Zweck der Vermeidung zusätzlicher
Verfahrensverzögerungen stellt einen sachlichen Grund dar, um bei Bausachen
die Gerichtsferien nicht zur Anwendung kommen zu lassen. Die Kantone haben
von Verfassungs wegen die Pflicht, beförderliche Verfahren einzurichten (vgl.
Art. 29 Abs. 1 BV), wobei ihnen dabei aufgrund ihrer Organisations- und
Verfahrenshoheit ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. Christina
Kiss/Heinrich Koller, in: St. Galler Kommentar zur BV, Rz. 4 zu Art. 191b
[Justizreform]). Ebenso wenig trifft die Behauptung des Beschwerdeführers zu,
die zur Diskussion stehende Regelung sei zwecklos, stellt sie doch eine
Möglichkeit dar, die wegen der Komplexität der Materie ohnehin lang dauernden
baurechtlichen Verfahren nicht zusätzlich zu verlängern. Die Vorschrift von §
94 GO/SZ verstösst daher weder gegen das Rechtsgleichheitsgebot noch gegen
das Willkürverbot. Der darauf abgestützte Nichteintretensentscheid des
Verwaltungsgerichts ist demzufolge ebenfalls verfassungsmässig.

3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten als unbegründet und ist abzuweisen. Auf die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten. Ausgangsgemäss hat der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Zusprechung einer Parteientschädigung an die private Beschwerdegegnerin fällt
ausser Betracht (vgl. das Bundesgerichtsurteil 1C_198/2007 vom 21. Dezember
2007, E. 6).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.

2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Freienbach, dem
Regierungsrat des Kantons Schwyz und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Januar 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Schoder