Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.132/2007
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007


1C_132/2007

Urteil vom 30. Januar 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann, Reeb, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.

1. X.________,
2.Y.________,
3.Z.________,
4.A.________,
5.B.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Sunrise Communications AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Jean-Pierre Gallati,
Gemeinderat Wohlen, Kapellstrasse 1, Postfach,
5610 Wohlen,
Regierungsrat des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Laurenzenvorstadt 9, 5001
Aarau.

Baubewilligung für Neubau einer Mobilfunkantennenanlage,

Beschwerde gegen das Urteil vom 11. April 2007 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 3. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Die Sunrise Communications AG (früher: TDC Switzerland AG) beabsichtigt, eine
GSM-/UMTS-Mobilfunkanlage auf dem Flachdach des Gebäudes an der Bifangstrasse
32 (Parzelle Nr. 4443) in Wohlen zu errichten. Das Baudepartement des Kantons
Aargau stimmte dem Vorhaben am 18. September 2003 unter Auflagen zu. Am 17.
Januar 2005 erteilte der Gemeinderat Wohlen die Baubewilligung und wies die
Einsprachen ab, soweit ihnen nicht durch Bedingungen und Auflagen entsprochen
worden sei.

B.
Dagegen erhoben X._________ und 16 weitere Einsprecher Verwaltungsbeschwerde
an den Regierungsrat des Kantons Aargau. In diesem Verfahren reichte die
Sunrise Communications AG ein neues Standortdatenblatt vom 13. April 2005
ein, welches die korrekte Anzahl Geschosse des Standortgebäudes
berücksichtigte. Am 24. Juni 2005 nahm die NIS-Fachstelle eine erneute
Überprüfung des Bauvorhabens vor.

Am 10. Mai 2006 hiess der Regierungsrat die Beschwerden teilweise gut und
änderte die Auflagen und Bedingungen der Baubewilligung ab. Die Sunrise
Communications AG wurde verpflichtet, die Mobilfunkantennenanlage so zu
montieren, dass der für die rechnerische Einhaltung des Anlagegrenzwertes
erforderliche Höhenunterschied von mindestens 4.49 m zwischen der Unterkante
der Antenne und dem Ort mit empfindlicher Nutzung Nr. 2 (OMEN 2) eingehalten
werde. Überdies sei der Aufstieg auf das Flachdach stets verschlossen zu
halten und mit einer gut sichtbaren Warntafel zu versehen, welche auf die
Mobilfunkantennenanlage sowie die Strahlungsgefahr hinweist. Zudem seien
Abnahmemessungen vorzunehmen.

C.
Gegen den regierungsrätlichen Entscheid führten X._________ und 13 weitere
Personen Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Dieses wies
die Beschwerde am 11. April 2007 ab.

D.
Dagegen haben X._________ und vier weitere Einsprecher Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Sie
beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das
Verwaltungsgericht sei anzuweisen, das Baugesuch nach Vornahme zusätzlicher
Abklärungen neu zu beurteilen. Eventualiter sei der Entscheid des
Gemeinderates Wohlen vom 17. Januar 2006 aufzuheben.

E.
Die Sunrise Communications AG (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) schliesst
auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Der Regierungsrat unterstützt den Antrag der
Beschwerdeführer auf Berücksichtigung einer methodenbedingten
Messunsicherheit der Probenahme von ±15%, weshalb die Beschwerde gutzuheissen
sei. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hält das angefochtene Urteil für
bundesrechtskonform.

F.
In ihrer Replik vom 19. November 2007 halten die Beschwerdeführer an ihren
Anträgen fest. Auch der Regierungsrat und die Beschwerdegegnerin beharren in
ihren Stellungnahmen vom 28. November und vom 20. Dezember 2007 auf ihren
Rechtspositionen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Da alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführer rügen zunächst, der Immissionsgrenzwert von 50.08 V/m
sei in einem Umkreis von 7.34 m um die Antennen auf dem Dach der
Standortbaute nicht eingehalten. Entgegen der Auffassung der kantonalen
Instanzen genüge es nicht, das Dach abzusperren, Gefahrentafeln anzubringen
und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Antennen bei Bedarf
abzuschalten: Die Praxis zeige, dass nicht oder zu wenig auf
Abschaltungsbegehren reagiert werde und Handwerker und Wartungspersonal sich
z.T. unbewusst in den gefährlichen Strahlungsbereich begeben. Nicht genügend
sichergestellt sei auch, dass Personen nicht in den Abstrahlbereich der
Richtstrahl-Antennen gelangen könnten.

2.1 Die Immissionsgrenzwerte nach Anh. 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1999
über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) müssen
überall eingehalten sein, wo sich Menschen aufhalten können (Art. 13 Abs. 1
NISV). Die Vollzugsempfehlung des BAFU (Ziff. 2.2. S. 22 oben) bezeichnet
diese Orte als "Orte für den kurzfristigen Aufenthalt" (OKA); dazu zählen
insbesondere auch zugängliche Flachdächer. Kann der Immissionsgrenzwert an
diesen Orten nicht eingehalten werden, so ist laut Vollzugsempfehlung durch
Absperrungen dafür zu sorgen, dass Menschen nicht in den kritischen Bereich
gelangen können (a.a.O., Ziff. 2.2.5 S. 23).

2.2 Im vorliegenden Fall ist der Immissionsgrenzwert gemäss den Berechnungen
im Standortdatenblatt auf dem Flachdach überall eingehalten; überschritten
wird er - wie auch das BAFU bestätigt - nur auf dem Dachaufbau, auf dem sich
die Antenne befindet. Dennoch hat der Regierungsrat die Baubewilligung mit
Auflagen ergänzt (Ziff. 1.1 lit. f), die sicherstellen, dass das Dach nicht
betreten werden kann und auf die Strahlungsgefahr hingewiesen wird.

Dies erscheint ausreichend. Zwischen den Parteien ist streitig, ob
Wartungsarbeiten an Kamin und Aufzug überhaupt ein Betreten des Dachs
erfordern oder vom Innern des Gebäudes bzw. des Liftschachts aus vorgenommen
werden können. Sollten tatsächlich Arbeiten auf dem Dach, insbesondere auf
dem Dachaufbau oder den Kaminen, erforderlich sein, so müssten diese in
Absprache mit der Beschwerdegegnerin erfolgen, nach Abschaltung der
Mobilfunkanlage bzw. des entsprechenden Sektors. Die Befürchtung der
Beschwerdeführer, die Beschwerdegegnerin könne auf Abschaltungsbegehren nicht
oder zu wenig schnell reagieren, erscheint unbegründet und wird auch nicht
belegt.

2.3 Zwar können die Richtfunkantennen grundsätzlich nicht abgeschaltet
werden. Diese haben aber eine geringe, eng gebündelte Strahlung und sind 3.5
bis 4.5 m über dem zugänglichen Boden angebracht, so dass sich keine Person
in ihrem Strahlungsbereich aufhalten kann. Wie sich aus dem
Standortdatenblatt (Dachaufsicht) ergibt, strahlt auch keine der
Richtfunkantennen in Richtung eines Kamins, weshalb nicht zu befürchten ist,
eine Person könne beim Besteigen des Kamins (sofern dies überhaupt
erforderlich sein sollte) in den Richtfunkstrahl gelangen.

3.
Die Beschwerdeführer sind weiter der Auffassung, der Anlagegrenzwert (AGW)
von 5 V/m werde in der Wohnung im obersten Geschoss der Standortbaute (OMEN
2) nicht eingehalten. Zwar habe der Regierungsrat die Beschwerdegegnerin
verpflichtet, die Antennen so zu montieren, dass die für die Einhaltung des
AGW erforderliche Höhe zwischen den Antennenunterkanten und dem OMEN 2
eingehalten werde. Es fehlten aber bis heute neue Konstruktionspläne für die
Antennenmontage, weshalb unklar sei, wo die geplanten Antennenkörper zu
stehen kommen würden. Unklar sei auch der Neigungswinkel der Antennen. Eine
abschliessende Prognoseberechnung sei daher nicht möglich.
Dieser Auffassung ist zu widersprechen: Für die Strahlungsprognose ist (neben
der Gebäudedämpfung) der Abstand der Antennen zum OMEN und die Senderichtung
der Antennen massgeblich. Diese Parameter sind in der Baubewilligung (Auflage
Ziff. 1.1 lit. a) und im Standortdatenblatt (vgl. Zusatzblatt 2, Technische
Angaben zu den Sendeantennen, "Hauptstrahlrichtung") verbindlich festgelegt.
Die vom Regierungsrat angeordnete Einreichung definitiver Gestaltungs- bzw.
Konstruktionspläne (Disp.-Ziff. 1c) betrifft somit nur die Ausgestaltung der
Aufhängung der Antennenkörper und damit das äussere Erscheinungsbild, das für
die NIS-Prognose nicht relevant ist.

Soweit ein weiterer Winkelbereich bewilligt worden sein sollte als effektiv
technisch möglich ist, wäre dies unschädlich, da der Anlagegrenzwert im
gesamten bewilligten Neigungsbereich rechnerisch eingehalten wird. Für die
Kalkulation der Strahlungsbelastung an verschiedenen OMEN muss jeweils
diejenige Neigung (innerhalb des beantragten Neigungsbereichs) zugrunde
gelegt werden, welche die stärkste Belastung verursacht. Es gibt keine
Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorgabe im Standortdatenblatt nicht
respektiert worden wäre.

4.
Die Beschwerdeführer machen erstmals vor Bundesgericht geltend, dass die
methodenbedingte Standardmessunsicherheit von ±15% zulasten der
Antennenbetreiber zu berücksichtigen sei. Die im Standortdatenblatt vom 13.
April 2005 prognostizierte elektromagnetische Strahlung am höchstbelasteten
OMEN 2 von 4.91 V/m müsse daher um 15% erhöht werden, um sicherzustellen,
dass der bei der Abnahmemessung gemessene Wert mit hoher Wahrscheinlichkeit
dem effektiven Wert entspreche. Der aus dieser Erhöhung resultierende Wert
von 5.65 V/m liege über dem Anlagegrenzwert von 5 V/m, weshalb die Anlage
nicht bewilligt werden könne.

4.1 Diese Auffassung wird vom Regierungsrat geteilt und entspricht dessen
neuer, mit Entscheid vom 21. Februar 2007 (RRB Nr. 2007-000183) eingeleiteter
Praxis. Grund für diese Praxisänderung war eine Veröffentlichung des
Bundesamts für Metrologie (METAS), worin das code-selektive Messverfahren
zwar methodisch bestätigt, gleichzeitig aber grosse Schwankungen der
Messergebnisse aufgezeigt wurden (METinfo 2007 Heft 1 S. 13 ff.).

Der Regierungsrat ist der Auffassung, den Mobilfunkbetreibern könne zwar
nicht die Unsicherheit der Messeinrichtung, wohl aber die Unsicherheit der
Probenahme von ±15% angelastet werden, da diese Unsicherheit durch die
Mobilfunkanbieter bzw. den Einsatz ihrer Technologie verursacht werde. Unter
Berücksichtigung dieser Messunsicherheit könne basierend auf statistischen
Gesetzmässigkeiten die Aussage gemacht werden, dass der gemessene Wert mit
hoher Wahrscheinlichkeit dem effektiven Wert entspreche.

Damit werde keine Verschärfung der Grenzwerte vorgenommen, sondern es würden
lediglich die Anforderungen an den Nachweis ihrer Einhaltung konkretisiert.
Mit der vorgeschlagenen differenzierten Behandlung der Messunsicherheit, so
der Regierungsrat, würden die Interessen der Mobilfunkbetreiber und
diejenigen der Öffentlichkeit gleichermassen berücksichtigt, da nur die
Standardmessunsicherheit der Probenahme zulasten der Anlagebetreiber
verwendet werde, dagegen die grössere Unsicherheit der Messeinrichtung
zulasten der öffentlichen Interessen und der Betroffenen bestehen bleibe.

Der Regierungsrat teilt deshalb die Auffassung der Beschwerdeführer, dass die
im Standortdatenblatt prognostizierten Werte sicherheitshalber um 15% zu
erhöhen seien, damit mit hoher Wahrscheinlichkeit die Einhaltung der
Grenzwerte nachgewiesen werden könne. Der sich aus dieser Erhöhung ergebende
Wert von 5.65 V/m bei OMEN 2 liege deutlich über dem Anlagegrenzwert von 5
V/m. Demnach ist das Bauvorhaben in dem im Standortdatenblatt definierten
Umfang aus Sicht des Regierungsrates nicht bewilligungsfähig.

4.2 Die Beschwerdegegnerin macht dagegen geltend, dass die Messunsicherheit
keine Rolle spiele, wenn die Strahlung nicht gemessen sondern, - wie
vorliegend im Baubewilligungsverfahren - berechnet werde. Eine
vorweggenommene Berücksichtigung der Messunsicherheit zu Lasten der
Mobilfunkbetreiber würde darauf hinauslaufen, die Grenzwerte der NISV
faktisch um die Messunsicherheit zu senken; dies sei unzulässig. Das
Bundesgericht habe die bestehenden Messverfahren mit den dazu deklarierten
Messungenauigkeiten mehrfach als genügend qualifiziert. Zudem würden die
Messverfahren ständig verbessert.

4.3 Das BAFU führt in seiner Vernehmlassung aus, dass für die Bewilligung
einer neuen Anlage in erster Linie die rechnerische Strahlungsprognose
massgeblich ist. Der Abnahmemessung komme lediglich eine Kontrollfunktion zu.

Schon bei der Rechenmethode werde eine gewisse Sicherheitsmarge
miteinberechnet, indem gemäss Vollzugsempfehlung sowohl für die
Richtungsabschwächung als auch für die Gebäudedämpfung jeweils höchstens 15
dB (Faktor 31.6 bezogen auf die Sendeleistung) abgezogen werden dürfen.
Tatsächlich könne die Strahlung unterhalb von Antennen durch die Gebäudehülle
und aufgrund des Strahlungsdiagramms der Antennen wesentlich stärker
abgeschwächt werden. Das BAFU habe deshalb auf die Einführung weiterer
Korrekturfaktoren verzichtet und statt dessen empfohlen, an allen OMEN, an
denen der AGW gemäss rechnerischer Prognose zu mindestens 80% ausgeschöpft
wird, eine Abnahmemessung vorzunehmen.

Die von den Beschwerdeführern verlangte und auch vom Regierungsrat
befürwortete systematische Erhöhung der rechnerischen Prognose um 15% würde
sich wie eine Verschärfung des Anlagegrenzwertes auswirken. Dies aber sei den
Kantonen gemäss Art. 65 Abs. 1 USG untersagt.

Aus den vom METAS organisierten Vergleichsmessungen gehe hervor, dass mit
einer Standardunsicherheit der Probenahme von ±15% gerechnet werden müsse,
sowohl bei UMTS als auch bei GSM. Diese Messunsicherheit werde aber gemäss
Messempfehlung weder zum Messresultat addiert noch davon abgezogen. Die
Wahrscheinlichkeit, dass das Resultat einer Messung die tatsächliche
Feldstärke unterschätze, sei damit gleich gross wie die Wahrscheinlichkeit
einer Überschätzung. Dies entspreche der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
im Bereich des Lärmschutzes (BGE 126 II 480 E. 6 S. 490 ff.), die auch auf
den Schutz vor NIS übertragbar sei.

4.4 Jede Messung ist mit einer unvermeidlichen Unsicherheit behaftet, die
dann relevant wird, wenn der Messwert in die Nähe eines Entscheidungswertes
(hier: Anlagegrenzwert) kommt (Robert Hofmann, Was heisst "genau"?, Gedanken
zur Bedeutung von Messungenauigkeiten und Rundungsfehlern in juristischen
Entscheiden, Wallisellen 2000, S. 1 und 7).

4.4.1 Bei der Messung elektromagnetischer Strahlung von Mobilfunkanlagen
setzt sich die gesamte Unsicherheit des Messresultats aus zwei Beiträgen
zusammen: einer instrumentellen Unsicherheit, bedingt durch Geräte- und
Kalibrierungenauigkeiten (Unsicherheit der Messeinrichtung) und einer
methodenbedingten Unsicherheit, wie beispielsweise individuell
unterschiedliche Vorgehensweisen verschiedener Messpersonen zum Auffinden des
örtlichen Maximums (Unsicherheit der Probenahme). Statistisch unterscheidet
man zwischen der Standardunsicherheit (u) und der erweiterten Unsicherheit
(U). Die Standardmessunsicherheit entspricht der Standardabweichung der
Verteilung der Messgrösse, die erweiterte Messunsicherheit definiert den
Bereich, innerhalb dessen die Messgrösse mit einer bestimmten
Wahrscheinlichkeit (i.d.R. 95%) liegt (vgl. hierzu BUWAL/METAS,
UMTS-Messempfehlung Ziff. 4.8.1 S. 21).

Für die Probenahme muss mit einer Standardunsicherheit von ±15% gerechnet
werden (a.a.O. Ziff. 4.8.3). Die gesamte erweiterte Messunsicherheit U darf
gemäss Messempfehlung ±45% nicht überschreiten (a.a.O., Ziff. 484).

4.4.2 Die Messunsicherheit wird, je nach Rechtsgebiet, unterschiedlich
gehandhabt (vgl. Überblick bei Albert von Däniken/Rita Morosani, Die
Messunsicherheit beim Vollzug der NIS-Verordnung im Spannungsfeld zwischen
rechtspolitischen und rechtsstaatlichen Interessen, URP 2001 S. 205 ff.,
Benjamin Wittwer, Bewilligung von Mobilfunkanlagen, Diss. Zürich 2006, S. 70
f.). Eine normative Regelung gibt es nur im Strassenverkehrsrecht, wo die vom
ASTRA festgelegte Messunsicherheit zugunsten des Automobilisten
berücksichtigt, d.h. vom Messergebnis abgezogen wird (vgl. Ziff. 303 Anh. 1
Ordnungsbussenverordnung vom 4. März 1996 [OBV; SR 741.031]). Im Bereich des
Lärmschutzes hat das Bundesgericht entschieden, dass grundsätzlich der
aufgrund der Messung ermittelte Beurteilungswert gelte, weil die
Messunsicherheit nicht als Fehler betrachtet werden könne, der eine
Berichtigung des Messwerts rechtfertigen würde (BGE 126 II 480 E. 6c S. 491
ff.).
4.4.3 Die Messempfehlungen des BAFU für GSM- und UMTS-Mobilfunk (Ziff. 4.2.2.
S. 17) sehen vor, dass die Messwerte auf den massgebenden Betriebszustand
hochgerechnet und summiert werden, um den Beurteilungswert zu erhalten. Die
Messunsicherheit wird bei dieser Berechnung nicht einbezogen, d.h. man geht
bei der Hochrechnung von den abgelesenen Messwerten aus. Dabei unterscheidet
die Vollzugsempfehlung nicht danach, ob die Messung die Einhaltung der
Immissions- oder der Anlagegrenzwerte überprüfen soll.

4.4.4 Dagegen hatte die Arbeitsgruppe "Messung nichtionisierender
elektromagnetischer Strahlung in der Umwelt" in ihrem Bericht (1. Teil:
Frequenzbereich 100 kHz bis 300 GHz; hrsg. vom BUWAL, Bern 1992, S. 30 f.)
die Auffassung vertreten, bei der Beurteilung einer Immission müsse die
Messunsicherheit in Richtung höherer Werte berücksichtigt werden. Bei der
Festlegung des Immissionsgrenzwerts sei zwar ein Sicherheitsfaktor eingebaut
worden; dieser berücksichtige jedoch nur die unvollkommenen medizinischen
Kenntnisse, nicht aber die Unsicherheit der Immissionsmessung. Es sei deshalb
nicht zulässig, diesen Sicherheitsfaktor durch grosse Messunsicherheiten zu
verringern.

4.4.5 Auch in der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass
die Messunsicherheit kein Gesundheitsrisiko darstellen dürfe, und die gesamte
erweiterte Messunsicherheit daher zum Messergebnis dazugeschlagen werden
müsse, soweit es um die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte gehe (Urs Walker,
Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung - die aktuellen
Rechtsfragen, URP 2003 S. 87 ff., insbes. S. 114; Wittwer, a.a.O., S. 71 f.;
so tendenziell auch von Däniken/Morosani, a.a.O., S. 213 und 215).

Anders zu beurteilen sei die Einhaltung des Anlagegrenzwertes: Dabei handle
es sich nicht um Gefährdungswerte, sondern um vorsorgliche
Emissionsbegrenzungen, welche die Strahlung auf das technisch und betrieblich
mögliche und wirtschaftlich tragbare Mass reduzieren sollen. Hier sei vom
wahrscheinlichsten und damit vom gemessenen Wert auszugehen (Benjamin
Wittwer, a.a.O., S. 71 f.; Walker, a.a.O., S. 114). Von Däniken/Morosani
vertreten sogar die Auffassung, bei Sanierungsverfügungen wegen
Überschreitung des Anlagegrenzwerts sei die Messunsicherheit vom gemessenen
Wert abzuziehen, d.h. die Messunsicherheit zugunsten der Mobilfunkbetreiber
zu berücksichtigen. Sie berufen sich hierfür auf den Grundsatz, wonach die
Behörde bei belastenden Verfügungen die Beweislast für die Richtigkeit des
Messergebnisses trage (a.a.O., S. 214 f.).
4.5 Festzuhalten ist zunächst, dass die Messunsicherheit nur relevant wird,
wo Messungen vorgenommen werden, d.h. namentlich bei der Abnahmemessung.
Dagegen spielt sie bei der Berechnung der Strahlungsprognose keine Rolle. Die
Berücksichtigung eines Faktors für die Messunsicherheit bereits bei der
rechnerischen Strahlungsprognose im Standortdatenblatt ist daher abzulehnen;
dies würde in der Tat auf eine Verschärfung des Anlagegrenzwertes
hinauslaufen.
Zu prüfen ist daher nur, ob und auf welche Weise die Messunsicherheit, ganz
oder teilweise, bei der Abnahmemessung berücksichtigt werden muss, die vom
Regierungsrat angeordnet wurde, um die Einhaltung des Anlagegrenzwerts an
verschiedenen OMEN zu kontrollieren.

4.6 Im Entscheid BGE 126 II 480 E. 6c S. 491 ff. entschied das Bundesgericht
(für den Immissionsgrenzwert für Lärm), dass grundsätzlich vom gemessenen
Wert auszugehen sei: Die Messunsicherheit sei kein Messfehler, der eine
Berichtigung des Messergebnisses erfordern würde. Die Behörde könne deshalb
auch in Sanierungsfällen den Beweis der Sanierungspflicht einer Anlage mit
dem gemessenen Wert (bzw. dem daraus errechneten Beurteilungswert) erbringen.
Diese Erwägungen treffen grundsätzlich auch auf Messungen in anderen
Rechtsbereichen zu.

Immerhin liesse sich argumentieren, dass nichtionisierende Strahlung - im
Gegensatz zu Lärm - vom Menschen nicht wahrgenommen werden kann. Es besteht
ein erhebliches Interesse an der sicheren Einhaltung der
Immissionsgrenzwerte, um die Bevölkerung vor schädlichen thermischen
Wirkungen zu schützen. Nachdem die Immissionsgrenzwerte keine
Sicherheitsmarge für die Messunsicherheit vorsehen, könnte es sich
rechtfertigen, diese zu Lasten der Betreiber zu berücksichtigen, um die
Einhaltung der Grenzwerte mit grosser Wahrscheinlichkeit (95%) zu
gewährleisten. Dies wäre auch für die Mobilfunkbetreiber zumutbar, da die
Immissionsgrenzwerte sehr selten ausgeschöpft werden und bei einer
Überschreitung i.d.R. die Möglichkeit der Absperrung der betroffenen Flächen
besteht (vgl. oben, E. 2).

Diese Erwägungen treffen jedoch im Vorsorgebereich, d.h. für die
Anlagegrenzwerte, nicht zu. Hier muss es deshalb bei dem allgemeinen
Grundsatz bleiben, wonach der gemessene Wert massgeblich ist, und die
Messunsicherheit weder dazugerechnet noch abgezogen wird.

5.
Die Beschwerdeführer verlangen ferner die Erstellung eines
Strahlungskatasters, in dem das "Grundrauschen" im Gemeindegebiet von Wohlen
aufgezeigt wird, d.h. sämtliche elektromagnetische Strahlungen, die durch
technische Anlagen emittiert werden.
Zwar trifft es zu, dass für die Einhaltung des Immissionsgrenzwerts nicht nur
die Strahlung der untersuchten Anlage, sondern sämtliche hochfrequente
Antennen massgeblich sind. Wie das BAFU in seiner Vernehmlassung zutreffend
darlegt, besteht das Potenzial für eine IGW-Überschreitung jedoch nur bei
Antennen in unmittelbarer Umgebung der projektierten Antenne. Der
Vorbelastung durch anlagefremde Antennen muss daher nur dann besondere
Beachtung geschenkt werden, wenn sich diese am selben Standort befinden wie
die zu beurteilende Mobilfunkanlage.

Im vorliegenden Fall befinden sich unstreitig keine hochfrequenten Antennen
in der Nähe der projektierten Basisstation, weshalb darauf verzichtet werden
durfte, deren Standort und Strahlung im Einzelnen zu ermitteln. Erst recht
besteht keine Verpflichtung, die Strahlung sämtlicher hochfrequenter
Sendeeinrichtungen auf dem gesamten Gemeindegebiet zu ermitteln.

6.
Soweit die Beschwerdeführer den Nachweis verlangen, dass die
Beschwerdegegnerin keine Longitudinalwellen (Skalarwellen) abstrahlt, für
welche sie über keine Konzession verfüge, kann auf die Vernehmlassung des
BAFU (Ziff. 8 S. 5) verwiesen werden, wonach sich elektromagnetische
Strahlung nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nur in Form von
Transversalwellen ausbreitet. Im Übrigen sind Fragen der fernmelderechtlichen
Konzession im Baubewilligungsverfahren grundsätzlich nicht zu prüfen (vgl.
Urteil 1A.18/2004 vom 15. März 2005 E. 5.2 und 5.3, publ. in URP 2005 S. 387
und ZBl 107/2006 S. 203).

Für die übrigen Rügen der Beschwerdeführer kann auf die zutreffenden
Erwägungen des angefochtenen Entscheids verwiesen werden (vgl. zur Prüfung
von Alternativstandorten E. 4.3 S. 12 und zur Rechtmässigkeit der Grenzwerte
der NISV E. 4.4 S. 12 f. des angefochtenen Entscheids).

7.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens werden die Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 65 f. und Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die Sunrise Communications AG für die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens mit Fr. 2'500.-- unter solidarischer
Haftbarkeit zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Wohlen, dem Regierungsrat
und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, sowie dem Bundesamt
für Umwelt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Januar 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:   Die Gerichtsschreiberin:

Féraud   Gerber