Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.245/2007
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007


1B_245/2007 /daa

Urteil vom 22. November 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Reeb, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Bezirksstatthalteramt Liestal, Rheinstrasse 27,
4410 Liestal.

Haftverlängerung,

Beschwerde gegen den Präsidialbeschluss
vom 17. Oktober 2007 des Verfahrensgerichts
in Strafsachen des Kantons Basel-Landschaft.
Sachverhalt:

A.
X. ________ wurde am 25. Juni 2007 verhaftet und ein Strafverfahren wegen
mehrfachen Diebstahls, mehrfachen Diebstahlversuchs, mehrfacher
Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie Verweisungsbruchs
eröffnet. Anlässlich seiner Hafteinvernahme verzichtete X.________ auf die
Haftüberprüfung von Amtes wegen.

Am 22. August 2007 stellte X.________ ein Haftentlassungsgesuch. Das
Bezirksstatthalteramt Liestal wies das Gesuch am 27. August 2007 ab. Die
Vizepräsidentin des Verfahrensgerichts in Strafsachen Basel-Landschaft wies
die dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 6. September 2007 ab, hiess
den Haftverlängerungsantrag des Bezirksstatthalteramtes gut und verlängerte
die Untersuchungshaft bis zum 17. Oktober 2007.

Am 9. Oktober 2007 beantragte das Bezirksstatthalteramt Liestal wiederum die
Verlängerung der Untersuchungshaft um drei Monate wegen Flucht- und
Fortsetzungsgefahr. Die Präsidentin des Verfahrensgerichts in Strafsachen
hiess den Haftverlängerungsantrag mit Beschluss vom 17. Oktober 2007 gut und
verlängerte die Untersuchungshaft für die Dauer von drei Monaten bis zum 17.
Januar 2008.

B.
X.________ persönlich hat gegen den Haftverlängerungsentscheid der
Präsidentin des Verfahrensgerichts in Strafsachen beim Bundesgericht
Beschwerde in Strafsachen erhoben. Er beantragt, der angefochtene Beschluss
sei wegen Verletzung des Willkürverbots aufzuheben und "unter
Rechtsauffassung des Bundesgerichts neu zu bescheiden". Ferner ersucht er um
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor
Bundesgericht sowie um Ausrichtung einer Entschädigung von Fr. 1'500.--.

C.
Das Bezirksstatthalteramt Liestal hat auf Stellungnahme verzichtet. Die
Präsidentin des Verfahrensgerichts in Strafsachen schliesst auf
Beschwerdeabweisung. Der Beschwerdeführer hat in der Sache nochmals Stellung
bezogen.

Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Der
angefochtene Entscheid erging später. Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist daher
das Bundesgerichtsgesetz anwendbar.

1.2 Gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen
Entscheide in Strafsachen. Der Begriff "Entscheide in Strafsachen" umfasst
sämtliche Entscheidungen, denen materielles Strafrecht oder Strafprozessrecht
zu Grunde liegt. Mit anderen Worten kann grundsätzlich jeder Entscheid, der
die Verfolgung oder die Beurteilung einer Straftat betrifft und sich auf
Bundesrecht oder auf kantonales Recht stützt, mit der Beschwerde in
Strafsachen angefochten werden (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur
Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4313). Die Beschwerde in
Strafsachen ist hier somit gegeben. Ein kantonales Rechtsmittel gegen den
angefochtenen Entscheid steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist nach
Art. 80 i.V.m. Art. 130 Abs. 1 BGG zulässig. Der Beschwerdeführer ist nach
Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Da auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.
2.1 Gemäss § 77 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 3. Juni
1999 betreffend die Strafprozessordnung (StPO/BL) ist die Verhaftung einer
Person nur zulässig, wenn sie eines Verbrechens oder Vergehens dringend
verdächtigt wird, deshalb gegen sie ein Strafverfahren eröffnet worden ist
und aufgrund konkreter Indizien Flucht-, Kollusions- oder Fortsetzungsgefahr
ernsthaft zu befürchten ist. Vorliegend bestreitet der Beschwerdeführer den
allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachts. Er rügt eine Verletzung
des Willkürverbots (Art. 9 BV).

2.2 Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür vor, wenn der
angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid
jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis
unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar
zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 132 I 175 E. 1.2 S. 177; 131 I 467
E. 3.1 S. 473 f., je mit Hinweisen).

2.3 Macht ein Inhaftierter geltend, er befinde sich ohne ausreichenden
Tatverdacht in strafprozessualer Haft, ist zu prüfen, ob aufgrund der
bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für eine
Straftat und eine Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat vorliegen,
die kantonalen Behörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit
vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei
der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte
Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen
Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte (BGE 116 Ia 143 E. 3c S. 146). Das
Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt dabei nur wenig Raum für ausgedehnte
Beweismassnahmen. Zur Frage des dringenden Tatverdachts bzw. zur Schuldfrage
hat der Haftrichter weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen noch
dem erkennenden Strafrichter vorzugreifen. Vorbehalten bleibt allenfalls die
Abnahme eines liquiden Alibibeweises (BGE 124 I 208 E. 3 S. 210, mit
Hinweisen).

2.4 Die Verfahrensgerichtspräsidentin verwies im angefochtenen Beschluss
bezüglich des dringenden Tatverdachts auf den Präsidialbeschluss des
Verfahrensgerichts in Strafsachen vom 6. September 2007, mit der die
Haftbeschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen wurde. Diesem Beschluss
zufolge werden dem Beschwerdeführer neben einem Verweisungsbruch sieben
Einbruchdiebstähle bzw. Versuche dazu, begangen zwischen dem 27. Oktober und
8. November 2006 in Lausen, Liestal und Hölstein, sowie ein
Einbruchdiebstahl, begangen am 13./14. Mai 2007 in Häfelfingen, vorgehalten.
Beim Einbruchdiebstahl in Häfelfingen habe der Deliktsbetrag Fr. 25'850.--
betragen. Gemäss dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin (IRM) der
Universität Basel vom 25. Juli 2007, an dessen Korrektheit nicht zu zweifeln
sei, habe die biostatische Berechnung des Beweiswerts ergeben, dass der
Beschwerdeführer mit allergrösster Wahrscheinlichkeit Spurengeber der
vorgefundenen DNA-Spuren sei. So sei die Hypothese, der Beschwerdeführer sei
Spurengeber, 2'480'000'000 wahrscheinlicher als die Gegenhypothese,
Spurengeber sei eine unbekannte, mit dem Beschwerdeführer nicht verwandte
Person. Gemäss dem IRM-Gutachten würden zudem Hinweise bestehen, dass der
Beschwerdeführer an weiteren Orten Einbruchdiebstähle oder Versuche dazu
begangen habe, wenn auch die biostatische Berechnung diesbezüglich teilweise
eine geringere Wahrscheinlichkeit ergeben habe. Aufgrund eines Vergleichs von
Fussabdruckspuren, der gleichartigen Tatbegehung, des Vergleichs von Tatorten
und -zeiten sowie von Personenbefragungen ergebe sich zweifellos der
dringende Verdacht des mehrfachen Diebstahls und aufgrund der Vorstrafen des
Beschwerdeführers überdies der dringende Verdacht des gewerbsmässigen
Diebstahls.

2.5 Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht geeignet, die
beweismässigen Schlussfolgerungen der Verfahrensgerichtspräsidentin als
willkürlich erscheinen zu lassen. Für den pauschalen Vorwurf, das
IRM-Gutachten sei gefälscht, gibt es keine Anhaltspunkte. Auch ist nicht
nachvollziehbar, inwiefern ein vom Beschwerdeführer beigelegter Text, welcher
offenbar vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich stammt, das
vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel verfasste Gutachten über
die an den diversen Tatorten vorgefundenen DNA-Spuren in Frage stellen soll.
Der in der Stellungnahme vom 14. November 2007 vorgetragene Einwand, aufgrund
der vorgefundenen DNA-Spuren sei zumindest im Fall Liestal nicht der
Beschwerdeführer, sondern ein anderer der Täter, vermag den dringenden
Verdacht des mehrfachen Diebstahls nicht zu beseitigen. Wie die
Verfahrensgerichtspräsidentin zudem mit Recht ausführte, ist die Beurteilung
des Beweiswerts des Gutachtens letztendlich dem Sachrichter zu überlassen und
kann nicht bereits im Haftprüfungsverfahren, in dem es nur um den Tatverdacht
geht, vorgenommen werden (vgl. E. 2.4 hiervor).

Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Polizei habe keine auf ihn
zurückgehende Schuhabdruckspuren finden können, kann aufgrund der Akten
zweifelsfrei widerlegt werden (vgl. den Bericht der Polizei Basel-Landschaft
vom 5. September 2007).

Aus dem Umstand, dass die Lüneburger Staatsanwaltschaft ein andere
Tatvorwürfe betreffendes Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer mangels
Beweisen einstellte, kann im vorliegenden Haftprüfungsverfahren ebenfalls
nichts zugunsten des Beschwerdeführers abgeleitet werden.

Somit ist unter dem Blickwinkel des Willkürverbots (Art. 9 BV) nicht zu
beanstanden, dass die Verfahrensgerichtspräsidentin den dringenden
Tatverdacht bezüglich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Delikte
bejahte.

3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und wäre die vom Beschwerdeführer beantragte
Parteientschädigung selbst dann nicht zu entrichten, wenn der
Beschwerdeführer anwaltlich vertreten wäre (vgl. Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Der Beschwerdeführer hat um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren ersucht. Wegen offensichtlicher
Aussichtslosigkeit ist das Gesuch abzuweisen (vgl. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).
Umständehalber wird aber auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art.
66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verfahrensgericht in Strafsachen des
Kantons Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. November 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Schoder