Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.226/2007
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007


1B_226/2007

Urteil vom 11. Januar 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Forster.

Firma X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Andreas Casutt,

gegen

Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, Wirtschaftsdelikte, Weststrasse
70, Postfach 9717, 8036 Zürich.

Sistierung Strafuntersuchung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 7. September 2007 der
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung
wegen Wirtschaftsdelikten (Versicherungsbetrug und Urkundenfälschung) gegen
verschiedene Personen. Strafanzeigerin und mutmassliche Geschädigte ist die
Firma X.________ (nachfolgend: Geschädigte). Am 2. Juli 2004, 18. März und
13. Oktober 2005 sowie 18. September 2006 liess die Untersuchungsbehörde
Rechtshilfeersuchen an Israel stellen, die teilweise noch hängig sind.
Ausserdem verfügte die Staatsanwaltschaft (zwischen 2005 und 2006)
Verhaftungen und Einvernahmen von Angeschuldigten sowie Hausdurchsuchungen
und Vermögensbeschlagnahmungen.

B.
Mit Verfügung vom 12. April 2007 sistierte die Staatsanwaltschaft III des
Kantons Zürich einstweilen die Strafuntersuchung bis zur Erledigung der noch
hängigen Rechtshilfeersuchen. Gleichzeitig ordnete sie die Weiterdauer der
Vermögensbeschlagnahmungen an. Einen von der Geschädigten gegen die
Sistierungsverfügung erhobenen Rekurs wies die Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 7. September 2007 ab.

C.
Gegen den Rekursentscheid der Oberstaatsanwaltschaft gelangte die Geschädigte
mit Beschwerde vom 11. Oktober 2007 an das Bundesgericht. Sie beantragt zur
Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides bzw. die Anweisung an
die Untersuchungsbehörde, die Strafuntersuchung weiterzuführen.

Die kantonale Untersuchungsbehörde beantragt die Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf eingetreten werden kann. Die Oberstaatsanwaltschaft hat auf
eine Vernehmlassung ausdrücklich verzichtet.

Erwägungen:

1.
Angefochten wird ein letztinstanzlicher kantonaler Zwischenentscheid, der
sich auf kantonales Strafverfahrensrecht stützt. Zur Prüfung der dagegen
erhobenen Beschwerde in Strafsachen zuständig ist die I.
öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichtes (Art. 29 Abs. 3 BGerR;
vgl. BGE 133 IV 278 E. 1.1 S. 280).

2.
Mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann nur die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). In der
Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 43 Abs. 2 Satz 1 BGG). Das
Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine
solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG). Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der
Vorinstanz am Verfahren teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse
an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a-b
BGG). Dazu gehört insbesondere das Opfer, wenn der angefochtene Entscheid
sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1
lit. b Ziff. 5 BGG).

Die Beschwerdeführerin setzt sich in wesentlichen Punkten mit der Begründung
des angefochtenen Entscheides kaum auseinander und repetiert grossteils ihre
Vorbringen im kantonalen Rekursverfahren. Das gilt namentlich für die Rüge
der Verletzung von Art. 5 Abs. 1 BV (Legalitätsprinzip).

Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann offenbleiben, ob schon
unter diesem Gesichtspunkt auf die Beschwerde nicht einzutreten wäre. Ebenso
kann dahingestellt bleiben, inwiefern die Beschwerdeführerin als mutmassliche
Geschädigte zur Erhebung ihrer diversen Rügen gegen die Untersuchungsführung
überhaupt legitimiert wäre.

3.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Sistierungsverfügung verletze ihre
Verfahrens- und Parteirechte als Geschädigte. Sie rügt in diesem Zusammenhang
insbesondere Verstösse gegen das Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV), das
Beschleunigungsgebot in Strafsachen (Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 1 BV)
und das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Die Beschwerdeführerin stellt
sich auf den Standpunkt, es sei unzulässig, die Strafuntersuchung einstweilen
zu sistieren, bis ein im Ausland (Israel) hängiges Rechtshilfeersuchen
erledigt sei, da weitere konkrete Untersuchungshandlungen dringend geboten
seien und ihr in diesem Zusammenhang ein Beweisverlust drohe.

3.1 Gegen andere als die in Art. 92 BGG genannten Vor- und Zwischenentscheide
ist die Beschwerde nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG zulässig. Im
vorliegenden Fall kommt lediglich eine Anfechtbarkeit gestützt auf Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG in Frage. Danach ist die Beschwerde gegen selbstständig
eröffnete Vor- und Zwischenentscheide zulässig, wenn diese einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken können. Die betreffende
Sachurteilsvoraussetzung gilt insbesondere bei Beschwerden gegen
Zwischenentscheide, die sich auf kantonales Strafprozessrecht stützen. Es
muss sich dabei um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der durch einen
späteren (für den Beschwerdeführer günstigen) Entscheid nicht mehr korrigiert
werden könnte. Die blosse Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens
reichen für die Annahme eines solchen Nachteils nicht aus (BGE 133 IV 139 E.
4 S. 140 f., 288 E. 3.1 S. 291, je mit Hinweisen auf die analoge
altrechtliche Praxis).

3.2 Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang geltend, die
Untersuchungsbehörde habe bisher weder eine Hausdurchsuchung bei einer der
von ihr angezeigten Personen vorgenommen, noch diese Person befragt. Würden
die beantragte "Hausdurchsuchung bei Herrn Y.________" sowie weitere
Untersuchungshandlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt, drohe
der Beschwerdeführerin ein nicht wieder gutzumachender Nachteil, da
"Beweismaterial beiseite geschafft werden könnte".

3.3 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Schon im angefochtenen
Entscheid (S. 6-7, E. 4.1-4.2) wurde dazu Folgendes erwogen:
"Vor Erlass der Sistierungsverfügung ist der Sachverhalt so weit als möglich
abzuklären und es sind sämtliche Beweise abzunehmen, deren Verlust zu
befürchten ist (...). Die Rekurrentin macht in ihrer Rekursschrift
abschliessend geltend, eine Sistierung der Untersuchung sei zum jetzigen
Zeitpunkt auch deshalb nicht gerechtfertigt, da trotz ihres förmlichen
Antrages bis heute weder eine Einvernahme des Y.________ erfolgt, noch eine
Hausdurchsuchung bei ihm durchgeführt worden sei, obwohl damit zu rechnen
sei, dass die erwähnte Person sachdienliche Hinweise liefern könnte
(Rek.-Akten act. 1 S. 8). In ihrer ergänzenden Vernehmlassung vom 24. August
2007 legt die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich dar, dass im Vorfeld
zu den geplanten Zwangsmassnahmen seitens der Kantonspolizei Zürich
Vorabklärungen betreffend Angaben zur Person und Adresse der zu tangierenden
Personen durchgeführt worden seien. Dies sei allgemein üblich, um mögliche
Verwechslungen zu vermeiden. Diese Vorabklärungen hätten ergeben, dass
Y.________ - entgegen der Darlegungen der Rekurrentin in deren Rekursschrift
(Rek.-Akten act. 1 S. 8) - weder über ein privates Domizil noch über
allfällige Geschäftsräumlichkeiten in Zürich verfüge. Jedenfalls konnten
seitens der Kantonspolizei Zürich keine entsprechenden Adressen ausfindig
gemacht werden. Y.________ sei in Zürich lediglich über eine Postfachadresse
erreichbar gewesen. Bei der in diesem Zusammenhang bekannten Telefonnummer
(...) handle es sich um einen Anschluss in Israel. Diese Erkenntnisse seien
in den polizeilichen Berichten betreffend Bankermittlungen in Bezug auf die
Person Y.________ vom 28. März 2006 und 6. September 2006 festgehalten.
Gestützt auf diese Erkenntnisse kann festgehalten werden, dass sich
Y.________ offensichtlich nicht in Zürich aufhält. Dessen Ausschreibung in
den polizeilichen Fahndungsmitteln erscheint im Hinblick auf die derzeit noch
wenig verdichtete Verdachtslage als unverhältnismässig und wäre angesichts
der nur unvollständig bekannten aber zur Identifizierung nötigen
Personaldaten auch gar nicht möglich. Nachdem diese Person den hiesigen
Untersuchungsbehörden für Einvernahmen und weitere Beweiserhebungen nicht zur
Verfügung steht, kann das Strafverfahren bis zum Eingang der Ergebnisse der
Rechtshilfeersuchen an die israelischen Justizbehörden nicht weiter gefördert
werden". Über die bereits erfolgten Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und
Vermögensbeschlagnahmungen (bei Angeschuldigten) hinaus erscheine die von der
Rekurrentin beantragte Durchführung weiterer Zwangsmassnahmen, insbesondere
gegenüber nicht angeschuldigten Personen, derzeit "als unverhältnismässig".

3.4 Gemäss den vorliegenden Akten hat die Untersuchungsbehörde (nach Eingang
der Beweisanträge der Beschwerdeführerin) sachdienliche Ermittlungen
getroffen. Diese ergaben, dass die fragliche beanzeigte Person sich weder in
der Schweiz aufhalte, noch hier über ein Geschäfts- oder Wohndomizil verfüge.
Bei der von der Beschwerdeführerin genannten reinen Postfachadresse kann nach
den einleuchtenden Darlegungen der kantonalen Strafjustizbehörden keine
"Hausdurchsuchung" erfolgen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die
Beschwerdeführerin dennoch weiterhin auf entsprechenden (gar nicht
durchführbaren) Untersuchungshandlungen beharrt.

Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Beweisverlust droht somit
nicht. Daran ändert auch ihr Vorbringen nichts, es seien in diesem
Zusammenhang bei weiteren (nicht angeschuldigten) Personen
Untersuchungshandlungen vorzunehmen. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar,
inwiefern diese Personen nicht auch noch in einem späteren Zeitpunkt (soweit
nötig) befragt werden könnten. Im Übrigen ist es Sache der
Staatsanwaltschaft, die im jetzigen Untersuchungsstadium gebotenen
Beweismassnahmen zu treffen. Dass sie bei Untersuchungshandlungen (oder gar
Zwangsmassnahmen) gegen nicht angeschuldigte Dritte eine gewisse
Zurückhaltung übt, erscheint hier sachgerecht. Die mutmassliche Geschädigte
hat keinen unbeschränkten verfassungsmässigen Anspruch auf Durchführung von
beantragten Untersuchungsmassnahmen. Nötigenfalls kann sie auch nach
Abschluss der Untersuchung noch Beweisergänzungsanträge stellen und
begründen.

Was die Berücksichtigung des allgemeinen strafrechtlichen
Beschleunigungsgebotes betrifft, wurde bereits im angefochtenen Entscheid
(S. 5 f., E. 3.2) darauf hingewiesen, dass die Oberstaatsanwaltschaft
(gegenüber der Geschäftskontrolle der zuständigen Untersuchungsbehörde) als
ersten Vorlage- bzw. Rechenschaftstermin den 30. Januar 2008 festgelegt habe.
Die blosse Verlängerung des Verfahrens begründet im übrigen nach der
dargelegten Praxis keinen rechtlichen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG.

3.5 Nach dem Gesagten fehlt es im vorliegenden Fall an einem drohenden nicht
wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.

4.
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.

Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie der Staatsanwaltschaft III,
Wirtschaftsdelikte, und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Januar 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Forster