Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.189/2007
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1B_189/2007

Urteil vom 29. Februar 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Reeb, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.

Ablehnung,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 10. Juli 2007
des Präsidiums der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau.
Erwägungen:

1.
Der Bezirksamtmann von Zofingen führte gegen X.________ eine
Strafuntersuchung, welche er mit Strafbefehl vom 20. Juni 2007 abschloss und
X.________ wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr.
130.-- verurteilte. Am 8. Juli 2007 stellte X.________ gegen den
Bezirksamtmann von Zofingen sowie den I. Staatsanwalt des Kantons Aargau ein
Ablehnungsbegehren. Gleichzeitig teilte er mit, dass er gegen den Strafbefehl
Einsprache erheben werde. Das Präsidium der Beschwerdekammer des Obergerichts
des Kantons Aargau wies mit Verfügung vom 10. Juli 2007 das
Ablehnungsbegehren ab. Zur Begründung führte es zusammenfassend aus, dass die
vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente nicht geeignet seien, den
Anschein der Befangenheit des Bezirksamtmanns von Zofingen und des I.
Staatsanwalts zu begründen.

2.
Gegen diese Verfügung des Präsidiums der Beschwerdekammer des Obergerichts
des Kantons Aargau führt X.________ mit Eingabe vom 3. September 2007
Beschwerde in Strafsachen (Art. 78 ff. BGG). Dabei ersuchte er um Erlass
einer vorsorglichen Massnahme bzw. um Verschiebung der auf den 10. September
2007 angesetzten Hauptverhandlung vor dem Gerichtspräsidium Zofingen. Das
Bundesgericht wies dieses Gesuch um vorsorgliche Massnahmen mit Verfügung vom
6. September 2007 ab.

Das Präsidium der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau
verzichtete auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft
liess sich nicht vernehmen.

3.
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung einer Beschwerde in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Art. 95
ff. BGG nennt die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe.

Das Präsidium der Beschwerdekammer begründete in der angefochtenen Verfügung
im Einzelnen, weshalb es die Vorbringen des Beschwerdeführers nicht als
geeignet betrachtete, in objektiver Hinsicht den Anschein der Befangenheit
der abgelehnten Personen zu begründen. Mit diesen Ausführungen setzt sich der
Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich auseinander und legt nicht dar,
inwiefern das Präsidium der Beschwerdekammer das Ablehnungsbegehren in
verfassungswidriger Weise abgelehnt haben sollte. Mangels einer genügenden
Begründung im Sinne von Art. 42 Abs. 2 BGG ist insoweit auf die Beschwerde
nicht einzutreten.

4.
Der Beschwerdeführer beanstandet, dass über sein Ablehnungsbegehren nicht der
Präsident der Beschwerdekammer, Oberrichter Guido Marbet, sondern das
Präsidium der Beschwerdekammer bzw. deren Vizepräsident, Oberrichter Peter
Richli entschieden habe. Er rügt eine willkürliche Anwendung (Art. 9 BV) von
§ 43 Abs. 3 Ziff. 1 StPO sowie eine Verletzung von Art. 5 Abs. 3 BV und von
§§ 2 und 10 der Verfassung des Kantons Aargau (KV).

4.1 Soweit die vom Beschwerdeführer angerufenen Bestimmungen von Art. 5 Abs.
3 BV (Handeln nach Treu und Glauben), § 2 KV (Handeln nach Treu und Glauben)
und § 10 KV (Rechtsgleichheit) für das vorliegende Verfahren überhaupt
einschlägig sind, gehen sie nicht über das ebenfalls angerufene Willkürverbot
von Art. 9 BV hinaus.

4.2 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Anwendung von § 43 Abs. 3
Ziff. 1 StPO, da vorliegend nicht der Präsident der Beschwerdekammer, sondern
deren Vizepräsident als Präsidium entschieden habe. Nach dieser Bestimmung
entscheidet der Präsident der Beschwerdekammer über ein Ablehnungsbegehren
gegen einen Untersuchungsrichter oder einen Staatsanwalt.

4.3 Am Obergericht bestehen insgesamt 19 vollamtliche Oberrichterstellen (§ 1
Abs. 1 Gerichtsorganisationsdekret). Gemäss § 52 des kantonalen
Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG) weist das Obergericht die Richter den
Kammern und Kommissionen zu; diese konstituieren sich selbst. Laut dem
Staatskalender sind vier Oberrichter der Beschwerdekammer in Strafsachen
zugeteilt. Diese haben von der sich aus § 52 GOG ergebenden Kompetenz
Gebrauch gemacht und das Präsidium der Beschwerdekammer, bestehend aus dem
Präsidenten und zwei Vizepräsidenten, gewählt. Wenn nun ein Mitglied des so
gewählten Präsidiums ein gemäss § 43 Abs. 3 Ziff. 1 StPO in die Zuständigkeit
des Präsidenten der Beschwerdekammer fallendes Verfahren behandelt, ist dies
unter Willkürgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist daher
insoweit abzuweisen.

5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen
ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Auf eine Kostenauflage kann
verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dadurch wird das vom Beschwerdeführer
gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem
Präsidium der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Februar 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Aemisegger Pfäffli