Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.150/2007
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1B_150/2007 /daa

Urteil vom 9. August 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Uznach,
Bahnhofstrasse 4,
8730 Uznach,
Anklagekammer des Kantons St. Gallen,
Klosterhof 1, 9001 St. Gallen.

Haftentlassung,

Beschwerde in Strafsachen gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons
St. Gallen vom 10. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ wurde am 21. April 2006 in Untersuchungshaft versetzt. Es wird
ihm vorgeworfen, sich der mehrfachen sexuellen Handlung mit einem Kind, der
mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen schweren und der einfachen
Körperverletzung, des Diebstahls, der Nötigung, der Förderung der
Prostitution, der Pornographie und weiterer Delikte schuldig gemacht zu
haben. Am 2. Mai 2007 verlängerte der Haftrichter des Kreisgerichts
Untertoggenburg-Gossau die Untersuchungshaft letztmals bis zum 2. August
2007.

Am 16. Mai 2007 stellte der amtliche Verteidiger von X.________ ein
Haftentlassungsgesuch. Der Haftrichter wies das Gesuch mit Entscheid vom 4.
Juni 2007 ab und bestätigte die Fortdauer der Untersuchungshaft bis zum 2.
August 2007. Er begründete den Entscheid damit, dass X.________ das Vorliegen
eines dringenden Tatverdachts mit den vorgebrachten Argumenten nicht
rechtsgenüglich zu widerlegen vermöge und auch die Haftgründe der Flucht- und
Fortsetzungsgefahr nach wie vor gegeben seien. Die Ausführungen im
Entlassungsgesuch würden sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung der in
vorangegangenen Haftentlassungsgesuchen aufgestellten Behauptung beschränken,
dass die vorliegenden Belastungen ausnahmslos auf wahrheitswidrigen
Sachverhaltsdarstellungen beruhen. Im Haftprüfungsverfahren gehe es aber
nicht darum, wiederholt dieselbe Frage nach den tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen der Inhaftierung zu beurteilen. Ferner entschied der
Haftrichter, dass die von X.________ persönlich verfassten Entlassungsgesuche
nicht zugelassen werden, solange er im Strafverfahren verteidigt sei. Eine
solche Einschränkung des Rechts, ein Haftentlassungsbegehren zu stellen, sei
angebracht, da durch die zahlreichen unsubstantiierten Behauptungen des
Angeschuldigten das Verfahren kompliziert und unnötig verzögert werde.

Gegen diesen haftrichterlichen Entscheid reichte X.________ persönlich mit
handschriftlicher Eingabe vom 7. Juni 2007 eine als "Rekurs" bezeichnete
Rechtsverweigerungsbeschwerde bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen
ein. Mit Entscheid vom 10. Juli 2007 wies diese das Rechtsmittel ab, soweit
sie darauf eintrat. In der Begründung führte sie aus, die Vorbringen des
Beschwerdeführers würden den im kantonalen Verfahrensrecht vorgesehenen
Begründungsanforderungen nicht genügen. Insbesondere habe der
Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, in welchen Punkten und inwieweit die
Beweiswürdigung der Vorinstanz bei der Beurteilung des dringenden
Tatverdachts rechtsmissbräuchlich sei. Die Untersuchungshaft sei so lange
aufrechtzuerhalten, als der allgemeine Haftgrund des dringenden Tatverdachts
und einer der besonderen Haftgründe der Flucht-, Kollusions-, Fortsetzungs-
oder Ausführungsgefahr bestehen würden und als die Haft verhältnismässig sei.
Der angefochtene Haftentscheid erweise sich als rechtens.

B.
X.________ hat persönlich gegen den Entscheid der Anklagekammer beim
Bundesgericht "Rekurs" und staatsrechtliche Beschwerde erhoben und beantragt
sinngemäss dessen Aufhebung. Ferner ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege
im bundesgerichtlichen Verfahren.

C.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragt Beschwerdeabweisung.
Die Anklagekammer verzichtet auf die Stellung eines Antrags. Der
Beschwerdeführer hat repliziert.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Der
angefochtene Entscheid erging später. Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist daher
das Bundesgerichtsgesetz anwendbar.

Vorliegend ist zu prüfen, ob das als Rekurs und staatsrechtliche Beschwerde
bezeichnete Rechtsmittel die Eintretensvoraussetzungen der Beschwerde in
Strafsachen erfüllt.

2.
2.1 Gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen
Entscheide in Strafsachen. Der Begriff "Entscheide in Strafsachen" umfasst
sämtliche Entscheidungen, denen materielles Strafrecht oder Strafprozessrecht
zu Grunde liegt. Mit anderen Worten kann grundsätzlich jeder Entscheid, der
die Verfolgung oder die Beurteilung einer Straftat betrifft und sich auf
Bundesrecht oder auf kantonales Recht stützt, mit der Beschwerde in
Strafsachen angefochten werden (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur
Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4313). Die Beschwerde in
Strafsachen ist somit - unter Vorbehalt der Erfüllung der übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen - hier grundsätzlich gegeben.

2.2 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung einer Beschwerde in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht
verletzt.

Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht (vgl. das zur
Veröffentlichung bestimmte Urteil 1C_3/2007 vom 20. Juni 2007, E. 1.4.2). Das
Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde
präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Im
Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist die Praxis zum Rügeprinzip gemäss
Art. 90 Abs. 1 lit. b aOG (vgl. dazu BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.; 129 I
113 E. 2.1 S. 120) weiterzuführen (vgl. die Botschaft vom 28. Februar 2001
zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4344).

2.3 Die vorliegende Beschwerdeschrift genügt diesen Begründungsanforderungen
nicht. Insbesondere zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern die
gesetzlichen Haftvoraussetzungen nicht erfüllt oder die Untersuchungshaft
unverhältnismässig wäre. Seine pauschalen Ausführungen zu den mutmasslichen
Straftaten von Personen aus seinem Umfeld stellen keine rechtsgenügliche
Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid dar, wie es die Praxis zu
Art. 90 Abs. 1 lit. b aOG verlangt (vgl. E. 2.2 hiervor). Mangels Erfüllung
der Begründungsanforderungen ist auf die Beschwerde daher nicht einzutreten.

Im Übrigen verkennt der Beschwerdeführer, dass das Bundesgericht im Gegensatz
zum erkennenden Sachrichter bei der Überprüfung des allgemeinen Haftgrundes
des dringenden Tatverdachts keine erschöpfende Abwägung sämtlicher
belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen hätte. Macht ein
Inhaftierter geltend, er befinde sich ohne ausreichenden Tatverdacht in
strafprozessualer Haft, ist lediglich zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen
Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und
eine Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat vorliegen und die
kantonalen Behörden das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit
vertretbaren Gründen bejahen durften (BGE 116 Ia 143 E. 3c S. 146). Das
Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt dabei nur wenig Raum für
Beweismassnahmen (BGE 124 I 208 E. 3 S. 210).

3.
Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG). Umständehalber ist auf deren Erhebung zu verzichten, womit das
Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gegenstandslos ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft,
Untersuchungsamt Uznach, und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. August 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: