Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.14/2007
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{T 0/2}
1B_14/2007 /ggs

Urteil vom 9. März 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Thönen.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, Hirschengraben 16, 6002 Luzern.

Vorsorgliche Massnahme, persönliche Freiheit,

Beschwerde in Strafsachen gegen den Entscheid
des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer,
vom 17. Januar 2007.
Sachverhalt:

A.
Der 1949 geborene X.________ wurde am 24. September 2006 in Untersuchungshaft
genommen. Mit Entscheid vom 10. Oktober 2006 stellte der Amtsstatthalter von
Hochdorf den Freiheitsentzug auf eine andere rechtliche Grundlage, indem er
eine dringliche vorsorgliche Massnahme gemäss Art. 89bis Abs. 1 StPO/LU
anordnete. Die Staatsanwaltschaft stimmte gleichentags zu.

Mit Entscheid vom 17. Januar 2007 wies das Obergericht den Rekurs von
X.________ vom 12. Oktober 2006 ab, bestätigte den Entscheid des
Amtsstatthalters und auferlegte X.________ die Kosten des Rekursverfahrens
von insgesamt Fr. 10'800.55.

B.
Mit Beschwerde vom 9. Februar 2007 (Poststempel) beantragt X.________ seine
Entlassung aus der stationären Massnahme.

Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Vernehmlassung verzichtet, das
Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid erging nach dem 1. Januar 2007. Gemäss Art.
132 Abs. 1 BGG ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG, SR 173.110) anwendbar.

1.2 Der Beschwerdeführer befindet sich in der psychiatrischen Klinik
St. Urban in einer stationären Massnahme gemäss § 89bis Abs. 1 StPO/LU, die
anstelle der Untersuchungshaft getreten ist. Der angefochtene Entscheid
stützt sich auf kantonales Strafprozessrecht und kann mit der Beschwerde in
Strafsachen gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG angefochten werden (Botschaft vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001, S. 4313).
Der Antrag auf Entlassung aus der psychiatrischen Klinik ist gemäss Art. 107
Abs. 2 BGG zulässig. Soweit der Beschwerdeführer sich sinngemäss gegen die
Beschränkung seiner persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) wendet, liegt
ein zulässiger Beschwerdegrund vor und es ist auf die Beschwerde einzutreten.
Im Übrigen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

2.
Gemäss dem angefochtenen Entscheid wird gegen den Beschwerdeführer ein
Strafverfahren geführt wegen diverser strafbarer Handlungen gegen das
Strassenverkehrsgesetz und Hinderung einer Amtshandlung. Zwar habe die
Verfügung des Amtsstatthalters auf einem ungenügenden ärztlichen
Kurzgutachten vom 6. Oktober 2006 beruht. Inzwischen liege aber ein
umfassendes ärztliches Gutachten vom 15. Dezember 2006 vor, worauf der
Entscheid des Obergerichts abgestützt werden könne. Der Beschwerdeführer
leide an einer schizoaffektiven Störung mit manischen Episoden. Er müsse
dringend und in einem strikt geschlossenen Setting behandelt werden. Eine
ambulante Behandlung komme nicht in Frage. Die Internierung sei wegen der
sehr hohen Wahrscheinlichkeit künftiger Delinquenz verhältnismässig.
Namentlich im Strassenverkehr stelle der Beschwerdeführer eine grosse Gefahr
dar, was durch Entzug der Fahrerlaubnis nicht zu verhindern sei. Eine
stationäre Behandlung des Beschwerdeführers, allenfalls verbunden mit einer
zwangsweisen Verabreichung von Medikamenten auf der Grundlage von § 89bis
Abs. 1 StPO/LU i.V.m. Art. 59 StGB lasse sich begründen.

3.
Die vorsorgliche Massnahme stützt sich auf folgende kantonale Bestimmung:
§ 89bis Abs. 1 StPO/LU, Vorsorgliche Massnahmen
Ergibt eine ärztliche Untersuchung, dass der Angeschuldigte psychisch schwer
gestört oder von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig ist und dringend
einer besonderen Behandlung bedarf, kann, wenn er eines damit
zusammenhängenden Verbrechens oder Vergehens beschuldigt wird, eine
vorsorgliche Massnahme (Art. 59, 60 und 63 StGB) angeordnet werden (Fassung
gemäss Änderung vom 11. September 2006, in Kraft seit dem 1. Januar 2007).
Die Krankheit des Beschwerdeführers ist im forensisch-psychiatrischen
Gutachten vom 15. Dezember 2006 beschrieben. Aus ärztlicher Sicht ist eine
stationäre Massnahme zwingend erforderlich. Aus den kantonalen Akten ergibt
sich ferner, dass mehrere Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer geführt
werden oder wurden. Bei dieser Sachlage ist es verfassungsrechtlich haltbar,
wenn das Obergericht die Voraussetzungen für eine stationäre vorsorgliche
Massnahme gemäss Art. 89bis Abs. 1 StPO/LU als erfüllt erachtete.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Von
einer Kostenauflage wird unter den gegebenen Umständen abgesehen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. März 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: