Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.145/2007
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1B_145/2007
1B_179/2007 /fun

Urteil vom 19. September 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Kessler Coendet.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland
Keller,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
Präsident der Anklagekammer des Kantons Thurgau, Marktgasse 9, Postfach 339,
9220 Bischofszell.

Anordnung von Sicherheitshaft,

Beschwerden in Strafsachen 1B_145/2007 und 1B_179/2007 gegen die Verfügungen
des Präsidenten der Anklagekammer des Kantons Thurgau vom 28. Juni 2007 und
18. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Thurgau führen gegen X.________ eine
Strafuntersuchung betreffend vorsätzliche Tötung (allenfalls Mord),
Gefährdung des Lebens, mehrfachen Diebstahl, Raub und weitere Delikte
zulasten verschiedener Personen. Er befand sich seit 27. November 2003 in
Untersuchungshaft; diese wurde letztmals bis 30. Juni 2007 verlängert.

Das Kantonale Untersuchungsrichteramt bzw. die Staatsanwaltschaft des Kantons
Thurgau haben die Untersuchung mit Schlussbericht vom 19. Juni 2007
abgeschlossen; im Bericht wird beantragt, die Akten an das Bezirksgericht
Bischofszell zur strafrechtlichen Beurteilung zu überweisen. Daraufhin
stellte die Staatsanwaltschaft am 22. Juni 2007 dem Präsidenten der
Anklagekammer des Kantons Thurgau als Haftrichter den Antrag, der
Angeschuldigte sei mit sofortiger Wirkung in Sicherheitshaft zu versetzen.
Der Präsident der Anklagekammer erklärte in seiner prozessleitenden Verfügung
vom 28. Juni 2007 die Sicherheitshaft einstweilen bis zum endgültigen
Entscheid als zulässig. Am 18. Juli 2007 versetzte der Präsident der
Anklagekammer den Beschuldigten - rückwirkend ab 1. Juli 2007 - in
Sicherheitshaft. Die Haftanordnung wurde im Dispositiv nicht ausdrücklich
befristet; nach den Erwägungen soll die Haftdauer bis zur erstinstanzlichen
Gerichtsverhandlung, die mutmasslich im Frühjahr 2008 stattfinden werde,
verhältnismässig sein.

B.
X.________ ist am 12. Juli 2007 gegen den prozessleitenden Entscheid vom 28.
Juni 2007 mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gelangt
(Verfahren 1B_145/2007). Dabei hat er die unverzügliche Freilassung sowie die
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung verlangt.

Die Staatsanwaltschaft hat angesichts des zwischenzeitlich gefällten
Haftentscheids vom 18. Juli 2007 die Abschreibung der Beschwerde befürwortet.
Der Präsident der Anklagekammer hat den Antrag gestellt, auf die Beschwerde
sei nicht einzutreten. In der Replik ersucht der Beschwerdeführer um
Abschreibung des Verfahrens zufolge Gegenstandslosigkeit.

C.
Mit Eingabe vom 17. August 2007 erhebt X.________ Beschwerde in Strafsachen
gegen den Haftentscheid vom 18. Juli 2007 (Verfahren 1B_179/2007). Er
beantragt wiederum seine sofortige Freilassung und stellt ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

Die Staatsanwaltschaft schliesst auf Abweisung der letztgenannten Beschwerde.
Der Präsident der Anklagekammer spricht sich für die Abweisung dieser
Beschwerde aus, soweit darauf eingetreten werden könne. In der Replik hat der
Beschwerdeführer an seinen Anträgen im Verfahren 1B_179/2007 festgehalten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Auf die beiden Beschwerdeverfahren ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005
über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG, SR 173.110) anwendbar
(vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.1 Die beiden Beschwerden stehen in einem engen prozessualen und sachlichen
Zusammenhang. Es rechtfertigt sich, die Verfahren zu vereinigen und mit einem
einzigen Urteil darüber zu befinden (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24
BZP).

1.2 Die mit Beschwerde 1B_145/2007 angefochtene prozessleitende Verfügung vom
28. Juni 2007 ist seit Ergehen der Haftanordnung vom 18. Juli 2007 in der
Sache gegenstandslos geworden und somit abzuschreiben. Nach Art. 71 BGG in
Verbindung mit Art. 72 BZP muss aber diesfalls noch über die Prozesskosten
(Gerichts- und Parteikosten) entschieden werden. Bei der Beurteilung der
Kosten- und Entschädigungsfolgen ist in erster Linie auf den mutmasslichen
Ausgang des Prozesses abzustellen (BGE 118 Ia 488 E. 4a S. 494; 111 Ib 182 E.
7 S. 191, mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat die prozessleitende Verfügung,
was die Fortdauer der Haft betrifft, mit dem späteren Entscheid vom 18. Juli
2007 im Ergebnis bestätigt. In den gegen die beiden Entscheide erhobenen
Beschwerden werden im Wesentlichen dieselben Rügen vorgebracht. Daher muss
die im Folgenden darzulegende Beurteilung im Verfahren 1B_179/2007 zu einer
entsprechenden Würdigung der Prozesschancen im Verfahren 1B_145/2007 führen.
Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, inwiefern der Einwand der Vorinstanz
berechtigt ist, wonach auf die Beschwerde 1B_145/2007 ohnehin nicht hätte
eingetreten werden dürfen.

1.3 Die am 18. Juli 2007 erfolgte Anordnung von Sicherheitshaft stützt sich
auf kantonales Strafprozessrecht und kann mit der Beschwerde in Strafsachen
gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG angefochten werden. Bei der Beschwerde 1B_179/2007
sind die Sachurteilsvoraussetzungen auch im Übrigen erfüllt.

2.
Zunächst bestreitet der Beschwerdeführer die Zuständigkeit des Präsidenten
der Anklagekammer zur Anordnung von Sicherheitshaft.

2.1 Untersuchungs- und, nach Abschluss der Untersuchung, Sicherheitshaft,
kann im Kanton Thurgau verhängt werden, wenn der Angeschuldigte eines
Vergehens oder Verbrechens dringend verdächtig ist und ein besonderer
Haftgrund vorliegt (vgl. §§ 105 f. der thurgauischen Strafprozessordnung vom
30. Juni 1970/5. November 1991 [StPO/TG]; BGE 125 I 60 E. 2a S. 61). Für die
zeitliche Abgrenzung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft wird im
angefochtenen Entscheid auf das in § 106 Abs. 3 StPO/TG genannte Kriterium
des Untersuchungsabschlusses abgestellt; diese Auffassung wird vom
Beschwerdeführer nicht bestritten. Der fragliche Zeitpunkt tritt ein, wenn -
wie hier - der Schlussbericht über die Untersuchung bei der
Staatsanwaltschaft vorliegt, damit diese gestützt darauf Anklage erheben bzw.
den Fall an das Sachgericht überweisen kann (vgl. § 133 Abs. 1 und §§ 141 f.
StPO/TG).

2.2 Im Rahmen der Gesetzesrevision vom 21. Juni 2006, in Kraft seit
7. Oktober 2006, wurde dem Präsidenten der Anklagekammer die Anordnung und
Verlängerung der Untersuchungshaft übertragen; ebenso hat er seither über
strittige Gesuche um Entlassung aus der Untersuchungshaft zu entscheiden
(vgl. § 113 bis § 113d StPO/TG).

2.3 Im Vergleich zum eingehenden kantonalen Regelwerk über die
Untersuchungshaft fällt auf, dass nur punktuelle Bestimmungen über die
Sicherheitshaft bestehen. So hat gemäss § 107 Ziff. 2 StPO/TG das erkennende
Gericht oder dessen Präsident nach der Überweisung des Angeschuldigten die
Befugnis, einen Haftbefehl zu erlassen; diese Norm blieb in der Revision vom
21. Juni 2006 unverändert. Der mit der Revision eingefügte § 114a StPO/TG mit
dem Marginale "Entlassung aus der Sicherheitshaft" hat folgenden Wortlaut:
"1 Bei Sicherheitshaft gemäss § 106 Absatz 3 übt die Staatsanwaltschaft die
Befugnisse aus, welche bei der Untersuchungshaft dem Untersuchungsrichter
zustehen.
2 Über Gesuche um Entlassung aus der Sicherheitshaft entscheidet der
Präsident des zuständigen Gerichts innert drei Tagen."
Keine ausdrückliche Regelung enthält die Strafprozessordnung zur Versetzung
eines Angeschuldigten von der Untersuchungshaft in die Sicherheitshaft.

2.4 Im angefochtenen Entscheid beansprucht der Präsident der Anklagekammer,
nach einem Meinungsaustausch mit dem Präsidenten des Bezirksgerichts
Bischofszell, diese Zuständigkeit in analoger Anwendung der Bestimmungen über
die Anordnung bzw. Verlängerung von Untersuchungshaft. Demgegenüber hat nach
Meinung des Beschwerdeführers der Präsident dieses Bezirksgerichts die
entsprechende Anordnung zu treffen. Der Beschwerdeführer leitet seine Ansicht
aus § 114a Abs. 2 StPO/TG ab. Er argumentiert, derjenige Richter, der für die
Haftentlassung zuständig ist, habe auch die Versetzung in die Sicherheitshaft
zu verfügen.

2.5 Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Entscheid für nichtig, weil
er von der unzuständigen Instanz getroffen worden sei. Gleichzeitig rügt er
eine Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV.

Fehlerhafte Hoheitsakte sind in der Regel nicht nichtig, sondern nur
anfechtbar, und sie werden durch Nichtanfechtung rechtsgültig. Nichtigkeit,
d.h. absolute Unwirksamkeit einer Verfügung wird nur angenommen, wenn der ihr
anhaftende Mangel besonders schwer wiegt, wenn er offensichtlich oder
zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die
Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel
haben nur in seltenen Ausnahmefällen die Nichtigkeit einer Verfügung zur
Folge. Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich funktionelle und sachliche
Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwer wiegende Verfahrensfehler in
Betracht (BGE 132 II 21 E. 3.1 S. 27 mit Hinweisen). Vorliegend wurde die als
nichtig beanstandete Haftverfügung direkt angefochten. Die Prüfung der
formellen Mangelhaftigkeit der genannten Verfügung fällt zusammen mit der
Beurteilung der parallel dazu erhobenen Verfassungsrüge.

3.
3.1 Die Organisation der Rechtspflege und des gerichtlichen Verfahrens ist
grundsätzlich Sache des kantonalen Prozessrechts. Art. 30 Abs. 1 BV räumt für
sich allein keinen Anspruch auf Beurteilung durch ein Gericht ein (vgl. BGE
132 I 140 E. 2.2 S. 146). Aus der Verfassungsbestimmung ergeben sich
allerdings Minimalanforderungen an das kantonale Gerichtsverfahren. So muss
das Gericht und seine Zuständigkeit namentlich in sachlicher Hinsicht
generell-abstrakt durch formelles Verfahrensrecht im Voraus bestimmt sein
(BGE 131 I 31 E. 2.1.2.1 S. 34; 129 V 196 E. 4.1 S. 198).

3.2 Demgegenüber sind in Art. 31 BV besondere Garantien für die richterliche
Beurteilung in Fällen des Freiheitsentzugs verankert. Der Verfassungsgeber
hat die Haftanordnung nach Art. 31 Abs. 3 BV wie auch die Haftprüfung nach
Art. 31 Abs. 4 BV ausdrücklich in die Hände einer richterlichen Behörde
gelegt (vgl. zur genauen Tragweite dieser Bestimmungen BGE 131 I 36 E. 2.4 S.
42, 66 E. 4.8 S. 73). Nach Art. 31 Abs. 1 BV darf die Freiheit einer Person
zudem nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im
Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. Soweit die Besonderheiten von
Art. 31 BV nicht eine Abweichung gebieten, ist die Ausgestaltung des von
dieser Verfassungsnorm verlangten richterlichen Verfahrens an den Garantien
von Art. 30 Abs. 1 BV zu messen. Dieser Massstab ist namentlich für den
Aspekt anzuwenden, dass die sachliche Zuständigkeit generell-abstrakt durch
formelles Verfahrensrecht im Voraus bestimmt sein muss. Bereits unter der
Herrschaft der früheren Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) hat die
Rechtsprechung in vergleichbarer Weise festgehalten, dass die Festlegung der
örtlichen Zuständigkeit des Haftrichters den Minimalanforderungen von Art. 58
Abs. 1 aBV zu genügen habe (BGE 123 I 49 E. 2b S. 51).

3.3 Im Streit liegt die Versetzung von der Untersuchungshaft in die
Sicherheitshaft; der Sache nach geht es um eine besondere Form der
Verlängerung einer strafprozessualen Haft. Der Beschwerdeführer ist noch
nicht strafrechtlich angeklagt geschweige denn verurteilt worden. Somit ist
die hier aufgeworfene Zuständigkeitsproblematik gestützt auf Art. 31 in
Verbindung mit Art. 30 BV zu beurteilen. Dabei überprüft das Bundesgericht
die Auslegung und Anwendung des kantonalen Gesetzesrechts lediglich unter dem
Gesichtspunkt der Willkür (vgl. BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f. zum
Willkürbegriff). Mit freier Kognition beurteilt es indessen die Frage, ob die
als vertretbar erkannte Auslegung des kantonalen Prozessrechts mit den
genannten Verfassungsgarantien vereinbar ist.

3.4 Es ist unbestritten, dass die Versetzung in die Sicherheitshaft vor der
Gesetzesrevision durch die Staatsanwaltschaft erfolgte; mit anderen Worten
ist über die Verfassungsmässigkeit der Zuweisung einer neu geschaffenen
richterlichen Kompetenz zu einer Instanz zu befinden. Zu Recht weist die
Vorinstanz weiter darauf hin, dass der Gehalt von § 114a Abs. 2 StPO/TG zuvor
in § 113 Abs. 4 des Gesetzes verankert war.

Die Ausführungen in der regierungsrätlichen Botschaft vom 20. Dezember 2005
zur fraglichen Gesetzesrevision lassen den Schluss zu, dass die
vorbestehenden Kompetenzen der Strafgerichte in Haftsachen beibehalten, die
zusätzlichen haftrichterlichen Kompetenzen hingegen dem Präsidenten der
Anklagekammer zugeordnet werden sollten. Vor diesem Hintergrund ist es nicht
zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die hier zur Diskussion stehende Befugnis
in einer analogen Anwendung der Bestimmungen zur Anordnung und Verlängerung
von Untersuchungshaft für sich in Anspruch nimmt. Diese Lösung erscheint auch
deshalb als sachgerecht, weil das Strafverfahren bei der Versetzung in die
Sicherheitshaft noch nicht beim Bezirksgericht formell anhängig gemacht
worden ist. Die Vorinstanz durfte die gegenteilige Meinung des
Beschwerdeführers, der eine analoge Anwendung von § 114a Abs. 2 StPO/TG im
vorliegenden Fall fordert, als mit dem gesetzgeberischen Willen nicht
vereinbar erachten.

3.5 Die willkürfreie Handhabung des kantonalen Prozessrechts zur
Zuständigkeitsfrage hält auch einer Beurteilung im Lichte von Art. 30 und
Art. 31 BV stand. Der Beschwerde dringt demzufolge in diesem Punkt nicht
durch.

4.
Im angefochtenen Entscheid wird ein dringender Tatverdacht bejaht und die
Anordnung von Sicherheitshaft mit Fluchtgefahr begründet. Der
Beschwerdeführer geht auf die Voraussetzung des dringenden Tatverdachts nicht
ein; es ist davon auszugehen, dass er diesen nicht bestreitet. Hingegen
stellt der Beschwerdeführer das Vorliegen besonderer Haftgründe in Abrede.

4.1 Die Fluchtgefahr ist in § 106 Abs. 1 Ziff. 1 StPO/TG als besonderer
Haftgrund aufgeführt. Die Annahme dieses Haftgrunds setzt nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine gewisse Wahrscheinlichkeit voraus,
dass sich der Angeschuldigte, wenn er in Freiheit wäre, der Strafverfolgung
und dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Die Schwere der
drohenden Strafe darf als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie
genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Vielmehr
müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die
gesamten Lebensverhältnisse des Angeschuldigten, in Betracht gezogen werden
(BGE 125 I 60 E. 3a S. 62; 117 Ia 69 E. 4a S. 70, je mit Hinweisen).

4.2 Nach der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer im Falle der Verurteilung
eine Freiheitsstrafe von erheblich über fünf Jahren zu gewärtigen, selbst
wenn zu seinen Gunsten bloss von einer vorsätzlichen Tötung und nicht von
Mord ausgegangen werde. Die lange Freiheitsstrafe sei ein gewichtiges Indiz
für die Annahme von Fluchtgefahr, auch wenn der Beschwerdeführer seit über
dreieinhalb Jahren inhaftiert sei. Aus den Akten ergebe sich, dass der
Beschwerdeführer kurz vor seiner Verhaftung für Fr. 7'000.-- einen falschen
kroatischen Pass und einen falschen kroatischen Führerausweis anfertigen
liess. Zudem habe er selber erklärt, er benötige keinen falschen Pass, um
über die Grenze zu kommen. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer nicht davor
zurückgeschreckt, im Rahmen der Untersuchung Rechtspflegedelikte zu begehen.
Zwar sei der Beschwerdeführer Schweizer Bürger und hier aufgewachsen. Er habe
aber ausgesagt, er verfüge über keinen festen Wohnsitz. Selbst wenn er
derzeit nicht über die nötigen Mittel für den Erwerb falscher Papiere
verfüge, sei aufgrund der vorgenannten Umstände anzunehmen, dass er bei einer
Freilassung über die Grenze fliehen oder untertauchen würde, um sich der
strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen.

4.3 Der Beschwerdeführer wird unter anderem der vorsätzlichen Tötung
beschuldigt. Art. 111 StGB sieht dafür eine Freiheitsstrafe von nicht unter
fünf Jahren vor. Sollte der Sachrichter den Vorwurf des Mordes bestätigen,
droht dem Beschwerdeführer gemäss Art. 112 StGB eine lebenslängliche
Freiheitsstrafe oder eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren. Hinzu
kommt, dass ihm weitere schwerwiegende Delikte (Gefährdung des Lebens,
mehrfacher Diebstahl, Raub etc.) zur Last gelegt werden, was eine
Strafverschärfung gemäss Art. 49 StGB zur Folge haben kann. Die Prognose zur
mutmasslich in Frage stehenden Freiheitsstrafe ist nicht zu beanstanden, auch
wenn dem Sachrichter - wie die Vorinstanz richtig dargelegt hat - nicht
vorzugreifen ist. Die Ungewissheit, wie hoch die Strafe ausfallen könnte,
mindert den Fluchtanreiz hier trotz der erstanden Haftdauer nicht erheblich.

4.4 Der Beschwerdeführer macht geltend, eine Flucht würde heute sowohl an den
fehlenden Finanzen wie auch an mangelnden Fremdsprachenkenntnissen, sozialen
Kontakten und Unterschlupfmöglichkeiten im Ausland scheitern. Dieser Einwand
ist angesichts der Mehrzahl der Indizien für Fluchtgefahr, die im
angefochtenen Entscheid angeführt werden, nicht stichhaltig. Die Vorinstanz
brauchte hier nicht im Einzelnen Auslandskontakte des Beschwerdeführers
nachzuweisen. Zu Recht hat sie angenommen, dass er auch im Inland
untertauchen könnte.

4.5 Bei Würdigung sämtlicher Umstände ergeben sich im jetzigen
Verfahrensstadium ausreichend konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen von
Fluchtgefahr. Dieser kann mit blossen Ersatzmassnahmen momentan nicht
ausreichend begegnet werden.

5.
Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, eine Fortsetzung der
strafprozessualen Haft sei nicht mehr verhältnismässig. Einerseits sei die
erstandene Haftdauer mindestens in grosse zeitliche Nähe der zu erwartenden
Freiheitsstrafe gerückt, wenn sie diese nicht bereits überschreite. Ein
solcher Schluss dränge sich namentlich auf, weil die Möglichkeit der
bedingten Entlassung zwingend zu berücksichtigen sei. Anderseits stelle sich
die Frage, ob das Beschleunigungsgebot genügend beachtet werde, wenn die
Anklageerhebung erst für Ende 2007 geplant sei.

5.1 Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in
strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer
angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens
aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine
unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Sie liegt dann vor,
wenn die Haftfrist die mutmassliche Dauer der zu erwartenden
freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt. Bei der Prüfung der
Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der
untersuchten Straftaten Rechnung zu tragen. Der Richter darf die Haft nur so
lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der (im Falle einer
rechtskräftigen Verurteilung) konkret zu erwartenden Dauer der
freiheitsentziehenden Sanktion rückt. Im Weiteren kann eine Haft die
zulässige Dauer auch dann überschreiten, wenn das Strafverfahren nicht
genügend vorangetrieben wird, wobei sowohl das Verhalten der Justizbehörden
als auch dasjenige des Inhaftierten in Betracht gezogen werden müssen. Nach
der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtes und des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte ist die Frage, ob eine Haftdauer als
übermässig bezeichnet werden muss, aufgrund der konkreten Verhältnisse des
einzelnen Falles zu beurteilen (BGE 132 I 21 E. 4.1 S. 27 f. mit Hinweisen;
vgl. auch BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 170).

5.2 Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 27. November 2003 in
strafprozessualer Haft. Die Staatsanwaltschaft plant eine Anklageerhebung bis
Ende Jahr. Nach der Einschätzung der Vorinstanz werde die erstinstanzliche
Gerichtsverhandlung mutmasslich im Februar oder März 2008 stattfinden können.
Bei dieser Sachlage lässt es der angefochtene Entscheid im Ergebnis offen, ob
beim Beschwerdeführer eine bedingte Entlassung aus einem allfälligen
Strafvollzug mit hoher Wahrscheinlichkeit in Betracht fällt. Die erstandene
Haftdauer erreiche auch im Zeitpunkt der erwarteten erstinstanzlichen
Gerichtsverhandlung den Umfang der drohenden Freiheitsstrafe noch nicht und
sei bis dahin verhältnismässig.

5.3 Für den heutigen Zeitpunkt ist es vertretbar, dass die Vorinstanz noch
keine überlange Haftdauer angenommen hat; diese Einschätzung gälte selbst
unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer bedingten Entlassung. Insoweit
ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der angefochtene Entscheid im Hinblick
auf diese Möglichkeit nicht festlegt.

Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die kantonalen
Behörden das Verfahren ungebührlich verschleppen würden. Es gilt allerdings
zu bedenken, dass sich das Verfahren nicht durch eine ausserordentliche
Komplexität auszeichnet, wie sie etwa in Fällen organisierter Kriminalität
typisch ist. Dennoch befindet sich der Beschwerdeführer mittlerweile seit
über dreieinhalb Jahren in Haft. Obwohl die bisherige Untersuchungsdauer
verfassungs- und konventionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, lässt sich
die Untersuchungshaft inskünftig nicht beliebig lang fortsetzen.

Die Strafuntersuchung wurde am 19. Juni 2007 abgeschlossen. Die Staatsanwalt
hat das Verfahren nun trotz des offenbar umfangreichen Aktenstudiums
beförderlich voranzutreiben. Im Urteil 1B_167/2007 vom 28. August 2007, E.
3.2 wurde bezüglich der Verhältnismässigkeit der Haftdauer eines
Mitangeschuldigten erwogen, die Anklageerhebung habe bis spätestens Ende
November 2007 zu erfolgen, damit die Gerichtsverhandlung vor erster Instanz
anfangs 2008 stattfinden kann. Dies verlange das Beschleunigungsgebot. Werde
dem nicht nachgelebt, könne die Haft nicht weiter aufrecht erhalten werden.
Dieselben Auflagen sind im vorliegenden Fall, bei dem die Inhaftierung
bereits einige Monate länger dauert, gerechtfertigt.

6.
Daraus ergibt sich, dass die Beschwerde im Verfahren 1B_179/2007 abzuweisen
ist. Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdeführer an sich für dieses
Verfahren kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG); ebenso würde es sich für das
Verfahren 1B_145/2007 verhalten (vgl. E. 1.2). Der Beschwerdeführer hat
jedoch in beiden Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung ersucht. Diesen Anträgen kann entsprochen werden (Art. 64 Abs.
1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 1B_145/2007 und 1B_179/2007 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerde 1B_145/2007 wird als gegenstandslos abgeschrieben.

3.
Die Beschwerde 1B_179/2007 wird abgewiesen.

4.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
bewilligt.

4.1 Es werden keine Kosten erhoben.

4.2 Rechtsanwalt Dr. Roland Keller wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand
ernannt und für die beiden bundesgerichtlichen Verfahren aus der
Bundesgerichtskasse mit gesamthaft Fr. 2'500.-- entschädigt.

5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem
Präsident der Anklagekammer des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. September 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: