Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 1A.37/2007
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{T 0/2}
1A.37/2007 /fun

Urteil vom 30. März 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
Gerichtsschreiber Forster.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Stefan
Wehrenberg,

gegen

Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion
Auslieferung,
Bundesrain 20, 3003 Bern,
Bundesstrafgericht, I. Beschwerdekammer,
Postfach 2720, 6501 Bellinzona.

Auslieferungshaftbefehl,

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichtes, I. Beschwerdekammer,
vom 25. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
Die russischen Behörden führen eine Strafuntersuchung gegen X.________ wegen
mutmasslichen Wirtschaftsdelikten. Gestützt auf eine Verhaftsausschreibung
von Interpol Moskau vom 13. September 2006 (bzw. den Haftbefehl eines
Moskauer Gerichtes vom 3. Mai 2006) wurde der Verfolgte am 22. Dezember 2006
am Flughafen Zürich-Kloten verhaftet und in provisorische Auslieferungshaft
versetzt. Am 28. Dezember 2006 erliess das Bundesamt für Justiz (BJ) einen
Auslieferungshaftbefehl. Die vom Verfolgten dagegen erhobene Beschwerde wies
das Bundesstrafgericht, I. Beschwerdekammer, mit Entscheid vom 25. Januar
2007 ab.

B.
Mit diplomatischer Note vom 4. Januar 2007 übermittelte die Botschaft der
Russischen Föderation in Bern das Auslieferungsersuchen der russischen
Generalstaatsanwaltschaft vom 25. Dezember 2006. Am 9. März 2007 bewilligte
das BJ erstinstanzlich die Auslieferung des Verfolgten an Russland.

C.
Gegen den die Zulässigkeit der Auslieferungshaft bestätigenden
Beschwerdeentscheid des Bundesstrafgerichtes vom 25. Januar 2007 gelangte
X.________ mit Beschwerdeeingabe vom 26. Februar 2007 an das Bundesgericht.
Er beantragt neben der Haftentlassung die Aufhebung des
Auslieferungshaftbefehls vom 28. Dezember 2006.

Das BJ beantragt mit Vernehmlassung vom 12. März 2007 die Abweisung der
Beschwerde, während das Bundesstrafgericht auf eine Stellungnahme
ausdrücklich verzichtet hat. Der Beschwerdeführer replizierte am 27. März
2007 (Postaufgabe).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Es ist zu prüfen, ob die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig ist und
welche Verfahrensvorschriften anwendbar sind.

1.1 Seit 1. Januar 2007 sind die totalrevidierten Bestimmungen über die
Bundesrechtspflege zu beachten:

Art. 110b IRSG (in der Fassung gemäss Ziff. 30 des Anhangs zum VGG [SR
173.32]) enthält für die internationale Rechtshilfe in Strafsachen eine
besondere Übergangsregel. Danach richten sich Beschwerdeverfahren gegen
Verfügungen, die in erster Instanz vor dem Inkrafttreten dieser Änderung
getroffen worden sind, nach dem bisherigen Recht. Das bedeutet, dass
erstinstanzliche Rechtshilfeverfügungen, die vor dem 1. Januar 2007 ergangen
sind, nach den altrechtlichen Verfahrensbestimmungen anfechtbar sind (zur
amtlichen Publikation bestimmtes Urteil des Bundesgerichtes 1A.163/2006 vom
23. Januar 2007, E. 1.1; Urteile 1A.178/2006 vom 19. Januar 2007, E. 1.1,
sowie 1C_1/2007 vom 22. Januar 2007, E. 1).

Das Bundesgericht hat entschieden, dass diese Regel auch für die Anfechtung
von Auslieferungshaftbefehlen gilt: Nach bisherigem Recht sind Entscheide des
Bundesstrafgerichtes betreffend Auslieferungshaft mit
Zwangsmassnahmenbeschwerde an das Bundesgericht anfechtbar (Art. 33 Abs. 3
lit. a SGG [SR 173.71]; vgl. BGE 131 I 52, 54 E. 1.2.2; 130 II 306, 308 f. E.
1; Urteil 1S.41/2005 vom 24. Oktober 2005, E. 1). Falls der erstinstanzliche
Auslieferungshaftentscheid des BJ vor dem 1. Januar 2007 erging, ist gegen
den Beschwerdeentscheid des Bundesstrafgerichtes (auch wenn dieser nach dem
1. Januar 2007 gefällt wurde) die altrechtliche Beschwerde nach SGG an das
Bundesgericht zulässig (Urteil 1C_1/2007 vom 22. Januar 2007, E. 1).

1.2 Der streitige Auslieferungshaftbefehl des BJ wurde am 28. Dezember 2006
ausgestellt. Nach dem Gesagten ist gegen den angefochtenen Entscheid des
Bundesstrafgerichtes die Zwangsmassnahmenbeschwerde nach SGG gegeben.

1.3 Auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen (Art. 33 Abs. 3 lit. a SGG
i.V.m. Art. 214-216, 218 und 219 BStP) sind hier erfüllt. Zulässiger
Beschwerdegrund ist die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens. Die Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhaltes durch das Bundesstrafgericht kann nur auf die
Frage der offensichtlichen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit bzw. auf
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen hin überprüft werden (Art. 33
Abs. 3 lit. a SGG i.V.m. Art. 104 lit. b und Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
Nach der Praxis des Bundesgerichts bildet die Verhaftung des Beschuldigten
während des ganzen Auslieferungsverfahrens die Regel. Eine Aufhebung des
Auslieferungshaftbefehls bzw. eine Entlassung aus der Auslieferungshaft
rechtfertigt sich nur ausnahmsweise, etwa wenn die Voraussetzungen von Art.
47 Abs. 1 lit. a oder b IRSG zutreffen, wenn gemäss Art. 47 Abs. 2 IRSG wegen
fehlender Hafterstehungsfähigkeit oder aus anderen Gründen die Anordnung
anderer sichernder Massnahmen als genügend erscheint, wenn das Ersuchen und
dessen Unterlagen nicht rechtzeitig eintreffen (Art. 50 Abs. 1 IRSG; Art. 16
Ziff. 4 EAUe [SR 0.353.1]), oder wenn sich eine Auslieferung bereits als
offensichtlich unzulässig erweist (Art. 51 Abs. 1 IRSG). Diese restriktive
Regelung soll es der Schweiz ermöglichen, ihren staatsvertraglichen
Auslieferungspflichten nachzukommen. Insofern sind die Voraussetzungen für
eine Haftentlassung strenger als bei strafprozessualer Untersuchungshaft (BGE
130 II 306 E. 2 S. 309-313; 117 IV 359 E. 2a S. 361 f., je mit Hinweisen;
Urteil 1S.41/2005 vom 24. Oktober 2005, E. 2).

3.
Die materiellrechtlichen Voraussetzungen einer allfälligen Auslieferung an
Russland werden im (noch hängigen) separaten Auslieferungsverfahren zu prüfen
sein (Art. 52-55 IRSG). Dementsprechend sind die Einwände des Verfolgten
gegen eine Auslieferung als solche bzw. gegen die Begründetheit des
Auslieferungsbegehrens grundsätzlich nicht im Haftbeschwerdeverfahren zu
hören (vgl. BGE 111 Ib 147 E. 4 S. 149; 111 IV 108 E. 3a S. 110). Einzig die
offensichtliche Unzulässigkeit der Auslieferung könnte in diesem Zusammenhang
einen materiellrechtlichen Haftentlassungsgrund bilden (Art. 51 Abs. 1 IRSG;
vgl. BGE 111 IV 108 E. 3a S. 110). Wie im angefochtenen Entscheid ausführlich
dargelegt wurde, erscheint hier eine allfällige Auslieferung nicht als zum
Vornherein offensichtlich unzulässig. Unterdessen hat denn auch das BJ mit
separatem Entscheid vom 9. März 2007 die Auslieferung des Verfolgten
erstinstanzlich bewilligt. Dass die gesetzlichen Haftvoraussetzungen (Art.
47-51 IRSG) erfüllt sind, wurde im angefochtenen Entscheid der
Beschwerdekammer (Seiten 5-11) bereits zutreffend dargelegt. Ein
Haftentlassungsgrund im Sinne der oben dargelegten Gesetzgebung und Praxis
ist nicht dargetan. Ebenso wenig sind offensichtlich unrichtige haftrelevante
Tatsachenfeststellungen des Bundesstrafgerichtes ersichtlich.

4.
Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Die Kostenfolgen richten sich nach den allgemeinen Vorschriften des OG (vgl.
Art. 245 BStP; BGE 130 I 234 E. 5 S. 240; 130 II 306 E. 4 S. 313). Dem
Ausgang des Verfahrens entsprechend, sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Abteilung
Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, sowie dem
Bundesstrafgericht, I. Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. März 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: