Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 1A.28/2007
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{T 1/2}
1A.28/2007 /ggs

Urteil vom 26. März 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Bundesamt für Polizei fedpol, Beschwerdeführer,

gegen

Verein Rechtsauskunft Anwaltskollektiv,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Brunner und
Rechtsanwalt Dr. Ruedi Lang,
Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission,
p.A. Bundesverwaltungsgericht, Schwarztorstrasse 53, Postfach, 3000 Bern 14.

Korrektur des Extremismusberichts des Bundesrats
vom 24. August 2004,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
der Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission vom 28.
Dezember 2006.
Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 28. Dezember 2006 hiess die Eidgenössische Datenschutz- und
Öffentlichkeitskommission eine Beschwerde des Vereins "Rechtsauskunft
Anwaltskollektiv" gut und wies das Bundesamt für Polizei an, "die nötigen
Schritte einzuleiten, damit das EJPD im Sinne dieses Urteils im Bundesblatt
erklären lässt, dass der folgende Satz des Extremismusberichtes des
Bundesrates vom 24. August 2004, Seite 32: «Ein kurzfristiger Namenswechsel
1981 zu 'Verein Rechtsauskunftsstelle Anwaltskollektiv» signalisierte
allerdings den Bruch mit der Roten Hilfe', als gestrichen gilt".

B.
Gegen dieses Urteil der Eidgenössischen Datenschutz- und
Öffentlichkeitskommission hat das Bundesamt für Polizei fedpol beim
Bundesgericht am 1. Februar 2007 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Der
Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die
Bestätigung seiner Verfügung vom 3. November 2005, wonach der
Extremismusbericht des Bundesrates vom 24. August 2004 nicht zu korrigieren
sei.
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet.
Mit Verfügung vom 1. März 2007 ist der Beschwerde aufschiebende Wirkung
beigelegt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil der Eidgenössischen Datenschutz- und
Öffentlichkeitskommission ist noch im Jahre 2006 ergangen. Aufgrund von Art.
132 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde daher nach dem OG zu beurteilen.

2.
Das Urteil der Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission
stellt eine Verfügung im Sinne von Art. 98 lit. e OG dar und unterliegt
grundsätzlich der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. In Bezug auf die
Eintretensvoraussetzungen ist einzig zu prüfen, ob das Bundesamt für Polizei
zur Beschwerde legitimiert ist.

2.1 Nach Art. 103 lit. b OG kann das in der Sache zuständige Departement
oder, soweit es das Bundesrecht vorsieht, die in der Sache zuständige
Dienstabteilung der Bundesverwaltung gegen die Verfügung einer
eidgenössischen Rekurskommission beim Bundesgericht Beschwerde führen.
Die vorliegende Beschwerde ist nicht vom Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartement, sondern vom Bundesamt für Polizei erhoben worden; die
Frage einer allfälligen Unterschriftendelegation stellt sich daher nicht
(vgl. Urteil 1A.188/2006 vom 8. Februar 2007). Das Bundesamt für Polizei kann
sich auf keine Bestimmung des Bundesrechts im Sinne von Art. 103 lit. b OG
berufen, welche es zur Beschwerde befugt: Dem Regierungs- und
Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG, SR 172.010) ist keine Norm zu
entnehmen, welche für das Einreichen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf
eine Delegation an ein Bundesamt schliessen lassen könnte (vgl. Art. 49
RVOG). Ebenso wenig enthält die Organisationsverordnung für das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (SR 172.213.1) eine
Ermächtigung an das Bundesamt für Polizei zur Erhebung einer
Verwaltungsgerichtsbeschwerde (vgl. Art. 9 ff.). Eine Berechtigung zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde durch das Bundesamt für Polizei ergibt sich
schliesslich auch nicht aus der Verordnung über Organisation und Verfahren
eidgenössischer Rekurs- und Schiedskommissionen (SR 173.31; vgl. Art. 28).
Somit kann das Bundesamt für Polizei seine Legitimation nicht auf Art. 103
lit. b OG abstützen (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1A.19/2006 vom 25. April
2006 und 1A.175/1998 vom 10. März 1999).

2.2 Zu prüfen bleibt, ob die Legitimation im Sinne von Art. 103 lit. a OG
gegeben ist. Auch dies ist zu verneinen.
Diese Bestimmung legitimiert denjenigen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
der durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges
Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Sie bezieht sich in erster
Linie auf betroffene Private. Das Gemeinwesen kann danach nur insoweit
legitimiert sein, als es gleich oder ähnlich wie ein Privater berührt ist,
weil es etwa in vermögensrechtlichen Interessen betroffen ist (BGE 123 II 542
E. 2d S. 544 f., mit Hinweisen). Dies trifft im vorliegenden Fall auf das
Bundesamt für Polizei nicht zu.
Darüber hinaus ist ein Gemeinwesen legitimiert, wenn es durch die
angefochtene Verfügung in seinen hoheitlichen Befugnissen berührt ist und ein
schutzwürdiges eigenes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheides hat. Unter diesem Gesichtswinkel legitimiert ist
allein das Gemeinwesen als solches, nicht hingegen eine einzelne Behörde oder
ein Verwaltungszweig ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Eine Verwaltungsstelle
des Bundes ist daher grundsätzlich nicht befugt, Beschwerde gegen Entscheide
anderer Verwaltungsstellen zu führen (BGE 123 II 542 E. 2f S. 545 f., mit
Hinweisen). Hierfür kommt nach Art. 103 lit. b OG grundsätzlich nur das
Departement in Betracht. Darüber hinaus begründet das blosse allgemeine
Interesse an einer richtigen Anwendung des objektiven Bundesrechts keine
Beschwerdelegitimation des Gemeinwesens. Die in einem Rechtsmittelverfahren
unterlegene Vorinstanz als solche ist nicht zur Beschwerde legitimiert. Es
genügt nicht, dass eine Behörde in ihrem Sachbereich eine Rechtsauffassung
vertritt, die im Widerspruch zu derjenigen einer andern oder übergeordneten
Instanz steht, auch wenn dadurch die Aufgabenerfüllung erschwert wird (BGE
127 II 32 E. 2 S. 36, 123 II 542 E. 2e S. 545, mit Hinweisen).

Demnach ist das Bundesamt für Polizei als im Verfahren vor der
Eidgenössischen Datenschutzkommission unterlegene Behörde auch unter diesem
Gesichtswinkel nicht zur Beschwerde legitimiert (vgl. Urteile des
Bundesgerichts 1A.19/2006 vom 25. April 2006 und 1A.175/1998 vom 10. März
1999).

3.
Mangels Legitimation des Bundesamtes für Polizei ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben
(Art. 156 OG) und ist dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Eidgenössischen Datenschutz- und
Öffentlichkeitskommission schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. März 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: