Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 1A.26/2007
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1A.26/2007 /ggs

Urteil vom 19. Juni 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiber Haag.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Stadtrat von Zürich, Stadthausquai 17, Postfach,
8022 Zürich, vertreten durch das Polizeidepartement
der Stadt Zürich, Bahnhofquai 3, Postfach, 8021 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.

Verweigerung einer Parkierungsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, vom 16. November 2006.
Sachverhalt:

A.
Am 7. September 2005 ersuchte X.________, Wochenaufenthalter in der Stadt
Zürich, um eine Parkierungsbewilligung in der Blauen Zone des
Postleitzahl-Kreises 8006 für den auf seinen Arbeitgeber, Firma Y.________,
Urdorf, immatrikulierten Audi A3 mit dem Kontrollschild ZH .... Das Gesuch
wurde vom Polizeidepartement der Stadt Zürich am 8. Dezember 2005 abgelehnt.
Eine dagegen erhobene Einsprache wies der Stadtrat von Zürich am 15. März
2006 ab.

Einen von X.________ gegen den Einspracheentscheid eingereichten Rekurs wies
das Statthalteramt des Bezirks Zürich am 2. August 2006 ab. Mit Beschwerde an
das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich verlangte X.________ die Aufhebung
des Rekursentscheids des Statthalteramts und die rückwirkende Erteilung der
beantragten Parkkarte. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit
Entscheid vom 16. November 2006 ab.

B.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 22. Januar 2007 beantragt X.________ im
Wesentlichen, der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 16. November 2006 sei
aufzuheben und das Polizeidepartement der Stadt Zürich sei anzuweisen, ihm
die Parkierungsbewilligung zum zeitlich unbeschränkten Parkieren für das
Fahrzeug ZH ... zu erteilen.

Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden könne. Das Polizeidepartement der Stadt Zürich
schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (BGG, SR 173.110) in Kraft getreten. Dieses Gesetz ist auf ein
Beschwerdeverfahren nur anwendbar, wenn der angefochtene Entscheid nach dem
1. Januar 2007 ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Diese Voraussetzung ist
vorliegend nicht erfüllt, weshalb die Beschwerde nach der vor Inkrafttreten
des BGG geltenden Rechtsmittelordnung zu beurteilen ist.

2.
Der Beschwerdeführer führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Dieses Rechtsmittel
kann im Bereich von "funktionellen" Verkehrsbeschränkungen im Sinne von Art.
3 Abs. 4 SVG nach dem bis zum 31. Dezember 2006 geltenden, hier massgebenden
Wortlaut dieser Bestimmung erhoben werden (vgl. Urteile des Bundesgerichts
2A.194/2006 vom 3. November 2006, E. 1.1, sowie 2A.23/2006 vom 23. Mai 2006,
E. 2.1). Indessen vertritt das Polizeidepartement der Stadt Zürich die
Auffassung, die umstrittene Verweigerung der Parkierungsbewilligung werde
nicht von Art. 3 Abs. 4 SVG erfasst (vgl. René Schaffhauser, Grundriss des
schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band I, 2. Aufl., Bern 2002, Rz. 94;
Adrian Haas, Staats- und verwaltungsrechtliche Probleme bei der Regelung des
Parkierens von Motorfahrzeugen auf öffentlichem und privatem Grund,
insbesondere im Kanton Bern, Diss. Bern 1994, S. 79 ff. und 93; Roger Marco
Meier, Verkehrsberuhigungsmassnahmen nach dem Recht des Bundes und des
Kantons Zürich, Diss. Zürich 1989, S. 59 ff. und 118 f.).

Die Frage des zulässigen Rechtsmittels kann im vorliegenden Zusammenhang
offen bleiben, da hier die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sowohl der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch der staatsrechtlichen Beschwerde
erfüllt sind. So kommt dem Beschwerdeführer sowohl unter dem Gesichtspunkt
von Art. 88 OG als auch nach Art. 103 lit. a OG die Beschwerdebefugnis zu. Er
kritisiert die Auslegung und Anwendung der kommunalen Parkkartenvorschriften
und rügt diesbezüglich eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und
sinngemäss des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 8 Abs. 1 BV). Die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen weiteren Erörterungen Anlass.

3.
Zum Schutz von Bewohnern und gleichermassen Betroffenen vor Lärm und
Luftverschmutzung kann das Parkieren in städtischen Quartieren unter
Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse in Anwendung der
bundesrechtlichen Vorschriften (Blaue Zone) zeitlich beschränkt werden (Art.
1 Abs. 1 der kommunalen Vorschriften vom 17. April 1986 über das
unbeschränkte Parkieren in Blauen Zonen, Parkkartenvorschriften, PKV).
Berechtigte nach Art. 2 PKV erhalten eine Parkierungsbewilligung zum zeitlich
unbeschränkten Parkieren (gesteigerter Gemeingebrauch) an den hierfür
speziell signalisierten Örtlichkeiten innerhalb einer bestimmten Zone (in der
Regel Postleitzahlkreis; Art. 1 Abs. 2 PKV). In Art. 2 PKV wird der Kreis der
zum Parkkartenbezug Berechtigten wie folgt umschrieben:
1Anwohner
Schriftenpolizeilich gemeldete Anwohner erhalten für jeden auf ihren Namen
und ihre Adresse in der entsprechenden Zone eingetragenen leichten Motorwagen
eine Parkierungsbewilligung für diese Zone.
2Geschäftsbetriebe
In der entsprechenden Zone ansässige Geschäftsbetriebe erhalten für jeden auf
ihren Namen eingelösten leichten Motorwagen eine Parkierungsbewilligung für
diese Zone.
3Andere gleichermassen Betroffene
Anderen von dieser Parkierungsbeschränkung in einer Zone gleichermassen
Betroffenen kann für einen leichten Motorwagen ebenfalls eine
Parkierungsbewilligung für die entsprechende Zone erteilt werden.

3.1 Das Verwaltungsgericht legt im angefochtenen Entscheid zunächst dar, dass
nach der Praxis zu Art. 2 Abs. 3 PKV bei "anderen gleichermassen Betroffenen"
der Zonenbezug, jedoch nicht der Fahrzeugbezug etwas weniger eng sein müsse
als bei Anwohnern und Geschäftsbetrieben im Sinne der Art. 2 Abs. 1 und 2
PKV. Die Parkkartenvorschriften würden durch zwei Prinzipien geprägt: Aus dem
Ziel, dass die städtische Bevölkerung von Lärm und Luftverschmutzung
geschützt werden soll (Art. 1 Abs. 1 PKV), ergebe sich das Einkartenprinzip.
Danach werde für jedes Auto grundsätzlich nur eine Parkkarte für einen
einzigen Berechtigten ausgestellt. Zudem gelte das Praktikabilitätsprinzip,
wonach die Berechtigung durch die Bewilligungsbehörde leicht überprüfbar sein
müsse.

Der Beschwerdeführer weist als Wochenaufenthalter nach den unbestrittenen
Ausführungen des Verwaltungsgerichts einen hinreichenden Zonenbezug zum
Postleitzahl-Kreis 8006 im Sinne von Art. 2 Abs. 3 PKV auf. Umstritten ist,
ob ein genügender Bezug zum Fahrzeug seines Arbeitgebers besteht. Dieser
Fahrzeugbezug ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts gemäss Art. 2 Abs.
1 PKV zu beurteilen. Diese Bestimmung setzt nach ihrem Wortlaut voraus, dass
das Fahrzeug auf Namen und Adresse des Gesuchstellers eingetragen ist. Der
Beschwerdeführer macht geltend, es genüge ein Eintrag als Lenker. Ein Eintrag
als Halter sei nicht erforderlich, da in Art. 2 Abs. 1 PKV für Anwohner das
Wort "eingetragen" im Unterschied zum Wort "eingelöst" für Geschäftsbetriebe
(Art. 2 Abs. 2 PKV) verwendet werde. Das Verwaltungsgericht folgt dieser
Argumentation nicht, sondern legt Art. 2 Abs. 1 PKV nach dem Zweck der
Parkkartenvorschriften unter Beachtung des Einkartenprinzips und des
Praktikabilitätsprinzip aus. Dabei kommt es zum Schluss, dass eine
Wahlmöglichkeit, eine Parkkarte für den Halter oder den Lenker einzulösen,
dem Einkartenprinzip widerspräche. Ein Lenkereintrag könne für die
Berechtigung nach Art. 2 Abs. 1 PKV auch nicht genügen, weil ein solcher
voraussetzungslos erwirkt werden könne. Eine Prüfung der Berechtigung
aufgrund zusätzlicher Dokumente (z.B. Arbeitsvertrag etc.) würde angesichts
der Vielzahl denkbarer Fälle zu einem unzumutbaren Aufwand für die
Bewilligungsbehörden führen und damit dem Praktikabilitätsprinzip
widersprechen. Im Übrigen bezeichnet das Verwaltungsgericht die Verweigerung
einer Parkkarte auch als mit dem Rechtsgleichheitsgebot vereinbar.

3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verweisung auf das
Einkartenprinzip sei willkürlich. Er werde durch die Verweigerung der
Parkierungsbewilligung gezwungen, täglich mit dem Auto zu seinem Arbeitsplatz
zu fahren, was dem Zweck der Parkkartenvorschriften offensichtlich
widerspreche. Zudem sei nicht ersichtlich, warum die Wahlmöglichkeit, eine
Parkkarte für den Halter oder den Lenker zu lösen, zu mehr Pendlerfahrten
führen sollte. Die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts
entbehrten jeder Grundlage und seien willkürlich. Auch werde das
Praktikabilitätsprinzip vom Verwaltungsgericht in willkürlicher Weise
beigezogen. Der Lenkereintrag könne nicht voraussetzungslos, sondern nur vom
Halter erwirkt werden. Damit sei auch die Annahme, bei einem Lenkereintrag
bestehe kein genügender Fahrzeugbezug, willkürlich. Die Beurteilung des
Fahrzeugbezugs widerspreche zudem den kantonalen Regeln über die
Immatrikulation von Geschäftsfahrzeugen, die von den Mitarbeitenden auch
ausserhalb der Arbeitszeit benutzt würden. Somit gingen die Ausführungen des
Verwaltungsgerichts zur Begründung eines erheblichen Prüfungsaufwands fehl.
Schliesslich liege eine krasse Ungleichbehandlung von kantonsfremden und
kantonseigenen Geschäftsfahrzeugen vor, da dem Lenker eines ausserkantonalen
Geschäftsfahrzeugs mit ordentlichem Wohnsitz in Zürich ohne Halterwechsel ein
Standorteintrag für die Wohnzone erteilt, demjenigen eines innerkantonalen
Geschaftsfahrzeugs jedoch verweigert werde. Der Standorteintrag berechtige
dann zum Bezug einer Parkkarte. Der Fahrzeugbezug sei aber bei einem
Lenkereintrag genau derselbe wie bei einem Standorteintrag. Der angefochtene
Entscheid beruhe somit auf einer sachlich unhaltbaren Unterscheidung nach
bestimmten Benutzergruppen (BGE 122 I 279 E. 8e/cc S. 292).

3.3 Verkehrsbeschränkungen der hier in Frage stehenden Art sind regelmässig
mit komplexen Interessenabwägungen verbunden. Die Verantwortung für die
Zweckmässigkeit und Wirksamkeit solcher Massnahmen liegt in erster Linie bei
den verfügenden Behörden. Die zuständigen Organe besitzen dabei einen
erheblichen Gestaltungsspielraum. Ein Eingreifen des Richters ist erst
gerechtfertigt, wenn die zuständigen Behörden von unhaltbaren tatsächlichen
Annahmen ausgehen, bundesrechtswidrige Zielsetzungen verfolgen, bei der
Ausgestaltung der Massnahme ungerechtfertigte Differenzierungen vornehmen
oder notwendige Differenzierungen unterlassen oder sich von erkennbar
grundrechtswidrigen Interessenabwägungen leiten lassen (vgl. Urteile
2P.109/1994 vom 14. Oktober 1994, publ. in: ZBl 96/1995 S. 508 ff., E. 5a;
2P.212/1996 vom 21. Oktober 1997, E. 2a; 2A.194/2006 vom 3. November 2006,
E. 3.2, je mit Hinweisen).

Die umstrittene Parkkartenverweigerung stützt sich insbesondere auf das
Einkartenprinzip und das Praktikabilitätsgebot (s. E. 3.1 hiervor). Es
handelt sich dabei um Grundsätze, deren Handhabung aufgrund der
Parkkartenvorschriften und der vom Beschwerdeführer angerufenen weiteren
Bestimmungen nicht zu beanstanden ist. Das Verwaltungsgericht hat sich
eingehend mit der Auslegung und dem Zweck der Parkkartenvorschriften
auseinander gesetzt und die vom Beschwerdeführer verlangte Privilegierung
eines Anwohners, der selbst nicht Halter des von ihm gelenkten Fahrzeugs ist,
abgelehnt. Es erscheint weder willkürlich noch im Widerspruch zum SVG, wenn
die Parkkartenvorschriften so angewendet werden, dass nie eine
Wahlmöglichkeit, eine Parkkarte für den Lenker oder den Halter einzulösen,
entstehen kann (Einkartenprinzip). Der davon abweichende, vom
Beschwerdeführer ausführlich dargelegte Lösungsansatz erscheint, wie das
Polizeidepartement der Stadt Zürich zu Recht bemerkt, als sehr kompliziert.
Er beruht auf einem weniger engen Fahrzeugbezug. Dieser könnte nicht in allen
denkbaren Fällen leicht und sicher festgestellt werden. Dass damit ein
grösserer Aufwand für die Bewilligungs- und Kontrollbehörden entstünde, ist
offensichtlich, was nur schwer mit dem Praktikabilitätsgebot vereinbar wäre.
Eine willkürliche oder rechtsverletzende Auslegung und Anwendung der
Parkkartenvorschriften wird dem Verwaltungsgericht vom Beschwerdeführer unter
diesen Umständen zu Unrecht vorgeworfen, ohne dass auf sämtliche
Einzelargumente des Beschwerdeführers näher einzugehen wäre. Auch ist keine
sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Fahrzeuglenkern, deren
Geschäftssitz ausserhalb des Kantons Zürich liegt, und solchen, die ein Auto
einer im Kanton domizilierten Firma benutzen, ersichtlich. Fahrzeuge von
Firmen mit ausserkantonalem Domizil, die mit Blick auf den Standort von
Bundesrechts wegen (Art. 22 SVG) zwingend im Kanton Zürich immatrikuliert
sind, können eindeutig einer einzigen Adresse in Zürich zugeordnet werden,
weshalb das Verwaltungsgericht einen Verstoss gegen das Einkartenprinzip und
das Praktikabilitätsgebot verneinen durfte. Beim Beschwerdeführer hingegen
liegen die Dinge anders, da hier sowohl Geschäftsadresse (des Halters) als
auch Wohnadresse (des Lenkers) im Kanton Zürich liegen. Nach der
verfassungskonformen Praxis zu den Parkkartenvorschriften soll jedoch keine
Wahlmöglichkeit gewährt werden. Somit kann auch dem Vorwurf der
unrechtmässigen Ungleichbehandlung nicht gefolgt werden.

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Die Kosten
des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 156 Abs. 1 OG). Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen (Art.
159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Stadtrat von Zürich und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 19. Juni 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: