Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 1A.1/2007
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007


{T 0/2}
1A.1/2007
1P.1/2007 /ggs

Urteil vom 18. April 2007

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.

AX.________,
Y.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Advokat
René Brigger,

gegen

D.________ AG,
E.________ AG,
Beschwerdegegnerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwälte Ulrich Keusen und
Kathrin Lanz,
Einwohnergemeinde Grindelwald, handelnd durch den Gemeinderat, 3818
Grindelwald, vertreten durch Fürsprecher Andreas Hubacher,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt,
Reiterstrasse 11, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern.

Baubewilligung; nachträgliche Durchführung eines ordentlichen Verfahrens,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde (1A.1/2007) und staatsrechtliche Beschwerde
(1P.1/2007) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 29. November 2006.
Sachverhalt:

A.
Am 16. September 2003 erteilte der Regierungsstatthalter von Interlaken der
Bauherrengemeinschaft D.________ AG/E.________ AG die generelle
Baubewilligung für den Neubau einer Hotelanlage im Gebiet "Fuhrenmatte" in
Grindelwald, unter Abweisung der dagegen erhobenen Einsprachen. Eine
hiergegen eingereichte Beschwerde wurde durch Vergleich erledigt.

B.
Am 15. Dezember 2004 reichte die Bauherrengemeinschaft ein Baugesuch mit dem
Antrag auf Erteilung der ordentlichen Baubewilligung für den "Neubau
F.________" ein. Die Einwohnergemeinde Grindelwald reichte das Baugesuch an
das Regierungsstatthalteramt Interlaken als zuständige Baubewilligungsbehörde
weiter. Dieses verzichtete auf eine Publikation des Baugesuchs und liess es
bei einer schriftlichen Mitteilung an die seinerzeitigen Einsprecher
bewenden. Am 1. April 2005 erteilte der Regierungsstatthalter die
"Ausführungsbewilligung zur generellen Baubewilligung vom 16. September
2003".

C.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2006 richteten die anwaltlich vertretenen
Gebrüder X.________ und Z.________ eine dringende Anfrage an die
Einwohnergemeinde Grindelwald. Sie ersuchten insbesondere um Auskunft, ob für
das Projekt Fuhrenmatte eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege und wie
die Einhaltung des im Gemeindebaureglement vorgesehenen Erstwohnungsanteils
gesichert werden solle. Mit Schreiben vom 28. Februar 2006 bestätigte die
Gemeinde, dass eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege.

D.
Mit Eingabe vom 16. März 2006 gelangten die Gebrüder X.________ und
Z.________ an den Regierungsstatthalter von Interlaken mit dem Antrag, es sei
die Publikation des Detailbaugesuchs darzulegen; sollte die Publikation nicht
erfolgt sein, so sei diese nachzuholen, soweit die Bauherrschaft an ihrem
Projekt festhalte. Sofern die Publikation nicht nachgewiesen und die
Publikation verweigert werde, sei dies in einer Verfügung festzuhalten.
Am 13. April 2006 antwortete der Regierungsstatthalter, das
Ausführungsprojekt sei nicht publiziert worden, weil es sich innerhalb des
durch die generelle Baubewilligung bewilligten Gegenstands bewegt habe.
Zusammenfassend hielt der Regierungsstatthalter fest:
"1.Das Ausführungsgesuch wird nicht publiziert.

2. Die Publikation wird nicht nachgeholt, weil keine öffentlichen Interessen
in weitergehendem Masse berührt waren als im generellen Gesuch.

3. Es wird keine formelle Verfügung erlassen."

E.
Am 27. April 2006 teilte der Anwalt der Gesuchsteller mit, er vertrete
nunmehr auch die Interessen von Y.________. Die Anfrage vom 16. März 2006
gelte auch für diese Klientin und er gehe davon aus, dass die Antwort des
Regierungsstatthalters in Bezug auf diese gleich ausfalle wie jene vom 13.
April 2006; andernfalls bitte er um Bericht.

F.
Am 1. Mai 2006 erhoben AX.________, Z.________ und Y.________ Baubeschwerde
bei der Berner Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE) mit dem Antrag, die
Verfügung vom 13. April 2006 sei aufzuheben und der Regierungsstatthalter sei
zu verpflichten, eine Verfügung zu erlassen (Ziff. 1), das Ausführungsprojekt
bezüglich des Residenzbaus Fuhrenmatte sei zu publizieren (Ziff. 2) und es
sei materiell abzuweisen (Ziff. 3).

Am 10. Juli 2006 trat die BVE auf die Beschwerde nicht ein. Sie ging davon
aus, dass Ziff. 2 des Schreibens des Regierungsstatthalters vom 13. April
2006 eine Verfügung darstelle, weshalb für das Rechtsbegehren 1 der
Beschwerdeführer kein Rechtsschutzinteresse mehr bestehe. Im Übrigen sei die
Beschwerde verspätet, weil den Beschwerdeführern spätestens seit Erhalt des
Schreibens der Gemeinde vom 28. Februar 2006 bekannt gewesen sei, dass eine
Ausführungsbewilligung vorliege. Dennoch hätten sie in der Folge nicht die
sich ihnen aufdrängenden Schritte unternommen. Dies gelte auch für
Y.________, die sich das Wissen ihres Anwalts zurechnen lassen müsse; deren
Beschwerde sei rechtsmissbräuchlich.

G.
Gegen den Entscheid der BVE erhoben AX.________ und Y.________ am 3. August
2006 Beschwerde beim Berner Verwaltungsgericht mit dem Antrag, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei ein ordentliches
Baubewilligungsverfahren einzuleiten. Am 29. November 2006 wies das
Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten sei.

H.
Dagegen haben AX.________ (im Folgenden: der Beschwerdeführer) und Y.________
(im Folgenden: die Beschwerdeführerin) am 30. Dezember 2006
Verwaltungsgerichtsbeschwerde respektive staatsrechtliche Beschwerde erhoben.
Sie beantragen die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils.

Das Verwaltungsgericht, die Bauherrengemeinschaft D.________ AG/ E.________
AG (im Folgenden: die Beschwerdegegnerinnen) sowie die Einwohnergemeinde
Grindelwald beantragen, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei nicht
einzutreten; die staatsrechtliche Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Die BVE verzichtet auf einen Antrag.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Weil das angefochtene Urteil vor dem 1. Januar 2007 erging, bleiben auf das
bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren das OG und die bis zum 31. Dezember
2006 geltende Rechtsmittelbestimmung des RPG (Art. 34 aRPG) anwendbar (Art.
132 Abs. 1 BGG).

1.1 Der kantonal letztinstanzliche Entscheid des Verwaltungsgerichts
bestätigt einen Entscheid der BVE, wonach auf die Baubeschwerde der
Beschwerdeführer wegen Fristversäumnis bzw. Rechtsmissbrauchs nicht
einzutreten sei. Dieser Entscheid stützt sich auf kantonales Verfahrensrecht.
Dagegen steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht nur offen,
soweit diese auch in der Hauptsache zulässig wäre (vgl. BGE 125 II 10 E. 2 S.
12 ff.).

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass zur Beurteilung des Bauprojekts
auch Bundesrecht anzuwenden sei; neben dem NHG seien insbesondere die
Vorschriften des USG und der LSV über den Lärmschutz zu beachten; ferner sei
Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG bezüglich der Zonenkonformität und lit. b
hinsichtlich der Erschliessung zu berücksichtigen.

Die Zonenkonformität und die genügende Erschliessung eines Bauvorhabens
beurteilen sich in erster Linie aufgrund der Vorschriften des kommunalen und
kantonalen Rechts, weshalb diese Fragen grundsätzlich nicht im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilen sind (vgl. auch Art. 34 Abs. 1
und 3 aRPG).
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das streitige Bauvorhaben
bundesrechtliche Lärmschutzvorschriften verletzen könnte. Den
Beschwerdeführern geht es nach eigener Aussage in erster Linie um die
Verhinderung des "boomenden Zweitwohnungsbaus" und die Einhaltung des im
Gemeindebaureglement vorgeschriebenen Erstwohnungsanteils (vgl.
Beschwerdeschrift S. 9 f.; vgl. auch Baubeschwerde vom 1. Mai 2006, S. 10
f.), und damit um die Einhaltung von kommunalem Recht.

Schliesslich sind auch die von den Beschwerdeführern angesprochenen Fragen
des Ortsbild- und Landschaftsschutzes nach kantonalem bzw. kommunalem Recht
zu beurteilen; bundesrechtlich im NHG geregelte Fragen des Biotopschutzes
werden von den Beschwerdeführern nicht aufgeworfen.

1.2 Nach dem Gesagten steht gegen den angefochtenen Entscheid nur die
staatsrechtliche Beschwerde offen. Die Beschwerdeführer sind als Parteien des
kantonalen Verfahrens zur Rüge legitimiert, die kantonalen Instanzen seien zu
Unrecht auf ihre Baubeschwerde nicht eingetreten und hätten ihnen deshalb das
Recht verweigert. Auf das rechtzeitig erhobene - als verwaltungsgerichtliche
resp. staatsrechtliche Beschwerde bezeichnete - Rechtsmittel ist daher im
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde grundsätzlich einzutreten.

1.3 Nicht einzutreten ist dagegen auf die Rüge, die unterbliebene Publikation
der Baubewilligung verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs.
2 BV). Streitgegenstand vor Verwaltungsgericht war lediglich, ob die BVE auf
die Baubeschwerde hätte eintreten müssen. Nachdem es dies verneint hatte,
konnte das Verwaltungsgericht nicht mehr prüfen, ob die Baubewilligung
mangels Publikation des Baugesuchs an einem formellen Mangel litt. Diese
Frage kann daher auch nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens
sein.

2.
Nach der Rechtsprechung des Berner Verwaltungsgerichts sind Nachbarn, die
geltend machen, sie seien - beispielsweise infolge einer unterlassenen
Publikation - zu Unrecht nicht als Einsprecher an einem
Baubewilligungsverfahren beteiligt worden, befugt, nachträglich Baubeschwerde
zu führen. Diese muss 30 Tage nach Kenntnis des massgebenden Sachverhalts
eingereicht werden. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, in dem die
beschwerdeberechtigte Partei im Besitz aller für die erfolgreiche Wahrung
ihrer Interessen wesentlichen Kenntnisse war bzw. bei gebührender
Aufmerksamkeit hätte sein können. Die nachträglich beschwerdeführende Person
ist nach Treu und Glauben verpflichtet, die ihr zumutbaren Schritte zur
Fristwahrung zu unternehmen. Welches Mass an Aufmerksamkeit ihr zugemutet
werden darf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; namentlich kann es
eine Rolle spielen, ob die Partei rechtskundig vertreten wird.

2.1 Im vorliegenden Fall ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der
Beschwerdeführer nicht zeitgerecht die ihm zumutbaren Schritte im Hinblick
auf die Einreichung einer nachträglichen Baubeschwerde unternommen habe,
nachdem er Anfang März 2006 vom Vorliegen einer rechtskräftigen
Ausführungsbewilligung erfahren hatte.

In seiner Eingabe an den Regierungsstatthalter vom 16. März 2006 habe er nur
die Publikation des Baugesuchs beantragt; dagegen sei weder ausdrücklich noch
sinngemäss der Antrag auf Aufhebung oder Abänderung des Bauentscheids
gestellt worden. Diese Eingabe könne daher nicht als Baubeschwerde
qualifiziert werden.

Sie sei auch nicht als sach- und zeitgerechter Schritt für die Ermittlung des
massgebenden Sachverhalts im Hinblick auf die spätere Erhebung einer
nachträglichen Baubeschwerde zu werten: Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb
der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer nach Erhalt des Schreibens der
Gemeinde nicht umgehend die Zustellung der Baubewilligung verlangt habe,
sondern - überdies erst zwei Wochen später - an den Regierungsstatthalter
gelangt sei mit dem blossen Begehren, Aufschluss über die Publikation des
Bauvorhabens zu erhalten. Diese Frage hätte sich in naheliegender Weise
anhand der Baubewilligung klären lassen.

Die nachträgliche Publikation des Baugesuchs sei auch zur Wahrung der Rechte
des Beschwerdeführers nicht notwendig gewesen; dieser hätte sich vielmehr
durch Akteneinsicht bei der Gemeinde oder auf dem Regierungsstatthalteramt
innert kurzer Frist die notwendigen Grundlagen für die Erhebung einer
begründeten nachträglichen Baubeschwerde beschaffen können und müssen, falls
die Baubewilligung allein hierfür nicht genügt hätte.

2.2 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, er habe ein berechtigtes
Interesse an der Publikation des Baugesuchs gehabt: Der ordentlichen
baurechtlichen Publikation schliesse sich ein Einspracheverfahren an, das
kostenlos sei und erfahrungsgemäss gute Chancen für eine Projektverbesserung
biete. Dieser Möglichkeit gehe er verlustig, wenn er gleich Baubeschwerde
erheben müsse.

Der Beschwerdeführer verkennt, dass auch fehlerhafte Verfügungen in
Rechtskraft erwachsen, wenn sie nicht rechtzeitig angefochten werden. Auch
derjenige, der nachträglich von der Existenz einer Baubewilligung erfährt,
kann nicht einfach die Neueröffnung des Einspracheverfahrens verlangen,
sondern muss Beschwerde erheben, um formelle oder materielle Mängel der
Baubewilligung geltend zu machen. Im Beschwerdeverfahren ist dann zu prüfen,
ob die Publikation des Baugesuchs erforderlich gewesen wäre und ob dieser
Mangel geheilt werden kann oder die Publikation nachgeholt werden muss. Die
Praxis, Personen, die erst nachträglich von einer Verfügung erfahren, auf den
Beschwerdeweg zu verweisen, ist daher keinesfalls willkürlich.

2.3 Der Beschwerdeführer ist sodann der Auffassung, die Berner Behörden
hätten überspannte Anforderungen an die ihm zumutbaren Schritte gestellt und
ihm damit das Recht verweigert.

Es sei willkürlich, den Beginn der Beschwerdefrist auf den 2. März 2006
anzusetzen, da zu diesem Zeitpunkt noch keine für die Beschwerdeerhebung
genügenden Informationen vorgelegen hätten: Der Anwalt der Gemeinde habe in
seinem Antwortschreiben das Vorliegen einer Baubewilligung lediglich
behauptet, ohne diese vom Datum her oder sonst näher zu bezeichnen.

Die Anfrage an den Regierungsstatthalter sei notwendig gewesen, um die
Antwort der Gemeinde zu verifizieren und um herauszufinden, ob überhaupt noch
Rechtsmittel gegen die Baubewilligung möglich seien. Die Antwort des
Regierungsstatthalters vom 13. April 2006 sei die erste, den
Beschwerdeführern zugestellte relevante Verfügung im Bauverfahren gewesen,
weshalb die Beschwerdefrist frühestens mit der Zustellung dieses Schreibens
habe beginnen können.

Schliesslich sei zu berücksichtigen, dass die unklare Situation resp. der
ungeordnete Verfahrensgang von der Verwaltung und der Bauherrschaft zu
verantworten gewesen sei und nicht von den Beschwerdeführern. Zumindest hätte
die Eingabe vom 16. März 2006 als Baubeschwerde behandelt oder zur
Verbesserung zurückgewiesen werden müssen.

2.3.1 Das Verwaltungsgericht hat willkürfrei dargelegt, weshalb die Eingabe
vom 16. März 2006 an den Regierungsstatthalter nicht als Baubeschwerde
interpretiert und entgegengenommen werden musste. Durfte der
Regierungsstatthalter die Eingabe daher als blosse Anfrage hinsichtlich der
erfolgten Publikation bzw. als Gesuch um nachträgliche Publikation verstehen,
so bestand auch für ihn keine Veranlassung, diese zur Verbesserung an den
Beschwerdeführer zurückzuweisen.

2.3.2 Welche Schritte von einer Person erwartet werden, der ein Entscheid
nicht oder nicht ordnungsgemäss eröffnet wurde, hängt von den Umständen des
Falles, insbesondere von der Dringlichkeit der Sache ab (vgl.
Bundesgerichtsentscheid 1A.256/1993 vom 31. Dezember 1993, ZBl 95/1994 S.
529, E. 2a, ebenfalls betreffend den Kanton Bern); den kantonalen Gerichten
steht dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum zu.

In dem dem Bundesgerichtsentscheid 1A.256/1993 zugrundeliegenden Fall
stellten die Berner Behörden für den Beginn der Rechtsmittelfrist auf den
Zeitpunkt ab, in dem die Behörde dem Beschwerdeführer unmissverständlich
mitgeteilt hatte, sie werde die beantragte nachträgliche Publikation der
Ausnahmebewilligung nicht mehr vornehmen; dies wurde vom Bundesgericht nicht
beanstandet. Im vorliegenden Fall legten die Berner Behörden einen strengeren
Massstab an und gingen davon aus, das Gesuch um nachträgliche Publikation sei
zur Wahrung der Rechte des Beschwerdeführers nicht notwendig gewesen, weshalb
dieser die Antwort des Regierungsstatthalters nicht hätte abwarten dürfen,
sondern gleich Baubeschwerde hätte erheben müssen.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts entspricht der oben dargestellten
Rechtslage, wonach im Fall der "hinkenden Rechtskraft" grundsätzlich nicht
die Neueröffnung des Einspracheverfahrens durch nachträgliche Publikation des
Baugesuchs verlangt werden kann, sondern Beschwerde gegen die Baubewilligung
geführt werden muss. Der Beschwerdeführer hatte in seinem Schreiben vom 17.
Februar 2006 an die Gemeinde selbst ausgeführt, dass der Baubeginn
unmittelbar bevorstehe, wusste also, dass die Sache dringlich sei. Zudem
waren die Beschwerdeführer anwaltlich vertreten; sie bzw. ihr Anwalt mussten
deshalb wissen, dass sie nach Treu und Glauben dafür besorgt sein mussten,
den Inhalt der Verfügung in Erfahrung zu bringen (BGE 107 Ia 72 E. 4a S. 76).

Unter Berücksichtigung dieser Umstände durfte die BVE bzw. das
Verwaltungsgericht vom Beschwerdeführer verlangen, dass dieser sich umgehend
über den Inhalt der Baubewilligung informiere und anschliessend, binnen 30
Tagen, dagegen Beschwerde erhebe. Damit begann die Rechtsmittelfrist nicht -
wie der Beschwerdeführer meint - schon am 2. März 2006 mit der Auskunft der
Gemeinde zu laufen; sie begann jedoch im Zeitpunkt, in dem der
Beschwerdeführer Einsicht in die Baubewilligung und gegebenenfalls in das
Baugesuch hätte nehmen können, d.h. wenige Tage später, und war deshalb am 1.
Mai 2006 bereits abgelaufen.
Es kann daher offen bleiben, ob der Beschwerdeführer, wie die
Beschwerdegegnerinnen geltend machen, schon im Jahr 2005 Kenntnis von der
Erteilung der Ausführungsbewilligung hatte.

2.3.3 Nach dem Gesagten kann dem Verwaltungsgericht somit in Bezug auf den
Beschwerdeführer weder überspitzter Formalismus noch eine verfassungswidrige
Rechtsverweigerung vorgeworfen werden.

3.
Das Verwaltungsgericht schützte den Nichteintretensentscheid der BVE auch
bezüglich der Beschwerdeführerin. Es sei rechtsmissbräuchlich, Parteistellung
im nachträglichen Baubeschwerdeverfahren nach rein prozesstaktischen
Überlegungen zu begründen. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die
Eingabe der Beschwerdeführerin an den Regierungsstatthalter im Kern nicht dem
Schutz ihrer eigenen schutzwürdigen Interessen dienen sollte, sondern dass
diese als zusätzliche Partei in das Verfahren eingebracht wurde mit dem Ziel,
allfällige Versäumnisse im bisherigen Verfahren zu kompensieren.

Das Verwaltungsgericht liess offen, ob die Baubeschwerde der
Beschwerdeführerin deshalb rechtsmissbräuchlich gewesen sei (Art. 45 VRPG)
oder ob die Art und Weise der Prozessführung der Beschwerdeführerin zur Folge
habe, dass diese sich das Wissen des Beschwerdeführers bzw. ihres gemeinsamen
Rechtsanwalts zurechnen lassen müsse, mit der Folge, dass auch ihre
Baubeschwerde verspätet gewesen sei. So oder anders halte der
Nichteintretensentscheid der BVE jedenfalls im Ergebnis der Rechtskontrolle
stand.

3.1 Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht formelle
Rechtsverweigerung und überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV), Willkür
(Art. 9 BV) sowie die Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 BV) vor.
Sie bestreitet, aus prozesstaktischen Überlegungen heraus gehandelt zu haben:
Sie wohne noch näher am Neubauprojekt als ihr Sohn und verteidige deshalb
ihre eigenen Interessen. Sie habe erst am 25. April 2006 erfahren, dass in
ihrer Nachbarschaft Residenzbauten entstehen sollten, und habe daraufhin
sofort dem Anwalt das Mandat erteilt, auch ihre Interessen wahrzunehmen. Im
Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 1. Mai 2006 sei noch niemandem klar
gewesen, dass die BVE die Beschwerdeerhebung als verspätet bewerten würde. Es
fehle jeglicher Beweis für die Behauptung des Verwaltungsgerichts, sie sei
"instrumentalisiert" worden.

Die Beschwerdeführerin rügt damit nicht die Rechtsanwendung des
Verwaltungsgerichts, sondern sie bestreitet die dieser zugrundeliegende
Sachverhaltsannahme, wonach der Verfahrensbeitritt der Beschwerdeführerin aus
rein prozesstaktischen Gründen erfolgt sei. Diese Sachverhaltsfeststellung
kann vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft werden.

3.2 Das Verwaltungsgericht stützte sich für seine Annahme auf folgende
Indizien: die enge Verwandtschaft zwischen den Beschwerdeführern 1 und 2, die
gesamten Umstände des Verfahrens sowie die Tatsache, dass die
Beschwerdeführerin nicht dargelegt habe und auch nicht ersichtlich sei,
inwiefern sie daran gehindert gewesen sein sollte, sich bereits im Rahmen der
Eingabe vom 17. Februar 2006 an die Gemeinde und jener vom 16. März 2006 an
den Regierungsstatthalter als Partei zu beteiligen.

Die Beschwerdeführerin setzt sich nicht näher mit diesen Indizien
auseinander, sondern rügt die Sachverhaltsfeststellung des
Verwaltungsgerichts pauschal als willkürlich und aktenwidrig, ohne
darzulegen, inwiefern sie aktenmässig belegten Tatsachenfeststellungen
widerspricht und aus welchen Aktenstücken sich dies ergibt.

Ausdrücklich erwähnt wird in der Beschwerdeschrift nur die Anwaltsvollmacht
vom 26. April 2006. Aus dieser ergibt sich aber nur das Datum der
Mandatierung des Anwalts; dagegen belegt die Vollmacht nicht, von wem die
Initiative hierfür ausging (kontaktierte die Beschwerdeführerin spontan den
Anwalt ihres Sohnes, oder wurde sie von diesem "angeworben", wie die BVE in
ihrem Beschwerdeentscheid annahm?). Aus der Vollmacht lässt sich auch nicht
entnehmen, ob die Beschwerdeführerin das Mandat schon früher hätte erteilen
können. Auch die unsubstantiierte und unbelegte Behauptung der
Beschwerdeführerin, sie habe erst am 25. April 2006 von der Baubewilligung
Kenntnis erlangt, genügt nicht, um Willkür zu begründen.

Insofern erscheint es fraglich, ob auf die Beschwerde überhaupt eingetreten
werden kann. Die Frage kann jedoch offen bleiben, da jedenfalls keine Willkür
ersichtlich ist.

3.3 In ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht hatte sich die
Beschwerdeführerin damit begnügt, auf die fehlende Publikation des Baugesuchs
hinzuweisen und darauf, dass die Beweislast für eine frühere, genügliche
Kenntnis vom Vorliegen der Baubewilligung bei der Verwaltung liege. Dagegen
legte sie mit keiner Silbe dar, von wem und unter welchen Umständen sie von
der Baubewilligung erfahren hatte und weshalb sie sich entschlossen habe, den
Anwalt ihres Sohnes auch mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen.
Dies wäre aber zu erwarten gewesen, nachdem die BVE im Beschwerdeentscheid
davon ausgegangen war, die Beschwerdeführerin sei nachträglich, vom Anwalt
ihres Sohnes, "angeworben" worden, um doch noch ein Eintreten auf die
verspätete Beschwerde zu erzwingen.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, nicht ihr, sondern der Behörde bzw. der
Bauherrschaft obliege die Beweislast, stösst ins Leere, da die
Beschwerdeführerin, unabhängig von der Beweislast, eine Mitwirkungspflicht in
dem von ihr initiierten Rechtsmittelverfahren traf (vgl. Thomas Merkli/Arthur
Aeschlimann/Ruth Herzog, Kommentar zum Gesetz über die
Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern 1997, Art. 18 Rz 4 und Art. 20
Rz 2 und 3), insbesondere dort, wo es - wie hier - um Tatsachen geht, die sie
besser kennt als die Behörden und welche diese ohne ihre Mitwirkung gar nicht
oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben können (vgl. BGE 130 II 482 E.
3.2 S. 486; in BGE 132 II 298 nicht publ. E. 3.5.2 mit Hinweisen).

Das Verwaltungsgericht durfte deshalb ohne Willkür aus dem Fehlen
entsprechender Darlegungen schliessen, dass die Beschwerdeführerin
tatsächlich aus prozesstaktischen Gründen nachträglich in das Verfahren
eingebracht wurde.

4.
Nach dem Gesagten ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 156 und 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die privaten Beschwerdegegnerinnen und die
Einwohnergemeinde Grindelwald für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr.
2'500.-- zu entschädigen. Sie haften solidarisch zu gleichen Teilen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Grindelwald, der Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. April 2007

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: