Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 98/2006
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{T 7}
U 98/06

Urteil vom 5. April 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger und Frésard,
Gerichtsschreiber Scartazzini.

B. ________, 1954, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Beat Gerber,
Bielstrasse 9, 4502 Solothurn,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons Solothurn vom 12. Januar 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1954 geborene, seit 1. Juli 2002 arbeitslose B.________ war bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von
Unfällen versichert. Am 6. Januar 2004 wurde er im Hauptbahnhof von einem
Betrunkenen tätlich angegriffen und erlitt dabei Kontusionen des linken
Handgelenks, der rechten Hüfte und der Lendenwirbelsäule. Die SUVA übernahm
die Heilbehandlung und erbrachte Taggeldleistungen. Mit Verfügung vom 18.
März 2004 stellte sie ihre Leistungen ab 31. Mai 2004 mangels
Unfallkausalität der noch vorhandenen Beschwerden ein. Die dagegen erhobene
Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom 2. März 2005 ab.

B.
Dagegen erhob B.________ Beschwerde und beantragte, die SUVA habe einerseits
ihre Leistungserbringung ab 1. Juni 2004 wieder aufzunehmen, sodass ihm
rückwirkend und pro futuro Taggelder gestützt auf eine unfallbedingte
Arbeitsunfähigkeit von 100 % auszurichten seien, andererseits seien die
Kosten für die notwendige, nach wie vor laufende ambulante
psychotherapeutisch-medikamentöse Heilbehandlung bei Dr. med. F.________
weiterhin zu übernehmen. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies
die Beschwerde mit Entscheid vom 12. Januar 2006 ab.

C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die
vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während
das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
massgeblichen Gesetzesbestimmungen und die für die Beurteilung der Frage der
Kausalität rechtsprechungsgemäss geltenden Grundsätze zutreffend dargelegt.
Insbesondere hat es festgehalten, dass die Kriterien nach BGE 115 V 133 bei
diesem vorinstanzlich als mittelschwer qualifizierten Unfall nicht in der
erforderlichen Weise gegeben sind. Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Sämtliche Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen hieran
nichts zu ändern. Insbesondere ist die Rüge unbegründet, die SUVA und das
kantonale Gericht hätten, weil sich die psychische Problematik nachträglich
akzentuiert habe und der Beschwerdeführer auch weiterhin psychiatrische
Behandlung in Anspruch nehmen müsse, die Unfalladäquanz anhand der bekannten
Kriterien, ohne weitere Abklärungen vorzunehmen, zu Unrecht bereits zwei
Monate nach dem Unfallereignis und nicht erst nach Ablauf einer gewissen Zeit
geprüft. Wie es die Vorinstanz mit der SUVA interpretiert und anwendet,
bezieht sich das Urteil K. vom 11. Februar 2004, U 246/03, worauf sich der
Beschwerdeführer beruft, auf die Schleudertraumen der Halswirbelsäule (BGE
117 V 359) und Schädel-Hirntraumen (BGE 117 V 369), bei welchen zwischen
somatischen und psychischen Gesundheitsschäden nicht differenziert wird. Wo
es hingegen nicht um solche Traumen geht und die physischen und psychischen
Leiden eindeutig auseinanderzuhalten sind, ist die genannte Rechtsprechung
nicht anwendbar und muss die Adäquanzprüfung nach Abschluss der somatischen
Behandlung vorgenommen werden können.

Dem konkreten Fall liegt kein Schleudertrauma zu Grunde; der Versicherte
weist Beschwerden auf, die nach der für psychische Fehlentwicklungen im
Anschluss an Unfälle etablierten Praxis (BGE 115 V 133) zu beurteilen sind.
Die psychischen Unfallfolgen haben auf den Zeitpunkt der Adäquanzbeurteilung
demzufolge keine Auswirkung. Die SUVA durfte somit die Leistungen mit Wirkung
ab 1. Juni 2004 einstellen, da es für die Bestimmung des Zeitpunktes des
Abschlusses des Heilungsprozesses lediglich auf die Behandlung der
somatischen Unfallfolgen und nicht der psychischen Gesundheitsbeschwerden
ankommt.

3.2 Demnach kommt nicht die allgemeine Adäquanzformel (BGE 129 V 177 E. 4.2
S. 184; Urteil B. vom 14. April 2005, U 390/04), sondern die Rechtsprechung
zur Anwendung, welche sich auf die psychischen Fehlentwicklungen (BGE 115 V
133) bezieht.

Die Einwände, es handle sich beim erlittenen Unfall mindestens um einen
Grenzfall zu einem schweren Unfall, und das Kriterium der besonderen
Eindrücklichkeit sei wegen der dramatischen Begleitumstände des Unfalls beim
Ereignis vom 6. Januar 2004 ohne weiteres gegeben, vermögen nicht zu
überzeugen. Denn der Unfall kann nicht als schwer qualifiziert werden, auch
wenn die Abläufe rund um die nächtliche Aggression nicht bagatellartig waren
(vgl. RKUV 1996 S. 215,      U 256). Zudem ist das Kriterium der besonderen
Eindrücklichkeit nicht so ausgeprägt, dass es allein für die Bejahung der
Adäquanz ausreichen würde.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 5. April 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: