Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 96/2006
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U 96/06

Urteil vom 1. Februar 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Hotela Unfallversicherung, rue de la Gare 18, 1820 Montreux,
Beschwerdeführerin,

gegen

T.________, 1971,
Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher
Dr. Fredi Hänni, Spitalgasse 26, 3001 Bern.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern
vom 23. Dezember 2005.

Sachverhalt:

A.
T. ________, geboren 1971, verletzte sich am 28. August 2004 bei einem
Fussballspiel am rechten Knie. Mit Operation vom 20. Oktober 2004 wurde das
vordere Kreuzband rekonstruiert. Die Hotela Kranken- und Unfallkasse des
Schweizer Hotelier-Vereins, bei der T.________ unfallversichert war, stellte
indessen ihre Leistungen mit Verfügung vom 25. bzw. 28. Januar 2005 per
8. September 2004, mit Einspracheentscheid vom 3. Juni 2005 per 19. Oktober
2004 ein.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 23. Dezember 2005 gut, hob den Einspracheentscheid auf und
verpflichtete die Hotela, die gesetzlichen Leistungen aus dem Unfall vom
28. August 2004 auch über den 19. Oktober 2004 hinaus bis zum Fallabschluss
weiterhin zu erbringen.

C.
Die Hotela führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, unter
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei der Einspracheentscheid vom
3. Juni 2005 zu bestätigen; eventualiter seien weitere Abklärungen durch die
Vorinstanz oder die Beschwerdeführerin anzuordnen.

Während T.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen
lässt, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Weil der
angefochtene Entscheid jedoch vor dem 1. Januar 2007 ergangen ist, richtet
sich das Verfahren noch nach dem bis zum 31. Dezember 2006 in Kraft gewesenen
Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG; Art. 131 Abs. 1 und 132 Abs.1 BGG; BGE 132 V 395 Erw
1.2).

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zu dem für die
Leistungspflicht des Unfallversicherers (Art. 6 UVG) vorausgesetzten
natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang (BGE 129 V 181 Erw. 3.1 und
3.2), zur Beweislast des Unfallversicherers, wenn durch einen Unfall ein
krankhafter Vorzustand verschlimmert oder überhaupt erst manifest wird (RKUV
1994 Nr. U 206 S. 328 Erw. 3b, 1992 Nr. U 142 S. 75 Erw. 4b, je mit
Hinweisen) sowie zum Beweiswert von Arztberichten und medizinischen Gutachten
(BGE 125 V 352 Erw. 3, 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen) zutreffend dargelegt.
Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe die medizinischen
Akten nicht richtig gewürdigt. Sinngemäss macht sie im Wesentlichen geltend,
dass sie zur Übernahme der Kosten einer Rekonstruktion des vorderen
Kreuzbandes, einer lateralen Teilmeniskektomie sowie eines Débridement von
instabilen Knorpelanteilen verpflichtet worden sei, obwohl sich der
Versicherte gemäss Akten der früheren Unfallversicherung Visana die fragliche
Kreuzbandruptur schon früher zugezogen habe oder gar eine fehlende Anlage
bestehe. Zu Unrecht sei auf die aktuellen ärztlichen Stellungnahmen
abgestellt worden, ohne die medizinische Vorgeschichte zu berücksichtigen.

3.2 Dr. med. C.________, Spital Q.________, diagnostizierte am 16. September
2004 eine vordere Kreuzbandruptur rechts bei Zustand nach subtotaler medialer
Meniskektomie ca. 2003. Der Patient erinnere sich bereits an ein erstes
Knietrauma in seiner Heimat Mali. Damals sei das Gelenk punktiert und
konservativ behandelt worden. Im Jahr 2003 habe er erneut beim Fussball einen
Unfall erlitten, was eine arthroskopische Teilmeniskektomie im Spital
X.________ nötig gemacht habe. In der Folge sei er jedoch wieder sportfähig
gewesen, und subjektiv habe kein Instabilitätsgefühl bestanden. Am 28. August
2004 habe er lateral einen Schlag durch einen Gegenspieler mit Valgustrauma
erlitten. Sofort seien heftige Schmerzen und nachfolgend ein Erguss
aufgetreten, welcher zweimal punktiert worden sei. Seither gebe der
Versicherte ein wesentliches Instabilitätsgefühl an. Bei diesem letzten
Unfall sei das vordere Kreuzband rupturiert beziehungsweise eine
vorbestehende Teilruptur komplettiert worden. Der orthopädische Chirurg
erachtete wegen der Kombination von fehlendem Kreuzband und weitgehend
fehlendem medialem Meniskus sowie unter Berücksichtigung des Alters und der
sportlichen Aktivitäten des Patienten eine Kreuzbandrekonstruktion als
angezeigt und führte die Operation am 20. Oktober 2004 durch.

3.3 Aus den von der Beschwerdeführerin beigezogenen Akten des früheren
Unfallversicherers ergibt sich, dass sich der Versicherte beim Fussballspiel
am 8. April 2002 einen komplexen Meniskusriss am rechten Knie zugezogen hat.
Bei der Operation im Spital X.________ stellte Dr. med. K.________,
Orthopädie FMH, fest, dass ein Knorpelulcus und das nicht abgrenzbare vordere
Kreuzband keinen Zusammenhang habe mit dem Unfall vom 8. April 2002. Die
Ruptur des Kreuzbandes müsse schon früher stattgefunden haben, oder die
Anlage fehle teilweise (Bericht vom 14. Juni 2002). Nach der
Teilmeniskektomie wurde der Versicherte physiotherapeutisch behandelt. Sieben
Monate nach der Operation konnte Dr. med. K.________ am 22. Januar 2003
berichten, dass das Knie unauffällig sei, es bestehe keine Schwellung, der
Bewegungsumfang sei symmetrisch gut, und er fand auch keine Druckdolenz.

3.4 Damit steht fest, dass sich der Versicherte das Kreuzband schon früher
einmal - allenfalls teilweise - und nicht erst beim Unfall vom 28. August
2004 gerissen hat. Davon ging im Übrigen auch Dr. med. S.________ vom
Institut für medizinische Radiologie des Spitals Y.________ gemäss Bericht
vom 8. September 2004 aus. Weitere Abklärungen sind nicht erforderlich.

3.5 Indessen ist der natürliche Kausalzusammenhang rechtsprechungsgemäss
schon dann gegeben, wenn der Unfall lediglich die Teilursache einer
bestimmten gesundheitlichen Störung bildet (BGE 117 V 360 Erw. 4b). Wie das
kantonale Gericht richtig festgestellt hat, ist im hier zu beurteilenden Fall
massgebend, dass erst nach dem am 28. August 2004 erlittenen Trauma eine
Instabilität des rechten Knies aufgetreten ist. Demgegenüber ist aktenkundig,
dass das Knie nach der Operation des Meniskus und nachfolgender
Physiotherapie gemäss Bericht des Dr. med. K.________ vom 22. Januar 2003
trotz des gerissenen Kreuzbandes unauffällig war. Die Beschwerdeführerin
räumt denn auch ein, dass ein durchaus banales Ereignis eine klinisch bereits
vorhandene Instabilität zu Tage bringen könne. Gemäss Stellungnahme ihres
Vertrauensarztes Dr. med. V.________ vom 2. Februar 2006 geht auch er davon
aus, dass der Versicherte am 28. August 2004 ein Trauma erlitten hat. Ob
dieses die Kreuzbandruptur verursacht hat oder dadurch der bereits bestehende
Vorzustand mit gerissenem Kreuzband in dem Sinne manifestiert wurde, als das
erneute Trauma Auslöser der Instabilität des Knies war, ist nach der
dargelegten Rechtsprechung irrelevant. Nach Ansicht des betreuenden Arztes
Dr. med. C.________ konnte denn auch diese Instabilität nur durch eine
Rekonstruktion des gerissenen Kreuzbandes behoben werden.

Daraus folgt, dass der status quo ante am 19. Oktober 2004, also vor der
Rekonstruktion des Kreuzbandes, entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin nicht erreicht war, weshalb sie auch über diesen Zeitpunkt
hinaus leistungspflichtig bleibt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem
Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 1. Februar 2007
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: