Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 62/2006
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Prozess {T 7}
U 62/06

Urteil vom 7. September 2006

I. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari, Ursprung, Meyer und Kernen;
Gerichtsschreiber Schmutz

G.________, 1947, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André
Largier, Sonneggstrasse 55, 8006 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 8. Dezember 2005)

Sachverhalt:

A.
G. ________, geboren 1947, war als Hilfsarbeiter in der Firma P.________ AG
angestellt und ging einem Nebenerwerb in der Firma L.________ AG nach. Bei
der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) war er gegen die Folgen
von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 7. Juli 2001 rutschte er
beim Hinuntersteigen auf einer Treppe aus und verletzte sich an der Schulter.
Der Hausarzt Dr. med. W.________, Facharzt FMH für allgemeine Medizin,
diagnostizierte am 16. November 2001 eine Muskelzerrung zerviko-brachial und
Verdacht auf aktivierte Diskushernie im Bereich der Halswirbelsäule. Er
bescheinigte dem Versicherten eine vollständige Arbeitsunfähigkeit ab 31.
Oktober 2001. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung
und Taggeld). Wegen anhaltenden Beschwerden unterzog sich G.________
verschiedenen Abklärungen und Behandlungen, so in der Klinik X.________
(Berichte vom 30. November 2001, 23. Januar, 18. Februar, 13. Mai 2002, 7.
April, 2. und 24. Juli 2003), der Rehabilitationsklinik Z.________ (Berichte
vom 15. Oktober 2002) sowie durch den SUVA-Kreisarzt (Berichte vom 31. Juli
2002, 4. März und 3. September 2003). Die Stelle bei der P.________ AG wurde
ihm auf den 31. Januar 2003 gekündigt und am 30. April 2003 verlor er auch
den Arbeitsplatz bei der L.________ AG.

Mit Schreiben vom 30. September 2003 teilte die SUVA dem Versicherten mit,
anlässlich der kreisärztlichen Untersuchung vom 3. September 2003 hätten
keine objektivierbaren pathologischen Befunde erhoben werden können, die als
wahrscheinliche Folgen des Unfallereignisses vom 7. Juli 2001 zu werten
seien. Daher müsse der Fall, was die Unfallfolgen anbelange, abgeschlossen
werden. Die Leistungen für Heilbehandlung würden sofort eingestellt, das
Taggeld werde bis am 5. Oktober 2003 noch zu 100 % und dann bis am
31. Oktober 2003 noch zu 50 % ausgerichtet. Am 16. Juni 2004 gelangte
Rechtsanwalt Largier als Rechtsvertreter von G.________ an die SUVA und
ersuchte sie, die gesetzlichen Leistungen rückwirkend wieder aufzunehmen. Mit
Verfügung vom 21. Juni 2004 bestätigte die SUVA, was sie dem Versicherten mit
Brief vom 30. September 2003 mitgeteilt hatte. Die dagegen erhobene
Einsprache mitsamt dem Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wies sie mit
Entscheid vom 30. November 2004 ab. Sie begründete es damit, dem Schreiben
vom 30. September 2003 betreffend Fallabschluss komme materiell
Verfügungscharakter zu und es sei durch Zeitablauf rechtskräftig geworden. Es
lägen keine Gründe für eine Wiedererwägung oder eine prozessuale Revision
vor. Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung müsse wegen
Aussichtslosigkeit der Einsprache abgewiesen werden.

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen den
Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 8. Dezember 2005
ab.

C.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, die
Sache sei an die SUVA zurückzuweisen, damit sie die Einsprache nicht unter
den Kriterien einer Wiedererwägung, sondern uneingeschränkt und vollständig
überprüfe und danach einen neuen Entscheid erlasse; in Aufhebung von
Dispositiv-Ziffer 2 des Einspracheentscheids sei ihm für das
Einspracheverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren,
eventualiter sei die Sache diesbezüglich an die SUVA zurückzuweisen, damit
sie nach Ergänzung der Akten über das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung
befinde; zudem sei ihm vor letzter Instanz die unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung zu gewähren.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Vorinstanz und Bundesamt für Gesundheit verzichten auf Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 und die dazugehörige
Verordnung vom 11. September 2002 in Kraft getreten. Dieses Gesetz
koordiniert das Sozialversicherungsrecht des Bundes, indem es u.a. ein
einheitliches Sozialversicherungsverfahren festlegt und die Rechtspflege
regelt (Art. 1 Ingress und lit. b ATSG). Seine Bestimmungen sind auf die
bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit
die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen (Art. 2 ATSG).

1.2 Auch unter der Herrschaft des ATSG bestimmt sich der Begriff der
Verfügung mangels näherer Konkretisierung in Art. 49 Abs. 1 ATSG nach
Massgabe von Art. 5 Abs. 1 VwVG (vgl. Art. 55 ATSG; BGE 131 V 46 Erw. 2.4,
130 V 391 Erw. 2.3). Als Verfügungen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten
Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des
Bundes stützen (oder richtigerweise hätten stützen sollen; BGE 116 Ia 266
Erw. 2a) und zum Gegenstand haben: Begründung, Änderung oder Aufhebung von
Rechten oder Pflichten, Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder
Umfanges von Rechten oder Pflichten, Abweisung von Begehren auf Begründung,
Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten, oder
Nichteintreten auf solche Begehren (BGE 124 V 20 Erw. 1, 123 V 296 Erw. 3a,
je mit Hinweisen). Der Verfügung gleichgestellt sind gemäss Art. 5 Abs. 2
VwVG Einspracheentscheide (BGE 130 V 391 Erw. 2.3).
1.3 Bis zum In-Kraft-Treten des ATSG schrieb Art. 99 Abs. 1 Satz 1 UVG in der
bis 31. Dezember 2002 gültigen Fassung (AS 1982 1706) vor, dass der
Versicherer über erhebliche Leistungen und Forderungen und über solche, mit
denen der Betroffene nicht einverstanden ist, schriftliche Verfügungen zu
erlassen hat. Diese Problematik ist jetzt in Art. 49 Abs. 1 ATSG geregelt.
Danach hat der Versicherungsträger über Leistungen, Forderungen und
Anordnungen, die erheblich sind oder mit denen die betroffene Person nicht
einverstanden ist, schriftlich Verfügungen zu erlassen. Leistungen,
Forderungen und Anordnungen, die nicht unter Art. 49 Abs. 1 ATSG fallen,
können nach Art. 51 Abs. 1 ATSG in einem formlosen Verfahren behandelt
werden; diesfalls räumt Abs. 2 dieser Bestimmung der betroffenen Person die
Möglichkeit ein, den Erlass einer Verfügung zu verlangen. Gemäss Art. 49 Abs.
3 ATSG werden die Verfügungen mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Sie
sind zu begründen, wenn sie den Begehren der Parteien nicht voll entsprechen.
Aus einer mangelhaften Eröffnung einer Verfügung darf der betroffenen Person
kein Nachteil erwachsen.

1.4 Gemäss dem unter dem Recht des ATSG weiterhin gültigen Art. 124 UVV ist
eine schriftliche Verfügung insbesondere zu erlassen über die Zusprechung von
Invalidenrenten, Abfindungen, Integritätsentschädigungen,
Hilflosenentschädigungen, Hinterlassenenrenten und Witwenabfindungen sowie
die Revision von Renten und Hilflosenentschädigungen (lit. a) sowie die
Kürzung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen (lit. b; vgl. unten
Erw. 4).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die SUVA die Einstellung von
Versicherungsleistungen (Heilbehandlung, Taggeld) im formlosen Verfahren
behandeln durfte oder formgültig zu verfügen hatte.

2.1 Vor In-Kraft-Treten des ATSG am 1. Januar 2003 umriss die Lehre die
Rechtslage wie folgt: Nach Alfred Maurer erwähnt Art. 124 UVV - im Sinne von
Beispielen - wichtigere Sachverhalte, die eine Verfügung erfordern. Für die
grosse Masse der Fälle ist jedoch das De--System, das der administrativen
Vereinfachung dient, zulässig: Die Versicherer können Rechnungen aus der
Pflegebehandlung bezahlen, über Taggelder und Prämien ohne formelle
Verfügungen abrechnen usw. Solche Leistungen gelten nicht als "erheblich" im
Sinne von Art. 99 Abs. 1 (a)UVG. Wenn aber der Betroffene mit ihnen nicht
einverstanden ist, muss eine formelle Verfügung erlassen werden
(Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 603;
Bundessozialversicherungsrecht, Basel 1993, S. 419). Peter Omlin (Die
Invalidität in der obligatorischen Unfallversicherung, Freiburg 1995, S. 288)
spricht sich dafür aus, dass Entscheidungen in Invaliditätsfragen
(Rentenzusprechungen, -revisionen, etc.) zweifelsohne in der Form einer
schriftlichen Verfügung zu ergehen haben. Nach Franz Schlauri
(Grundstrukturen des nichtstreitigen Verwaltungsverfahrens in der
Sozialversicherung, in: Schaffhauser/Schlauri, Verfahrensfragen in der
Sozialversicherung, St. Gallen 1996, S. 56) kann eine De-facto-Entscheidung
an sich jedwelchen Entscheidungsinhalt haben, also nicht nur in einer
positiven Leistungsgewährung bestehen. Er verweist darauf, dass vor
In-Kraft-Treten des UVG unter dem KUVG Leistungseinstellungen bei der
Behandlung und beim Taggeld in der Unfallversicherung als
De-facto-Verfügungen behandelt wurden, wobei der Empfang der letzten Leistung
vor der Einstellung die Anfechtungsfrist von sechs Monaten auslöste (Art. 9
Abs. 1 lit. c Verordnung II über die Unfallversicherung vom 3. Dezember 1917
[BS 8 367]). Er fordert, schriftliche formlose Entscheidungen müssten, wenn
sie nicht "Fälle von geringer Bedeutung" betreffen, im Hinblick auf das Recht
auf eine formelle Verfügung mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen werden.
Als nicht geringfügig bezeichnet er zum Beispiel die Ablehnung eines Gesuchs
um Bezahlung einer Zahnarztrechnung von Fr. 1'000.- (a.a.O., S. 58).
Alexandra Rumo-Jungo (Das Verwaltungsverfahren in der Unfallversicherung, in:
Schaffhauser/Schlauri, Verfahrensfragen in der Sozialversicherung, St. Gallen
1996, S. 196) spricht sich dafür aus, dass nicht nur die Zusprechung einer
Invalidenrente nach Art. 124 lit. a UVV verfügungsweise festzulegen ist,
sondern auch die Ausrichtung eines längerdauernden Taggeldes oder einer sehr
kostspieligen Heilbehandlung, denn Art. 124 UVV zähle jene Gegenstände auf,
über welche insbesondere eine Verfügung zu erlassen sei.

2.2 Die Interpretation der Hinweise in den Materialien zur Ausarbeitung des
ATSG führt zum Schluss, dass der Gesetzgeber im vorliegenden Zusammenhang mit
der Neuregelung keine grundsätzliche Änderung der Rechtslage herbeiführen
wollte:

- Wie im Bericht der Kommission des Ständerates vom 27. September 1990
"Parlamentarische Initiative Allgemeiner Teil Sozialversicherung" (BBl 1991
II 185 ff., hier: 261) ausgeführt ist, sollen die konkreten
Rechtsverhältnisse in der ganzen Sozialversicherung grundsätzlich durch
Verfügung geordnet werden. Dies ist von vorneherein gegeben für Leistungen,
Forderungen und Anordnungen von erheblicher Bedeutung, wie Renten und
Abfindungen, Beitragsnachforderungen, wichtige Anordnungen zur
Unfallverhütung und dergleichen. Andere Rechtsbeziehungen namentlich im
Bereich der Taggelder, Sachleistungen, Arbeitgeber/Arbeitnehmerbeiträge und
dergleichen sollen zweckmässigerweise auch weiterhin in formloser Weise durch
Abrechnungen oder Mitteilungen abgewickelt werden können (sog.
De-facto-Erledigung). Es muss jedoch auch in diesen Fällen eine Verfügung
ergehen, wenn der Betroffene mit der Erledigung nicht einverstanden ist. Auch
eine Feststellungsverfügung ist auf Gesuch hin zu erlassen, wenn ein
schutzwürdiges Interesse nachgewiesen ist. Dieses Konzept wird im Allgemeinen
Teil verankert; den Einzelgesetzen bleibt es überlassen, die
"verfügungspflichtigen" bzw. vorerst formlos zu erledigenden Geschäfte
einzeln zu bezeichnen.

- Laut dem Bericht der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit
und Gesundheit (SGK-NR) vom 26. März 1999 "Parlamentarische Initiative
Sozialversicherungsrecht" (BBl 1999 4523 ff., hier: 4608) entspricht Art. 99
UVG (im damaligen Wortlaut) im Wesentlichen der neuen Regelung in Art. 56 der
von der SGK-NR vorgeschlagenen Fassung ("Über erhebliche Leistungen,
Forderungen und Anordnungen und über solche, mit denen der Betroffene nicht
einverstanden ist, hat der Versicherungsträger schriftlich Verfügungen zu
erlassen"). Da das formlose Verfahren sehr unterschiedliche Abläufe in der
Sozialversicherung beschlägt, erachtet es die SGK-NR als falsch, eine Frist
zu fixieren, innert welcher der Betroffene den Erlass einer Verfügung
verlangen kann (BBl 1999 4610). Sie spricht sich damit gegen den Vorschlag
des Bundesrates in der vertieften Stellungnahme vom 17. August 1994
"Parlamentarische Initiative Sozialversicherung" (BBl 1994 V 921 ff., hier:
949) aus, im Interesse der Rechtssicherheit vorzusehen, dass im formlosen
Verfahren innerhalb eines Jahres seit Entstehen des Anspruches der Erlass
einer Verfügung verlangt werden kann.

3.
In der parlamentarischen Beratung des ATSG ist die sich auch unter dem neuen
Recht stellende zentrale Frage nach der Erheblichkeit von Leistungen,
Forderungen und Anordnungen nicht direkt angesprochen worden. Gemäss Kieser
schreibt Art. 49 Abs. 1 ATSG aber ausdrücklich den Erlass der schriftlichen
Verfügung als Grundsatz vor. Damit wird ein besonderes Verfahren festgelegt,
welches etwa die stillschweigende Verfügung ausschliesst (ATSG-Kommentar, Rz
2 zu Art. 49 ATSG). Die Erheblichkeitsgrenze - soweit sie frankenmässig
bestimmt werden kann - liegt bei einigen hundert Franken und umfasst alle
periodischen Leistungen (Rz 8 zu Art. 49 ATSG, mit Hinweis auf die
Umschreibung der auch bei der Wiedererwägung von Verfügungen massgebenden
Grenze in ZAK 1989 S. 518 sowie auf Rz 21 zu Art. 53 ATSG). Auch nach Locher
(Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl., Bern 2003, S. 432 Rz 22
ff.) geht Art. 49 Abs. 1 ATSG vom Grundsatz aus, dass die Sozialversicherung
verpflichtet ist, autoritativ verbindlich mit einer Verfügung über
Leistungen, Forderungen und Anordnungen zu befinden. Ausnahmen von der
Verfügungspflicht sind nur zulässig, wenn die Pflichten und Rechte
unerheblich sind und die betroffene Person mit dem Verwaltungsakt
einverstanden ist. Soweit sich die Erheblichkeit in Geld ausdrücken lässt,
dürfte es sich auch nach diesem Autor bei einmaligen Leistungen um solche bis
zu einem Wert von einigen hundert Franken handeln, während periodische
Geldleistungen immer als erheblich einzustufen sind. Zudem hat der
Versicherer in der formlosen schriftlichen Mitteilung auf das Recht
aufmerksam zu machen, eine Verfügung zu verlangen, und zwar nicht nur dann,
wenn das Einzelgesetz eine entsprechende Bestimmung enthält (wie zum Beispiel
Art. 74quater IVV), sondern generell gestützt auf die Beratungspflicht in
Art. 27 Abs. 2 ATSG (Locher, a.a.O., S. 433 Rz 25).

4.
Auch wenn mit der Ersetzung des Art. 99 Abs. 1 Satz 1 aUVG durch Art. 49 Abs.
1 ATSG nichts Grundsätzliches geändert werden sollte (vgl. vorne Erw. 1.3,
1.4, 2 und 3), so ist doch klar bestätigt worden, dass die konkreten
Rechtsverhältnisse prinzipiell durch Verfügung zu ordnen sind und dies von
vorneherein gegeben ist bei der Regelung von Leistungen von erheblicher
Bedeutung (Erw. 2.2). Die Erheblichkeit bemisst sich bei der Einstellung
vorübergehender Leistungen (Taggeld, Heilbehandlung) nicht danach, wie lange
diese erbracht worden sind; denn die Erheblichkeit liegt nicht in der
Beendigung dieses vorausgegangenen - längeren oder kürzeren -
Leistungsbezuges, sondern im Fallabschluss ex nunc et pro futuro, da die
versicherte Person mit keinerlei Leistungen mehr rechnen kann. Darum ist die
Anordnung des Fallabschlusses ohne Zusprechung von Dauerleistungen
(Invalidenrente und/oder Integritätsentschädigung) gleich zu behandeln wie
der Fallabschluss mit Zusprechung solcher Leistungen, das heisst, es muss in
beiden Fällen formell verfügt werden. Damit wird im Rahmen von Art. 19 UVG
eine administrative Gleichbehandlung der beiden Abschlussarten erreicht und
durch eine kohärente Verwaltungspraxis Rechtssicherheit geschaffen. Soweit im
Urteil Z. vom 23. Mai 2006 (U 316/05) Erw. 3.1 mit dem Hinweis, dass der
Unfallversicherer auch unter der Herrschaft des ATSG über eine
Leistungsablehnung im formlosen Verfahren entscheiden könne, im Zusammenhang
mit einem Fallabschluss etwas anderes geäussert wurde, kann daran nicht
festgehalten werden. Damit ist aber nicht gesagt, dass ein Fallabschluss ohne
weitere Leistungszusprechung immer sogleich formell verfügt werden muss. Je
nach Verlauf des Heilungsprozesses kann der Unfallversicherer damit ohne
weiteres einmal zuwarten und die Entwicklung beobachten, bevor er verfügt,
was durchaus sachgerecht und dem Einzelfall angepasst ist. Einzelne
unerhebliche Leistungen dürfen dagegen weiterhin formlos abgelehnt werden,
soweit dies unbestritten bleibt.

5.
Das zur Begründung der Position der Beschwerdegegnerin unter Verweis auf das
Urteil N. vom 14. Juli 2003 (C 7/02) verwendete Zitat im Einspracheentscheid
und die ganze angeführte Rechtsprechung betrifft die
Arbeitslosenversicherung. Hier gilt jedoch - ausdrücklich abweichend von Art.
49 Abs. 1 ATSG und vorbehältlich der in Art. 36 Abs. 4, 45 Abs. 4 und 59c
AVIG genannten Regelungstatbestände - grundsätzlich - und mit Einschränkungen
- das formlose Verfahren (Art. 100 Abs. 1 AVIG in Verbindung mit Art. 51 Abs.
1 ATSG). Damit dort nach einer gewissen Dauer Rechtsbeständigkeit und
Rechtssicherheit eintreten können, bedarf es ebenso zeitlicher Schranken wie
in einem Rechtsmittelverfahren, in dem dies durch klar gesetzte Fristen
gewährleistet wird. Die Rechtsbeständigkeit gilt bei Zulässigkeit formloser
Verfügungen als eingetreten, wenn anzunehmen ist, eine versicherte Person
habe sich mit einer getroffenen Regelung abgefunden, was dann der Fall ist,
wenn die nach den Umständen zu bemessende Überlegungs- und Prüfungsfrist
abgelaufen ist, welche der versicherten Person zusteht, um sich gegen das
faktische Verwaltungshandeln zu verwahren (BGE 129 V 111 Erw. 1.2.2 mit
Hinweisen; SVR 2004 AlV Nr. 1 S. 2 Erw. 3.1 [Urteil N. a.a.O.]).

6.
Dem Beschwerdeführer kann damit nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe es
versäumt, rechtzeitig von dem ihm in Art. 51 Abs. 2 ATSG eingeräumten Recht
Gebrauch zu machen, bei der SUVA den Erlass einer Verfügung zu verlangen.
Auch der von der Vorinstanz geschützte Einwand der Versicherung, er habe erst
über acht Monate nach Bekanntgabe der Einstellung der Leistungen deren
rückwirkende Wiederaufnahme beantragt, was praxisgemäss nicht anders
interpretiert werden könne, als dass sich der Beschwerdeführer mit der
getroffenen Regelung abgefunden habe, kann nicht gehört werden. Anders als im
vorinstanzlichen Entscheid kann es auch nicht als vorweg rechtsmissbräuchlich
bezeichnet werden, dass der Beschwerdeführer sich erst achteinhalb Monate
nach der Leistungseinstellung erstmals geäussert und nicht einverstanden
erklärt und sich dabei auf Art. 49 Abs. 1 ATSG berufen hat. Nach BGE 104 V
166 Erw. 3 kann zwar ein Versicherter, der feststellt, dass die Verwaltung zu
Unrecht nicht in Verfügungsform über den geltend gemachten
öffentlich-rechtlichen Anspruch befunden hat, nicht jederzeit den
nachträglichen Erlass eines solchen anfechtbaren Verwaltungsaktes verlangen,
um ihn dann beschwerdeweise an den Richter weiterzuziehen. Dies hat vielmehr
innerhalb einer zeitlichen Befristung zu geschehen, die nach den konkreten
Umständen als vernünftig erscheint und gleichzeitig den Prinzipien des
Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit Rechnung trägt. Das
Eidgenössische Versicherungsgericht kam im konkreten Fall zum Schluss, dass
es gegen Treu und Glauben verstosse, wenn ein neu bestellter Vormund über die
fast fünf Jahre früher mit Wissen der Vormundschaftsbehörde vereinbarte
Kürzung des Krankengeldes eine beschwerdefähige Verfügung verlangte. Dieser
Sachverhalt ist mit dem hier zu Beurteilenden nicht vergleichbar. Der
Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) verbietet zwar sowohl den
staatlichen Behörden wie auch den Privaten, sich in ihren
öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen widersprüchlich oder
rechtsmissbräuchlich zu verhalten, und Rechtsmissbrauch liegt insbesondere
dann vor, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verwirklichung von
Interessen verwendet wird, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen will (BGE
127 II 56 Erw. 5a; zum Ganzen Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht,
4. Aufl., Zürich 2002, S. 128 Rz 622 ff.). Wenn der Beschwerdeführer sich
aber auf das ihm durch Art. 49 Abs. 3 ATSG eingeräumte Anrecht berufend die
SUVA auffordert, eine in der vorgeschrieben Form ausgefertigte
Leistungseinstellungsverfügung zu erlassen, um dann seinen Leistungsanspruch
in dem gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittelverfahren überprüfen lassen zu
können, bewegt er sich ganz in dem durch das betreffende Rechtsinstitut
abgedeckten Schutzbereich. Auch ist nicht ersichtlich, welche Interessen der
Beschwerdeführer dabei zu verwirklichen versucht sein könnte, die dieses
Rechtsinstitut nicht schützen will.

7.
Wie zudem in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht vorgebracht wird,
könnten von der Leistungseinstellung auch andere Sozialversicherer betroffen
sein. Denn Art. 49 Abs. 1 ATSG bezieht sich nicht auf die "versicherte",
sondern auf die "betroffene" Person und zieht somit einen weiteren Kreis.
Dieser umfasst auch den anderen Versicherungsträger, dessen Leistungspflicht
durch den massgebenden Entscheid betroffen ist. Denn dem anderen
Versicherungsträger muss der Anspruch zustehen, eine formelle Verfügung zu
verlangen, weil er andernfalls die ihm in Art. 49 Abs. 4 ATSG zugeordneten
Rechtsmittelbefugnisse nicht wahrnehmen kann (Kieser, a.a.O., Rz 11 zu Art.
49 ATSG). Das Schreiben der SUVA vom 30. September 2003 ist der SWICA
Gesundheitsorganisation in Kopie zugestellt worden, welche als
obligatorischer Krankenpflegeversicherer des Beschwerdeführers durch die
Einstellung der Heilbehandlung durch den Unfallversicherer berührt war. Da
sie am 6. Februar 2004 nach bereits über vier Monaten unter Bezugnahme auf
das "Schreiben vom 30. September 2003" erst einmal um Einsicht in die
vollständigen Akten ersucht hat, hätte auch sie die von der SUVA im
Einspracheentscheid (zu Unrecht) in Anspruch genommene Anfechtungsfrist von
"in der Regel 90 Tagen" bei einem formlosen Verwaltungsakt deutlich verpasst.
Auch daran zeigt sich die Problematik der von der SUVA eingenommenen
Position.

8.
Im Einspracheentscheid vom 30. November 2004 ist festgehalten, in der
formgültigen Verfügung vom 21. Juni 2004 sei nur geprüft worden, ob die
Voraussetzungen für eine Wiedererwägung der ursprünglichen (formlosen)
Verfügung vom 30. September 2003 gegeben seien. Prozessthema sei daher
einzig, ob diese zweifellos unrichtig gewesen sei. Eine solche
Betrachtungsweise ist unzulässig, da die SUVA nach dem Gesagten nicht befugt
war, die für den Beschwerdeführer erhebliche Leistung von Heilbehandlung und
Taggeld im formlosen Verfahren zu behandeln und zu erledigen. Daher ist in
dieser Sache keine gültige Leistungseinstellungsverfügung ergangen. Die SUVA
wird nach Rückweisung der Sache eine formgültige Verfügung erlassen und im
Hinblick darauf den Leistungsanspruch umfassend zu prüfen haben, und nicht
eingeschränkt auf die Frage, ob die damalige Einstellung der Leistungen
zweifellos unrichtig war. Dabei wird sie auch über die Parteikosten und die
Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Verwaltungsverfahren zu
verfügen haben.

9.
Auch wenn im Hintergrund ein Leistungsstreit steht, geht es um eine
verfahrensrechtliche Frage, weshalb das Verfahren kostenpflichtig ist (Art.
134 OG e contrario). Gemäss dem Verfahrensausgang sind dessen Kosten der
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Dem obsiegenden Beschwerdeführer ist eine
Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG).
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Dezember 2005 und der
Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom
30. November 2004 aufgehoben, und es wird die Sache an die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zurückgewiesen, damit sie im Sinne der
Erwägungen verfahre.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2000.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 7. September 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber: