Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 607/2006
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U 607/06

Urteil vom 23. Oktober 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

K. ________, 1958, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt David
Husmann, c/o Sidler & Partner, Untermüli 6, 6300 Zug,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Schwyz vom 15. November 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1958 geborene K.________ war bei der Firma R.________ AG in der
Fabrikation tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Unfälle versichert. Am 24. März 2005
rutschte sie auf dem Weg zur Arbeit auf einer Treppe aus, prallte mit dem
Gesäss auf eine Treppenkante und schlitterte einige Stufen hinunter.
Zunehmende Schmerzen im Kreuz- und Steissbeinbereich, in letzterem vor allem
beim Sitzen, zwangen K.________, in den am 25. März 2005 angetretenen Ferien
einen Arzt aufzusuchen und sich im Spital von X.________ behandeln zu lassen.
Die Arbeit konnte sie nach der Rückkehr aus dem Urlaub trotz eines Versuchs
zunächst nicht, danach wieder zu 50 % aufnehmen. In der Folge wurde die
Lendenwirbelsäule (LWS) unter Einschluss des Kreuzbeins am 11. Mai 2005 im
Zentrum für medizinische Radiologie, Röntgeninstitut Y.________,
magnetresonanztomographisch und mittels 3D-Rekonstruktion untersucht. Dabei
wurden eine breitbasige, rechts medio-laterale Diskushernie L3/4 mit
Tangierung der Nervenwurzel L4 rechts und Osteochondrosen geringen bis
mässigen Grades von L2/3 und L4/5, nicht jedoch eine pathologische
Veränderung im Bereich des Kreuzbeins erkannt. Zugleich folgten verschiedene
Therapiemassnahmen. Dennoch klagte K.________ zunehmend über eine
Symptomausweitung und eine allgemeine Verschlechterung des
Gesundheitszustands. Die SUVA, welche bisher Leistungen erbracht hatte,
stellte diese mit Verfügung vom 24. Februar 2006 auf den 5. März 2006 mit der
Begründung ein, verschiedene medizinische Abklärungen hätten ergeben, dass
die Unfallfolgen zwischenzeitig abgeheilt seien; die nach wie vor bestehenden
Beschwerden seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschliesslich auf
unfallfremde Ursachen zurückzuführen. Daran hielt die SUVA mit
Einspracheentscheid vom 8. Juni 2006 fest.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 15. November 2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt K.________ beantragen, in Aufhebung
des Einsprache- und des vorinstanzlichen Entscheids sei ihr eine
Invalidenrente zuzusprechen, eventuell sei die Angelegenheit an die SUVA
zwecks weiterer Abklärungen zurückzuweisen. Zusätzlich wird um Übernahme der
Kosten des neu ins Recht gelegten Privatgutachtens von Prof. Dr. med.
S.________, FHM Physikalische Medizin und Rehabilitation, vom 27. November
2006 ersucht.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmung über den Anspruch auf Leistungen der
obligatorischen Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1 UVG) sowie
die Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem
eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 121 V 326 E. 2 S.
329; siehe auch BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen), zur
vorausgesetzten Adäquanz des Kausalzusammenhangs (BGE 125 V 456 E. 5a S. 461;
siehe auch 129 V 177 E. 3.2 S. 181 mit Hinweis) und zum Wegfall des
ursächlichen Zusammenhangs und damit des Leistungsanspruchs der versicherten
Person bei Erreichen des Status quo sine vel ante und zu den sich dabei
stellenden Beweisfragen (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 45; 1994 Nr. U 206 S. 328;
siehe auch Urteil des Bundesgerichts U 290/06 vom 11. Juni 2007, E. 3.3)
zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die vorinstanzlichen Erwägungen zur
nur ausnahmsweisen Verursachung eines Bandscheinbenvorfalls bzw. einer
Diskushernie durch einen Unfall (RKUV 2000 Nr. U 378 S. 190, U 149/99, Nr. U
379 S. 192, U 138/99). Gleiches gilt zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung
medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352; 122 V 157 E.
1c, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3.
Das kantonale Gericht ist in Würdigung der im Recht liegenden Arztberichte
und Auseinandersetzung mit den Parteivorbringen zur Auffassung gelangt, die
zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung vom 5. März 2006 vorhandenen
Beschwerden könnten nicht mehr mit dem eine LWS- und Gesässkontusion
bewirkenden Treppensturz vom 24. März 2005 in Verbindung gebracht werden.

3.1 Dabei erwog es, die bildgebende Untersuchung vom 12. (recte 11.) Mai 2006
habe im primären Kontusionsbereich des Kreuzbeins keine pathologischen
Veränderungen aufgezeigt, statt dessen eine degenerativ bedingte Diskushernie
L3/4 sowie ebenfalls nicht durch den Unfall versursachte Osteochondrosen L2/3
und L4/5 ergeben. Was die Weichteilschmerzen im Bereich des Nackens, der
Beine und des Beckens anbelangt, stellte das Gericht auf die diesbezüglichen
Ausführungen des Kreisarztes Dr. med. M.________ vom 22. Februar 2006 ab,
welcher die Versicherte verschiedentlich untersucht hatte (25. August 2005,
12. Dezember 2005 und 22. Februar 2006). Danach verursachten
Steissbeinkontusionen in der Regel bei adäquater Therapie nicht länger als
sechs bis acht Monate Schmerzen; vorliegend habe die Versicherte indessen auf
die Therapie nicht angesprochen, hätten sich die Beschwerden gegenteils
verschlechtert und schliesslich zu einer Symptomausweitung geführt, ohne dass
hiefür eine medizinische Ursache greifbar sei; dieser Gesamtverlauf spreche
mit überwiegender Wahrscheinlich für ein Krankheitsgeschehen und nicht (mehr)
für Unfallfolgen.

3.2 Die Vorinstanz schloss gestützt darauf und auf den Umstand, dass die
Leistungseinstellung erst rund zwölf Monate nach dem Unfall erfolgt ist, auf
das Fehlen einer Ursächlichkeit des Unfalls für die noch vorhandenen
Beschwerden.

4.
Letztinstanzlich schliesst die Versicherte eine Beschwerdeverursachung durch
die Diskushernie aus und macht geltend, sämtliche Schmerzen seien mit den,
von Prof. Dr. med. S.________ im Rahmen der Untersuchung vom 30. Oktober 2006
erstmals erkannten, ligamentär-chronischen Entzündungen im gesamten
Beckenbereich erklärbar, welche wiederum mit dem Unfallereignis in Verbindung
zu bringen seien.

4.1 Prof. Dr. med. S.________ hat sich bei seiner Untersuchung darauf
konzentriert, das Beschwerdebild manuell zu erfassen. Ohne die bildgebenden
Dokumente umfassend einzusehen, bejahte er den Kausalzusammenhang mit einer
angeblich sämtliche Beschwerden erklärenden ligamentär-chronischen Entzündung
des gesamten Beckengürtels und besonders des Beckenbodens, links stärker als
rechts.

4.2 Traumatisiert worden ist, neben dem vorliegend nicht weiter
interessierenden Kreuzbein, jedoch lediglich das Bewegungssegment im
Steissbein. Darin scheint Prof. Dr. med. S.________ indessen keinen
Widerspruch zu erkennen, führt er doch aus, das Steissbein sei (lediglich)
als Zentrum und Ausgangspunkt der von dort ausstrahlenden Schmerzen
anzusehen. Wie er allerdings zu dieser Schlussfolgerung gelangt, ist nicht
nachvollziehbar, zumal er dem Steissbein selbst nur eine untergeordnete Rolle
im Beschwerdebild zuspricht und an anderer Stelle festhält, die
manualdiagnostische Belastung des Beckenbodens führe u.a. immer zu einer
Ausstrahlung in die Region des Steissbeins, und nicht etwa umgekehrt. Dr.
med. E.________, Abteilung Versicherungsmedizin der SUVA, weist in diesem
Zusammenhang in der Stellungnahme vom 17. Januar 2007 darauf hin, sämtlichen
Arten von Steissbeinkontusionen sei anerkanntermassen gemein, dass der
Schmerz jeweils von einem Bewegungssegment des Steissbeins oder der
umgebenden Weichteile ausgehe mit entsprechend klarer Lokalisation und
Abhängigkeit, nicht jedoch - wie vorliegend von Prof. Dr. med. S.________
manualdiagnostisch festgestellt - zu einer Druckschmerzhaftigkeit an
zahlreichen Sehnenansätzen und in Muskeln, welche nichts mit dem Steissbein
zu tun hätten, führe. Soweit sodann Prof. Dr. med. S.________ die unmittelbar
nach dem Unfall aufgetretene Schmerzsymptomatik und die Befundsituation zum
Untersuchungszeitpunkt für deckungsgleich erachtet und dies als Indiz oder
allenfalls gar als Beweis für das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zum
Unfall verstanden haben will, sind ihm die Aussagen der Beschwerdeführerin
anlässlich der ersten Befragung durch die SUVA zum Unfallhergang vom 4. Juli
2005 entgegen zu halten, wonach neben Schmerzen im Kreuz- und Steissbein auch
solche in der rechten, nicht etwa der von Prof. Dr. med. S.________ als am
stärksten entzündet bezeichneten linken Hüfte aufgetreten seien.

4.3 Die von Dr. med. E.________ wegen fehlender genauer Analyse einer
möglichen Verletzung und ausgebliebener Konsultation sämtlicher bildgebender
Dokumente, namentlich des Kernspintomogramms, in Frage gestellte Diagnose
entzündlicher Veränderungen von diversen Ligamenten im Beckenbodenbereich
gemäss Gutachten des Prof. Dr. med. S.________ vermag daher so oder anders
keinen Kausalzusammenhang zwischen dem zu einer Kontusion des Kreuz- und
Steissbeins führenden Unfall und den im Übrigen nicht nur den gesamten
Beckenbereich, sondern auch den Nacken und die Beine erfassenden Beschwerden
zu begründen. Ebenso wenig bietet der Bericht Grundlage für weitere
Abklärungen. Der vorinstanzliche Entscheid ist zu bestätigen.

5.
Da das Gutachten von Prof. Dr. med. S.________ keine entscheidwesentlichen
neuen Befunde zu Tage gefördert hat, können die damit der unterliegenden
Beschwerdeführerin entstandenen Kosten nicht abgegolten werden (Art. 159 Abs.
2 OG; BGE 115 V 62; RKUV 2000 Nr. U 362 S. 41 E. 3b in fine S. 44).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 23. Oktober 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V. Widmer Grünvogel