Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 605/2006
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U 605/06

Urteil vom 17. August 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Frésard,
Gerichtsschreiberin Polla.

D. ________, 1952, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Guy Reich,
Münchhaldenstrasse 24, 8008 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. Oktober 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1952 geborene D.________ war seit 2001 als Maurer für die Firma
Z.________ AG tätig und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 10. Juni 2003 erlitt er
beim Schachtbau ein Quetschtrauma am rechten Mittelfinger mit offener
subkapitaler Mittelphalanxfraktur und 50%iger Teilläsion der langen
Beugesehne. Nach Persistenz eines Funktionsdefizits mit residuellem
Schmerzsyndrom diagnostizierten die Ärzte im Rahmen eines in der Rehaklinik
X.________ durchgeführten Ergonomie-Trainingsprogramms eine rechtsseitige
Lunatummalazie. Ein am 15. März 2004 durchgeführtes psychosomatisches
Konsilium ergab zudem eine leichte depressive Reaktion und eine allgemeine
Labilisierung der Affekte bei einer leichteren Anpassungsstörung (ICD-10
F43.21) sowie ein maladaptiver Umgang mit der Schmerz- und
Beschwerdeproblematik. Gestützt auf eine kreisärztliche Untersuchung vom 10.
August 2004 teilte die SUVA dem Versicherten daraufhin verfügungsweise am 4.
November 2004 mit, dass sie rückwirkend ab 1. Oktober 2004 keine weiteren
Leistungen erbringen werde. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest
(Einspracheentscheid vom 2. Februar 2005).

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 31. Oktober 2006 ab.

C.
D.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
es seien ihm die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17 Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der
angefochtene Entscheid ist indessen vorher ergangen, weshalb sich das
Verfahren noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG;
BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des
Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen
Unfall und eingetretenem Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 129 V 177
E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen), zur vorausgesetzten Adäquanz des
Kausalzusammenhangs bei psychischen Unfallfolgen (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181
und E. 4.1 S. 183, 115 V 133 ff.; RKUV 2005 Nr. U 555 S. 322, U 458/04) sowie
zum Wegfall des ursächlichen Zusammenhangs und damit des Leistungsanspruchs
der versicherten Person bei Erreichen des Status quo sine vel ante und zu den
sich dabei stellenden Beweisfragen (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 45, 1994 Nr. U 206
S. 328; Urteil U 290/06 vom 11. Juni 2007, E. 3.3) zutreffend dargelegt.
Gleiches gilt zu dem im Sozialversicherungsrecht geltenden
Untersuchungsgrundsatz (BGE 130 V 64 E. 5.2.5 S. 68 f.), zum massgebenden
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 150 E. 2.1 S. 153
mit Hinweisen) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer
Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352, SVR 2006 IV Nr. 27 S. 92
E. 3.2.4, I 3/05, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die über den 30. September 2004 hinaus
bestehenden gesundheitlichen Beschwerden in einem rechtsgenüglichen
Kausalzusammenhang zum versicherten Unfall vom 10. Juni 2003 stehen.

3.1 Nach eingehender Würdigung der medizinischen Akten gelangte die
Vorinstanz zum Ergebnis, dass mit dem Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit die Kausalität zwischen dem Unfallereignis vom 10. Juni
2003 und dem heutigen Beschwerdebild (Handgelenksbeschwerden,
Schulter-Arm-Syndrom sowie psychische Komponente) zu verneinen sei.

3.2 Dieser Auffassung ist beizupflichten. Hinsichtlich des erlittenen
Quetschtraumas am rechten Mittelfinger ist davon auszugehen, dass die
unfallbedingten Ursachen des Gesundheitsschadens ihre kausale Bedeutung
verloren haben, also dahingefallen sind (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 329 E. 3b, U
180/93) und dem Versicherten gestützt auf die Ausführungen im Bericht der
Rehaklinik X.________ vom 29. April 2004 aus funktionell-somatischer Sicht
ohne Berücksichtigung der als unfallfremd eingeschätzten Lunatummalazie die
zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maurer/Schaler mit zusätzlichen Pausen von
insgesamt zwei Stunden (in einer vier- bis sechswöchigen Einstiegsphase) und
unter Entlastung durch einen Handlanger beim Tragen sehr schwerer Lasten,
ganztags zumutbar ist sowie leichtere Hilfsarbeiten ohne Einschränkung
vollzeitlich ausübbar sind. Unter Einschluss der psychischen Problematik
nahmen die Ärzte der Rehaklinik X.________ sodann eine 50%ige
Arbeitsfähigkeit für leichte Hilfsarbeiten an (Bericht der Rehaklinik
X.________ vom 29. April 2004 und Psychosomatisches Konsilium vom 1. April
2004).

3.3 Mit Blick auf die Lunatummalazie hielt der Handchirurg Dr. med.
H.________ im Rahmen eines von der Rehaklinik eingeholten Konsiliums fest,
dass die Erkrankung unfallfremd, aber durch den Unfall aktiviert worden sei
(bei absoluter Beschwerdefreiheit im Handgelenk vor dem Unfall). Hiezu ist
festzuhalten, dass nicht jede nach einem Unfall aufgetretene gesundheitliche
Störung - nach der Formel "post hoc, ergo propter hoc" - zwangsläufig auch
als unfallbedingt zu qualifizieren ist (vgl. BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341
f.). Überdies sind die  - zweifelsfrei durch die Lunatummalazie
hervorgerufenen - Handgelenks- sowie die damit zusammenhängenden Arm- und
Schulterbeschwerden aus einhelliger ärztlicher Sicht als unfallfremd zu
bezeichnen. Wie der SUVA-Kreisarzt Dr. med. O.________ in seiner
Stellungnahme vom 17. Dezember 2004 erwähnte, ist eine Verletzung des
Handgelenks medizinisch auch nicht dokumentiert. Selbst wenn die
Lunatummalazie in dem Sinne eine unfalltraumatische Ursache haben sollte, als
dieser Vorzustand vor dem Unfall "stumm" gewesen war und durch das
Unfallereignis (gemäss Handchirurg Dr. med. H.________) aktiviert worden ist,
und somit die entsprechenden Befunde unfallversicherungsrechtlich so lange
von Belang sind, als das versicherte Ereignis hierfür noch eine Teilursache
darstellt, wäre aber nach Lage der Akten ab dem Zeitpunkt der
Leistungseinstellung ein Status quo sine erreicht gewesen. Entgegen der
Ansicht des Beschwerdeführers ist daher von weiteren medizinischen
Abklärungen abzusehen, zumal es für die Beendigung der Leistungspflicht der
Unfallversicherung genügt, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der
Status quo ante vel sine eingetreten ist.

4.
Zu prüfen bleibt die Unfalladäquanz der psychischen Störungen, die natürlich
kausal auf den Unfall zurückzuführen sind. Das kantonale Gericht hat den
Unfall vom 10. Juni 2003 mit Recht den mittelschweren Unfällen zugeordnet.
Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs ist demzufolge zu bejahen, falls
entweder ein einzelnes der relevanten Kriterien (dazu BGE 115 V 133 E. 6c/aa
S. 140) besonders ausgeprägt gegeben ist oder die Kriterien insgesamt in
gehäufter oder auffallender Weise erfüllt sind (BGE 115 V 133 E. 6c/bb S. 140
f.). Dies trifft, wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat und nicht
bestritten wird, nicht zu: Der Unfall ereignete sich weder unter dramatischen
Begleitumständen noch war er von besonderer Eindrücklichkeit. Die erlittene
Fingerverletzung ist weder auf Grund ihrer Art noch ihrer Schwere in
besonderer Weise geeignet, eine psychische Fehlentwicklung auszulösen. Weder
dauerte die ärztliche Behandlung ungewöhnlich lange, noch liegen mit Bezug
auf die Unfallfolgen ein schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche
Komplikationen vor. Körperliche Dauerschmerzen sind wohl vorhanden, indes
krankheits- und nicht unfallbedingt. Von einer ärztlichen Fehlbehandlung kann
nicht gesprochen werden. Nicht erfüllt ist schliesslich auch das Kriterium
des Grades und der Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit, da der
Versicherte nach rund 10 Monaten ohne die diagnostizierte Lunatummalazie und
die psychischen Beschwerden, auch in seiner angestammten Tätigkeit auf dem
Bau ganztags einsetzbar gewesen wäre. Damit  hat die Vorinstanz die
Leistungspflicht der SUVA ab 1. Oktober 2004 zu Recht verneint.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 17. August 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: