Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 597/2006
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U 597/06

Urteil vom 17. Juli 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Ersatzrichter Weber,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

R. ________, 1947, Beschwerdeführer, vertreten durch die Protekta
Rechtsschutz-Versicherung AG, Monbijoustrasse 68, 3007 Bern,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom 3. November 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1947 geborene R.________ war seit 1987 bei der Firma S.________ in der
Montage Zaunbau beschäftigt und über seine Arbeitgeberin bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die
Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Er rutschte am 2.
Dezember 2002 auf einer nassen und mit Blättern bedeckten Treppe aus und
stürzte. Dr. med. X.________, Orthopädische Chirurgie FMH, diagnostizierte
eine vordere Kreuzbandruptur, eine Ruptur mediales Seitenband sowie eine
mediale und laterale Meniskusläsion links. Am 16. Januar und 28. August 2003
erfolgten operative Eingriffe im Rahmen von Arthroskopien. Anlässlich der
kreisärztlichen Abschlussuntersuchung vom 9. Juli 2004 hielt Dr. med.
T.________ fest, dass alle, auch leichte kniegelenksbelastende Tätigkeiten,
absolut nicht mehr in Frage kämen. Hingegen seien alle Tätigkeiten, welche
sitzend ausgeübt werden könnten, in vollem Umfang und mit voller zeitlicher
Präsenz durchführbar. Ein Umschulungsversuch auf administrative Tätigkeiten
mache keinen Sinn. Der Integritätsschaden wurde von Dr. med. T.________ auf
20 % geschätzt. Angebote der SUVA zur Unterstützung der Wiedereingliederung
ins Berufsleben lehnte R.________ ab mit der Begründung, er könne sich keine
Tätigkeit (auch sitzend) von mehr als eineinhalb bis zwei Stunden pro Tag
vorstellen. In der erneuten kreisärztlichen Untersuchung vom 29. Dezember
2004 hielt Dr. med. G.________ am Befund vom 9. Juli 2004 fest und ergänzte
bezüglich der zumutbaren Tätigkeit, dass R.________ die Möglichkeit haben
sollte, das Bein frei zu positionieren.

Mit Verfügung vom 29. März 2005 sprach die SUVA R.________ eine Rente bei
einem Invaliditätsgrad von 29 % und eine Integritätsentschädigung von Fr.
21'360.- bei einem Integritätsschaden von 20 % zu. Die Invalidenversicherung
lehnte am 18. April 2005 die Ausrichtung einer Rente ab. Mit
Einspracheentscheid vom 2. Februar 2006 hielt die SUVA an ihrem Standpunkt
fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 3. November 2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt R.________ beantragen, in Aufhebung
des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern seien die Akten zur
Durchführung eines Arbeitsversuches und zur Neufestsetzung des
Rentenanspruches an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Der Beschwerdeführer hat sowohl bei der Vorinstanz wie auch beim
Bundesgericht lediglich die Festlegung des Rentenanspruchs angefochten. Der
Entscheid über die Integritätsentschädigung ist somit in Rechtskraft
erwachsen.

3.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch auf eine
Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG in der seit 1.
Januar 2003 gültigen Fassung), über die Begriffe der Invalidität (Art. 8
ATSG) und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) sowie über die Ermittlung des
Invaliditätsgrades nach der Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG)
zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Richtig sind auch die
Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und
Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 f.).

4.
Streitig und zu prüfen ist der Umfang des anerkanntermassen bestehenden
Anspruchs auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung.
Was zunächst die aus dem Unfall folgende gesundheitliche Beeinträchtigung und
deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit anbelangt, bestreitet der
Beschwerdeführer nicht mehr, dass er in einer sitzenden, nicht
kniebelastenden Tätigkeit ohne zeitliche Einschränkung arbeitsfähig ist.
Soweit er geltend macht, es hätte zwingend ein Arbeitsversuch durchgeführt
werden müssen, um den Umfang der effektiven Leistungsfähigkeit festzustellen,
ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass die Beurteilungen der
SUVA-Kreisärzte vom 9. Juli und 29. Dezember 2004, die bezüglich Festsetzung
der Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit auf 100 % mit dem
Bericht des behandelnden Arztes Dr. med. X.________ vom 17. Juni 2004
übereinstimmen, eine hinreichende, den Anforderungen der Rechtsprechung
genügende Beurteilungsgrundlage liefern (BGE 125 V 351 E. 3a/ee S. 353 f.).
In diesen Berichten sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die
Leistungsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit zusätzlich
eingeschränkt wäre. Was die davon abweichende Einschätzung der
Arbeitsfähigkeit durch Dr. med. X.________ im Kurzbericht vom 18. Juli 2005
anbelangt, hat die Vorinstanz zu Recht darauf hingewiesen, dass einerseits
der Arzt seine gegenüber dem Bericht vom 17. Juni 2004 geänderte Einschätzung
nicht (nachvollziehbar) begründet hat und dass andrerseits der
Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen ist, dass behandelnde Ärztinnen und
Ärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in
Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patientinnen und Patienten aussagen (BGE
125 V 351 E. 3b/cc S. 353). Schliesslich ist mit dem kantonalen Gericht
darauf hinzuweisen, dass für die Festsetzung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit
das objektiv vorhandene Leistungspotential und nicht das subjektive Empfinden
des Versicherten massgebend ist. Auf die Durchführung weiterer Abklärungen,
namentlich auch eines Arbeitsversuches, kann verzichtet werden, da hievon
keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung; BGE
130 II 425 E. 2.1 S. 428, 124 V 90 E. 4b S. 94) .

5.
Streitig und zu prüfen sind die erwerblichen Auswirkungen der unfallbedingten
Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit und dabei zunächst das
Invalideneinkommen.

5.1 Die Beschwerdegegnerin hat zur Festlegung des Invalideneinkommens bei
Erlass der Verfügung vom 29. März 2005 die Lohnangaben aus ihrer
Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) beigezogen und ein Invalideneinkommen
von Fr. 49'697.- für das Jahr 2004 (Mittel der Durchschnittswerte der
DAP-Nrn. 1041, 89, 107, 451 und 5861) ermittelt. Wegen Kritik an den
DAP-Löhnen ist sie beim Einspracheentscheid vom 2. Februar 2006 von den
Lohnstrukturerhebungen (LSE) des Bundesamtes für Statistik für das Jahr 2004
ausgegangen und hat das Invalideneinkommen unter Berücksichtigung eines
leidensbedingten Abzuges von 15 % auf Fr. 49'254.-  festgelegt.

5.2 Die Vorinstanz hat das Invalideneinkommen ebenfalls anhand der LSE 2004
ermittelt und unter Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzuges von 10 %
auf Fr. 51'532.- festgelegt. Sie hat zudem das in der Verfügung  anhand der
DAP ermittelte Invalideneinkommen von Fr. 49'697.- überprüft und als die
Kriterien der Rechtsprechung erfüllend bezeichnet. Im Ergebnis bestätigte sie
daher den Einspracheentscheid, welcher zu Gunsten des Beschwerdeführers dem
Einkommensvergleich mit dem tieferen Invalideneinkommen entspricht.

5.3 Auf die überzeugenden Erwägungen des kantonalen Gerichts zur Ermittlung
des Invalideneinkommens, mit welchen sich der Beschwerdeführer nicht näher
auseinandersetzt, kann verwiesen werden. Beide Methoden zur Ermittlung des
Invalideneinkommens sind vorliegend zulässig. Insbesondere werden auch beim
Abstellen auf die DAP-Löhne - wie dies die Vorinstanz dargelegt hat - die
rechtsprechungsgemäss verlangten Kriterien (BGE 129 V 472) erfüllt. Bei den
ausgewählten dokumentierten Arbeitsplätzen wäre entweder kein Gehen oder
höchstens ein Gehen von selten bis zu fünfzig Metern erforderlich, währenddem
für die Ausübung der Arbeit als länger andauernde Haltung Sitzen angeführt
wird. Eine solche Tätigkeit kann der Beschwerdeführer gemäss der
kreisärztlichen Beurteilung ausüben.

6.
Bezüglich  Valideneinkommen schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend,
dieses betrage Fr. 70'250.-, nicht  Fr. 70'200.- pro Jahr. Gemäss
Lohnbuchauszug der Firma S.________ vom 25. Oktober 2004 erhielt der
Beschwerdeführer jeweils einen um Fr. 50.- höheren        13. Monatslohn
ausbezahlt, was der gerügten Differenz entspricht. Daraus ergibt sich jedoch
keine relevante Auswirkung auf die Ermittlung des Invaliditätsgrades.  Wie
die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, beträgt das Invalideneinkommen für das
Jahr 2004 gemäss LSE - unter Berücksichtigung des unbestrittenen und nicht zu
beanstandenden Leidensabzuges von 10 % - Fr. 51'532.-. Selbst wenn dieses
einem Valideneinkommen von Fr. 70'250.-, wie vom Beschwerdeführer geltend
gemacht, gegenübergestellt wird, ergibt sich ein Invaliditätsgrad von
lediglich 26.65 %, gerundet 27 %, und nicht von 29 %, wie er dem durch das
kantonale Gericht bestätigten Einspracheentscheid zu Grunde liegt. Da sowohl
das Validen- wie auch das Invalideneinkommen für das Jahr 2004 ermittelt
worden sind, erübrigt sich eine Anpassung auf die im Zeitpunkt des
Einspracheentscheides (2. Februar 2006) massgebenden Werte, da die
Nominallohnanpassungen sich sowohl beim Validen- wie auch beim
Invalideneinkommen prozentual gleich auswirken würden. Der vorinstanzliche
Entscheid und der Einspracheentscheid sind somit nicht zu beanstanden.

7.
Da es im vorliegenden Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen geht, ist von der Auferlegung von Gerichtskosten
abzusehen (Art. 134 OG). Der unterliegende Beschwerdeführer hat keinen
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 17. Juli 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: