Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 586/2006
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U 586/06

Urteil vom 27. Februar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Holzer.

F. ________, 1963, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. André Largier, Sonneggstrasse 55, 8006 Zürich,

gegen

Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst, Generaldirektion Schweiz,
8085 Zürich Versicherung, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Hermann Rüegg, Bahnhofstrasse 11 / Postfach 670, 8630 Rüti.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Oktober 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1963 geborene F.________ war als 1. Floristin des Hotels B.________ bei
der Zürich Versicherungs-Gesellschaft (nachstehend: die Zürich) gegen die
Folgen von Unfällen versichert, als sie am 15. Oktober 2001 Opfer eine
Auffahrunfalles wurde. Der erstbehandelnde Dr. med. R.________
diagnostizierte noch am Unfalltag eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS).
Die Zürich anerkannte daraufhin ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses
Ereignisses und erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Da Dr. med. P.________
vom Spital T.________ in seinem Gutachten vom 14. November 2004 zum Schluss
gekommen war, die anhaltenden Beschwerden seien nur noch möglicherweise Folge
des Unfalles vom 15. Oktober 2001, überwiegend wahrscheinlich sei indessen
der Status quo sine erreicht worden, kündigte die Zürich der Versicherten mit
Vorbescheid vom 24. Januar 2005 eine Leistungseinstellung per 1. Januar 2005
an. Nachdem der Gutachter am 12. Juli 2005 zu den Einwänden des behandelnden
Arztes, Dr. med. K.________ Stellung genommen hatte, stellte die Zürich ihre
Leistungen mit Verfügung vom 19. Juli 2005 per 28. Februar 2005 ein. Mit
Einspracheentscheid vom 17. November 2005 hielt die Versicherung an ihrer
Verfügung fest.

B.
Die von F.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 20. Oktober
2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt F.________, die Zürich sei unter
Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides zu
verpflichten, die gesetzlichen Leistungen über den 28. Februar 2005 hinaus zu
erbringen.

Während die Zürich auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz.
75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts
umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann anwendbar, wenn der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten
dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale
Gerichtsentscheid am 20. Oktober 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007
erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in
Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege
(OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Zürich habe ihren Anspruch auf rechtliches
Gehör verletzt, indem sie dem Antrag vom 6. März 2005, dem Gutachter Dr. med.
P.________ Ergänzungsfragen zur Beantwortung vorzulegen, nicht stattgegeben
hat. Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, ist diese Rüge unbegründet:
Mit Schreiben vom 20. August 2004 räumte die Beschwerdegegnerin der
Versicherten die Möglichkeit ein, zusätzliche Fragen an den Gutachter zu
richten. Von dieser Möglichkeit machte die Beschwerdeführerin keinen
Gebrauch. Nach Vorliegen des Gutachtens ersuchte die Zürich den Gutachter, zu
dem von der Versicherten eingereichten abweichenden Bericht des Dr. med.
K.________ Stellung zu nehmen. Dabei durfte die Beschwerdegegnerin, ohne
damit die Mitwirkungsrechte der Versicherten zu verletzen, darauf verzichten,
dieser noch einmal die Gelegenheit zu bieten, zusätzliche Fragen an den
Gutachter zu richten.

3.
Die Zusprechung von Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung setzt
grundsätzlich das Vorliegen eines Berufsunfalles, eines Nichtberufsunfalles
oder einer Berufskrankheit voraus (Art. 6 Abs. 1 UVG). Das kantonale Gericht
hat die dabei zu beachtende Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht
vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem
eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 129 V 177 E. 3.1 S.
181 mit Hinweisen), zum Dahinfallen des natürlichen Kausalzusammenhanges bei
Erreichen des Status quo sine (RKUV 2000 U 363 S. 45 E. 2 [U 355/98]), zum
dabei geltenden Beweismass bzw. zur Verteilung der Beweislast (RKUV 1994 U
206 S. 326 E. 3b [U 180/93]) und zum Beweiswert medizinischer Berichte (BGE
125 V 351) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4.
4.1 Es ist unbestritten, dass die Versicherte bei ihrem Auffahrunfall am
15. Oktober 2001 eine HWS-Distorsion erlitten hat. Ebenso steht fest, dass
dieses Unfallereignis auf eine mehrfach vorgeschädigte Halswirbelsäule traf:
Zum einen bestand bereits zu diesem Zeitpunkt eine bildgebend dokumentierte,
strukturell bedingte Funktionsstörung der Segmente C5/6 und C6/7 mit
degenerativen Veränderungen, zum andern ist von einer sehr diskreten
regionalen Dysfunktion der oberen Halswirbelsäule sowie einer persistierenden
Fehlform derselben seit einem Unfallereignis im Jahre 1991 auszugehen.
Streitig und zu prüfen ist jedoch, ob am 1. März 2005 bezüglich der Folgen
des Auffahrunfalles der Status quo sine erreicht wurde, ob sich mithin der
Gesundheitszustand der Versicherten ab jenem Tag gleich präsentierte, wie
dies der Fall gewesen wäre, wenn sich der Unfall vom 15. Oktober 2001 nicht
ereignet hätte.

4.2 Dr. med. P.________ hielt in seinem Gutachten vom 14. November 2004 fest,
dass das geklagte Beschwerdebild alleine aufgrund der degenerativen
Veränderungen der Wirbelsäule erklärbar sei. Es sei daher davon auszugehen,
dass der Status quo sine erreicht wurde. Demgenüber zweifelte der behandelnde
Arzt, Dr. med. K.________ (FMH Rheumatologie und Innere Medizin), in seinem
Schreiben vom 12. Februar 2005 daran, dass die Beschwerden alleine durch die
degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule (C5/6 und
C6/7) zu erklären sind. Ebenso starke Beschwerden würden den oberen
Halswirbelsäulensegmenten (C0/1, C1/2 und C2/3) entspringen. In seinem
Schreiben vom 29. November 2006 hielt er darüberhinaus fest, es sei nicht
zulässig, aus dem Fehlen bildgebend nachgewiesener Veränderungen im oberen
Bereich zu schliessen, dieser Bereich könne keine Schmerzen verursachen.

4.3 Wie die Vorinstanz ausführlich dargelegt hat, erfüllt das Gutachten von
Dr. med. P.________ vom 14. November 2004 die von der Rechtsprechung
entwickelten Kriterien; insbesondere ist es nachvollziehbar begründet und
leuchtet in den Schlussfolgerungen ein. Daran ändert auch der Umstand nichts,
dass der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. Juli 2005
darauf hinwies, dass nicht mit absoluter Sicherheit eine genaue prozentuale
Angabe gemacht werden könne, wie stark die aktuelle Symptomatik
krankheitsbedingt oder unfallbedingt zu werten ist. Auch der behandelnde Arzt
hielt in seiner Stellungnahme vom 29. November 2006 fest, dass eine
verlässliche, streng naturwissenschaftliche Prognose, wie sich der
Krankheitsverlauf ohne den Unfall entwickelt hätte, nicht abgegeben werden
kann. Eine solche ist indessen auch nicht nötig: Ebenso wie der
leistungsbegründende natürliche Kausalzusammenhang muss das Dahinfallen jeder
kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens mit
dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (RKUV 2000 U 363 S. 45 E.
2 [U 355/98]; 1994 U 206 S. 326 E. 3b [U 180/93]). Dies bedeutet, dass die
Verwaltung - und im Beschwerdefall das Gericht - jener
Sachverhaltsdarstellung zu folgen hat, die sie von allen möglichen
Geschehnisabläufen für die wahrscheinlichste hält (BGE 119 V 7 E. 3c/aa S.
9). Die Regel, wonach die entsprechende Beweislast - anders als die Frage, ob
ein leistungsbegründender natürlicher Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht
bei der Versicherten, sondern beim Unfallversicherer liegt (RKUV 1994 U 206
S. 326 E. 3b [U 180/93]), würde sich erst dann zu Gunsten der
Beschwerdeführerin auswirken, wenn es nach Würdigung der gesamten Umstände
als gleich wahrscheinlich erschiene, dass die Symptomatik krankheitsbedingt
zu werten ist, wie dass sie als unfallbedingt anzusehen ist. So verhält es
sich vorliegend jedoch nicht.

4.4 Aufgrund der medizinischen Akten ist zwar davon auszugehen, dass ein
streng naturwissenschaftlicher Beweis, dass die noch bestehende Symptomatik
krankheitsbedingt verursacht wurde, so wenig zu erbringen ist, wie jener,
dass sie als unfallkausal zu werten ist. Mit Blick auf die möglichen
Geschehnisabläufe erscheint jedoch die Ansicht von Dr. med. P.________, dass
die über drei Jahre nach dem Unfall noch gegebenen Beschwerden durch die
bildgebend nachgewiesenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule
verursacht wurden, als wahrscheinlicher als jene von Dr. med. K.________,
wonach die Beschwerden ihre Wurzel in einer bildgebend nicht nachweisbaren -
allenfalls unfallkausalen - Problematik in der oberen Halswirbelsäule haben.
Damit ist mit dem notwendigen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit
erstellt, dass der Status quo sine erreicht wurde. Die Leistungseinstellung
war somit rechtens.

5.
Die Kosten eines von einer versicherten Person veranlassten Gutachtens sind
vom Versicherungsträger dann zu übernehmen, wenn sich der medizinische
Sachverhalt erst aufgrund des neu beigebrachten Untersuchungsergebnisses
schlüssig feststellen lässt und dem Unfallversicherer insoweit eine
Verletzung der ihm im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes obliegenden Pflicht
zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung vorzuwerfen ist (RKUV 2004 Nr. U
503 S. 186 ff. [U 282/00]). Dies ist vorliegend nicht der Fall, so dass dem
Antrag der Beschwerdeführerin auf Übernahme der Kosten für den ärztlichen
Bericht des Dr. med. K.________ vom 29. November 2006 nicht stattzugeben ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. Februar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Holzer