Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 559/2006
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U 559/06

Urteil vom 4. Juni 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Lanz.

B. ________, 1963, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Jüsi,
Langstrasse 4, 8004 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 5. Oktober 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1963 geborene B.________ ist seit Juni 1999 als Wagenführer bei den
Betrieben X.________ tätig und dadurch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfallfolgen
versichert. Am 28. Januar 2004 rutschte er bei einer Busstation auf vereistem
Boden aus und stürzte rückwärts auf eine Hand und auf das Becken. Gemäss
Bericht des anderntags aufgesuchten Hausarztes vom 14. Mai 2004 zog er sich
dabei eine Handgelenksdistorsion und eine Sacrumcontusion zu. Der Arzt
bestätigte eine volle Arbeitsunfähigkeit vom 29. Januar bis 8. Februar 2004
und vom 3. bis 14. März 2004. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen
(Heilbehandlung, Taggeld). Nachdem B.________ am 15. März 2004 die Arbeit
wieder zu 100 % aufgenommen hatte, erklärte ihn der Hausarzt ab 16. August
2004 erneut für gänzlich arbeitsunfähig. Eine CT-Untersuchung vom 18. August
2004 ergab kleine Diskushernien auf Höhe L4/5 und L5/S1. Mit Verfügung vom
26. November 2004 verneinte die SUVA ihre Leistungspflicht hinsichtlich des
Bandscheibenschadens mit der Begründung, es fehle an einem sicheren oder
wahrscheinlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 28. Januar 2004. Daran hielt
der Versicherer mit Einspraacheentscheid vom 9. März 2005 fest.

B.
Die von B.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. Oktober
2006 ab.

C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
die Sache sei in Aufhebung von kantonalem und Einspracheentscheid zu weiteren
Sachverhaltsabklärungen und zum neuen Entscheid an den Unfallversicherer
zurückzuweisen.
Die SUVA beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne sich
weiter zur Sache zu äussern. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der
angefochtene Entscheid ist indessen vorher ergangen, weshalb sich das
Verfahren noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG;
BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Streitig ist, ob die SUVA aus dem Unfall vom 28. Januar 2004 auch Leistungen
für Beschwerden aufgrund der am 18. August 2004 festgestellten Diskushernien,
wobei diejenige auf Höhe L5/S1 im Vordergrund steht, zu erbringen hat.

3.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch auf Leistungen
der Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG), auch bei Rückfällen und
Spätfolgen (Art. 11 UVV), und die Grundsätze über den für die
Leistungspflicht des Unfallversicherers nebst anderem vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen
Schaden (Krankheit; Invalidität; Tod; BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 Erw. 3.1),
namentlich auch bei Diskushernien, zutreffend dargelegt. Danach entspricht es
im Bereich des Unfallversicherungsrechts einer medizinischen
Erfahrungstatsache, dass praktisch alle Diskushernien bei Vorliegen
degenerativer Bandscheibenveränderungen entstehen und ein Unfallereignis nur
ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, als eigentliche Ursache in
Betracht fällt. Wird die Diskushernie durch den Unfall lediglich ausgelöst,
nicht aber verursacht, übernimmt die Unfallversicherung den durch das
Unfallereignis ausgelösten Beschwerdeschub, spätere Rezidive dagegen nur,
wenn eindeutige Brückensymptome gegeben sind (RKUV 2000 Nr. U 379 S. 192,
U 138/99; vgl. auch RKUV 2000 Nr. U 378 S. 190, U 149/99). Ebenfalls richtig
sind die vorinstanzlichen Erwägungen über den zu beachtenden Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen)
und über den Beweiswert versicherungsexterner und -interner Arztberichte (BGE
125 V 351, namentlich E. 3a S. 352 und E. 3b/ee S. 353 f., je mit Hinweis).
Darauf wird verwiesen.

4.
Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gelangt, die im Oktober 2004 gemeldeten
Beschwerden aus der festgestellten Diskushernienproblematik stünden nicht
überwiegend wahrscheinlich in einem natürlichen Kausalzusammenhang mit dem
Unfall vom 28. Januar 2004, weshalb die SUVA ihre Leistungspflicht zu Recht
verneint habe. Diese Beurteilung stützt sich namentlich auf die Berichte des
Dr. med. M.________, Wirbelsäulenchirurgie, Klinik Y.________, des
Kreisarztes und des Dr. med. S.________, Facharzt FMH für Chirurgie,
Abteilung Versicherungsmedizin der SUVA.

4.1 Dr. med. M.________ diagnostiziert im Bericht vom 22. Oktober 2004 eine
Lumboischialgie beidseits, mehr rechts, bei kleiner Diskushernie L5/S1 rechts
ohne neurologische Ausfälle. Die Diskushernie verursache möglicherweise eine
Wurzelirritation S1 rechts, stehe aber kaum in einem direkten Zusammenhang
zum Unfall vom 28. Januar 2004. Im kreisärztlichen Bericht vom 14. Februar
2005 wird dieser Auffassung gefolgt und dabei namentlich auch ausgeführt,
dass sich die im Sommer 2004 neu aufgetretene Symptomatik mit ausstrahlenden
Schmerzen in die unteren Extremitäten wesentlich von den nach der beim Unfall
vom 28. Januar 2004 gezeigten Beschwerden unterscheide. Dr. med. S.________
gelangt in der Ärztlichen Beurteilung vom 3. März 2005 zum Ergebnis, die
festgestellten Diskushernien seien typischerweise degenerativer Natur und
durch den Unfall vom 28. Januar 2004 weder verursacht noch verschlimmert
worden.

4.2 Wie das kantonale Gericht zutreffend erwogen hat, überzeugen die
erwähnten Arztberichte in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und
in der übereinstimmenden Beurteilung der gesundheitlichen Situation. Es kann
daher darauf abgestellt und eine kausale Bedeutung des versicherten
Ereignisses für die Beschwerden aus der Diskushernienproblematik verneint
werden. Hieran ändert nichts, dass zwei dieser Berichte von
versicherungsinternen Ärzten erstellt wurden, sind doch keine Anhaltspunkte
geltend gemacht oder sonstwie ersichtlich, welche Zweifel an der
Zuverlässigkeit von deren Aussagen zu begründen vermöchten (vgl. BGE 125 V
351 E. 3b/ee S. 353 f. mit Hinweis).
Dass der Hausarzt das Vorliegen einer unfallfremden Gesundheitsschädigung
verneint hat (Bericht vom 19. November 2004), rechtfertigt ebenso wenig eine
andere Betrachtungsweise wie die von ihm gestellte Diagnose einer
posttraumatischen Diskushernie (Bericht vom 15. September 2004). Festzuhalten
ist vorab, dass Stellungnahmen der behandelnden Ärzte aufgrund deren
Vertrauensstellung zum Patienten zurückhaltend zu gewichten sind (BGE 125 V
351 E. 3b/cc S. 353 mit Hinweisen). Abgesehen davon enthalten im vorliegenden
Fall die Berichte des Hausarztes auch keine Aspekte, welche die
übereinstimmende und überzeugend begründete Einschätzung der vorerwähnten
Fachärzte in Frage zu stellen vermöchten. Hervorzuheben ist dabei namentlich
auch, dass der Hausarzt selber erst mehrere Monate nach dem Unfall und
gestützt auf die nach seinen Berichten vom 15. September 2004 und 24. März
2005 im Sommer resp. im Frühling und Sommer 2004 hinzugekommene radikuläre
Symptomatik auf eine Bandscheibenproblematik geschlossen und deswegen die
CT-Untersuchung veranlasst hat. Weiterungen zur von Vorinstanz und
Versichertem unterschiedlich beantworteten Frage, ob der Hausarzt mit der
Verwendung des Begriffes "posttraumatisch" eine Unfallkausalität des
Bandscheibenschadens bejahen wollte oder nicht, erübrigen sich.
Die Aussage in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wonach die vorerwähnten
Ärzte Stellung genommen haben, ohne den Beschwerdeführer persönlich
untersucht zu haben, trifft so nicht zu. Der Bericht des Dr. med. M.________
vom 22. Oktober 2004 beruht auf einer Untersuchung in der
Wirbelsäulensprechstunde. Wenn die SUVA-Ärzte auf die Einschätzung dieses
Wirbelsäulenspezialisten und auf das CT vom 18. August 2004 abgestellt haben,
vermag dies unter den gegebenen Umständen den Beweiswert ihrer Berichte nicht
zu schmälern.
Darin wird überdies nachvollziehbar dargelegt, dass die zwei geltend
gemachten "Blockierungen" vom 3. März 2004 und 28. Juli 2004 - jeweils nach
Perioden voller Arbeitstätigkeit -, zwanglos mit einer unfallfremden
Gesundheitsschädigung erklärt werden können. Dabei ist entgegen der vom
Versicherten vertretenen Auffassung auch nicht wahrscheinlich, dass diese
"Blockierungen" und die später aufgetretene Symptomatik Spätfolgen des
Unfalles vom 28. Januar 2004 darstellen. Mit dem kantonalen Gericht ist
schliesslich die Notwendigkeit weiterer medizinischer Abklärungen in
antizipierter Beweiswürdigung zu verneinen.
Die weiteren Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen ebenfalls
zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt namentlich auch für die teils
spekulative medizinische Argumentation. Es kann im Übrigen auf die Erwägungen
im angefochtenen Entscheid verwiesen werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 4. Juni 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: