Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 541/2006
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U 541/06

Urteil vom 7. Juni 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Heine.

S. ________, 1971, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher      Daniel
Küng, Rosenbergstrasse 51, 9001 St. Gallen,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons St. Gallen     vom 26. September 2006.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 8. Juli 2005 lehnte es die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ab, S.________, geb. 1971, über den    31.
Juli 2005 hinaus Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung aus dem am
6. Dezember 2004 erlittenen Auffahrunfall zu erbringen, weil keine
Unfallfolgen mehr vorlägen. Auf Einsprache des Versicherten hin bestätigte
die SUVA ihren Standpunkt (Einspracheentscheid vom 9. Dezember 2005).

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen ab (Entscheid vom 26. September 2006).

C.
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das Rechtsbegehren
stellen, die SUVA sei, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids, zu
verpflichten, ihm die gesetzlichen Leistungen weiterhin zu erbringen,
insbesondere eine Invalidenrente, eventuell Taggelder, basierend auf einem
Invaliditätsgrad von 100% ab dem    6. Dezember 2006 (recte: 2004) sowie eine
dem Invaliditätsgrad entsprechende Integritätsentschädigung; eventuell seien
ergänzende Abklärungen vorzunehmen.

Die SUVA beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das
Bundesamt für Sozialversicherungen auf Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidg. Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem
einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von
Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz. 75) und es
wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu
geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Entscheid am
26. September 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet
sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen
Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16.
Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Bestimmung über den Anspruch auf
Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG) sowie
die Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicheres
vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181,
402 E. 4.3.1 S. 406) und zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten
(BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob für die Zeit über den 31. Juli 2005 hinaus ein
behandlungsbedürftiger und/oder zu Arbeitsunfähigkeit führender
Gesundheitsschaden auszumachen ist, welcher in natürlich kausaler Weise auf
den versicherten Unfall vom 6. Dezember 2004 (Auffahrunfall) zurückzuführen
ist. Im Zentrum steht dabei die rechtliche Beurteilung des von den
beteiligten Ärzten diagnostizierten Lumbovertebralsyndroms oder der
Torsionsskoliose (insbesondere die Berichte des Dr. med. T.________, Innere
Medizin, vom 22. Dezember 2004, des Dr. med. X.________, SUVA-Kreisarzt vom
31. Januar 2005 sowie des Dr. med. Y.________, Facharzt für Orthopädische
Chirurgie, SUVA, vom 30. November 2005).

3.1 Laut angefochtenem Entscheid sind sich die beteiligten Mediziner
hinsichtlich der somatischen Befunde weitgehend einig. Demnach hat der
Beschwerdeführer ein lumbovertebrales Syndrom und eine Torsionsskoliose. Mit
Blick auf die Kausalitätsbeurteilung folgert die Vorinstanz, die Mediziner
seien sich einig, dass die Schmerzen ohne die vorbestehende Verkrümmung der
Wirbelsäule nicht oder zumindest nicht im geklagten Ausmass aufgetreten
wären. Auch die Ausführungen des Dr. med. T.________ sind hinsichtlich der
Erkenntnis überzeugend, dass eine schwere Torsionsskoliose vorbestanden habe.
Dr. med. X.________ vertritt die Auffassung, durch den Auffahrunfall sei der
schwere degenerative Vorzustand zwar vorübergehend traumatisch schmerzhaft
geworden, dieses Trauma sei jedoch nicht geeignet gewesen, die bereits
vorbestehende schwere Torsionsskoliose zu verschlimmern, weshalb gesamthaft
von einem Status quo sine ab 31. Juli 2005 auszugehen sei.

3.2
Der Beschwerdeführer behauptet, die bildgebenden Untersuchungen und die
invasive Segmentdiagnostik hätten die unfallbedingte Ursache der geklagten
Schmerzen im Bereich der LWS nicht erklären können, weshalb ein
unfallanalytisches Gutachten beantragt werde. Sodann sei nicht erstellt, dass
die Wirbelsäulenverkrümmung nicht lebenslang hätte unerkannt bleiben können,
weshalb es keinen vernünftigen Grund gäbe, dass die aktuellen Beschwerden
nicht auf den Unfall zurückzuführen seien. Insgesamt sei der Status quo sine
am 31. Juli 2005 noch nicht erreicht worden.

3.3 Dr. med. N.________, Assistenzarzt, Kantonales Spital A.________
diagnostiziert am Tag des Auffahrunfalls ein HWS Distorsionstrauma ohne
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit. Dr. T.________ stellt gleichentags keine
Verletzung und als vorläufige Diagnose hält er ein Cervicalsyndrom und ein
lumbovertebrales Syndrom fest bei einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit. Bei der
kreisärztlichen Untersuchung vom 31. Januar 2005 beschreibt Dr. X.________
eine deutliche Skoliose und hält fest,        Dr. T.________ habe bereits vor
dem Unfall eine schiefe Wirbelsäule festgestellt. Im Schreiben vom 31. Januar
2005 schliesst der Kreisarzt, dass ein massiver Vorzustand an der Wirbelsäule
in Form einer Kyphoskoliose bestanden habe, weshalb die Rückenschmerzen
überhaupt durch diesen Unfall mit minimaler Gewalteinwirkung aufgetreten
seien. Gestützt auf den radiologischen Untersuchungsbericht (MRI) vom 7. Juni
2005 bestätigt Dr. X.________, die ausgeprägte Spinalkanalstenose sei
eindeutig keine Unfallfolge. Auch Dr. med. F.________, Spezialarzt FMH für
Röntgendiagnostik, Röntgeninstitut, geht von einem chronischen
Lumbovertebalsyndrom mit degenerativen Veränderungen aus. Selbst der
behandelnde Hausarzt Dr. med. T.________ anerkennt eine schwere vorbestehende
Torsionsskoliose, ohne welche sich die Schmerzen in diesem Ausmass nicht
manifestiert hätten (Stellungnahme vom 20. September 2005). Auf Grund der
Akten und den bildgebenden Dokumenten schliesst Dr. Y.________, Facharzt für
Orthopädische Chirurgie FMH, Versicherungsmedizin, in seinem Bericht vom 30.
November 2005 eine invalidisierende Auswirkung der Heckkollision aus. Die
Tatsache, dass er den Patienten nicht direkt untersucht hat, ändert an seiner
schlüssigen Analyse nichts, denn die geklagten Schmerzen werden anerkannt und
auf Grund der medizinischen Unterlagen die Kausalität zwischen den
Beschwerden und dem Unfall logisch ausgeschlossen (BGE 125 V 353 E. 3b/bb S.
353).
Insgesamt geben die medizinischen Unterlagen ein einheitliches Bild, das von
Dr. med. Y.________ in der ärztlichen Beurteilung vom                   30.
November 2005 zusammengefasst wurde. Mit der Vorinstanz ist deshalb auf die
medizinische Beurteilung abzustellen, wonach der Auffahrunfall eine
traumatische Verschlimmerung des bereits vor dem Ereignis schweren
degenerativen Zustandes auslöste, jedoch bezüglich der lumbalen Beschwerden
spätestens nach einem halben Jahr (am 31. Juli 2005) der Status quo sine
erreicht war. Demnach ist überwiegend wahrscheinlich, dass gesamthaft die
degenerativen Vorzustände durch den Unfall zwar vorübergehend traumatisch
verschlimmert wurden, dieser sich aber nicht auf die bereits bestehende
Instabilität richtungsweisend ausgewirkt hat, weshalb ab 31. Juli 2005 von
einem Status quo sine auszugehen ist. Von weiteren medizinischen Abklärungen
kann deshalb in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 122 V 162 E. 1d S. 162)
abgesehen werden. Die - vorinstanzlich bestätigte - Leistungseinstellung auf
den 31. Juli 2005 erfolgte demnach zu Recht.

4.
Ein Anspruch auf Parteientschädigung ist auf Grund des letztinstanzlichen
Prozessausgangs zu verneinen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 7. Juni 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: