Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 537/2006
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U 537/06

Urteil vom 13. Juni 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Heine.

Aktiengesellschaft H.________, Beschwerdeführerin,

gegen

Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst, Generaldirektion
Schweiz, 8085 Zürich Versicherung, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. September 2006.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 15. September 2005 erteilte das Bezirksgericht X.________
der Zürich Versicherung ("Zürich") für die Betreibungen gegenüber der
Aktiengesellschaft H.________ provisorische Rechtsöffnung. Auf die hiegegen
erhobene Aberkennungsklage trat das Bezirksgericht X.________ wegen
Unzuständigkeit nicht ein und überwies das Verfahren an das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich (Beschluss vom 16. März 2006).

B.
Mit Beschluss vom 19. September 2006 entschied das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich, auf die Aberkennungsklage nicht einzutreten.

C.
Die Aktiengesellschaft H.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Rechtsbegehren, der kantonale Beschluss sei aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese sich nochmals mit der Sache befasse
und, falls sie definitiv nicht zuständig sei, die Sache an das dafür
zuständige Gericht weiterzuleiten.

Die "Zürich" und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidg. Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem
einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von
Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz. 75) und es
wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu
geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Beschluss am
19. September 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet
sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen
Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16.
Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen über die Zuständigkeit des
Sozialversicherungsgerichts (GSVGer) sowie über den Streitgegenstand im
Aberkennungsprozess (Art. 83 Abs. 2 SchKG) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht nicht auf die
Aberkennungsklage eingetreten ist.

3.1 Das kantonale Gericht erblickt in der Zahlungsvereinbarung vom 31. August
bzw. 4. (recte 2.) Oktober 2004 eine Novation. Die Vereinbarung und die
darauf gründende Betreibungsforderung seien privatrechtlicher Natur.

3.2 Unter Neuerung im Sinne von Art. 116 OR ist die Umwandlung eines alten
Schuldverhältnisses in ein neues zu verstehen, wobei der Verpflichtungsgrund
des neuen nicht in jenem des alten, sondern in dem die Neuerung bewirkenden
selbständigen Rechtsgeschäft besteht (BGE 60 II 332 f.). Sie beruht auf der
vertraglichen Einigung von Gläubiger und Schuldner, die bestehende Obligation
untergehen zu lassen und durch eine neue zu ersetzen, also die rechtliche
Grundlage des bestehenden Schuldverhältnisses auszuwechseln (Aepli, Zürcher
Kommentar, N 11 zu Art. 116 OR; Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht,
Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 406). In vorerst subjektiver und nötigenfalls
nachfolgender objektiver Auslegung der vertragsbezogenen Willenserklärungen
ist zu ermitteln, ob die Parteien einen animus novandi hatten sowie
bekundeten und damit das alte Schuldverhältnis in seiner Identität
beseitigten (Aepli, a.a.O. N 29 zu Art. 116 OR; Gauch/Schluep,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 7. Aufl., Bd. II, S. 204
Rz. 3221).

3.3 Im vorliegenden Fall stellte die "Zürich" ein Rechtsöffnungsbegehren für
die Betreibungen Nr. ..., Nr. ..., Nr. ..., Nr. ...und Nr. .... Das
Bezirksgericht X.________ erteilte mit Verfügung vom 15. September 2005 der
"Zürich" provisorische Rechtsöffnung für die genannten Betreibungen für Fr.
32'920.- nebst Zins zu 5 % ab 1. und 18. Januar 2005. Mit
Zahlungsvereinbarung vom 31. August 2004 und von der Aktiengesellschaft
H.________ am 2. Oktober 2004 unterzeichnet, anerkannte diese eine Schuld von
Fr. 45'070.- zusätzlich einer Kostenpauschale für die Zahlungsvereinbarung
von Fr. 300.-. Ferner vereinbarten die Parteien eine Stundung, die Verwendung
der bezahlten Raten sowie die Folgen einer nicht fristgerechten Ratenzahlung.

Während sich die Betreibungen auf die einzelnen Rechnungen und Policen
bezogen, beinhaltet die Zahlungsvereinbarung sämtliche Forderungen inklusiv
einer Pauschale, woraus eine neue Gesamtschuld entstand. Das veränderte
Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wird insbesondere bei der Verwendung
der Raten deutlich, beispielsweise, dass vor den gemahnten Forderungen die
nicht gemahnten getilgt werden. Mit der Zahlungsvereinbarung liessen die
Parteien die in Rechnung gestellten Prämien untergehen, um an ihrer Stelle
eine neue Gesamtschuld resultierend aus Sach- und Personenversicherung sowie
Spesen und Pauschalen zu vereinbaren. Dabei stand sodann nicht mehr die
Policenzugehörigkeit der zu bezahlenden Raten im Vordergrund, sondern die
Fälligkeit und die Mahnstufe der jeweiligen Raten. Daraus ist zu schliessen,
dass die beiden Vertragsparteien die alten Schuldverhältnisse durch ein neues
ersetzen wollten (Art. 108 OR). Gegenteiliges ist auch aus der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zu entnehmen, so dass die Vorinstanz zu
Recht festhielt, die Anerkennungsschuld sei vom ursprünglichen
Verpflichtungsgrund losgelöst, und es handle sich bei der
Zahlungsvereinbarung um einen privatrechtlichen Vertrag.

Unter diesen Umständen ist das angerufene Gericht nicht zuständig (RAMI 2006
n. U 576 S. 161). Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese
sie gestützt auf den Beschluss des Bezirksgerichts X.________ vom 16. März
2006 und § 112 Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 62
Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Zürich an das zuständige Gericht
weiterleitet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die
Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der
Erwägungen verfahre.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der Beschwerdeführerin
zurückerstattet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 13. Juni 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: