Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 501/2006
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U 501/06

Urteil vom 28. September 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Weber Peter.

I. ________, 1956, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Tanja
Knodel, Uraniastrasse 40, 8001 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. August 2006.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 13. Dezember 2004 teilte die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) der 1956 geborenen I.________, die am 22.
Dezember 2003 im Rahmen ihrer Tätigkeit als Reinigerin beim Staubsaugen eine
Treppe hinunterstürzte und sich dabei verschiedene Verletzungen zuzog, mit,
dass die gewährten Versicherungsleistungen per 20. Dezember 2004 einstellt
würden, da keine behandlungsbedürftigen Unfallfolgen mehr ausgewiesen seien.
Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 24. Februar 2005 fest.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher zusätzlich ein Bericht des PD
Dr. med. S.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, (vom
13. April 2005) eingereicht wurde, wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 31. August 2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Versicherte beantragen, in
Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei die Sache zur Neubeurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz.
75) und es wurden die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts
umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten
eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein
Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid
nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da
der kantonale Gerichtsentscheid am 31. August 2006 erlassen wurde, richtet
sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen
Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16.
Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Im kantonalen Gerichtsentscheid werden die nach der Rechtsprechung für den
Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1
UVG) geltenden Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden
(BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181), insbesondere bei Schleudertraumen der
HWS oder äquivalenten Verletzungen ohne organisch nachweisbare
Funktionsausfälle (BGE 117 V 359 ff.; SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67; vgl. auch
RKUV 2000 Nr. U 395 S. 317 E. 3, U 160/98) und bei Schädel-Hirntraumen (BGE
117 V 369 ff.) sowie bei psychischen Unfallfolgen (BGE 115 V 133 ff.) richtig
wiedergegeben. Gleiches gilt hinsichtlich der anwendbaren Beweisgrundsätze
und der für den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten geltenden Regeln
(BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122 V 157 E. 1c S. 160 ff.). Darauf wird
verwiesen.

3.
3.1 Nach zutreffender Wiedergabe der umfassenden medizinischen Aktenlage hat
die Vorinstanz in Bestätigung der Verwaltung zu Recht das Vorliegen
relevanter organischer Unfallrestfolgen ausgeschlossen. Bis auf eine minimale
Bewegungseinschränkung der rechten Schulter sind keine somatischen
Unfallfolgen mehr klinisch erklärbar. Zudem hat das kantonale Gericht, was
die bestehenden psychischen Beschwerden betrifft, insbesondere gestützt auf
den umfassenden Austrittsbericht der Ärzte des Spitals X.________,
Neurologische Klinik und Poliklinik (vom 8. April 2004), den schlüssigen
Berichte der Klinik B.________ (vom 22. Juni 2004), wo die Beschwerdeführerin
vom 21. April bis 16. Juni 2004 hospitalisiert war, und die ebenfalls
überzeugende neurologische Beurteilung des Dr. med. H.________, SUVA
Versicherungsmedizin (vom 12. Juli 2005), zutreffend erkannt, dass mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit durch das Unfallereignis vom 22. Dezember
2003 weder ein Schädelhirntrauma noch eine traumatische Hirnläsion verursacht
wurde. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet zu einer
anderen Beurteilung zu führen. Insbesondere vermögen die diesbezüglichen
Ausführungen des Psychiaters Dr. med. S.________ in seiner Stellungnahme (vom
13. April 2005) nicht zu überzeugen. Mit der Beschwerdegegnerin sind
berechtigte Zweifel angebracht. So ist tatsächlich fraglich, ob
Dr. med. S.________ bei der Ausarbeitung seiner Stellungnahme über die
vollständige Anamnese verfügte. Seine Beurteilung erfolgte isoliert, ohne die
bereits vorgelegenen spezialärztlichen Berichte, welche allesamt das
Vorliegen einer traumatischen Hirnverletzung verneinten, miteinzubeziehen.
Die Frage einer Hirnläsion liess er mit dem Hinweis auf fehlende Unterlagen
offen. Mit Blick auf diese Ausgangslage sind auch von weiteren Abklärungen
keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb davon in antizipierter
Beweiswürdigung (BGE 124 V 90 E. 4b S. 94; 122 V 157 E. 1d S. 162) abgesehen
werden kann. Selbst wenn im Uebrigen von einem leichten Schädelhirntrauma
ausgegangen würde, vermöchte dies nichts zu ändern. Wie vernehmlassungsweise
zu Recht vorgetragen wird, ergibt sich aus den medizinischen Berichten wie
auch aus der Beurteilung des Dr. med. S.________ klar, dass die psychische
Problematik schon kurz nach dem Unfall (Januar 2004) und im Verlauf der
ganzen Entwicklung vom Unfall bis zum Beurteilungszeitpunkt eindeutig im
Vordergrund gestanden hat und die unfallbedingten physischen Beschwerden ganz
in den Hintergrund getreten sind. Dass Dr. med. S.________ teilweise von
anderen psychiatrischen Diagnosen ausging, ändert nichts. Entscheidend ist
vielmehr, dass auch er ein massives psychisches Beschwerdebild feststellte,
welches zu einer vollen Arbeitsunfähigkeit führte. Vor diesem Hintergund
steht fest, dass die Vorinstanz die Adäquanz des Kausalzusammenhangs zu Recht
nach der für psychische Unfallfolgen geltenden Rechtsprechung (BGE 115 V 133
E. 6 S. 138 ff) beurteilt hat (RKUV 2002 Nr. U 465 S. 437).

Auch die weiteren Einwendungen vermögen nichts zu ändern. Insbesondere gilt
es, was den im Austrittsbericht des Spitals X.________ (vom 8. April 2004)
geäusserten Verdacht auf somatoforme Schmerzstörungen anbelangt, mit der SUVA
festzustellen, dass diese zwar im Anschluss an Schleudertrauma und
schleudertraumaähnliche Verletzungen der HWS auftreten können. Sie gehören
aber nicht zum typischen Beschwerdebild dieser Verletzungen, weil sie -
anders als depressive Verstimmungen - nur unter ganz bestimmten
Voraussetzungen, insbesondere in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder
psychosozialen Problemen auftreten. Die für das bestehende Beschwerdebild in
Betracht gezogene ursächliche somatoforme Schmerzstörung ist daher als
selbstständige sekundäre Gesundheitsschädigung zu betrachten, weshalb auch
mit Blick darauf die Adäquanzprüfung nach der Rechtsprechung zu psychischen
Unfallfolgen zu erfolgen hat (vgl. Urteil des EVG U 177/05 vom 10. April
2006).

3.2 Das kantonale Gericht hat sodann mit in allen Teilen überzeugender
Begründung dargelegt, dass der für eine Leistungspflicht des
Unfallversicherers rechtsprechungsgemäss (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 40 ff.)
vorausgesetzte adäquate Kausalzusammenhang zum korrekterweise als
mittelschwer eingestuften Unfall zu verneinen ist. Auch diesbezüglich
vermögen die Einwendungen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Weder kann
von einer Häufung der erforderlichen Kriterien noch von besonders
ausgeprägter Intensität eines einzelnen Kriteriums gesprochen werden. Selbst
wenn die physisch bedingten Beschwerden tatsächlich über den April 2004
hinaus gedauert haben, kann daraus vorliegend nichts Gegenteiliges ableitet
werden. Gemäss kreisärztlichem Untersuchungsbericht des Dr. med. W.________
(vom 10. Dezember 2004) erwies sich die Bewegungseinschränkung jedenfalls im
Dezember 2004 lediglich noch als sehr diskret, weshalb er unfallbedingt
weitere Behandlungen für nicht mehr notwendig erachtete. Auch unter diesen
Umständen kann nicht von einer ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen
Behandlung bezüglich der relevanten physischen Beschwerden gesprochen werden.
Was die übrigen Kriterien betrifft, sind die Einwendungen im angefochtenen
Entscheid bereits zutreffend entkräftet worden, weshalb sich Weiterungen
diesbezüglich erübrigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 28. September 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: