Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 470/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


U 470/06

Urteil vom 27. April 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

M.________, 1959,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Ilg, Rämistrasse 5,
8024 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Luzern
vom 14. September 2006.

Sachverhalt:

A.
M.________, geboren 1959, zog sich am 2. Juli 2002 bei einem Arbeitsunfall
eine schwere Quetschverletzung des Vorderarms und der Hand rechts zu. Mit
Verfügung vom 20. Dezember 2004 und Einspracheentscheid vom 12. September
2005 sprach ihm die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) mit
Wirkung ab 1. Dezember 2004 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit
von 32 % sowie eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse
von 20 % zu.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern mit Entscheid vom 14. September 2006 ab.

C.
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihm "eine Rente basierend auf
einer höheren Erwerbsunfähigkeit im Sinne der Erwägungen" sowie eine
Integritätsentschädigung von bis zu 50 % zuzusprechen.

Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Mit Eingabe vom 2. November 2006 reicht der Beschwerdeführer ein Gutachten
des Dr. med. N.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie, spez. Handchirurgie,
vom 20. Februar 2006 sowie einen Bericht vom 19. Mai 2006 und ein Attest vom
4. September 2006 des Hausarztes Dr. med. H.________, Allgemeine Medizin FMH,
nach.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen zu den Voraussetzungen des
Anspruchs auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1
UVG), zu den Begriffen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der
Invalidität (Art. 8 ATSG), zur Ermittlung des Invaliditätsgrades bei
erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16
ATSG), zur Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V
256 E. 4 S. 261 f.; vgl. auch AHI 2002 S. 62, I 82/01, E. 4b/cc) sowie zum
Beweiswert von Arztberichten und medizinischen Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3
S. 352 ff., 122 V 157 E. 1c S. 160 ff.) unter Hinweis auf die Ausführungen im
Einspracheentscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Verwaltung und Vorinstanz gehen gestützt auf die Einschätzungen von
SUVA-Kreisarzt Dr. med. B.________ vom 7. April 2004 und der Ärzte der
Rehaklinik X.________ in ihrem Austrittsbericht vom 12. Januar 2004 davon
aus, dass der Beschwerdeführer in einer leidensangepassten Tätigkeit zu 100 %
arbeitsfähig ist. Dieser macht indessen geltend, seine rechte Arbeitshand sei
weitgehend gebrauchsunfähig, er könne nicht einmal mehr schreiben. Da leichte
Tätigkeiten wie die ihm von der SUVA zugemuteten in der heutigen Wirtschaft
durch Computer und Maschinen übernommen oder längst nach Asien ausgelagert
worden seien, könne er kein Erwerbseinkommen mehr erzielen.

In der Tat geht aus den genannten Arztberichten hervor, dass der
Beschwerdeführer insbesondere auch feinmotorisch beträchtlich eingeschränkt
ist, wobei entsprechende Arbeiten zumutbar sind, jedoch wegen Behinderung in
der Greiffunktion eine Verlangsamung besteht. Zudem kann der Versicherte
keine Lasten von mehr als 1-2 kg heben oder tragen. Des Weiteren sind
Tätigkeiten mit Schlägen und Vibrationen oder mit Kälteexposition sowie
repetitive Arbeiten unzumutbar. Massgebend ist indessen allein, ob der
Beschwerdeführer auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt, der von seiner Struktur
her einen Fächer verschiedenartiger Stellen offen hält, eine Arbeit finden
könnte (BGE 110 V 273 E. 4b S. 276). Dort finden sich auch Stellen, die
einhändig ausgeführt werden können. Zu denken ist etwa an einfache
Überwachungs-, Prüf- und Kontrolltätigkeiten sowie an die Bedienung und
Überwachung von (halb-)automatischen Maschinen oder Produktionseinheiten, die
keinen Einsatz von rechtem Arm und rechter Hand voraussetzen (vgl. Urteile O.
vom 22. November 2006, U 303/06, E. 7.2, M. vom 21. Februar 2001, I 47/00, E.
3a, und N. vom 22. Dezember 1999, U 132/99, E. 2a). Der Einwand des
Beschwerdeführers, er könne überhaupt kein Einkommen mehr erzielen, ist damit
unbegründet, zumal er, wie ausgeführt, zwar feinmotorisch eingeschränkt, aber
bei weitem nicht nur einhändig einsetzbar ist. Im Übrigen wurde seinem Leiden
mit dem höchstzulässigen Abzug vom Tabellenlohn Rechnung getragen (BGE 126 V
75 E. 5 und 6 S. 78 ff.).

Für das unfallfremde Rückenleiden hat die Beschwerdegegnerin nicht
einzustehen. Unter anderem aus diesem Grund (s. auch E. 4) ist daher die
nachgereichte Stellungnahme des Hausarztes Dr. med. H.________ vom 19. Mai
2006, welcher diese Beschwerden in seine Einschätzung ausdrücklich mit
einbezieht, nicht zu berücksichtigen.

4.
Gerügt wird des Weiteren die Höhe der zugesprochenen
Integritätsentschädigung. Deren Bemessung richtet sich laut Art. 25 Abs. 1
UVG nach der Schwere des Integritätsschadens. Gestützt auf Art. 25 Abs. 2 UVG
hat der Bundesrat in Anhang 3 zur UVV Richtlinien für die Bemessung der
Integritätsschäden aufgestellt und in einer als gesetzmässig erkannten, nicht
abschliessenden Skala (BGE 124 V 29 E. 1b S. 32) häufig vorkommende und
typische Schäden prozentual gewichtet. Bei Verlust einer Hand entspricht die
Integritätsentschädigung nach dieser Skala 40 %, wobei gemäss Ziff. 2 die
völlige Gebrauchsunfähigkeit eines Organs dem Verlust gleichgestellt wird.
Wie bereits in Erwägung 3 ausgeführt, kann von einer völligen
Gebrauchsunfähigkeit jedoch nicht die Rede sein. Dr. med. B.________ hat den
Integritätsschaden am 13. April 2004 auf 20 % geschätzt mit der Begründung,
dass die Hand in der Form noch vollständig vorhanden, die Funktion aber in
allen Fingern deutlich eingeschränkt sei. Dies mache sich v.a. bei den
Greiffunktionen bemerkbar. Damit könne maximal der halbe Wert eines
Handverlustes angenommen werden, worin auch die Einschränkungen im Handgelenk
sowie die Sensibilitätsveränderungen enthalten seien.

Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden und auch in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dagegen nichts Stichhaltiges vorgebracht.
Das nachgereichte Gutachten des Handchirurgen Dr. med. N.________, welcher
einen Integritätsschaden von 38,25 % annimmt, ist unbeachtlich. In BGE 127 V
353 wurde erkannt, dass es auch in Verfahren, in welchen es nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts gebunden ist (Art. 132 lit. b
OG; vgl. E. 1), im Lichte von Art. 108 Abs. 2 OG grundsätzlich unzulässig
ist, nach Ablauf der Beschwerdefrist neue Beweismittel beizubringen, es sei
denn, dass ausnahmsweise ein zweiter Schriftenwechsel (Art. 110 Abs. 4 OG)
angeordnet wurde. Zu berücksichtigen sind in der Regel nur solche Eingaben,
die dem Gericht innert der gesetzlichen Frist (Art. 106 Abs. 1 OG) vorliegen.
Anders verhält es sich lediglich dann, wenn die nach Ablauf der
Beschwerdefrist oder nach Abschluss des Schriftenwechsels unaufgefordert
eingereichten Schriftstücke neue erhebliche Tatsachen oder schlüssige
Beweismittel enthalten, welche eine Revision im Sinne von Art. 137 lit. b OG
zu rechtfertigen vermöchten. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Rechtsprechungsgemäss genügt es nicht, dass ein neues Gutachten, wie hier,
den Sachverhalt anders bewertet (BGE 108 V 170 E. 1 S. 172). Der
nachgereichte Bericht kann daher nicht als neues Beweismittel qualifiziert
werden, welches zu einer Revision führen müsste.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 27. April 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
i.V.