Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 443/2006
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Prozess {T 7}
U 443/06

Urteil vom 27. November 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Krähenbühl

S.________, 1972, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno
Häfliger, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 17. August 2006)

Sachverhalt:

A.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 1997 stellte die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) die S.________ (geb. 1972) nach einem mit
seinem Personenwagen am 18. Mai 1996 verursachten Selbstunfall gewährten
Leistungen (Heilbehandlung und Taggelder) zum 1. Oktober 1997 ein und am 13.
Oktober 1997 sprach sie dem Versicherten unter gleichzeitiger Verneinung
eines Rentenanspruchs verfügungsweise eine 15%ige Integritätsentschädigung
zu. Auf eine hiegegen erhobene Einsprache trat die SUVA mit Entscheid vom
23. Januar 1998 wegen Versäumnis der Rechtsmittelfrist nicht ein.

Nach einem am 10. Mai 2002 gemeldeten Rückfall und den daraufhin
durchgeführten Abklärungen medizinischer und erwerblicher Art sprach die SUVA
mit Verfügung vom 24. Februar 2004 rückwirkend ab 1. Mai 2003 eine
Invalidenrente auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit von 22 % sowie eine
Integritätsentschädigung von nunmehr insgesamt 20 % zu. Daran hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2004 fest.

B.
Die hiegegen gerichtete Beschwerde, mit welcher primär die Weiterausrichtung
von Taggeldern geltend gemacht wurde, wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern mit Entscheid vom 17. August 2006 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S.________ erneut die weitere
Ausrichtung von Taggeldern über den 30. April 2003 hinaus beantragen;
eventuell habe die SUVA eine Rente auf Grund eines Invaliditätsgrades von
mindestens 70 % und eine mindestens 30%ige Integritätsentschädigung zu
gewähren.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Was die intertemporale Anwendbarkeit des auf den 1. Januar 2003 in Kraft
getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG), der dazugehörenden Verordnung (ATSV) und
der damit zusammenhängenden Änderungen im Unfallversicherungsrecht anbelangt,
ist den Erwägungen im kantonalen Entscheid nichts beizufügen.

1.2 Die bei der Beurteilung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beachtenden
gesetzlichen Grundlagen hat das kantonale Gericht ebenfalls zutreffend
dargelegt, worauf verwiesen wird. Es betrifft dies im Wesentlichen die
Begriffe der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7
ATSG) und der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), die Anspruchsvoraussetzungen
für ein Taggeld einerseits (Art. 16 Abs. 1 UVG) und für eine Invalidenrente
andererseits (Art. 18 Abs. 1 UVG), den Beginn und das Ende des Anspruchs auf
Taggelder und Heilbehandlung (Art. 16 Abs. 2, Art. 19 Abs. 1 UVG), den Beginn
eines allfälligen Rentenanspruchs (Art. 19 Abs. 1 UVG), die
Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode
(Art. 16 ATSG), den unfallversicherungsrechtlichen Rückfallbegriff (Art. 11
UVV; RKUV 1994 S. 327 Erw. 2) und den Anspruch auf eine
Integritätsentschädigung (Art. 24 UVG).

2.
Richtigerweise ist die Vorinstanz davon ausgegangen, dass der
Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2004 den gerichtlich überprüfbaren
Zeitraum begrenzt (BGE 129 V 169 Erw. 1). Dementsprechend hat sie den
Leidensverlauf nach dem 3. Dezember 2004 wie auch die seitherigen
Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Arbeitsfähigkeit im Rahmen
ihrer Prüfung der gegen diesen Entscheid gerichteten Beschwerde ausser Acht
gelassen. Auch im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
müssen die Verhältnisse, welche dem Beschwerdeführer Anlass zu einer erneuten
Rückfallmeldung und zur Geltendmachung von Leistungen ab dem 18. Juli 2005
gaben, unbeachtet bleiben.

3.
3.1 Zu Recht hat das kantonale Gericht darauf hingewiesen, dass die SUVA
bereits mit Schreiben vom 6. und 21. Februar 1997 die Einstellung der
Taggelder und Heilbehandlung zum 2. Februar 1997 angekündigt und dem
Beschwerdeführer schliesslich am 9. Oktober 1997 schriftlich in Aussicht
gestellt hat, den Schadenfall zum 1. Oktober 1997 abzuschliessen, da von
einer Weiterführung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes mehr zu erwarten sei. Soweit sich die Vorinstanz auf den
Standpunkt stellte, auf Grund der damaligen Aktenlage lasse sich nicht
beanstanden, dass die SUVA den medizinischen Endzustand als erreicht
erachtete und den Fall im Oktober 1997 unter verfügungsweiser Zusprache einer
zunächst 15%igen Integritätsentschädigung abschloss, ist ihr vollumfänglich
beizupflichten. Die erst nach 1997 zu Tage getretene gesundheitliche
Entwicklung und insbesondere die in den Jahren 2005 und 2006 erforderlich
gewordenen weiteren operativen Eingriffe lassen keine zuverlässigen
Rückschlüsse auf die Jahre zurückliegende Situation mehr zu und vermögen
daher den gestützt auf die seinerzeitigen medizinischen Erkenntnisse
getroffenen Entscheid der SUVA nicht in Frage zu stellen (vgl. auch Erw. 2
hievor). Im Übrigen kann auf die damalige Leistungseinstellung ohnehin nicht
mehr zurückgekommen werden, hat es der Beschwerdeführer doch versäumt,
dagegen rechtzeitig mittels Ergreifung eines Rechtsmittels vorzugehen.

3.2 Nach seiner Arbeitslosigkeit war der Beschwerdeführer ab 12. Juli 2000
während jeweils zwei bis drei Tagen wöchentlich als Taxichauffeur tätig und
erst am 10. Mai 2002 gelangte seine Arbeitgeberin mit einer Rückfallmeldung
wieder an die SUVA, welche mit Verfügung vom 24. Februar 2004 rückwirkend ab
1. Mai 2003 eine 22%ige Invalidenrente zusprach und einen um 5 % höheren
entschädigungsberechtigenden Integritätsschaden anerkannte. Dass sie dabei
von einer als Rückfall im Sinne von Art. 11 UVV zu betrachtenden neu
aufgetretenen Behandlungsbedürftigkeit ausging, ist schon angesichts der
langen Dauer, während welcher der Beschwerdeführer keine Leistungen der
Unfallversicherung beanspruchte und sogar einer Erwerbstätigkeit nachging,
nicht zu beanstanden. Es kann insoweit auf die überzeugende vorinstanzliche
Begründung verwiesen werden, welcher das Eidgenössische Versicherungsgericht
nichts beizufügen hat. Dem in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen
Standpunkt, wonach die Behandlung gar nie abgeschlossen werden konnte und
daher auch "die Aufsplittung in mehrere Rückfälle nicht richtig" sei, kann
schon angesichts des langen Intervalls zwischen Oktober 1997 bis zur
Rückfallmeldung im Mai 2002 nicht gefolgt werden. Nicht zur Diskussion steht
schliesslich, dass die SUVA mit Verfügung vom 6. Januar 2006 die Kausalität
des Unfalles vom 18. Mai 1996 und der später gemeldeten Beschwerden
verneinte, ist diese - ohnehin nicht in den Prüfungszeitraum fallende (Erw. 2
hievor) - Verfügung doch wieder aufgehoben worden.

4.
Unabhängig davon, ob von einem Rückfall oder - wie in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht - von einer Fortsetzung des
Grundfalles auszugehen ist, stellt sich einzig die Frage nach der
Rechtmässigkeit der Taggeldeinstellung gemäss Einspracheentscheid vom 3.
Dezember 2004.

4.1 Der Beschwerdeführer bringt - wie schon im kantonalen Verfahren - erneut
vor, die SUVA hätte den Fall schon deshalb nicht mittels Rentengewährung
abschliessen dürfen, weil noch berufliche Eingliederungsmassnahmen der
Invalidenversicherung zu erwarten waren. Mit dieser Argumentation hat sich
bereits die Vorinstanz einlässlich auseinander gesetzt und dabei erkannt,
dass die durchwegs ergebnislos verlaufenen Abklärungen der
Invalidenversicherung hinsichtlich beruflicher Vorkehren keinen
Hinderungsgrund für einen Fallabschluss seitens des Unfallversicherers
darstellten. Dies ist unter Hinweis auf die Erwägungen im kantonalen
Entscheid vollumfänglich zu bestätigen. Die Invalidenversicherung hat bis zum
Erlass des Einspracheentscheids vom 3. Dezember 2004 nie konkrete
Eingliederungsmassnahmen beschliessen können, sondern wiederholt nur
diesbezügliche Möglichkeiten zu evaluieren versucht, ohne dabei jedoch
erfolgversprechende Ergebnisse zu finden. Auch die SUVA selbst hat,
inbesondere in der Rehaklinik X.________, wiederholt geprüft, welche
Vorkehren für eine wirksame berufliche Wiedereingliederung in Betracht fallen
könnten, dabei aber immer wieder feststellen müssen, dass der Versicherte
einerseits unrealistische Berufswünsche hegte, andererseits aber durchaus in
der Lage wäre, sich auch ohne Inanspruchnahme beruflicher
Eingliederungsmassnahmen einer Sozialversicherung um eine geeignete und
zumutbare Beschäftigung zu kümmern. Dass die Taggeldeinstellung, wie in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird, verfrüht erfolgte, kann
unter diesen Umständen nicht gesagt werden. Auch die nach Erlass des
Einspracheentscheids vom 3. Dezember 2004 von der Invalidenversicherung
wiederum aufgenommene Abklärung möglicher beruflicher Vorkehren ändert daran
nichts, war dieser Umstand von der Vorinstanz doch schon aus den in Erwägung
2 hievor genannten Gründen nicht zu berücksichtigen und muss er auch im
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht unbeachtet bleiben.

4.2 Ausführlich und gründlich geprüft hat das kantonale Gericht die im
Zeitpunkt des Erlasses des Einspracheentscheids vom 3. Dezember 2004
vorhandenen medizinischen Unterlagen und insbesondere die ärztlichen
Stellungnahmen zum verbliebenen Leistungsvermögen. Seine Schlussfolgerung,
wonach ganztägige Arbeitseinsätze unter Berücksichtigung der
gesundheitsbedingten Einschränkungen, so etwa Überwachungs- und
Kontrolltätigkeiten sowie Kurier- und Botendienste, möglich und zumutbar
sind, geben auf Grund der - im Übrigen bereits im kantonalen Verfahren
einlässlich gewürdigten - Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu
keinen weiteren Bemerkungen seitens des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Anlass. Der gegenüber der SUVA erhobene Vorwurf, die leidensbedingte
Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sowie den psychischen
Gesundheitszustand nicht hinreichend abgeklärt zu haben, ist, wie schon das
kantonale Gericht zu Recht erkannte, unbegründet. Eine zusätzliche
Begutachtung ist angesichts der gut dokumentierten Aktenlage nicht
erforderlich.

4.3 Was schliesslich die Bestimmung des ohne Unfallfolgen hypothetisch
erzielbaren Verdienstes (Valideneinkommen) anbelangt, ist mit der Vorinstanz
zunächst festzustellen, dass keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, welche
die Annahme eines ohne Unfall verwirklichten beruflichen Aufstiegs stützen
könnten. Dass der vor dem Unfall vom 18. Mai 1996 erzielte Lohn im
unterdurchschnittlichen Bereich lag, ist von der SUVA bereits insofern
korrekt berücksichtigt worden, als auch der trotz gesundheitlicher
Beeinträchtigung als realisierbar erachtete Verdienst (Invalideneinkommen)
entsprechend 26 % tiefer angesetzt wurde als die sich aus der
Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik für das Jahr 2002
ergebenden Werte. Auch das Invalideneinkommen wurde - wie im kantonalen
Entscheid nochmals aufgezeigt wird - unter Zuhilfenahme der statistisch
belegten Lohnannahmen gemäss LSE korrekt ermittelt. Der auf 22 % festgelegte
rentenrelevante Invaliditätsgrad hält einer gerichtlichen Überprüfung in
jeder Hinsicht stand.

5.
Bezüglich des leistungsbegründenden Integritätsschadens ist mit der
Vorinstanz festzuhalten, dass auch diesbezüglich keine weiteren Abklärungen
erforderlich sind. Die auf letztlich insgesamt 20 % festgelegte Entschädigung
lässt sich in keiner Weise beanstanden. Die dagegen gerichteten Einwände des
Beschwerdeführers sind nicht geeignet, den vorinstanzlich bestätigten
Entscheid der SUVA in Frage zu stellen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 27. November 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: