Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 441/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


U 441/06

Urteil vom 4. Juli 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

B. ________, 1966, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Lecki,
Stadthausstrasse 39, 8400 Winterthur,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts
Appenzell I.Rh. vom 4. Juli 2006.

Sachverhalt:

A.
B. ________, geboren 1966, war seit dem 15. Januar 2001 bei der S.________ AG
als kaufmännische Angestellte tätig und in dieser Eigenschaft bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) gegen die
Folgen von Unfällen versichert. Am 27. Juni 2001 war sie auf dem Weg zur
Arbeit in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei welchem ihr ein nicht
vortrittsberechtigtes Auto vorne rechts in ihren Wagen fuhr. Die SUVA
erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Gestützt auf die im Verfahren der
Invalidenversicherung erfolgte polydisziplinäre Abklärung durch Dr. med.
V.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, und Dr. med.
O.________, Facharzt für Innere Medizin sowie für physikalische Medizin und
Rehabilitation, stellte die SUVA ihre Leistungen mit Verfügung vom 8.
September 2004, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 1. Februar 2005, per
31. Januar 2004 ein. Mit Urteil vom 6. Dezember 2005 (I 386/05) lehnte das
Eidgenössische Versicherungsgericht (seit 1. Januar 2007: Bundesgericht) den
Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung ab.

B.
Die gegen den Einspracheentscheid vom 1. Februar 2005 erhobene Beschwerde
wies das Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden mit Entscheid vom 4. Juli 2006
ab.

C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihr die gesetzlichen
Leistungen zuzusprechen; eventualiter sei die Angelegenheit zur weiteren
Abklärung an die SUVA zurückzuweisen. Die SUVA schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf
eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16.
Dezember 1943 (OG; Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die
Leistungsvoraussetzungen des natürlichen (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit
Hinweisen), etwa bei einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule (BGE 117 V 359
E. 4b S. 360; RKUV 2000 Nr. U 359 S. 29), und des adäquaten
Kausalzusammenhangs (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181 mit Hinweisen), insbesondere
bei psychischen Fehlentwicklungen nach einem Unfall (BGE 115 V 133 E. 7 S.
141), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Die Vorinstanz kommt unter Verweis auf das Urteil des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts vom 6. Dezember 2005 zum Schluss, wie im
invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren sei auch bei der Beurteilung des
Anspruchs auf Leistungen der Unfallversicherung gestützt auf die Begutachtung
durch Dr. med. V.________ vom 10. Oktober 2003 sowie durch Dr. med.
O.________ vom 11. Dezember 2003 davon auszugehen, dass keine Unfallfolgen
vorliegen würden, die eine über den 31. Januar 2004 hinausgehende
Leistungspflicht der SUVA rechtfertigten. Bei dieser Sachlage erübrige es
sich, einen Leistungsanspruch nach der Rechtsprechung zu den
Schleudertraumafällen zu prüfen. Ebenso wenig liege ein Fall vor, bei welchem
der Invaliditätsgrad unter den invalidenversicherungsrechtlich verlangten
40 %, aber über den in der Unfallversicherung vorgeschriebenen 10 % liege.

3.2 Die Versicherte macht hingegen geltend, Dr. med. H.________, Facharzt für
Innere Medizin, habe im Bereich der Wirbelsäule Unregelmässigkeiten ertastet,
die die bisherigen Ärzte nicht festgestellt hätten. In der neuen bildgebenden
Untersuchung bei Dr. med. L.________, Röntgeninstitut und MR-Zentrum,
X.________, vom 24. August 2006 hätten diese Unregelmässigkeiten objektiviert
werden können.

4.
4.1 Dr. med. L.________ hielt am 24. August 2006 eine mässiggradige
Spondylosis C3/C4 mit leichter osteophytärer Reaktion und begleitender
Unkarthosis auf dieser Höhe sowie mit im Übrigen nur leichter Dehydration der
Bandscheiben C3 bis C7 mit leichten Spondylarthrosen bzw. initialen
degenerativen Veränderungen der Intervertebralgelenke ohne Nachweis einer
Nervenwurzelkompression oder -irritation und mit normaler Darstellung auch
der Foramina intervertebralia im gesamten HWS-Bereich fest.

4.2 Dieser Arztbericht bezieht sich einerseits nicht auf den Sachverhalt im
massgebenden Zeitpunkt (1. Februar 2005; BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243 mit
Hinweisen), sondern hält den Zustand anderthalb Jahre danach fest.
Andererseits ist die diagnostizierte Spondylosis C3/C4 zwar neu, doch handelt
es sich dabei um ein degenerativ bedingtes Leiden (vgl. etwa Pschyrembel,
Klinisches Wörterbuch, 260. Aufl., Berlin/New York 2004, S. 1715 f., Lexikon
der Krankheiten und Untersuchungen, Stuttgart 2006, S. 1014, Springer,
Klinisches Wörterbuch, Heidelberg 2007, S. 1737), und es ist nicht
ersichtlich, inwiefern dieses als Folge des Unfalles vom 27. Juni 2001 zu
werten wäre. Auch im Vergleich mit dem Bericht der Klinik S.________ vom
8. März 2002 lässt sich nichts zu Gunsten der Versicherten daraus ableiten.
Zudem ist weder ersichtlich noch dargetan, weshalb der Umstand, dass die
Spondylosis nur den Bereich C3/C4, nicht aber den gesamten HWS-Bereich
betrifft, für eine unfallkausale Bedeutung sprechen sollte. Nach dem Gesagten
ist der Bericht des Dr. med. L.________ vom 24. August 2006 für die
Beurteilung der Leistungseinstellung per 31. Januar 2004 ohne Bedeutung.

5.
5.1 In seinem Urteil I 386/05 vom 6. Dezember 2005 hat das Gericht den
medizinischen Sachverhalt ausführlich dargelegt und ist nach Würdigung
sämtlicher Berichte zum Schluss gelangt, zur Beurteilung des
Leistungsanspruches in der Invalidenversicherung sei auf die Gutachten der
Dres. V.________ und O.________ abzustellen. Da für die Beurteilung der hier
strittigen Leistungseinstellung der Gesundheitszustand in demselben Zeitraum
massgebend ist, kann zur Frage der massgeblichen Arztberichte auf die
Ausführungen in Erwägung 3 des Urteils I 386/05 verwiesen werden.

5.2 Gestützt auf die polydisziplinäre Abklärung durch Dr. med. O.________ und
Dr. med. V.________ sowie die übrigen ärztlichen Berichte ist im massgebenden
Zeitpunkt (1. Februar 2005) für die subjektiv empfundenen Schmerzen und die
daraus abgeleitete Arbeitsunfähigkeit kein somatisches Korrelat ausgewiesen.
Auch aus psychiatrischer Sicht lag dannzumal keine psychische Störung mit
Krankheitswert und damit auch keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus
psychischen Gründen vor. Bei dieser Sachlage ist im Rahmen der antizipierten
Beweiswürdigung auf weitere medizinische Abklärungen zu verzichten (SVR 2001
IV Nr. 10 S. 27 E. 4b mit Hinweis auf BGE 124 V 90 E. 4b S. 94). Auch eine
Prüfung des Leistungsanspruchs gestützt auf die Rechtsprechung zu den
Unfällen mit einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule erübrigt sich, da -
wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend festhält - die von der Rechtsprechung
verlangten Kriterien bei der Beschwerdeführerin nach dem Unfall nicht in
gehäufter Weise aufgetreten sind. Die SUVA hat somit ihre Leistungen zu Recht
eingestellt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh. und dem
Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 4. Juli 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: