Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 394/2006
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2006
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2006


U 394/06

Urteil vom 19. Februar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichterin
Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Lanz.

Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Hohlstrasse 552, 8048 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. M.________, vertreten durch Advokatin Dr. Dorrit Freund, Nonnenweg 19,
4009 Basel,
2. Assura Kranken- und Unfallversicherung, Freiburgstrasse 370, 3018 Bern,
Beschwerdegegnerinnen.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft vom
7. April 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1948 geborene M.________ war ab Juni 1991 als
Pflegemitarbeiterin/Nachtwach-Hilfe im Alters- und Pflegeheim X.________
angestellt und dadurch bei der Berner Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft
(nachfolgend: Berner) obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert. Am 24.
Oktober 2000 verlor M.________, als sie im Wald auf einem liegenden Baumstamm
stand, um Efeu von einem stehenden Baum zu schneiden, das Gleichgewicht und
stürzte mehrere Meter eine Böschung hinunter in ein Bachbett, wo sie, nach
einer Bewusstlosigkeit unbekannter Dauer, wieder zu sich kam. Im
notfallmässig aufgesuchten Kantonsspital Y.________ wurden eine Distorsion
der Halswirbelsäule (HWS) und eine commotio cerebri diagnostiziert, und es
wurde eine volle Arbeitsunfähigkeit bestätigt. M.________ war vom 24. bis 26.
Oktober und erneut vom 29. Oktober bis 13. Dezember 2000 im Kantonsspital
Y.________ hospitalisiert. Anschliessend hielt sie sich bis 20. Januar 2001
in der Rehaklinik Z.________ auf. Die Berner gewährte Heilbehandlung und
richtete ein Taggeld aus. Mit Verfügung vom 20. Oktober 2003 setzte die
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Allianz) als
Rechtsnachfolgerin der Berner den Taggeldanspruch ab 24. Juli 2002 auf 60 %
herab, da die Arbeitsunfähigkeit, so argumentierte sie, ab diesem Zeitpunkt
höchstens noch in diesem Umfang der Unfallversicherung anzulasten und im
Übrigen mit vorbestandenen Krankheiten zu erklären sei; die unfallbedingte
Heilbehandlung werde weiter übernommen. Hiegegen erhob M.________ Einsprache.
Mit Verfügung vom 3. Dezember 2004 verneinte die Allianz rückwirkend ab 24.
Juli 2002 nunmehr jeglichen weiteren Leistungsanspruch, da die darüber hinaus
bestandenen Gesundheitsbeschwerden nicht in einem adäquaten
Kausalzusammenhang zum Unfall vom 24. Oktober 2000 stünden. Sie erklärte
zudem, auf eine Rückforderung der über den 24. Juli 2002 hinaus bereits
erbrachten Leistungen zu verzichten. Mit Schreiben vom gleichen Tag eröffnete
sie M.________ überdies, dass aufgrund der verfügten rückwirkenden
Leistungseinstellung die den Taggeldanspruch betreffende Verfügung vom 20.
Oktober 2003 und die dagegen geführte Einsprache gegenstandslos geworden
seien, weshalb das Einspracheverfahren als erledigt abgeschrieben werde.
Gegen die Verfügung vom 3. Dezember 2004 erhoben M.________ und die Assura
Kranken- und Unfallversicherung (nachfolgend: Assura) als ihr obligatorischer
Krankenpflegeversicherer je Einsprache. Die Allianz hielt an der Verfügung
fest (Einspracheentscheid vom 9. September 2005).

B.
M.________ und die Assura erhoben je Beschwerde mit dem übereinstimmenden
Rechtsbegehren, der Einspracheentscheid vom 9. September 2005 sei aufzuheben
und die Allianz sei zu verpflichten, auch nach dem 24. Juli 2002 die
gesetzlichen Leistungen zu gewähren. M.________ beantragte überdies, die
unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei auf 100 % festzusetzen. Das
Kantonsgericht Basel-Landschaft vereinigte die Verfahren. Mit Entscheid vom
7. April 2006 hob es in Gutheissung der Beschwerden den Einspracheentscheid
vom 9. September 2005 auf und verhielt die Allianz dazu, die gesetzlichen
Leistungen über den 24. Juli 2002 hinaus zu erbringen. Zur Begründung wurde
ausgeführt, der Unfallversicherer habe die Adäquanz zu früh geprüft.

C.
Die Allianz führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der
kantonale Entscheid sei aufzuheben. M.________ und die Assura beantragen je
die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Mit Eingabe vom 25. Januar 2007 nimmt die Allianz nochmals Stellung.

Erwägungen:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz.
75). Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten
Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch
nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale
Gerichtsentscheid am 7. April 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen
wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft
gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG)
vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die Bestimmungen über
die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers bei
Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten (Art. 6 Abs. 1
UVG), über den Anspruch auf Heilbehandlung (Art. 10 Abs. 1 UVG), auf Taggeld
(Art. 16 Abs. 1 UVG) und auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG) richtig
wiedergegeben. Gleiches gilt für die Grundsätze über den für einen
Leistungsanspruch nebst anderem erforderlichen natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität,
Tod; BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen). Ebenfalls zutreffend
dargelegt ist die Rechtsprechung über den zusätzlich zum natürlichen
Kausalzusammenhang erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang. Danach spielt
im Sozialversicherungsrecht die Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich
aus dem natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des
Unfallversicherers im Bereich organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen
praktisch keine Rolle, da sich hier die adäquate weitgehend mit der
natürlichen Kausalität deckt (BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103 mit Hinweisen).
Anders verhält es sich bei natürlich unfallkausalen, aber organisch nicht
objektiv ausgewiesenen Beschwerden. Hier ist bei der Beurteilung der Adäquanz
vom augenfälligen Geschehensablauf auszugehen, und es sind je nachdem weitere
unfallbezogene Kriterien einzubeziehen (BGE 117 V 359 E. 6 S. 366 ff. und 369
E. 4 S. 382 ff., 115 V 133 E. 6 S. 138 ff.). Bei psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfall werden diese Adäquanzkriterien unter Ausschluss
psychischer Aspekte geprüft (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140), während bei
Schleudertraumen (BGE 117 V 359 E. 6a S. 367) und äquivalenten Verletzungen
der HWS (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 2) sowie Schädel-Hirntraumen (BGE 117 V
369 E. 4b S. 383) auf eine Differenzierung zwischen physischen und
psychischen Komponenten verzichtet wird (vgl. zum Ganzen auch BGE 127 V 102
E. 5b/bb S. 103 und SVR 2007 UV Nr. 8 S. 27, E. 2 ff., U 277/04, je mit
Hinweisen).

2.2 Zu ergänzen ist, dass sich der zu beurteilende Sachverhalt vor dem
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) am 1. Januar 2003 ereignet hat. Damit sind
die materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Erlasses (zur sofortigen
Anwendbarkeit der formellrechtlichen Normen: BGE 130 V 1 E. 3.2 S. 4 mit
Hinweisen) nicht anwendbar (RKUV 2005 Nr. U 536 S. 57, U 126/04). Das ATSG
hat im Übrigen nicht zu einer inhaltlichen Änderung der für die Beurteilung
massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze geführt. Das nachfolgend Gesagte
gilt daher auch unter der Herrschaft des ATSG.

3.
3.1 Während die Allianz in ihrem Einspracheentscheid in Anwendung der für
psychische Fehlentwicklungen nach Unfall geltenden Grundsätze einen adäquaten
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den persistierenden Beschwerden
verneint hatte, folgte die Vorinstanz in ihrem Urteil der Auffassung der
Versicherten, die Allianz habe den adäquaten Kausalzusammenhang verfrüht
beurteilt und damit den Fall zu früh abgeschlossen. Diese Prüfung sei erst
nach Abschluss des normalen unfallbedingten Heilungsprozesses vorzunehmen.
Solange von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung eine Besserung des
Gesundheitszustandes erwartet werden könne, sei es dem Unfallversicherer
verwehrt, die Adäquanzprüfung vorzunehmen und damit den Fallabschluss
herbeizuführen. Im vorliegenden Fall sei ein somatisches
"Verbesserungspotenzial" vorhanden, und es bestehe hinsichtlich der
psychischen Beschwerden eine "Behandlungsbedürftigkeit".

3.2 Da das Gericht in jüngerer Zeit öfters mit Entscheidungen unterer
Instanzen, die eine verfrühte Adäquanzprüfung bejahten, befasst wird und
selbst Entscheide dieses Inhalts erlassen hat (vgl. etwa BGE 130 V 380 E.
2.3.1 S. 384 mit Hinweis; Urteile U 254/06 vom 6. März 2007, E. 6.1, U 11/06
vom 12. Oktober 2006, E. 4.1, U 380/04 vom 15. März 2005, in RKUV 2005 Nr. U
549 S. 236 nicht veröffentlichte E. 4.2, und U 246/03 vom 11. Februar 2004,
zusammengefasst und kommentiert in HAVE 2004 S. 119, E. 2.4 mit weiteren
Hinweisen), erscheint es als geboten, vorweg die Frage zu prüfen, in welchem
Zeitpunkt der Unfallversicherer einen Fall abschliessen darf. Wenn davon
gesprochen wird, die Adäquanzprüfung sei zu früh erfolgt, so erschwert dies
das Verständnis insofern, als der Eindruck erweckt wird, die Adäquanzprüfung
sei die Prüfung einer Rechtsfrage besonderer Art. Dabei handelt es sich um
eine Rechtsfrage nebst anderen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Prüfung
der Leistungsansprüche. Zu fragen ist nicht danach, in welchem Zeitpunkt die
Adäquanzprüfung vorgenommen werden darf, sondern wann der Unfallversicherer
einen Fall abzuschliessen hat. Beim Abschluss hat er den Anspruch auf eine
Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung zu prüfen.

4.
Die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unfallversicherungsgesetzes
ergibt diesbezüglich eine klare und in sich geschlossene Ordnung.

4.1 Der Dritte Titel des Gesetzes behandelt die Versicherungsleistungen. Das
erste Kapitel dieses Titels ist den Pflegeleistungen und Kostenvergütungen,
das zweite Kapitel den Geldleistungen und das dritte Kapitel deren Kürzung
und Verweigerung aus besonderen Gründen gewidmet. Kerngehalt der
Pflegeleistungen bildet die Heilbehandlung in Art. 10 UVG. Diese zählt wie
das in Art. 16 f. UVG geregelte Taggeld und anders als etwa die als
klassische Dauerleistung geltende Invalidenrente gemäss Art. 18 ff. UVG zu
den vorübergehenden Leistungen (vgl. BGE 133 V 57 E. 6.6 und 6.7 S. 63 ff.
mit Hinweisen). Bis zu welchem Zeitpunkt Heilbehandlung und Taggeld durch den
Unfallversicherer zu gewähren ist, kann dem ersten Kapitel nicht entnommen
werden. Dieser Zeitpunkt ergibt sich indessen aus Art. 19 UVG des zweiten
Kapitels über Beginn und Ende der Invalidenrente, die, sofern die
Voraussetzungen für deren Ausrichtung erfüllt sind, den vorübergehenden
Leistungen folgt. Danach entsteht der Rentenanspruch, wenn von der
Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes des Versicherten mehr erwartet werden kann und
allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen
sind (Abs. 1 erster Satz). Mit dem Rentenbeginn fallen die Heilbehandlung und
die Taggeldleistungen dahin (Abs. 1 zweiter Satz; vgl. auch Art. 16 Abs. 2
zweiter Satz UVG, wo dies für den Taggeldanspruch nochmals statuiert wird).
Nach konstanter Rechtsprechung heisst dies, der Versicherer hat - sofern
allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen
sind - die Heilbehandlung (und das Taggeld) nur solange zu gewähren, als von
der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung noch eine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes erwartet werden kann. Trifft dies nicht mehr zu, ist der
Fall unter Einstellung der vorübergehenden Leistungen mit gleichzeitiger
Prüfung des Anspruchs auf eine Invalidenrente und auf eine
Integritätsentschädigung abzuschliessen (vgl. BGE 133 V 57 E. 6.6.2 S. 64,
128 V 169 E. 1b S. 171 mit Hinweisen, 116 V 41 E. 2c S. 44; RKUV 1995 Nr. U
227 S. 190 E. 2a; Urteil U 244/04 vom 20. Mai 2005, in RKUV 2005 Nr. U 557
S. 388 nicht veröffentlichte E. 2; siehe auch RKUV 2006 Nr. U 571 S. 82,
U 294/04).

4.2 Nahtlos an diese Regelung schliesst sich Art. 21 Abs. 1 UVG an. Danach
soll Heilbehandlung - wie die übrigen Pflegeleistungen und die
Kostenvergütungen - nach Festsetzung der Rente durch den Unfallversicherer
nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt werden, so bei Berufskrankheit
(lit. a), bei Rückfall oder Spätfolgen zur wesentlichen Besserung oder
Bewahrung vor wesentlicher Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit (lit. b),
zur Erhaltung der verbleibenden Erwerbsfähigkeit (lit. c) und zur
wesentlichen Verbesserung oder zur Bewahrung vor wesentlicher
Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes im Falle der Erwerbsunfähigkeit
(lit. d). Im dazwischen liegenden Bereich, nämlich wenn einerseits von der
Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung im Sinne von
Art. 19 Abs. 1 UVG mehr erwartet werden kann und anderseits die
Voraussetzungen von Art. 21 Abs. 1 UVG nicht erfüllt sind, hat der
Unfallversicherer keine Heilbehandlung mehr zu übernehmen. An seine Stelle
tritt der obligatorische Krankenpflegeversicherer.

4.3 Was unter einer namhaften Besserung des Gesundheitszustandes des
Versicherten ("une sensible amélioration de l'état de l'assuré", "un
sensibile miglioramento della salute dell'assicurato" in der französischen
resp. italienischen Textfassung des Art. 19 Abs. 1 UVG) zu verstehen ist,
umschreibt das Gesetz nicht näher. Mit Blick darauf, dass die soziale
Unfallversicherung ihrer Konzeption nach auf die erwerbstätigen Personen
ausgerichtet ist (vgl. etwa Art. 1 [seit 1. Januar 2003 Art. 1a mit
unverändertem Wortlaut] und Art. 4 UVG), wird sich dies namentlich nach
Massgabe der zu erwartenden Steigerung oder Wiederherstellung der
Arbeitsfähigkeit, soweit unfallbedingt beeinträchtigt, bestimmen. Dabei
verdeutlicht die Verwendung des Begriffes "namhaft" durch den Gesetzgeber,
dass die durch weitere Heilbehandlung zu erwartende Besserung ins Gewicht
fallen muss. Unbedeutende Verbesserungen genügen nicht (vgl. Urteile U 244/04
vom 20. Mai 2005, in RKUV 2005 Nr. U 557 S. 388 nicht veröffentlichte E. 2,
und U 412/00 vom 5. Juli 2001, E. 2a; Maurer, Schweizerisches
Unfallversicherungsrecht, 2. Aufl., Bern 1989, S. 274).

5.
Der Grundsatz, dass der Unfallversicherer nur solange Heilbehandlung und
Taggeld zu gewähren hat, als von der ärztlichen Behandlung eine namhafte
Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist, steht insofern in einem
Spannungsverhältnis zur Praxis über die Adäquanzprüfung im Bereich der
organisch nicht objektiv ausgewiesenen Beschwerden nach Unfall, als danach
mehrere Kriterien massgebend sein können, deren Erfüllung von der
Zeitkomponente "Dauer" abhängt. Dies trifft auf die Kriterien der
ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung, der Dauerbeschwerden
resp. Dauerschmerzen sowie des Grades und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit
(BGE 117 V 359 E. 6a S. 367, 369 E. 4b S. 383, 115 V 133 E. 6c/aa S. 140) zu.
Je länger der Sachverhalt, der den einzelnen Kriterien zugrunde liegt,
dauert, desto eher sind diese bei der Adäquanzprüfung als erfüllt anzusehen.
Es verwundert daher nicht, dass Versicherte, wie das Bundesgericht in letzter
Zeit vermehrt feststellen konnte, dem Abschluss ihres Falles mit der
Begründung opponieren, die Adäquanz sei mit Blick auf die dauerbezogenen
Kriterien zu früh geprüft worden. Vor diesem Hintergrund sind auch die
vorerwähnten Gerichtsentscheide (E. 3.2) zu sehen.

Dieses Spannungsverhältnis erfordert eine Überprüfung der Rechtsprechung zur
Kausalitätsbeurteilung bei organisch nicht objektiv ausgewiesenen
Beschwerden.

6.
6.1 Bei den psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall (sog. Psycho-Praxis, BGE
115 V 133) besteht diesbezüglich kein Handlungsbedarf. Die hier bei der
Adäquanzprüfung einzig zu berücksichtigenden physischen Komponenten (BGE 115
V 133 E. 6c/aa S. 140; vgl. auch BGE 117 V 359 E. 6a in fine S. 367; E. 2.1
hievor) lassen sich im Zeitpunkt, in welchem von einer Fortsetzung der auf
die somatischen Leiden gerichteten ärztlichen Behandlung keine namhafte
Besserung mehr erwartet werden kann, zuverlässig beurteilen (vgl. SVR 2007 UV
Nr. 29 S. 99, E. 3.1, U 98/06).

6.2 Anders verhält es sich bei der sog. Schleudertrauma-Praxis.

6.2.1 Das Eidgenössische Versicherungsgericht ging bei dieser mit BGE 117 V
359 begründeten Praxis davon aus, dass bei diagnostiziertem Schleudertrauma
der HWS und Vorliegen eines für diese Verletzung typischen Beschwerdebildes
(mit einer Häufung von Beschwerden wie diffuse Kopfschmerzen, Schwindel,
Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Übelkeit, rasche Ermüdbarkeit,
Visusstörungen, Reizbarkeit, Affektlabilität, Depression, Wesensveränderung
usw.) der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der danach
eingetretenen Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit in der Regel anzunehmen ist
(BGE 117 V 359 E. 4b S. 360). Es erkannte, ausgehend von den Ergebnissen der
medizinischen Forschung, dass ein Unfall mit Schleudertrauma der HWS in der
charakteristischen Erscheinungsform einer Häufung von typischen Beschwerden
eine Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit verursachen kann, auch wenn die
festgestellten Funktionsausfälle organisch nicht nachweisbar sind (BGE 117 V
359 E. 5d/aa S. 363 f.). Das Gericht erklärte deshalb für die Beurteilung des
adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen einem Unfall und der infolge eines
Schleudertraumas der HWS auch nach Ablauf einer gewissen Zeit nach dem Unfall
weiterbestehenden Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit, die nicht auf organisch
nachweisbare Funktionsausfälle zurückzuführen ist, die für psychische
Störungen nach einem Unfall entwickelte Methode (BGE 115 V 133 E. 6 S. 138)
im Einzelfall für analog anwendbar (BGE 117 V 359 E. 5d/bb S. 365). Im
Gegensatz zu den bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall relevanten
Kriterien (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140) wurde indessen auf eine
Differenzierung zwischen physischen und psychischen Komponenten verzichtet.
Begründet wurde dies damit, dass im Hinblick auf die Beurteilung des
adäquaten Kausalzusammenhangs als einer Rechtsfrage nicht entscheidend ist,
ob die im Anschluss an ein Schleudertrauma der HWS auftretenden Beschwerden
medizinisch eher als organischer und/oder psychischer Natur bezeichnet
werden, zumal diese Differenzierung angesichts des komplexen und
vielschichtigen Beschwerdebildes in heikeln Fällen gelegentlich grosse
Schwierigkeiten bereitet (BGE 117 V 359 E. 5d/aa S. 364 mit Hinweisen und E.
6a S. 367).

6.2.2 Die dargelegten Grundsätze zum natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhang bei Schleudertrauma der HWS (sehr häufig im
Strassenverkehr verursachte Distorsion der HWS, medizinisch auch
kraniozervikales Beschleunigungstrauma genannt [Stöckli et alii,
Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen in der chronischen Phase nach
kraniozervikalem Beschleunigungstrauma (cKZBT, sog. Schleudertrauma) (ohne
Commotio cerebri/mild traumatic brain injury), Pragmatische Empfehlungen der
multidisziplinären Konsensusgruppe Olten vom 13. Januar 2005, in:
Schweizerisches Medizin-Forum 2005, S. 1182 ff., nachstehend: "Empfehlungen
Konsensusgruppe"]) ohne organisch objektiv ausgewiesene Beschwerden wurden
seither auch für Beschwerden nach einem dem Schleudertrauma "äquivalenten"
Mechanismus (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 2; vgl. überdies, auch zum
Folgenden: RKUV 2000 Nr. U 395 S. 316 E. 3, U 160/98) und nach einem
Schädel-Hirntrauma (BGE 117 V 369) für anwendbar erklärt, wenn und soweit
sich die Folgen mit jenen eines Schleudertraumas der HWS vergleichen lassen.
Gemeinhin wird deshalb für diese Art der Adäquanzprüfung der Begriff
"Schleudertrauma-Praxis" (im Gegensatz etwa zum Begriff "Psycho-Praxis" für
die Adäquanzprüfung bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall, BGE 115 V
133) verwendet.

7.
7.1 Die Schleudertrauma-Praxis und namentlich die ihr zugrunde liegende
Annahme, dass eine bei einem Unfall erlittene Verletzung im Bereich von HWS
oder Kopf auch ohne organisch nachweisbare (objektivierbare)
Funktionsausfälle zu länger dauernden, die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
beeinträchtigenden Beschwerden führen kann, bildet seit Begründung dieser
Rechtsprechung Gegenstand verschiedenartiger Diskussionen (vgl. etwa die
Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungsäusserungen bereits in BGE
119 V 335; sodann aus jüngerer Zeit und medizinischer Sicht: Thierry Ettlin,
Schleudertrauma, in: Primary Care, 6/2007, S. 116 f.; Schmidt et alii, in:
Schmidt/Senn [Hrsg.], Schleudertrauma - neuester Stand: Medizin, Biomechanik,
Recht und Case Management, Zürich 2004, S. 174 ff., und aus juristischer
Sicht etwa die von Erwin Murer in verschiedenen Aufsätzen [u.a. in: Nicht
objektivierbare Gesundheitsbeeinträchtigungen: Ein Grundproblem des
öffentlichen und des privaten Versicherungsrechts sowie des
Haftpflichtrechts, Freiburger Sozialrechtstage 2006, S. 253 ff.; ferner in:
SZS 2007 S. 355 ff., 2006 S. 248 ff., S. 639 ff., und 2003 S. 365 ff.] und
von Stefan A. Dettwiler, MTBI - Versicherungsrechtliche Aspekte, in: SUVA -
Medizinische Mitteilungen, Nr. 78, 2007, S. 133 ff., geäusserte Kritik).
Gesicherte neue medizinische Erkenntnisse, welche diese Annahme ernsthaft in
Frage stellen und die Verletzungen sowie deren Folgen als weniger gravierend
oder gar inexistent erscheinen lassen könnten, liegen jedoch bis heute nicht
vor (vgl. auch: Strebel et alii, Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen
in der Akutphase nach kranio-zervikalem Beschleunigungstrauma (sog.
Schleudertrauma), Empfehlungen einer schweizerischen Arbeitsgruppe, in:
Schweizerisches Medizin-Forum 2002, S. 1119 ff., nachfolgend: "Empfehlungen
Arbeitsgruppe", und, darauf Bezug nehmend: Empfehlungen Konsensusgruppe,
a.a.O., S. 1183).

Dasselbe gilt für die Feststellung, wonach solche Verletzungen durch ein
komplexes und vielschichtiges Beschwerdebild mit eng ineinander verwobenen,
einer Differenzierung kaum zugänglichen Beschwerden physischer und
psychischer Natur gekennzeichnet sind (E. 6.2.1 hievor; vgl. auch RKUV 2000
Nr. U 397 S. 327, E. 3b, U 273/99, Urteile U 142/02 vom 21. Mai 2003, E.
5.2.1, und U 424/01 vom 24. Oktober 2002, E. 3.2). Eine derartige
Differenzierung wäre zwar im Hinblick auf eine vereinfachte
Adäquanzbeurteilung wünschenswert, ist aber nach dem derzeitigen
medizinischen Wissensstand nicht zuverlässig möglich.

7.2 Es sind sodann derzeit auch keine neuen Untersuchungsmethoden
ersichtlich, welche in wissenschaftlich anerkannter Weise den bislang nicht
möglichen Nachweis von organischen Störungen im Bereich von HWS (bei Unfall
mit Schleudertrauma resp. äquivalenter Verletzung) oder Schädel-Hirn
gestatteten (vgl. etwa RKUV 2000 Nr. U 395 S. 316, U 160/98, zur mangelnden
Geeignetheit der SPECT-Untersuchung; hiezu auch: Empfehlungen
Konsensusgruppe, a.a.O., S. 1185). Sollte dieser Nachweis aufgrund neu
entwickelter Untersuchungsmethoden (zur Diskussion steht etwa die
funktionelle Kernspintomographie [auch: funktionelle
Magnetresonanztomographie, fMRT, resp. functional magnetic resonance imaging,
fmri]; vgl. hiezu auch Christian Thöny, Richter foutieren sich um
medizinische Fortschritte, in: Plädoyer 2/2007, S. 20 ff.) vermehrt
verlässlich möglich werden, wird es zudem noch näherer Betrachtung bedürfen,
ob die damit erhobenen Befunde natürlich unfallkausal sind und die geklagten
Beschwerden zu erklären vermögen.

8.
Die Kritik an der Schleudertrauma-Praxis hat ihren Niederschlag auch in
verschiedenen Änderungsvorschlägen grundsätzlicher Art gefunden.

8.1 Eine Frage geht dahin, ob an den adäquaten Kausalzusammenhang in der
sozialen Unfallversicherung höhere Anforderungen als im privaten
Haftpflichtrecht gestellt werden dürfen und die Abgrenzung adäquater
Unfallfolgen von inadäquaten in beiden Rechtsgebieten demnach unterschiedlich
ausfallen kann. Dieser Grundsatz wurde indessen bereits verschiedentlich
gestützt auf eine eingehende Betrachtung bestätigt (BGE 123 V 98 E. 3d S.
104; 123 III 110 E. 3a und b S. 113 f.; ferner BGE 127 V 102 E. 5b/aa S. 102
f.; in HAVE 2007 S. 272 zusammengefasstes Urteil 1A.230/2006 vom 5. Juni
2007, E. 3.2 mit weiteren Hinweisen und E. 3.3.3) und ist unter Hinweis auf
die damaligen, nach wie vor überzeugenden Erwägungen beizubehalten.

8.2 Das einstige Eidgenössische Versicherungsgericht hat sich auch mit
verschiedenen anderen Ansätzen befasst. Es betrifft dies etwa den Vorschlag,
der adäquate Kausalzusammenhang sei wie bei den klar fassbaren physischen
Unfallfolgen, wo der Adäquanz praktisch keine eigenständige Bedeutung zukommt
(BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103 mit Hinweisen; E. 2.1 hievor), auch bei
medizinisch zwar angenommenem, jedoch nicht (hinreichend) organisch
nachweisbarem natürlichem Kausalzusammenhang zwischen einem Unfall mit
Schleudertrauma der HWS und andauernden Beschwerden ohne besondere Prüfung zu
bejahen (BGE 123 V 98 E. 3b S. 102 und 122 V 415 E. 2c S. 417). Das
Eidgenössische Versicherungsgericht hat dies verworfen und dabei namentlich
erwogen, dass andernfalls die Versicherten, die an den Folgen eines
Schleudertraumas der HWS litten, gegenüber Versicherten mit anderen
Verletzungsfolgen in ungerechtfertigter Weise bevorzugt würden (BGE 123 V 98
E. 3b S. 103). In gleicher Weise abgelehnt wurde die Empfehlung, es sei bei
der Adäquanzprüfung je nach Art der Leistung (Heilbehandlung oder Rente) ein
unterschiedlicher Massstab anzuwenden (BGE 127 V 102; vgl. auch die
Äusserungen zu diesem Urteil von Hans-Jakob Mosimann in: Schmerz und
Arbeitsunfähigkeit, St. Gallen 2003, S. 361 ff., derselbe, in: AJP 2002 S.
570 ff.; derselbe, in: Psychische Störungen und die Sozialversicherung -
Schwerpunkt Unfallversicherung, Freiburger Sozialrechtstag 2002, S. 159 ff.,
inbes. S. 215 ff.). Für eine abweichende Betrachtungsweise hinsichtlich
dieser Änderungsvorschläge besteht nach wie vor kein Grund.

8.3 Thomas Locher und Ernst A. Kramer stellen zur Diskussion, die Adäquanz
bei natürlich unfallkausalem Schleudertrauma der HWS ohne organisch
nachweisbare Funktionsausfälle unter Verzicht auf eine besondere Prüfung zu
bejahen, wobei sie dies an bestimmte Voraussetzungen knüpfen. Locher
(HWS-Distorsion [Schleudertrauma] - Einführung in die Rechtslage nach
schweizerischem Recht, in: Erwin Murer et alii [Hrsg.], Das so genannte
"Schleudertrauma" - medizinische, biomechanische und rechtliche Aspekte der
Distorsionen der Halswirbelsäule, Bern 2001, S. 29 ff., S. 43 f.) verlangt
hiefür, dass der Nachweis einer solchen Gesundheitsschädigung unter
Mitberücksichtigung der mit dem Unfall verbundenen biomechanischen Belastung
erhöhten Anforderungen zu genügen habe. Demgegenüber empfiehlt Kramer
(Schleudertrauma: Das Kausalitätsproblem im Haftpflicht- und
Sozialversicherungsrecht, in: BJM 2001 S. 153 ff., S. 169 ff.; vgl. auch
Erwin Murer, in: SZS 2003 S. 365 ff., S. 367, und Hans-Jakob Mosimann, in:
Psychische Störungen und die Sozialversicherung - Schwerpunkt
Unfallversicherung, a.a.O., S. 212), den adäquaten Kausalzusammenhang ohne
Weiteres zu bejahen, sofern eine Bagatell- oder Harmlosigkeitsgrenze,
definiert als Geschwindigkeitsveränderung (Delta-v) des angestossenen
Fahrzeugs von mindestens 10 km/h, erreicht sei.

Die von Kramer angeregte Einführung eines Grenzwertes für die Bejahung der
Adäquanz erscheint indessen schon deswegen problematisch, weil die
Auffassungen zu dessen masslicher Festsetzung deutlich auseinander gehen
(vgl. etwa Schmidt et alii, a.a.O., S. 154 ff. und S. 271 ff. mit Hinweisen,
auch auf in Deutschland gefällte Urteile). Abgesehen davon ist die
tatsächliche Geschwindigkeitsveränderung nicht immer zuverlässig ermittelbar
und gilt es zudem Unfallkonstellationen ausserhalb der klassischen
Heckauffahrkollisionen, auf welche mit der Berücksichtigung von Delta-v
namentlich Bezug genommen wird, ebenfalls Rechnung zu tragen. Eine
entsprechende Regelung würde im Übrigen auch nach der Auffassung von Kramer
(a.a.O., S. 170 f.) nicht ohne Ausnahmetatbestände auskommen, womit sich
wiederum Abgrenzungsprobleme ergäben. Gleiches gilt letztlich auch für das
von Locher zur Diskussion gestellte Vorgehen, welches überdies im Ergebnis
wiederum einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung der Patienten mit
Schleudertrauma der HWS ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle (vgl.
E. 8.2 hievor) gleichkäme.

8.4 Empfohlen wurde weiter, die Schleudertrauma-Praxis als solche fallen zu
lassen und immer dann, wenn natürlich unfallkausale Beschwerden ohne
organisch nachweisbare Funktionsausfälle vorliegen, die Adäquanz nach den für
psychische Fehlentwicklungen nach Unfall (BGE 115 V 133) geltenden
Grundsätzen zu beurteilen (vgl. Dettwiler, a.a.O., S. 143). Dies kommt schon
aus den folgenden zwei Gründen nicht in Frage: Zunächst fehlt bei den der
Schleudertrauma-Praxis zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen die
massgebliche Bezugsgrösse, nach welcher sich mehrere Adäquanzkriterien
beurteilen, nämlich die augenfällige physische Verletzung. Zwar wird auch bei
solchen Gesundheitsstörungen von physischen Verletzungen ausgegangen, doch
sind diese zumeist nicht augenfällig oder gar nicht objektivierbar. Zum
andern gehören psychische Beschwerden zur typischen Symptomatik solcher
Gesundheitsstörungen, während sie nach irgendwelchen körperlichen
Beinträchtigungen wie Knochenbrüchen, Verbrennungen usw. nicht Symptome
dieser Verletzungen sind.

9.
Nach dem Gesagten besteht kein Anlass, das Bestehen und die Auswirkungen der
zur Diskussion stehenden unfallbedingten Verletzungen ohne organisch objektiv
ausgewiesene Beschwerden und das diese kennzeichnende Gemenge physischer und
psychischer Symptome grundsätzlich in Frage zu stellen. Gleiches gilt für die
Konzeption einer besonderen Adäquanzprüfung für solche Verletzungen.

Nebst dem noch abzuhandelnden Problem der zeitbezogenen Adäquanzkriterien
(vgl. E. 10) hat sich aber in der Praxis gezeigt, dass die für die Anwendung
der Schleudertrauma-Praxis bei der Adäquanzprüfung erforderliche zuverlässige
Feststellung derartiger Verletzungen besonders diffizil ist. Dies liegt
zunächst darin begründet, dass diese Verletzungen zwar klinisch untersucht,
aber abgesehen von ossären Läsionen und dergleichen nicht bildgebend
objektiviert werden können. Damit kommt den Angaben der versicherten Person
über bestehende Beschwerden besondere Bedeutung zu, was aber auch ein
Missbrauchspotenzial bietet. Zudem können bei identischer Symptomatik die
erhobenen Befunde aus dem Katalog des für derartige Verletzungen als typisch
erachteten Beschwerdebildes gegebenenfalls auch nicht traumatischer Genese
sein (vgl. bereits BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341). Entsprechend sind an die
Grundlagen für den Schluss auf das Vorliegen solcher Verletzungen hohe
Anforderungen zu stellen.

9.1 BGE 117 V 359 E. 4b S. 360 beliess es bei der Feststellung, zur Annahme
eines natürlich unfallkausalen Schleudertraumas der HWS genüge in der Regel,
dass ein solches von ärztlicher Seite diagnostiziert sei und das für eine
derartige Verletzung typische bunte Beschwerdebild, zumindest weitgehend,
vorliege. In BGE 119 V 335 E. 2b/aa S. 340 wurde betont, auch bei
Schleudermechanismen der HWS bildeten zuallererst die medizinischen Fakten,
wie die fachärztlichen Erhebungen über Anamnese, objektiven Befund, Diagnose,
Verletzungsfolgen, unfallfremde Faktoren, Vorzustand usw. die massgeblichen
Grundlagen für die Kausalitätsbeurteilung durch Verwaltung und
Gerichtsinstanzen. Das Vorliegen eines Schleudertraumas wie seine Folgen
müssten somit durch zuverlässige ärztliche Angaben gesichert sein. Treffe
dies zu und sei die natürliche Kausalität - aufgrund fachärztlicher
Feststellungen in einem konkreten Fall - unbestritten, so könne der
natürliche Kausalzusammenhang ebenso aus rechtlicher Sicht als erstellt
gelten, ohne dass ausführliche Darlegungen zur Beweiswürdigung nötig wären.

Diese Rechtsprechung, die auch für dem Schleudertrauma äquivalente
Verletzungen der HWS und Schädel-Hirntraumen gilt, ist näher zu beleuchten.
Dabei sind die zwischenzeitlich gewonnenen aktuellen medizinischen
Erkenntnisse, namentlich die von Spezialärzten verschiedener Fachrichtungen
erarbeiteten Empfehlungen für ein verlaufsabhängiges diagnostisches Vorgehen,
zu berücksichtigen.

9.2 In einer ersten Phase nach dem Unfall ist zu erwarten, dass dessen
Hergang möglichst genau und verifizierbar dokumentiert wird. Gleiches gilt
für die anschliessend auftretenden Beschwerden. Diesen ersten
tatbeständlichen Grundlagen kommt grosses Gewicht zu.

Was im Besonderen den erstbehandelnden Arzt betrifft, ist dieser gehalten,
die versicherte Person sorgfältig abzuklären (in der Regel eingehende
Befragung sowie klinische und gegebenenfalls röntgenologische Untersuchungen;
vgl. Empfehlungen Arbeitsgruppe, a.a.O., S. 1120 f.; Empfehlungen
Konsensusgruppe, a.a.O., S. 1183 in fine). Dazu gehört auch die Befragung der
versicherten Person nach ihrem gesundheitlichen Vorzustand, so u.a. nach
psychischen Beschwerden vor dem Unfall oder im Zeitpunkt des Unfalls. Die
Aussagen der versicherten Person zum Unfallhergang und zu den bestehenden
Beschwerden sind gestützt auf die erhobenen Befunde und weitere zur Verfügung
stehende Angaben zum Unfallhergang und zum anschliessenden Verlauf kritisch
zu prüfen. Gelangt der Arzt bei der Diagnosestellung zur Auffassung, eine der
hier zur Diskussion stehenden Verletzungen komme aufgrund der bis dahin
gegebenen zuverlässigen Anhaltspunkte nur als Verdachts- oder
Differentialdiagnose in Frage, hat er dies in seinem Bericht so zum Ausdruck
zu bringen. Von besonderer Bedeutung ist sodann, dass der Arzt in seinem
Bericht, gegebenenfalls in dem vom Schweizerischen Versicherungsverband
empfohlenen "Dokumentationsbogen für Erstkonsultation nach kranio-zervikalem
Beschleunigungstrauma" (früher gebräuchlich: Zusatzfragebogen für
HWS-Verletzungen), nebst den weiteren der Diagnosestellung zugrunde gelegten
Überlegungen auch den Verlauf der Beschwerden ab dem Unfallzeitpunkt genau
beschreibt. Zudem hat er gegebenenfalls bestehende Anhaltspunkte für einen
protrahierten Verlauf und/oder ein Chronifizierungsrisiko anzuzeigen (vgl.
nachfolgend E. 9.3 in fine und 9.4).

Gelangt der Arzt zum Ergebnis, die geklagten Beschwerden seien gegeben und
auf eine der hier zur Diskussion stehenden Verletzungen zurückzuführen, wird
dies dem Unfallversicherer, zusammen mit weiteren Angaben zum Unfallhergang
(aus Polizeiprotokollen etc.) und gegebenenfalls einer Rückfrage beim
versicherungsinternen medizinischen Dienst resp. beim beratenden Arzt, in der
Regel genügen, um vorübergehende Leistungen (Heilbehandlung; Taggeld) zu
erbringen (vgl. Markus Fuchs, Medizinische Aspekte im Rahmen des
Abklärungsverfahrens nach Unfällen, in: SUVA - Medizinische Mitteilungen,
Nr. 78, 2007, S. 35 ff., S. 40 f.).
9.3 Bei einer Vielzahl dieser Unfälle tritt schon nach kurzer Zeit eine
deutliche Besserung ein (vgl. Empfehlungen Konsensusgruppe, a.a.O., S. 1182;
Empfehlungen Arbeitsgruppe, a.a.O., S. 1119; Rolf Stebler, Assessment nach
Schleudertrauma - Erfolgsaussichten verbessern, in: Schweizer Versicherung,
9/2007, S. 22). Diese Fälle bieten in der Rechtsanwendung kaum Probleme. Sie
können durch den Unfallversicherer rasch, und ohne dass sich die Frage nach
Dauerleistungen überhaupt stellt, abgeschlossen werden.

Schwierigkeiten bereiten Fälle, in welchen die Beschwerden länger andauern
bis hin zur Chronifizierung, und sich mithin auch die Frage einer Berentung
stellen kann. Ob sich solche persistierenden Beschwerden medizinisch (noch)
mit einer der hier diskutierten Verletzungen an der HWS oder am Kopf erklären
lassen, lässt sich aufgrund der erwähnten initialen Abklärungen in der Regel
nicht zuverlässig beantworten. Bestehen Beschwerden länger und ohne deutliche
Besserungstendenz, ist daher eine zügige interdisziplinäre Abklärung und
Beurteilung durch Fachärzte angezeigt (Empfehlungen Konsensusgruppe, a.a.O.,
S. 1183; Empfehlungen Arbeitsgruppe, a.a.O., S. 1123; vgl. auch Walter
Kissel, Whiplash/Schleudertrauma - vom Unfall "Schleudertrauma" zur
chronischen Krankheit, in: Schweizerische Ärztezeitung 2000, S. 2803 ff.,
insbes. S. 2808 in fine). Gleiches gilt, wenn bereits kurz nach dem Unfall
Anhaltspunkte für einen problematischen Verlauf vorliegen (Empfehlungen
Arbeitsgruppe, a.a.O., S. 1120 f.; Empfehlungen Konsensusgruppe, a.a.O.,
Hinweis S. 1183 in fine).

9.4 Zusammenfassend ist als Grundlage für die Kausalitätsbeurteilung bei den
hier diskutierten Verletzungen nebst einer den umschriebenen Anforderungen
genügenden Erstabklärung zu verlangen, dass eine eingehende medizinische
Abklärung (im Sinne eines polydisziplinären/interdisziplinären Gutachtens)
bereits in einer ersten Phase nach dem Unfall vorgenommen wird, sofern und
sobald Anhaltspunkte für ein längeres Andauern oder gar eine Chronifizierung
der Beschwerden bestehen.

Eine entsprechende Begutachtung ist zudem jedenfalls dann angezeigt, wenn die
Beschwerden bereits längere Zeit angehalten haben und nicht von einer
baldigen, wesentlichen Besserung ausgegangen werden kann. In der Regel dürfte
eine solche Begutachtung nach rund sechs Monaten Beschwerdepersistenz zu
veranlassen sein. Einen früheren Zeitpunkt zu verlangen, wie er etwa für die
therapiebezogene Diagnostik empfohlen wird (Empfehlungen Konsensusgruppe,
a.a.O., S. 1183; Empfehlungen Arbeitsgruppe, a.a.O., S. 1123; vgl. auch
Kissel, a.a.O., S. 2808 in fine), liesse sich mit Blick auf die notorischen
Schwierigkeiten, geeignete Begutachtungsstellen mit genügender
Arbeitskapazität zu finden, schon aus Praktibilitätsgründen nicht vertreten.

9.5 Ein solches poly-/interdisziplinäres Gutachten hat bestimmten
Voraussetzungen zu genügen. Nebst den allgemein gültigen Anforderungen an
beweiskräftige medizinische Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352
ff.; vgl. auch Meyer-Blaser, u.a. in: Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.],
Rechtsfragen der medizinischen Begutachtung in der Sozialversicherung, St.
Gallen 1997, S. 9 ff.; Rüedi, in: Gabriela Riemer-Kafka [Hrsg.], Medizinische
Gutachten, Zürich 2005, S. 69 ff.) ist empfehlenswert, dass die Begutachtung
durch mit diesen Verletzungsarten besonders vertraute Spezialärzte erfolgt
(vgl. Empfehlungen Arbeitsgruppe, a.a.O., S. 1123). Im Vordergrund stehen
dabei Untersuchungen neurologisch/orthopädischer (soweit indiziert mit
apparativen Mitteln) und psychiatrischer sowie gegebenenfalls auch
neuropsychologischer Fachrichtung. Bei spezifischer Fragestellung und zum
Ausschluss von Differentialdiagnosen sind auch otoneurologische,
ophthalmologische oder andere Untersuchungen angezeigt (vgl. Empfehlungen
Konsensusgruppe, a.a.O., S. 1184 f.). Die Gutachter müssen hiebei über
zuverlässige Vorakten verfügen. Dies unterstreicht nochmals die Wichtigkeit
einer sorgfältigen Dokumentierung des Unfallereignisses und der medizinischen
Erstabklärung, aber auch des weiteren Verlaufes bis zur Begutachtung.

Inhaltlich sind überzeugende Aussagen dazu erforderlich, ob die geklagten
Beschwerden überhaupt glaubhaft sind, und bejahendenfalls, ob für diese
Beschwerden trotz Fehlens objektiv ausgewiesener organischer Unfallfolgen ein
beim Unfall erlittenes Schleudertrauma (Distorsion) der HWS, eine äquivalente
Verletzung oder ein Schädel-Hirntrauma überwiegend wahrscheinlich zumindest
eine Teilursache darstellt (zum im Sozialversicherungsrecht üblichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit: BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181
mit Hinweisen; zum Genügen einer Teilursächlichkeit zur Bejahung der
Kausalität: BGE 123 V 43 E. 2b S. 45 mit Hinweis, 121 V 326 E. 2 S. 329 mit
Hinweisen). Aufgrund der Besonderheiten der Schleudertrauma-Praxis soll das
Gutachten bei gefestigter Diagnose auch darüber Auskunft geben, ob eine
bestehende psychische Problematik als Teil des für solche Verletzungen
typischen, einer Differenzierung kaum zugänglichen somatisch-psychischen
Beschwerdebildes zu betrachten ist, oder aber ein von diesem zu trennendes,
eigenständiges psychisches Leiden darstellt. Nur wenn in der Expertise
überzeugend dargetan wird, dass die psychische Störung nicht Symptom der
Verletzung ist, kann dafür eine andere Ursache gesehen werden. Der Hinweis
auf ungünstige soziale und soziokulturelle Verhältnisse der versicherten
Person und dergleichen genügt nicht. Weiter ist zu beantworten, inwieweit die
Arbeitsfähigkeit in der bisherigen und (mit Blick auf eine allfällige
Berentung) in alternativen Tätigkeiten durch die festgestellten natürlich
unfallkausalen Leiden eingeschränkt ist.

10.
10.1Was das Vorgehen bei der Adäquanzprüfung betrifft, ist nach der
Schleudertrauma-Praxis (analog zu den bei psychischen Fehlentwicklungen nach
Unfall geltenden Grundsätzen) für die Bejahung des adäquaten
Kausalzusammenhangs im Einzelfall zu verlangen, dass dem Unfall eine
massgebende Bedeutung für die Entstehung der Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit
zukommt. Dies trifft dann zu, wenn er eine gewisse Schwere aufweist oder mit
anderen Worten ernsthaft ins Gewicht fällt. Für die Beurteilung dieser Frage
ist an das Unfallereignis anzuknüpfen, wobei - ausgehend vom augenfälligen
Geschehensablauf - zwischen banalen bzw. leichten Unfällen einerseits,
schweren Unfällen anderseits und schliesslich dem dazwischen liegenden
mittleren Bereich unterschieden wird. Während der adäquate Kausalzusammenhang
in der Regel bei schweren Unfällen ohne Weiteres bejaht und bei leichten
Unfällen verneint werden kann, lässt sich die Frage der Adäquanz bei Unfällen
aus dem mittleren Bereich nicht aufgrund des Unfallgeschehens allein
schlüssig beantworten. Es sind weitere, objektiv erfassbare Umstände, welche
unmittelbar mit dem Unfall in Zusammenhang stehen oder als direkte bzw.
indirekte Folgen davon erscheinen, in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen. Je
nachdem, wo im mittleren Bereich der Unfall einzuordnen ist und abhängig
davon, ob einzelne dieser Kriterien in besonders ausgeprägter Weise erfüllt
sind, genügt zur Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhangs ein Kriterium
oder müssen mehrere herangezogen werden (BGE 117 V 359 E. 6 S. 366 ff., 369
E. 4b und c S. 383 f.).

Diese Grundsätze haben sich bewährt, und es besteht insoweit kein
Handlungsbedarf für eine Änderung der Rechtsprechung.

10.2 Als wichtigste der - abhängig von der Unfallschwere - in die
Adäquanzbeurteilung einzubeziehenden Kriterien gelten nach der Rechtsprechung
(BGE 117 V 359 E. 6a S. 367, 369 E. 4b S. 383):
- besonders dramatische Begleitumstände oder besondere
Eindrücklichkeit des Unfalls;
- die Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen;
- ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen Behandlung;
- Dauerbeschwerden;
- ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich
verschlimmert;
- schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen;
- Grad und Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
Aus den in E. 3 - 5 erwähnten Gründen sind die Kriterien zu überarbeiten.
Dies betrifft in erster Linie jene, die eine Zeitkomponente enthalten. Zu
präzisieren sind ferner jene Kriterien, die sich in der Praxis als zu wenig
eindeutig erwiesen haben. Zudem ist festzuhalten, dass die Aufzählung der
Kriterien abschliessend ist. Denn die Erfahrung seit Begründung der
Schleudertrauma-Praxis hat gezeigt, dass nebst den ausdrücklich genannten
keine weiteren Kriterien zur Anwendung gelangt sind.

10.2.1 Das bisherige Kriterium der besonders dramatischen Begleitumstände
oder besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls kann unverändert bestehen
bleiben. Es bereitet in der Praxis keine nennenswerten Probleme.

10.2.2 Der Sinngehalt des Kriteriums der Schwere und besonderen Art der
erlittenen Verletzung wurde bereits verschiedentlich näher umschrieben. Zu
betonen ist, dass rechtslogisch die Annahme eines Schleudertraumas der HWS
(resp. einer der weiteren, adäquanzrechtlich gleich behandelten Verletzungen)
lediglich bestimmt, dass die Schleudertrauma-Praxis anzuwenden ist. Hingegen
genügt die Diagnose einer HWS-Distorsion (oder einer anderen,
adäquanzrechtlich gleich zu behandelnden Verletzung) für sich allein nicht
zur Bejahung des Kriteriums der Schwere und besonderen Art der erlittenen
Verletzung. Es bedarf hiezu einer besonderen Schwere der für das
Schleudertrauma typischen Beschwerden oder besonderer Umstände, welche das
Beschwerdebild beeinflussen können (SVR 2007 UV Nr. 26 S. 86, U 339/06, E.
5.3; RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236, U 380/04, E. 5.2.3 mit Hinweisen). Diese
können beispielsweise in einer beim Unfall eingenommenen besonderen
Körperhaltung und den dadurch bewirkten Komplikationen bestehen (SVR 2007 UV
Nr. 26 S. 86, U 339/06, E. 5.3; RKUV 2003 Nr. U 489 S. 357, U 193/01, E. 4.3
mit Hinweisen). Auch erhebliche Verletzungen, welche sich die versicherte
Person neben dem Schleudertrauma, der äquivalenten Verletzung der HWS oder
dem Schädel-Hirntrauma beim Unfall zugezogen hat, können bedeutsam sein.

Mit der dargelegten inhaltlichen Umschreibung ist das Kriterium weiterhin zu
verwenden.

10.2.3 Das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung
bietet in der Anwendung in verschiedener Hinsicht Schwierigkeiten. Neben der
Frage der Zeitbezogenheit haben sich namentlich auch Abgrenzungsprobleme zum
Kriterium des schwierigen Heilungsverlaufs und erheblicher Komplikationen
ergeben. Dennoch wäre es nicht gerechtfertigt, die ärztliche Behandlung als
eigenständigen Faktor wegfallen zu lassen, kann sie doch unter Umständen mit
einer erheblichen und durch die übrigen Kriterien nicht abgedeckten Belastung
für die versicherte Person verbunden sein. Der wesentliche Gehalt des
Kriteriums muss aber neu gefasst werden. Entscheidend soll sein, ob nach dem
Unfall fortgesetzt spezifische, die versicherte Person belastende ärztliche
Behandlung bis zum Fallabschluss notwendig war.

Nach dem Gesagten ist das Kriterium in der Kurzform wie folgt zu präzisieren:
fortgesetzt spezifische, belastende ärztliche Behandlung.

10.2.4 Das Kriterium der Dauerbeschwerden ist, wie die Praxis gezeigt hat, in
der bisherigen Formulierung schwer fassbar und mit zeitlichen
Abgrenzungsproblemen behaftet. Dem ist Rechnung zu tragen. Adäquanzrelevant
können nur in der Zeit zwischen dem Unfall und dem Fallabschluss nach Art. 19
Abs. 1 UVG ohne wesentlichen Unterbruch bestehende erhebliche Beschwerden
sein. Die Erheblichkeit beurteilt sich nach den glaubhaften Schmerzen und
nach der Beeinträchtigung, welche die verunfallte Person durch die
Beschwerden im Lebensalltag erfährt.

Nach dem Gesagten ist das Kriterium in der Kurzform wie folgt zu präzisieren:
erhebliche Beschwerden.

10.2.5 Das Kriterium der ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen
erheblich verschlimmert, hat in der Anwendung zu keinen wesentlichen
Problemen geführt und kann unverändert beibehalten werden.

10.2.6 Gleiches gilt für das Kriterium des schwierigen Heilungsverlaufs und
erheblicher Komplikationen.

10.2.7 Das Kriterium des Grades und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit bot
besondere Differenzierungsprobleme und entsprechend häufigen Anlass für
gerichtliche Beurteilung (vgl. etwa: SVR 2007 UV Nr. 25 S. 81, E. 8.6.1, U
479/05; RKUV 2005 Nr. U 550 S. 242, E. 11, U 287/04, 2005 Nr. U 549 S. 236,
E. 5.2.5, U 380/04, 2001 Nr. U 442 S. 544, E. 3d/aa, U 56/00). Gerade bei
diesem Kriterium wirkt sich überdies ungünstig aus, dass es unter anderem von
einer zeitlichen Komponente abhängig ist. Dies schafft einen negativen
Anreiz, indem die versicherte Person, welche eine Rente anstrebt, wenig
Interesse an einer baldigen Wiederaufnahme der Arbeit hat. Ein längeres
Aussetzen der Arbeit fördert überdies die Chronifizierung der Beschwerden.

Das Kriterium bedarf aus diesen Gründen einer Präzisierung. Damit soll auch
dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bei leichten bis mittelschweren
Schleudertraumen der HWS (und punkto Adäquanzbeurteilung gleich zu
behandelnden Verletzungen) ein längerer oder gar dauernder Ausstieg aus dem
Arbeitsprozess vom medizinischen Standpunkt aus als eher ungewöhnlich
erscheint. Nicht mehr die Dauer der Arbeitsunfähigkeit soll daher massgebend
sein, sondern eine erhebliche Arbeitsunfähigkeit als solche, die zu
überwinden die versicherte Person ernsthafte Anstrengungen unternimmt. Darin
liegt der Anreiz für die versicherte Person, alles daran zu setzen, wieder
ganz oder teilweise arbeitsfähig zu werden. Gelingt es ihr trotz solcher
Anstrengungen nicht, ist ihr dies durch Erfüllung des Kriteriums anzurechnen.
Konkret muss ihr Wille erkennbar sein, sich durch aktive Mitwirkung
raschmöglichst wieder optimal in den Arbeitsprozess einzugliedern. Dies
gebietet schon der allgemeine sozialversicherungsrechtliche Grundsatz der
Schadenminderungspflicht. Danach hat die versicherte Person nach Eintritt des
Schadens alle ihr möglichen und zumutbaren Massnahmen zu treffen, um diesen
zu mindern oder zu beheben (BGE 129 V 460 E. 4.2 S. 463, 123 V 230 E. 3c S.
233, 117 V 275 E. 2b S. 278 und 394 E. 4b S. 400, je mit Hinweisen). Solche
Anstrengungen der versicherten Person können sich insbesondere in ernsthaften
Arbeitsversuchen trotz allfälliger persönlicher Unannehmlichkeiten
manifestieren. Dabei ist auch der persönliche Einsatz im Rahmen von
medizinischen Therapiemassnahmen zu berücksichtigen. Sodann können Bemühungen
um alternative, der gesundheitlichen Einschränkung besser Rechnung tragende
Tätigkeiten ins Gewicht fallen. Nur wer in der Zeit bis zum Fallabschluss
nach Art. 19 Abs. 1 UVG in erheblichem Masse arbeitsunfähig ist und solche
Anstrengungen auszuweisen vermag, kann das Kriterium erfüllen.

Nach dem Gesagten ist das Kriterium in der Kurzform wie folgt zu präzisieren:
erhebliche Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen.

10.3 Zusammenfassend ist der Katalog der bisherigen adäquanzrelevanten
Kriterien (BGE 117 V 359 E. 6a S. 367, 369 E. 4b S. 383; E. 10.2 hievor) wie
folgt neu zu fassen:
- besonders dramatische Begleitumstände oder besondere
Eindrücklichkeit des Unfalls;
- die Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen;
- fortgesetzt spezifische, belastende ärztliche Behandlung;
- erhebliche Beschwerden;
- ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich
verschlimmert;
- schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen;
- erhebliche Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener
Anstrengungen.

11.
Im vorliegenden Fall dienen die über den 24. Juli 2002 hinaus vorgeschlagenen
medizinischen Massnahmen nach Lage der Akten in erster Linie der
Stabilisierung des bis zu diesem Zeitpunkt erreichten Gesundheitszustandes.
Soweit überhaupt eine gesundheitliche Besserung erwartet werden kann, wäre
diese nicht namhaft. Dies gilt für die empfohlenen Behandlungen somatischer
wie auch psychologisch-psychiatrischer Natur. Die Allianz hat demnach den
Fall nicht zu früh abgeschlossen und den Anspruch auf eine Invalidenrente und
eine Integritätsentschädigung nicht zu früh beurteilt. Der Entscheid der
Vorinstanz ist daher aufzuheben und die Sache an diese zurückzuweisen, damit
sie über die materielle Richtigkeit des Einspracheentscheides vom 9.
September 2005 hinsichtlich dieser Leistungsansprüche befinden kann.
Nötigenfalls sind hiefür ergänzende Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen oder
anzuordnen und ist die im angefochtenen Entscheid ausdrücklich offen
gelassene Frage, ob der adäquate Kausalzusammenhang gemäss den bei
psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall oder gemäss der
Schleudertrauma-Praxis zu prüfen ist, zu beantworten. Hat eine
Adäquanzbeurteilung nach der letzteren Praxis zu erfolgen, sind die
vorgenannten Grundsätze zu berücksichtigen. Die Parteien können im kantonalen
Verfahren ihre Standpunkte ergänzend erläutern, sofern sie sich dazu aufgrund
der mit Urteil U 394/06 vom 19. Februar 2008 präzisierten bundesgerichtlichen
Praxis veranlasst sehen.

12.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 134 OG). Die Allianz hat, obwohl sie
aufgrund des Prozessergebnisses als obsiegend zu betrachten ist (vgl. BGE 132
V 215 E. 6.1 S. 235 mit Hinweisen), keinen Anspruch auf Parteientschädigung
(Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235, 128 V 124 E. 5b S. 133 f.,
126 V 143 E. 4a und b S. 150 f.).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, vom 7. April 2006 aufgehoben und die Sache an die
Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen über die
Beschwerde neu entscheide.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Februar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Lanz