Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 297/2006
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U 297/06

Urteil vom 24. August 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

A.________, 1975, Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwältin Karin Caviezel, Reichsgasse 65, 7000 Chur.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Graubünden vom 17. März 2006.

Sachverhalt:

A.
A. ________, geboren 1975, hatte zunächst eine Lehre als Maurer und
anschliessend als Hochbauzeichner absolviert, war als Hilfsbauleiter
beschäftigt und befand sich in Ausbildung zum Bauleiter, als er am
15. November 2000 bei einem Auffahrunfall eine Distorsion der Halswirbelsäule
(HWS) erlitt. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) erbrachte
die gesetzlichen Leistungen. Nach Aufenthalten in der Rehaklinik X.________
vom 26. Februar bis zum 29. März 2001 und in der Rehaklinik H.________ vom
10. April bis zum 8. Mai 2002 hielten die Beschwerden noch an, als es am
23. April 2003 zu einem weiteren Unfall mit Heckaufprall kam. Im September
2003 wurde A.________ im Auftrag der Invalidenversicherung durch die
Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) untersucht (Gutachten vom 16. Januar
2004). Gestützt darauf stellte die SUVA ihre Leistungen mit Verfügung vom
20. Februar 2004 ab 1. März 2004 ein. Daran hielt sie auch auf Einsprache hin
fest. Zur Begründung führte sie an, aus den medizinischen Akten -
einschliesslich der vom Versicherten veranlassten interdisziplinären
Expertise der Medizinischen Abklärungsstelle U.________ vom 14. Juni 2005 -
gehe übereinstimmend hervor, dass zwar das typische Beschwerdebild nach
HWS-Distorsionstrauma bzw. einer äquivalenten Verletzung vorliege, dieses
indessen schon kurz nach dem ersten Unfall und bis anhin durch die massiven
psychischen Beschwerden vollständig in den Hintergrund gedrängt worden sei.
Die adäquate Kausalität zwischen der psychischen Fehlentwicklung und den
erlittenen Unfällen sei zu verneinen (Einspracheentscheid vom 1. September
2005).

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden mit Entscheid vom 17. März 2006 gut. Zufolge widersprüchlicher
Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in den beiden Gutachten könne die
natürliche Kausalität der geklagten Beschwerden nicht beurteilt werden und es
bestehe daher weiterer Abklärungsbedarf. Es hob den angefochtenen Entscheid
auf, wies die Angelegenheit an die SUVA zurück und ordnete die Einholung
eines Obergutachtens durch die IV-Stelle an.

C.
Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des
angefochtenen Entscheides.

A. ________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen
und ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung. Das Bundesamt
für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht
des Unfallversicherers gemäss Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzten natürlichen
und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem
eingetretenen Schaden (BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Bei medizinischer Diagnose eines Schleudertraumas der HWS oder einer
äquivalenten Verletzung sowie eines Schädel-Hirntraumas und Vorliegen des für
diese Verletzungen typischen Beschwerdebildes mit einer Häufung von
Beschwerden wie diffusen Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrations- und
Gedächtnisstörungen, Übelkeit, rascher Ermüdbarkeit, Visusstörungen,
Reizbarkeit, Affektlabilität, Depression, Wesensveränderung usw. ist ein
natürlicher Kausalzusammenhang mit dem Unfall in der Regel anzunehmen (BGE
117 V 359 E. 4 S. 360 f., 369 E. 3 S. 376 ff.). Voraussetzung für diese
Annahme ist, dass innerhalb von 72 Stunden nach dem Unfall Nacken- bzw.
Beschwerden an der Halswirbelsäule aufgetreten sind (Urteil T. vom 30. Januar
2007, U 215/05, E. 5 mit Hinweisen; RKUV 2000 Nr. U S. 29). Es ist
unbestritten, dass sich der Versicherte nach beiden Unfällen unverzüglich in
ärztliche Behandlung begeben hat. Auch geht sowohl aus dem MEDAS- als auch
aus dem vom Beschwerdegegner veranlassten Gutachten der Medizinischen
Abklärungsstelle U.______ hervor, dass bei ihm die genannten Leiden
aufgetreten sind und damit das typische bunte Beschwerdebild bei
Schleudertrauma vorliegt. Die natürliche Kausalität der geklagten Beschwerden
ist daher zu bejahen, ohne dass diesbezüglich weiterer Abklärungsbedarf
bestünde.

4.
Zu prüfen ist im Weiteren die Adäquanz.

4.1 Dabei ist nach der Rechtsprechung zu den psychischen Unfallfolgen und in
analoger Anwendung auch bei Unfällen mit Schleudertrauma ohne organisch
nachweisbare Funktionsausfälle für die Bejahung des adäquaten
Kausalzusammenhangs im Einzelfall zu verlangen, dass dem Unfall für die
Entstehung der Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit eine massgebende Bedeutung
zukommt. Dies trifft dann zu, wenn er objektiv eine gewisse Schwere aufweist
oder mit anderen Worten ernsthaft ins Gewicht fällt. Für die Beurteilung
dieser Frage ist an das Unfallereignis anzuknüpfen, wobei ausgehend vom
augenfälligen Geschehensablauf eine Einteilung von banalen bzw. leichten,
mittleren und schweren Unfällen vorzunehmen ist (BGE 115 V 133 E. 6
S. 138 ff., 117 V 359 E. 6 S. 366 ff.).
4.2 Einfache Auffahrunfälle werden rechtsprechungsgemäss in der Regel als
mittelschwer im Grenzbereich zu den leichten Unfällen qualifiziert (RKUV 2005
Nr. U 549 S. 236, U 380/04, E. 5.1.2 mit Hinweisen).

Was den ersten zu beurteilenden Unfall betrifft, bestehen unter
Berücksichtigung insbesondere des Unfallhergangs, der Fahrzeugschäden und der
erlittenen Verletzungen keine Umstände, welche zu einer anderen Beurteilung
Anlass zu geben vermöchten. Die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung
(delta-v) des damaligen Unfallautos Fiat Uno lag gemäss Biomechanischer
Kurzbeurteilung der Arbeitsgruppe für Unfallmechanik, innerhalb eines
Bereiches von 10 bis 15 km/h; ein von der Haftpflichtversicherung des mit dem
Beschwerdegegner kollidierenden Fahrzeugführers eines VW Golf erstelltes
Gutachten ging von einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung von
14,5 bis 18,5 km/h aus.

Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs wäre daher zu bejahen, wenn ein
einzelnes der für die Beurteilung massgebenden Kriterien in besonders
ausgeprägter Weise erfüllt wäre oder die zu berücksichtigenden Kriterien in
gehäufter oder auffallender Weise gegeben wären (BGE 115 V 133 E. 6c/bb
S. 140 f., 117 V 359 E. 6b S. 367), wobei die Beurteilung für jeden Unfall
gesondert vorzunehmen ist (RKUV 1996 Nr. U 248 S. 176 [U 213/95] E. 4b; SVR
2007 UV Nr. 1 S. 1 [U 39/04] E. 3.3.2). Nach der Rechtsprechung wird bei
Folgen eines Unfalles mit Schleudertrauma der Halswirbelsäule ohne organisch
nachweisbare Funktionsausfälle (BGE 117 V 359) im Gegensatz zu der bei
psychischen Unfallfolgen geltenden Praxis (BGE 115 V 133) bei den
unfallbezogenen Kriterien, welche in die Beurteilung miteinzubeziehen sind,
auf eine Differenzierung zwischen physischen und psychischen Komponenten
verzichtet, weil nicht entscheidend ist, ob die Beschwerden medizinisch eher
als organischer und/oder psychischer Natur bezeichnet werden. Des Weiteren
ist die Adäquanzbeurteilung in Fällen, in welchen die zum typischen
Beschwerdebild eines Schleudertraumas der HWS gehörenden Beeinträchtigungen
zwar teilweise gegeben sind, im Vergleich zur ausgeprägten psychischen
Problematik aber ganz in den Hintergrund treten, praxisgemäss unter dem
Gesichtspunkt einer psychischen Fehlentwicklung nach Unfall vorzunehmen (BGE
123 V 98 E. 2a S. 99).

Für den zweiten Unfall liegt nur ein privates Unfallprotokoll vor. Die
Auffahrkollision ereignete sich auf einer Kreuzung, als der Beschwerdegegner
als Lenker eines BMW 728 bei Rotlicht wartete; beim Unfallverursacher
handelte es sich um den Fahrzeugführer eines Alfa Romeo. Über die Höhe des
Sachschadens ist nichts bekannt.

Es stellt sich die Frage, ob dieses Unfallereignis noch als mittel, oder ob
es nicht als leicht bezeichnet werden muss. In diesem Fall wäre es nicht
geeignet, einen invalidisierenden Gesundheitsschaden zu verursachen (BGE 115
V 133 E. 6a S. 139, 117 V 359 E. 6a S. 366).

4.3 Zunächst stellt sich somit - vorerst in Bezug auf den ersten
Auffahrunfall vom 15. November 2000 - die Frage der Bedeutung der psychischen
Problematik.

4.3.1 Die SUVA hat in ihrem Einspracheentscheid angenommen, dass die
psychische Problematik im Vergleich zum sogenannten typischen Beschwerdebild
bei Schleudertrauma bzw. äquivalenten Verletzungen im Vordergrund stehe, und
hat die Adäquanzbeurteilung daher nach den Kriterien bei psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfall gemäss BGE 115 V 133 vorgenommen. Dies ist
nicht zu beanstanden. Den Akten lässt sich entnehmen, dass sich zunächst
bereits zwei Wochen nach dem Unfall eine Besserung der körperlichen
Beschwerden abgezeichnet und der Versicherte seine Tätigkeit wieder zu 25 %
aufgenommen hatte. Einzig im Sinne einer Schonung - um die Fortführung der
Ausbildung zu ermöglichen - beliess es der SUVA-Kreisarzt bei diesem
reduzierten Pensum. Vom 26. Februar bis zum 29. März 2001 hielt sich der
Beschwerdegegner in der Rehabilitationsklinik X.________ auf, wo erstmals
eine depressive Verstimmung festgestellt und eine Anpassungsstörung bei
ausgesprochen leistungsorientierter, narzisstisch strukturierter
Persönlichkeit mit inadäquatem Coping und teils projektiven
Verarbeitungstendenzen diagnostiziert wurde. In der Folge fand sich der
Versicherte zu einigen wenigen psychotherapeutischen Sitzungen ein bei Dr.
med. R.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
psychosomatischer Dienst der Klinik S.________. Gemäss Bericht der Rehaklink
H.________, wo er vom 10. April bis zum 8. Mai 2002 hospitalisiert war,
diagnostizierten die Ärzte eine somatoforme Schmerzstörung. In der
psychologischen Einzeltherapie sei deutlich geworden, dass eine Verarbeitung
des Unfalls bis anhin nicht stattgefunden habe. Die ausgeprägte
Schmerzsymptomatik werde zunehmend depressiv verarbeitet. Daraufhin liess
sich der Versicherte während knapp vier Monaten - von Juli bis Oktober 2002 -
bei Prof. lic. phil. I.________, Psychologe FSP, behandeln, bis dieser die
Therapie abbrach. Zudem erfolgte eine medikamentöse Behandlung mit
Antidepressiva durch den Hausarzt.

Damit ist die Adäquanz unter dem Gesichtspunkt einer psychischen
Fehlentwicklung nach Unfall vorzunehmen, wobei bei den unfallbezogenen
Kriterien die psychisch bedingten Beschwerden nicht einzubeziehen sind.

4.3.2 Der Unfall vom 15. November 2000 hat sich nicht unter besonders
dramatischen Begleitumständen ereignet noch war er - objektiv betrachtet
(RKUV 1999 Nr. U 335 S. 207, U 287/97, E. 3b/cc; vgl. auch RKUV 2000 Nr. U
394 S. 313, U 248/98) - von besonderer Eindrücklichkeit.

Der Beschwerdeführer hat sich dabei keine schweren Verletzungen oder
Verletzungen besonderer Art zugezogen. Die Diagnose eines Schleudertraumas
oder einer schleudertraumaähnlichen Verletzung der Halswirbelsäule vermag die
Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzung für sich allein nicht zu
begründen. Es bedarf hiezu einer besonderen Schwere der für das
Schleudertrauma typischen Beschwerden oder besonderer Umstände, welche das
Beschwerdebild beeinflussen können (RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236, U 380/04,
E. 5.2.3), welche hier nicht ausgewiesen sind. Es liegt auch keine besondere
Schwere der für das Schleudertrauma typischen Beschwerden vor.

Nicht erfüllt ist sodann das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der
ärztlichen Behandlung der somatischen Beschwerden. Vom Hausarzt wurden
Physiotherapien verordnet, und es fanden die genannten
Rehabilitationsaufenthalte in X.________ und in H.________ statt.
Der Versicherte litt zwar tatsächlich unter beträchtlichen Dauerbeschwerden.
Indessen sind diese auf psychische Gründe zurückzuführen, welche in diesem
Zusammenhang ausser Acht zu lassen sind.

Von einer ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich
verschlimmert hat, kann ebenso wenig gesprochen werden, wie von einem
schwierigen Heilungsverlauf und erheblichen Komplikationen. Es bedarf hiezu
besonderer Gründe, welche die Heilung beeinträchtigt haben (Urteile S. vom
10. Februar 2006, U 79/05, F. vom 10. September 2003, U 343/02, und B. vom
7. August 2002, U 313/01). Solche Gründe sind hier nicht gegeben.

Das Kriterium der langen Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit ist
ebenfalls nicht erfüllt. Wie bereits ausgeführt, hatte sich schon zwei Wochen
nach dem Unfall eine Besserung abgezeichnet. Dann setzte eine psychische
Überlagerung ein.

Die adäquate Kausalität der psychischen Fehlentwicklung ist damit bezüglich
des ersten Unfalls zu verneinen.

4.4 Zu prüfen bleibt, wie es sich mit dem zweiten Unfall vom 23. April 2003
verhält. Wie bereits ausgeführt (E. 4.2 i.f.), ist fraglich, ob dieses
Ereignis nicht als leicht bezeichnet werden muss und damit überhaupt geeignet
war, einen invalidisierenden Gesundheitsschaden zu verursachen (BGE 115 V 133
E. 6a S. 139, 117 V 359 E. 6a S. 366). Selbst wenn der Unfall als
mittelschwer zu qualifizieren wäre, müsste die Adäquanz indessen verneint
werden.

4.4.1 Wie die SUVA in ihrem Einspracheentscheid richtig ausgeführt hat,
besteht zwischen dem MEDAS- und dem vom Versicherten in Auftrag gegebenen
Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle U.________ Einigkeit, dass nach
dem zweiten Unfall die psychischen Beschwerden im Vordergrund standen. Im
MEDAS-Gutachten wurden die Diagnosen von unklaren Restbeschwerden nach
HWS-Distorsionstraumata nach zwei Auffahrkollisionen sowie einer
undifferenzierten Somatisierungsstörung gestellt. Das aktuelle Beschwerdebild
konnte orthopädisch nicht objektiviert werden, wobei eine Diskrepanz zwischen
der eingeschränkten Beweglichkeit in der Untersuchungssituation, welche auch
bei ausgesprochener Verdeutlichtungstendenz nicht in diesem Ausmass
angetroffen werde, sowie den präsentierten Spontanbewegungen bestand. In der
neuropsychologischen Untersuchung, die eine schwere Antriebsstörung,
Passivität und kognitive Verlangsamung zeigte, ergab sich eine Diskrepanz zur
spontanen, uneingeschränkten Gesprächsführung; das Resultat war nicht
vereinbar mit einem Bild, wie man es nach einem Distorsionstrauma der HWS
und/oder einem leichten Schädelhirntrauma antreffen kann. Die Ärzte der
Medizinischen Abklärungsstelle U.________ diagnostizierten ebenfalls eine
Somatisierungsstörung, der Rheumatologe interpretierte die beschriebenen
Symptome als Fibromyalgie. Eine eigentliche klinische Untersuchung war
aufgrund der Schmerzangaben des Versicherten nicht möglich. Gemäss Auffassung
der begutachtenden Neuropsychologin entsprach das manifestierte Bild einer
allgemeinen Reduktion der kognitiven Leistungsfähigkeit in fast allen
Bereichen nicht den typischen kognitiven Leistungsstörungen nach
HWS-Traumata. Damit ist davon auszugehen, dass bereits anlässlich der
Begutachtung durch die MEDAS im September 2003, viereinhalb Monate nach dem
zweiten Unfall, die psychische Problematik im Vordergrund stand (vgl. zum
invalidisierenden Charakter der Fibromyalgie BGE 132 V 65, zu
Schmerzstörungen im Allgemeinen 131 V 49).

4.4.2 Bezüglich des Kriteriums der Schwere oder Art der Verletzung ist zu
berücksichtigen, dass pathologische Zustände der Halswirbelsäule bei erneuter
Traumatisierung ausserordentlich stark exazerbieren können (SVR 2007 UV Nr. 1
[U 39/04] E. 3.4.2). Dafür bestehen nach Lage der medizinischen Akten im
vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte. Sämtliche übrigen in Betracht
zu ziehenden Kriterien sind ebenfalls nicht erfüllt, zumal die psychisch
bedingten Beschwerden nicht zu berücksichtigen sind, weshalb die Adäquanz
auch bezüglich des zweiten Unfalls zu verneinen ist. Zu ergänzen ist, dass es
sich dabei um eine Rechtsfrage handelt (BGE 117 V 369 E. 4a S. 382), deren
Beantwortung nicht dem Arzt, sondern ausschliesslich dem Gericht obliegt,
weshalb diesbezüglich nicht auf die Auffassung der Ärzte im Gutachten der
Medizinischen Abklärungsstelle U.________ abzustellen ist. Auf die Kritik der
SUVA an der Diagnosestellung der Ärzte der Medizinischen Abklärungsstelle
U.________ in somatischer Hinsicht ist bei diesem Ergebnis nicht weiter
einzugehen.

5.
Die SUVA hat ihre Leistungen somit zu Recht eingestellt, weshalb ihr
Einspracheentscheid vom 1. September 2005 zu bestätigen ist.

6.
Dem Begehren des Beschwerdegegners auf unentgeltliche Verbeiständung
(Art. 152 Abs. 2 OG) kann entsprochen werden, weil die Bedürftigkeit
aktenkundig ist und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine
Rechtsanwältin geboten war (BGE 125 V 371 E. 5b S. 372 mit Hinweisen). Der
Beschwerdegegner wird indessen darauf aufmerksam gemacht, dass er gemäss
Art. 152 Abs. 3 OG der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn er
später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 17. März 2006 aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird Rechtsanwältin Karin
Caviezel für das Verfahren vor dem Bundesgericht aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet.

4.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wird über den Anspruch auf
unentgeltliche Verbeiständung im kantonalen Verfahren entsprechend dem
Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 24. August 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: